Protokoll der Sitzung vom 19.12.2018

habe ich mir, weil ich nur eine Frage stellen darf, eines herausgegriffen, und zwar: Wann und wo hat wer aus unserer AfD-Fraktion über Rassenkrieg schwadroniert und zu dieser Demo dann gesagt, das wäre eine patriotische Veranstaltung gewesen?

Herr Dr. Grube.

Das steht in Ihrer Begründung. Sie können doch gar keine anderen Demonstrationen meinen als die von Chemnitz und Köthen. Dort ist von Rassenkrieg gesprochen worden. Der Innenminister hat es auch angesprochen. Sie sind mit den Leuten dort marschiert. Es gibt keine Abgrenzung.

Das ist für Sie immer eine patriotische Kundgebung. Solange Sie sich nicht die Mühe machen, sich davon ernsthaft abzugrenzen, brauchen Sie mit solchen Anträgen nicht zu kommen.

(Daniel Roi, AfD: Es hat in Köthen fünf ver- schiedene Veranstaltungen gegeben!)

Sie haben eine Nachfrage, Herr Loth?

(Zuruf von Daniel Roi, AfD)

- Herr Abg. Roi, lassen Sie doch Ihren Kollegen jetzt erst einmal die Frage stellen. - Bitte.

Herr Kollege Roi hat recht, es gab in Köthen mehrere Demonstrationen, unter anderem direkt am 9. September, glaube ich. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Da hatten wir Landesparteitag, da war von uns, von der AfD Sachsen-Anhalt, also keiner dabei. Auf dieser Demonstration hat ein Herr K. von Thügida oder was weiß ich für einer Organisation etwas von Rassenkrieg schwadroniert. An dieser Stelle war keiner von der AfD dabei. Wir haben das nicht gutgeheißen.

Auch auf der Demonstration am 16. September vom Verein „Zukunft Heimat“ hat sich mein Kreisvorsitzender klar und deutlich an jeder Stelle von irgendwelchen rechtsextremen Positionen abgegrenzt.

(Beifall bei der AfD)

Bitte nehmen Sie das hin und verbreiten Sie keine Fake News mehr. - Danke.

(Zuruf von André Poggenburg, AfD)

Mitmarschiert sind Sie trotzdem; mitmarschieren werden Sie trotzdem. Eine Differenzierung ist das nicht.

(André Poggenburg, AfD: Eben nicht! - Vol- ker Olenicak, AfD: Haltlose Verleumdung! - Weitere Zurufe von der AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

(Zurufe von der AfD)

jetzt versuchen Sie, wieder etwas runterzukommen.

(André Poggenburg, AfD: Das war Links- populismus in Reinform!)

Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Quade. - Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines gleich vorweg in dieser Debatte: Die AfD-Fraktion will sich hier auf einen Konsens der Demokraten berufen. Noch einmal: die AfD-Fraktion auf einen Konsens der Demokraten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage es für meine Fraktion ganz unmissverständlich: Diese AfD-Fraktion, diese Rechtsradikalen werden niemals Teil eines Konsenses von Demokraten sein.

(Zustimmung bei der LINKEN - André Pog- genburg, AfD: Das sagt die Richtige! - Un- ruhe)

Sie haben kein Recht, sich darauf zu berufen; denn es sind im Kern völkische Faschisten, die einer demokratischen Gesellschaft mit all ihren Unterschieden feindlich gegenüberstehen und sie vernichten wollen.

(Zurufe von der AfD)

Wenn Sie einen Konsens von Demokraten sehen wollen, schauen Sie sich die Bilder von den 240 000 Menschen bei der Unteilbar-Demo in Berlin an. Schauen Sie sich an, wie sich der Bundestag erst vor einigen Tagen erneut geweigert hat, eine Vertreterin einer rechtsradikalen Partei zur Vizepräsidentin zu wählen, und dass in Baden-Württemberg die Landtagspräsidentin schon die Polizei rufen musste, um ihr Hausrecht gegen Mitglieder der AfD-Fraktion durchzusetzen,

(Volker Olenicak, AfD: Das muss man sich hier bieten lassen!)

oder aber auch, dass ein Mitglied des Bundestags der AfD-Fraktion auf Steuerzahlerkosten zu Schießtrainings nach Südafrika geflogen ist.

(Zurufe von der AfD)

Das zeigt doch mal wieder, wie das Verhältnis der AfD zur Demokratie und ihren Institutionen ist.

(Zustimmung bei der LINKEN - Robert Far- le, AfD: Dass das Quatsch ist, das wissen Sie selber!)

Und noch etwas, bevor ich zu den eigentlichen Inhalten diese Debatte kommen kann. In der Begründung zu dem Antrag schreibt die AfD-Fraktion, der Landtag habe mit Besorgnis die Proteste gegen die Innenministerkonferenz in Magdeburg zur Kenntnis genommen. - Die Wahrheit ist jedoch: Der Landtag hat in dieser Sache keinerlei Beschluss gefasst, er wird es im Übrigen auch nicht im Nachgang zu dieser Aktuellen Debatte tun. Die Behauptung, der Landtag habe mit Sorge diese Demonstration zur Kenntnis genommen, ist schlichtweg eine Lüge und eine Anmaßung gegenüber dem Parlament;

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

denn so wenig, wie die AfD-Fraktion das Volk vertritt, ist die AfD-Fraktion der Landtag.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD)

Worum geht es also eigentlich und was ist denn passiert? - Die Antwort ist einfach: Nichts ist passiert. In Magdeburg hat sich die Innenministerkonferenz getroffen - ein normaler Vorgang. Ebenso normal ist, dass dagegen demonstriert werden kann und auch demonstriert wird, dass Menschen ihr Recht wahrnehmen, sich öffentlich zu versammeln und ihre Meinung zu sagen.

Nun sage ich: Es gibt auch gute Gründe, gegen die Innenministerkonferenz zu demonstrieren, die intransparent und hinter verschlossenen Türen im Geheimen ohne ausreichende Kontrolle der Parlamente Innen- und Sicherheitspolitik macht.

Dass die AfD-Fraktion so gern über angeblichen Linksextremismus spricht und diesen Landtag immer wieder damit befasst, hat drei einfache Gründe: Erstens will die AfD-Fraktion damit politische Gegnerinnen und Gegner ins Abseits stellen und aus dem öffentlichen Gespräch in der Demokratie ausschließen, um sie noch vehementer angreifen zu können.

Zweitens will sie sich selbst als rechtsstaatliche und demokratische Kraft tarnen und davon ablenken, dass ihr nicht nur das Handwerkszeug für die parlamentarische Arbeit in der Demokratie fehlt, sondern dass sie auch schlichtweg kein Interesse am demokratischen Prozess insgesamt hat.

Drittens ist ihr all dies nur möglich, weil sie immer wieder Verbündete findet, die darauf jedes Mal wieder einsteigen und wahllos mit einem Kampfbegriff auf alles einschlagen, was sie nicht verstehen und ablehnen, ohne dabei irgendeine valide Analyse zu betreiben.

Wenn wir uns einmal kurz die konkrete Demonstration in Magdeburg anschauen, dann ist dort schlicht nichts passiert, das Aufregung rechtfertigen würde. Die Demonstration ist im Wesentlichen ruhig verlaufen. Nicht einmal die AfD-Fraktion behauptet etwas anderes. Wohingegen - auch das sei an dieser Stelle gesagt - Teilnehmende an den Protesten den Polizeieinsatz als einschüchternd beschreiben, was mindestens bedenklich ist.

(André Poggenburg, AfD: Oh!)

Nun, weil die Demonstration für sich genommen nicht zur Skandalisierung taugt, soll ein Skandal aus dem Aufruf und den Unterzeichnenden konstruiert werden, ein Skandal, der auch noch geeignet sein soll, die Demokratie zu beschädigen. Und natürlich soll all das linksextrem sein.

Wer sich aufmerksam angeschaut hat, wer diesen Aufruf unterzeichnet hat, der wird feststellen, dass Gruppen aus sehr unterschiedlichen Spektren sowohl der bürgerlichen als auch der radikalen Linken mit unterschiedlichen politischen Theorien, auch mit unterschiedlichen Verhältnissen zur Militanz dazugehören. All diese Gruppen unterschiedslos mit dem Label „linksextrem“ zusammenzubinden, zeigt, wie leer und aussagelos dieser Begriff ist.

(Beifall bei der LINKEN - André Poggen- burg, AfD: Das haben wir doch gar nicht ge- macht!)

Denn auch aus linker Perspektive ist hier Kritik geboten, möglich und wird auch geübt. Es ist eine Kritik, die auf Analyse beruht statt auf Kampfbegriffen, Kritik etwa an linkem Antisemitismus oder jedenfalls einem irritierend indifferenten Verhältnis einzelner Gruppen.

Doch nichts ist extrem an dem, was hier zu sehen war. Das Allermeiste ist nicht einmal radikal. Schon gar nicht ist mit Blick auf die tatsächlichen gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse irgendein Indiz zu erkennen, dass die Unterzeichnung dieses Aufrufs gegen überbordende Überwachung und Repression die Demokratie gefährden könnte.

Im Gegenteil, denn die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse, in denen wir leben - so realistisch muss man ja sein -, sind gerade nicht wesentlich durch die radikale Linke geprägt, was sich schon unschwer daran erkennen lässt, welche politische Wirksamkeit die extreme Rechte in den letzten Jahren erreicht hat.

Dass Antifa-Gruppen, Magazine und Einzelpersonen lange vor großen Medien oder gar den Inlandsgeheimdiensten oder Sicherheitsbehörden auf die zunehmende Vernetzung aufmerksam gemacht haben, Material vorgelegt haben, Zusammenhänge aufgezeigt haben, führte ja - ich sage: leider - nicht zu einer wesentlichen Veränderung des gesellschaftlichen Mainstreams.

Der Innenminister bezieht sich immer wieder auf die von Eckhard Jesse geprägte Extremismustheorie, und wir erinnern uns, wie er in der letzten Landtagsdebatte an dieser Stelle ein U vortanzte, um seine sehr simple Perspektive auf die politische Landschaft zu veranschaulichen - eine Annahme, die ernsthaft ein Hufeisen zum Erklärmodell für Politik macht und dabei nicht nur einfältig bleibt, sondern vor allem relativierend,

(Beifall bei der LINKEN)