Protokoll der Sitzung vom 22.11.2018

Die Vision von einer sauberen Energieerzeugung ist eine gute und völlig richtige. Aber mit dieser Vision verhält es sich - lassen Sie mich abschließend zu diesem einen Aspekt einen Vergleich bringen - wie mit der Mondlandung. Die gelang nämlich erst, nachdem man eine passende Rakete entwickelt hatte. Wir reden jetzt über einen Ausstieg aus der Kohleverstromung, für den uns noch die passende Rakete fehlt. Ich denke, das Grundsätzliche ist mit diesem Bild insoweit abgehandelt.

Es gäbe noch viel zu sagen zur stofflichen Nutzung der Kohle, zu Fehlentwicklungen bei Stein- und Braunkohlekraftwerken oder zum EEG selbst. Aber mit Blick auf die Redezeit möchte ich abschließend noch einige Gedanken zum zweiten Komplex, der künftigen strukturellen Entwicklung der Kohleregion sagen.

An dieser Stelle bin ich unserer Landesregierung sehr dankbar, namentlich unserem Ministerpräsidenten und auch unserem Wirtschaftsminister, die nicht müde werden, die Zukunft der Braunkohleregion auf der Bundesebene zu thematisieren. Genau genommen geht es hierbei um drei Regionen, um die Lausitz, das mitteldeutsche und das rheinisch-westfälische Revier.

Wir reden hier über deutschlandweit 20 000 Arbeitsplätze, allein knapp 3 000 in Sachsen-Anhalt, die direkt betroffen sind. Das sind alles sehr gut bezahlte Arbeitsplätze und sie sind natürlich ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in den sonst strukturarmen Regionen.

Ich selbst komme aus einer Region, die 1990 vor einer ähnlichen Situation des dramatischen Strukturwandels stand. Es ist der IG BCE, der Gewerkschaft, und der CDU-geführten Bundesregierung unter Helmut Kohl zu verdanken, dass es heute in Bitterfeld immer noch eine prosperierende chemische Industrie gibt.

(Beifall bei der CDU)

Ich kenne die Ängste und ich kann gut verstehen, welche Sorgen die Beschäftigten und ihre Familien aktuell umtreiben. Der IG-BCE-Vorsitzende Vassiliadis warnt nicht umsonst vor überzogenen Forderungen der Kohlekommission. Die Einlassungen der Umweltverbände innerhalb der Kohlekommission - ich erinnere an Punkt 5 eingangs -, bereits bis zum Jahr 2022 die ersten Kohlekraftwerke abzuschalten, zeigen deutlich deren Geis

teshaltung, zumal dies überwiegend eben auch zulasten Ostdeutschlands gehen würde.

Ich hoffe sehr, dass diejenigen, die solche weltfremden Forderungen aufstellen, auch den Mut aufbringen, den Beschäftigten in Lübbenau, in Vetschau, in Schkopau und in Zeitz mitzuteilen, dass ein Großteil ihrer Arbeitsplätze in den nächsten vier Jahren obsolet wird.

Meine Fraktion warnt nicht nur vor einem übereilten Ausstieg aus der Braunkohle. Wir wollen auch einen geordneten strukturellen Wandel. Uns geht es nicht nur um den Ersatz der Arbeitsplätze, sondern wir wollen, dass die Regionen gestärkt aus diesem Strukturwandel hervorgehen. Wir wollen, dass ganz Sachsen-Anhalt und Mitteldeutschland insgesamt aus diesem Strukturwandel gestärkt hervorgehen.

Wir wollen Investitionen in die Infrastruktur. Wir brauchen wirtschaftliche Investitionen. Wir wollen Forschung und Entwicklung als Kompensationsmaßnahmen zuzüglich des Ausgleichs für verlorene Arbeitsplätze etablieren. Es muss auch weiterhin Wertschöpfung in unseren Regionen stattfinden, und das von Arendsee bis Zeitz. An den Windparks in der Altmark bis ins Revier müssen die Gewinnung und Speicherung erforscht und dann in großtechnische Umsetzung investiert werden.

Leider - ich erwähnte es bereits - hört man aus der Kohlekommission weniges bis Schwammiges. Es mangelt nicht an Überschriften, an Interessensbekundungen und an unbestimmten Aussagen. Dies ist uns als CDU-Fraktion deutlich zu wenig. Auch halten wir die von der Bundesregierung veranschlagten 1,5 Milliarden € für den Strukturwandel für viel zu gering.

Ostdeutschland, meine Damen und Herren, hat bisher den größten Anteil an den CO2-Reduktionen erbracht. Der Hauptgrund ist der Niedergang der Industrie nach der deutschen Wiedervereinigung. Damit verbunden waren Arbeitsplatzverluste und beispiellose Brüche in den Biografien unserer Menschen.

Die Braunkohleregionen haben in den zurückliegenden nun bald drei Jahrzehnten den größten Beitrag zur energetischen Absicherung der deutschen Stromversorgung der gesamten Bundesrepublik erbracht. Diese Solidarität gilt es nun zurückzugeben, einzufordern und zurückzugeben. Diese Solidarität gilt es nun zurückzuzahlen, meine Damen und Herren.

Es gilt, Abwanderung aus den ländlichen Regionen in die Metropolen Halle und Leipzig abzuwenden. Es gilt, einen Ausstieg erst dann zu besiegeln, wenn adäquate neue Arbeitsplätze vorhanden sind. Die Region will den Strukturwandel. Die Region arbeitet bereits am Strukturwandel.

Die Bundesrepublik insgesamt muss hierbei unbürokratisch unterstützen. Das Land, Herr Ministerpräsident, tut dies bereits in hervorragender Weise, und die Bergkameraden gehen im Rahmen der Rekultivierung ehemaliger Tagebaue mit bestem Beispiel voran.

Lassen Sie uns deswegen für eine soziale Energiepolitik mit Augenmaß streiten - im Interesse unserer Menschen. - Herzlichen Dank dafür und Glück auf!

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Abg. Zimmer. Ein kleiner Hinweis: Sie hätten noch genug Zeit gehabt. Ihre Redezeit war noch nicht abgelaufen. Sie haben trotzdem jetzt noch Gelegenheit. Es gibt eine Wortmeldung. Frau Frederking hat sich zu Wort gemeldet. - Bitte, Frau Frederking.

Ich tue Herrn Philipp den Gefallen. Ich wollte nur noch einmal an die Rede des Ministerpräsidenten erinnern.

Sie sind ja auf das Erfordernis der Forschung für Speicher eingegangen.

Wir haben in der Vergangenheit schon viel geforscht. In Kürze geht auch ein großtechnischer Speicher in Bad Lauchstädt ans Netz. Das müssen wir also nicht mehr in die Zukunft projizieren. Das ist schon erledigt.

Meine Frage an Sie: Wie ist Ihre Einschätzung? Sehen Sie nicht in den erneuerbaren Energien ein großes Lösungspotenzial für den Strukturwandel? - Damit möchte ich andocken an Ihre Ausführungen zum Thema Alleingang und Techniktransfer.

Die erneuerbaren Energien tragen ja zur CO2Reduzierung bei, die wir alle erbringen müssen - nicht im Alleingang; denn es gibt das Klimaabkommen von Paris, das von den meisten Staaten dieser Welt unterschrieben wurde. Wir müssen also alle etwas tun: erneuerbare Energien als Lösung zur CO2-Reduzierung oder als ein Lösungsbaustein.

Dann sprachen Sie vom Techniktransfer, der ja bei den Kraftwerken wegfällt. Wir können ja den Techniktransfer auch in Bezug auf die erneuerbaren Energien leisten.

Dann haben Sie die sichere Versorgung mit Energie angemahnt. Die erneuerbaren Energien liefern ja eigentlich sichere, heimische Energie und machen uns unabhängig von Importen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Sind wir jetzt bei der Kommentierung der Rede? Oder was ist das?)

Ich habe jetzt keine richtige Fragestellung vernommen. Sie haben jetzt schon zwei Minuten - -

Doch, ich habe eine richtige Frage gestellt. Ich habe das nur noch einmal ausgeführt. Die Frage war das Lösungspotenzial der erneuerbaren Energien.

Frau Frederking, ich würde Sie wirklich bitten, auch wenn Sie Fragen stellen, diese kürzer zu formulieren. Wir sind jetzt schon wieder eine halbe Stunde im Verzug und sollten das nicht weiter ausdehnen. Wir sollten bei einer Kurzintervention bei zwei Minuten bleiben oder sogar darunter oder eine kurze Frage stellen. Wir haben nämlich noch einen Fragesteller.

Herr Zimmer, Sie können also, natürlich auch kurz, antworten.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Kollegin Frederking, ganz kurz: Stichwort Power to Gas. Es kann durchaus auch das Stadtgasnetz als Speicher genutzt werden. Es können durchaus auch andere Dinge als Speicher genutzt werden.

Natürlich sehe ich den Strukturwandel auch im Zusammenhang mit den erneuerbaren Energien, den erneuerbaren Energieträgern. Ich habe nicht umsonst die Bergleute, die Bergkameraden vor Ort, erwähnt, die Unternehmen, die vor Ort tätig sind, um im Rahmen der Rekultivierung auch neue Energiefelder aufzubauen, aufzuschließen, indem Windparks errichtet werden, indem andere Formen der Gewinnung erneuerbarer Energien vollbracht werden. Da ist die Region dabei und natürlich gehört das dazu - unausweichlich. Das habe ich auch nie negiert.

Vielen Dank. Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Höppner hat noch eine Frage. - Bitte.

Danke, Frau Präsidentin. - Herr Zimmer, Sie erwähnten in Ihrer Rede, dass das Jahr 2035 nicht sozusagen als Enddatum festgeschrieben werden kann, dass Sie also darüber hinaus weiter Braunkohle verstromen wollen und auch müssen usw. usf.

Aber in dem Zusammenhang muss ja auch klar sein: Im Jahr 2035 - Herr Erben hat die Frage auch gestellt - laufen Tagebaue aus. Das heißt, aus ihnen ist nichts mehr herauszuholen. Das bedeutet letztendlich: Wenn ich darüber hinaus weiter arbeiten, weiter baggern will, muss ich neue Tagebaue eröffnen, also erschließen.

Ist es Konsens in der CDU-Fraktion, dass man neue Tagebaue aufmacht und letztendlich wieder Wälder, Dörfer und Ähnliches wegbaggert?

Herr Zimmer, bevor Sie antworten, lasse ich Ihnen einen ganz kurzen Moment Pause.

Ich habe die ehrenvolle Aufgabe, Damen und Herren des Frauenvereins Salsitz-Kleinosida recht herzlich bei uns hier im Hohen Hause begrüßen zu dürfen.

(Beifall im ganzen Hause)

Sehr geehrter Herr Kollege Zimmer, Sie können jetzt antworten.

Sehr geehrter Herr Kollege Höppner, vielen Dank für Ihre Frage. - Natürlich kennen wir die Daten 2035. Wir kennen auch die Genehmigungsdaten für die Kraftwerke 2038, 2040. Wir wissen aber auch, dass in den sächsischen Revieren Tagebaue eben bis 2042 laufen. Insofern können wir auch über 2035 hinausdenken.

Vielen Dank, Herr Abg. Zimmer. Ich sehe, es gibt keine weiteren Fragen. - Beschlüsse in der Sache werden nicht gefasst. Damit ist der Tagesordnungspunkt 1 beendet.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 31

Aktuelle Debatte

Politische Kultur in Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/3614

Die Redezeit beträgt je Fraktion zehn Minuten. Die Landesregierung hat ebenfalls eine Redezeit von zehn Minuten. Es wurde folgende Reihenfolge vereinbart: DIE LINKE, SPD, AfD, GRÜNE, CDU. Zunächst hat die Antragstellerin das Wort. Die Abg. Frau Quade wird dies für die Fraktion DIE LINKE in Anspruch nehmen. Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach der vergangenen Landtagswahl und mit Beginn dieser Legislaturperiode saß der Schock bei vielen Demokratinnen und Demokraten auch in diesem Haus tief, dass in SachsenAnhalt die größte rechtsradikale Fraktion in einen Landtag der Bundesrepublik einziehen konnte, und das gerade, nachdem die AfD hier so offen rechtsextrem aufgetreten war wie in kaum einem anderen Bundesland.

(Zuruf von der AfD: Antifa! - Weitere Zurufe von der AfD)