Daneben hat die Koalition klar und deutlich dokumentiert, dass es weitergehen soll und dass wir die Finanzierung hinbekommen. Das ist das Normalste der Welt. Jetzt Unruhe im Land zu verbreiten und Ängste zu schüren, wie Sie es machen, hilft niemandem weiter. Das wird Ihnen nicht helfen, weil es Ihnen am Ende keine Wählerstimmen bringen wird, aber es wird auch der Schule nicht helfen. Deshalb kann ich nur eindringlich an Sie appellieren: Lassen Sie uns in der Sache gemeinsam fachlich ringen, aber lassen Sie uns nicht die Menschen in diesem Land an einer Stelle wuschig machen, an der es nicht nötig ist und bei der ich sogar zu der Auffassung komme, dass es verantwortungslos ist.
Sehr geehrter Herr Tullner, ich mache weder jemanden wuschig noch sonst etwas. Wir haben vor zwei Jahren auf das Problem aufmerksam gemacht und darauf hingewiesen, was uns ereilen wird und wie wir die Schulsozialarbeit nach dem Jahr 2020 fortführen wollen. Wir haben es rechtzeitig gemacht, nämlich schon aus der sechsten Wahlperiode heraus, weil wir vor genau derselben Situation standen. Kurz vor Schluss haben wir es geschafft, dass die Schulsozialarbeit fortgeführt werden kann. Aufgrund dessen haben wir genau das Problem schon vor zwei Jahren angesprochen. Es wurde allerdings teilweise ignoriert.
Dass es zwischen dem Sozialministerium und dem Bildungsministerium Kommunikationsschwierigkeiten gibt, können Sie in dem Protokoll des Sozialausschusses nachlesen. Als Ausschussvorsitzende muss ich sagen, dass wir in der letzten Ausschusssitzung ein gutes Fachgespräch geführt haben. Daraufhin haben wir uns darauf verständigt, dass die DKJS dieses Konzept gemeinsam mit dem Bildungsministerium verfeinert und genau diese Fragen, die in dem Gespräch aufgeworfen worden sind, klärt. Der Zwischenbericht soll im ersten Quartal 2019 und das Konzept vor der Sommerpause 2019 vorliegen. Damit war für mich so weit geklärt, wie es mit der Schulsozialarbeit weitergeht.
Jetzt kommt ein Antrag, der besagt, man wolle es jetzt so machen. Jetzt frage ich Sie als Minister: Ganz ehrlich, haben Sie so viele freie Kapazitäten
Deshalb galt für uns - deshalb auch unser Alternativantrag -: Lassen Sie uns das, bei dem wir gerade auf dem Weg sind, fertig bearbeiten, damit wir wirklich etwas ganz Gutes hinbekommen, anstatt das eine jetzt erst einmal wegzuschieben und kurzfristig etwas anderes zu machen.
Ich persönlich muss ganz ehrlich sagen: Ich habe den Eindruck, dass, weil sich ein Bündnis gegründet hat, alle mal ein bisschen aktiv geworden sind. - Nein, wir sind schon länger aktiv gewesen. Ich appelliere auch an die Koalition, den eingeschlagenen Weg, den wir uns gemeinsam im Bildungsausschuss vorgenommen haben, auch zu Ende zu bringen. - Danke.
Vielen Dank, Frau Hohmann. - Herr Lippmann, Sie wollen sicherlich als Fraktionsvorsitzender sprechen. Ansonsten haben wir uns ja selbst die Regeln gegeben, nicht die eigenen Kollegen zu befragen. Bitte, Herr Lippmann.
Es folgt natürlich eine Reaktion auf die Reaktion des Ministers. Ich will schon deutlich zurückweisen, dass wir dann, wenn die Folgen und die Auswirkungen der Regierungspolitik draußen bei den Menschen für Unruhe sorgen, den Schwarzen Peter zugeschoben bekommen. Wir dürfen den Spieß nicht umdrehen; das lasse ich nicht zu.
Wir sind an diesem Bündnis nicht beteiligt. Ja, es ist richtig, es war von Anfang an klar, weil wir ja beim Übergang von der ersten zur zweiten Förderperiode schon mitbekommen haben, dass schwierige Fragen zu klären sind.
Es war übrigens die Leistung des Kabinetts „Haseloff I“ und des Ministers Dorgerloh, damals schon eine Überbrückungsregelung aus Landesmitteln hinzubekommen, weil es sozusagen eine Lücke gab. Und es war von Anfang an klar - wir jedenfalls gehen davon aus -: Es wird keine dritte Periode geben.
Weil es ein etabliertes System ist, müssen wir rechtzeitig anfangen, an den Fragen zu arbeiten, mit den Kommunen zu reden, an dem Konzept, an den Bedarfsparametern zu arbeiten. Das sind genau die Dinge, bei denen wir seit zwei Jahren versuchen, Sie zum Jagen zu tragen. Dass wir das an dieser Stelle problematisch diskutieren, ist unser gutes Recht. Das hat mit den Protesten
draußen und der Unruhe nichts zu tun. Das muss sich die Regierung schon selbst auf die Fahne schreiben.
Vielen Dank, Herr Lippmann. - Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die SPD-Fraktion spricht die Abg. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen. Sie haben das Wort, bitte.
Danke. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Auf der einen Seite bin ich froh, dass sich die Koalitionsfraktionen mit dem vorliegenden Antrag klar zur Zukunft der Schulsozialarbeit positionieren. Und, Frau Hohmann, das ist jetzt auch keine Reaktion auf die aktuellen Entwicklungen des Aktionsbündnisses. Der Antrag ist schon viel älter.
Auf der anderen Seite hätte ich mir gewünscht, dass es dieses Antrages nicht bedurft hätte, weil der Bildungsminister ein Konzept vorlegt, in dem er seine konkreten Vorstellungen darstellt, verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten beschreibt, und dass wir im Parlament diskutieren können, was die beste und - zugegebenermaßen - auch die umsetzbare Variante der Zukunft der Schulsozialarbeit ist.
Denn es hat etwas mit Ressourcen zu tun; das ist richtig. Aber: Der Minister will fachlich diskutieren. Das ist völlig richtig. Wir möchten auch gern mit ihm um eine fachliche Lösung ringen, aber dazu brauchen wir erstmal ein Papier, in dem es konkrete Ansatzpunkte gibt, über die wir diskutieren können. Ich glaube, ich sage damit nichts Neues. Wir hatten uns erhofft, dass dies mit dem Konzept zum Aufbau von Multiprofessionalität an Schulen vorliegen würde.
Das Konzept hat nicht alle Erwartungen erfüllt, weil sich nämlich genau die Dinge, die wir uns erhofft haben, in diesem Konzept eben nicht wiederfinden. Es geht um die Frage, wie wir die Schulsozialarbeit auch nach dem Jahr 2021 zukunftsfest machen können. Das hat eben auch zu Sorgen und zu Unruhe bei den betroffenen Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern geführt, weil in diesem Konzept die praktische Umsetzung eben nicht fachlich definiert worden ist.
Ich würde darum bitten, dass vielleicht auch noch einmal Gespräche zwischen dem Finanzministerium und dem Bildungsministerium stattfinden, weil der Finanzminister uns gesagt hat, dass das
bis zum Jahr 2021 auch alles eingeplant sei. Also gibt es offensichtlich auch unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die Gelder nun bis zum Jahr 2020 oder bis zum Jahr 2021 reichen. Deshalb haben wir mit der Verabschiedung des Haushaltsplans am gestrigen Tag durch die Verpflichtungsermächtigung klargestellt, dass es jetzt bis zum Jahr 2021 finanzielle Sicherheit gibt; das ist ganz wichtig.
Wichtig war uns, dass wir den Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern ein deutliches Signal geben, dass es mit der Schulsozialarbeit weitergeht. Denn es ist nicht so, dass sie andere Möglichkeiten hätten, auf dem Arbeitsmarkt auch unbefristete Arbeitsverhältnisse zu finden. Sie sind zum Teil in Beschäftigungsverhältnissen, bei denen man es ihnen auch nicht verdenken kann, wenn sie sich etwas anderes suchen.
Wir als Land tun gut daran, dass wir nicht zu Berliner Verhältnissen kommen, wo im Rahmen der Umsetzung des Programms eine Fluktuation von 60 % zu verzeichnen war und wo man mit immer neuen Kollegen dann auch fachlich wieder von vorn anfängt. Wir haben ein gut funktionierendes System von Netzwerkstellen, das tatsächlich dazu beigetragen hat, dass wir Erfolge im Bereich der Schulverweigerung erreicht haben.
Das mit den Zahlen ist schwierig, Herr Minister. Ich wüsste auch gern im Detail, woran es liegt, dass wir jetzt wieder eine höhere Zahl von Schülerinnen und Schülern haben, die die Schule ohne Schulabschluss verlassen. Ich wage hier zu behaupten, dass es aber nicht an der Schulsozialarbeit liegt. Im Gegenteil: Wenn wir die Schulsozialarbeit nicht hätten, wäre die Zahl noch weiter gestiegen. Wir haben einen erhöhten Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund. Dazu sagen die Zahlen, dass es etwa die Hälfte von ihnen nicht schafft, einen Schulabschluss zu machen. Schon das könnte eine Ursache für die Steigerung sein.
Wir haben auch immer noch das Problem, dass wir es an bestimmten Förderschulen den Schülern nicht ermöglichen, einen Schulabschluss zu erreichen. Auch hierbei müssen wir schauen, wie das in anderen Ländern gemacht worden ist, und Modelle entwickeln, damit diese Schüler auch einen Schulabschluss erreichen können. Wenn wir an diesen Dingen weiterarbeiten, werden wir in diesem Bereich auch noch erfolgreicher werden.
Im Übrigen: Ich habe in der letzten Woche an der Programmklausur „Schulerfolg sichern“ der Landesnetzwerkstelle teilgenommen. Dort hat man ganz konkrete Erkenntnisse dazu, welche Maßnahmen wirken, in welchen Bereichen wir erfolgreich sind. Lassen Sie uns doch dieses Wissen, diese Erfahrungen nutzen, um die Diskussion über die Frage, was man tun kann, um beim Thema Schulverweigerung noch besser zu werden,
damit niemand im Schularrest ankommt, die wir schon seit mehreren Jahren im Bildungsausschuss führen, zu einem Ende zu bringen und diese Netzwerke zu stärken. Denn es ist in der Tat so, dass Schulsozialarbeit nicht nur in der Schule stattfindet.
Das Wertvolle und das, was in unserem Land zu dem Erfolg von Schulsozialarbeit beigetragen hat, sind die Netzwerke, das ist das Zusammenwirken von Schule, Lehrerinnen und Lehrern, Elternhäusern, aber eben auch Jugendhilfe und anderen externen Partnern. Wir sollten daran arbeiten, dass wir diese Erfolge auch nach dem Jahr 2021 sichern, vielleicht sogar noch ausbauen.
Meine persönliche Vision wäre, dass jede Schule einen Schulsozialarbeiter - vielleicht brauchen manche auch zwei - nach bestimmten Kriterien bekommt und dass diese sich über ihre persönliche Zukunft keine Sorgen mehr machen müssen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Prof. Kolb-Janssen. Es gibt eine Anfrage von dem Abg. Herrn Tullner. - Ich bitte Sie, auch bei einer Kurzintervention die Redezeit von zwei Minuten einzuhalten; sonst beende ich das. Bitte.
Frau Präsidentin, Entschuldigung. Ich finde die Debatte hoch spannend, weil sie auch in Nuancen Unterschiede deutlich macht. Aber darauf will ich jetzt gar nicht eingehen.
Frau Kolb-Janssen, nur zwei Punkte. Erstens. Man kann sich gern über die inhaltliche Ausgestaltung unterhalten. Darüber müssen wir uns auch noch unterhalten; denn am Ende hat keiner den Stein der Weisen. Das liegt als Papier vor; das wird sozusagen spezifiziert oder untersetzt. Der Kommunikationsprozess dazu läuft.
Zweitens. Wir müssen aber auch der EU Fragen beantworten. Darüber kann man - das habe ich im Ausschuss auch schon gesagt - nicht hinweggehen. Es geht nicht nur darum, ob wir die Verlängerung eines EU-Programms brauchen. Auch bei der Abrechnung des laufenden Programms müssen wir die Frage beantworten, warum wir dieses Programm bei der EU unter dem Titel „Schulerfolg sichern“ angemeldet haben, und am Ende liegt die Quote der Schulabbrecher höher als vorher.
Wir können nicht sagen, wir finden das alles gut, die Wertschätzung ist da. Vielmehr müssen wir der EU knallhart, bürokratisch abrechnend und kriterienscharf darlegen, warum wir damals ein Programm ins Leben gerufen und bei der EU an
gemeldet haben, am Ende aber das Ergebnis nicht erbringen. Dazu wird man in Brüssel nicht sagen: Jetzt haben alle ein wohliges Gefühl und alles ist schön.
Diese Debatte müssen wir führen. Wenn wir sie nicht wirklich glasklar zu Ende führen, werden wir am Ende nicht nur mit der Frage, woher wir neue Ressourcen kriegen, Schwierigkeiten haben, sondern wir werden vor allem bei der Frage, wer die bisher entstandenen Kosten erstattet, große Schwierigkeiten bekommen. Das müssen wir gemeinsam schaffen.
Deswegen meine herzliche Bitte, noch einmal gemeinsam zu überlegen, wie wir diese Kriterien erklären können. Dabei kann uns eine Netzwerkstelle helfen. Die Fragen müssen wir wirklich beantworten, ansonsten kommen wir da in extrem schwieriges Fahrwasser.
Herr Tullner, vielen Dank für die Nachfrage. Ich habe geglaubt, dass ich das schon sehr deutlich zum Ausdruck gebracht habe. Wir sind da eng beieinander. Es gibt mittlerweile wissenschaftliche Studien, die belegen, dass Schulsozialarbeit wirkt, dass sie dazu führt, dass Schulabstinenz zurückgeht und dass die Zahl der Schulabschlüsse steigt.
Ich vertrete die These - dabei können wir auch sehr gern zusammenarbeiten -, dass die Schulsozialarbeit in Sachsen-Anhalt nicht der Grund dafür ist, dass wir jetzt eine steigende Zahl von Schülern haben, die die Schule ohne Abschlüsse verlassen, sondern das liegt daran, dass sich Rahmenbedingungen verändert haben. Genau das müssen wir untersuchen. Ich wäre dankbar, wenn wir die entsprechenden Analysen vom Ministerium bekommen. Dann unterstützen wir Sie natürlich gern auch dabei, gegenüber der Europäischen Kommission deutlich zu machen, dass das Programm wirkt und dass sich die Rahmenbedingungen geändert haben. Denn das wiederum zeigt, dass wir eigentlich noch mehr Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter brauchen.
Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Fragen. - Wir kommen zum letzten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt noch einmal Herr Aldag. Sie haben das Wort, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich will es kurz machen. Zunächst einmal freue ich mich sehr, dass das gesamte Haus - das nehme ich sehr wohlwollend zur Kenntnis - zur Schulsozialarbeit
steht. Ich glaube, es ist auch ein wichtiges Zeichen an die Vertreterinnen und Vertreter, die heute im Landtag anwesend sind, dass das gesamte Haus die Schulsozialarbeit wichtig findet.
Ich war ganz überrascht, Herr Tillschneider. Ich dachte: Hui, der Wolf hat Kreide gefressen. Im zweiten Teil der Rede war es dann wieder nicht so; die will ich jetzt nicht kommentieren; es ist kurz vor Weihnachten. Lassen Sie es mich so ausdrücken: Ich bin erst einmal froh, dass Sie Schulsozialarbeit nicht per se bekämpfen.
Herr Minister - wo ist er? -, jetzt Abg. Herr Tullner, ich glaube, es ist deutlich geworden, dass man den Antrag ernst nehmen muss und dass man diesen Antrag zügig umsetzen muss. Es wurde angesprochen, dass es bereits ein Konzept gibt. Ich gehe auch davon aus, dass man nicht komplett neu anfangen muss, sondern dass man die Stoßrichtungen dieser beiden Konzepte, das, was neu zu erarbeiten ist, und das, was schon vorliegt, zueinander bringen und dann insgesamt nach vorn bringen kann. So verstehe ich auch unseren Antrag.