Protokoll der Sitzung vom 19.12.2018

- das habe ich nicht gesagt -

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Wer soll es denn dann bezahlen?)

sondern die EU kann den Haushalt ein bisschen einstampfen. So viel Bürokratie und einen so großen Beamtenapparat brauchen wir nicht.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Das ist so. Wir wollen ja nicht mehr Geld bezahlen. Das habe ich in diesem Kontext auch nicht

gesagt. Sie dürfen hier keine Falschbehauptung in den Raum stellen. Es ist so: Das haben wir nicht gesagt.

(Silke Schindler, SPD: Sie reden alles schön! - Unruhe)

Das haben Sie interpretiert aus den Dingen, die hier vorgetragen worden sind.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Hören Sie sich manchmal selbst zu?)

Wir wollen nicht mehr Geld an die EU bezahlen, als wir es schon tun. Im Gegenteil: Wir würden auch gern weniger zahlen und würden auch gern den Dexit haben, aber trotzdem mit Handelsunion.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Ja- wohl!)

Ich sehe, dass Herr Rausch wieder zu seinem Platz gegangen ist. - Herr Heuer, Sie haben jetzt die Möglichkeit, eine Intervention zu machen.

Sehr geehrter Herr Kollege Rausch! Die Frage kam mehrmals. Ich kann das, was meine Kollegen gesagt haben, nur unterschreiben. Uli Thomas hat es ganz klar dargestellt. Der Minister hat dazu sachlich konkret ausgeführt. Kollege Bommersbach und Kollege Schmidt haben das eben ganz klar deutlich gemacht.

Eines haben Sie nicht geschafft: einfach einmal fünf konkrete Punkte zu nennen, die Sie an den Brexit-Vereinbarungen geändert haben wollen, ohne dass Deutschland einen Nachteil daraus zieht.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie beanspruchen immer den Vorteil Deutschlands, aber hier fordern Sie den Nachteil Deutschlands ein. Nichts anderes ist das.

(Tobias Rausch, AfD: Dann haben Sie mir nicht zugehört!)

Dann kommen wir zu dem nächsten Redner. Für die SPD-Fraktion spricht der Abg. Herr Hövelmann.

(Zuruf von Guido Heuer, CDU)

- Herr Heuer, etwas ruhiger. - Herr Hövelmann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ja, Herr Rausch, der Unterschied zwischen Ihrer Fraktion und den

anderen Abgeordneten und den übrigen Fraktionen in diesem Haus ist ganz offensichtlich: Sie wollen die EU abschaffen und wir wollen sie besser machen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU, bei den GRÜNEN, von Thomas Lipp- mann, DIE LINKE, und von Stefan Geb- hardt, DIE LINKE)

Es gibt vier Prinzipien der Europäischen Union, und diese sind daran gebunden, dass man Mitglied der Europäischen Union ist: freier Personenverkehr, freier Warenverkehr, freier Dienstleistungsverkehr und freier Kapitalverkehr.

(Zuruf von Daniel Rausch, AfD)

Es kann nicht sein, dass jemand, der sagt: „Ich will jetzt nicht mehr mitmachen“, trotzdem genau diese vier Freiheiten zu seinem eigenen wirtschaftlichen Vorteil nutzt und dass die anderen die Rechnung dafür bezahlen. So kann es nicht gehen und so wird es auch nicht gehen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU - Siegfried Borgwardt, CDU: So ist es! - Un- ruhe)

Nun zu dem, was ich eigentlich sagen wollte. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gelegentlich sagt man regierungstragenden Fraktionen nach, sie würden ihrer Regierung einen Blankoscheck ausstellen. Heute machen wir das Gegenteil: Wir erteilen gewissermaßen einen Blankoauftrag.

Heute weiß niemand, ob das Vereinigte Königreich tatsächlich aus der Europäischen Union austreten wird oder nicht, ob es das am 29. März 2019 tun wird oder auch nicht, ob es ohne oder mit vertraglicher Regelung austreten wird, ob die heutige britische Regierung in den nächsten Wochen oder vielleicht auch in den nächsten Tagen überhaupt noch als Verhandlungspartner für die Europäische Union zur Verfügung stehen wird oder ob das britische Volk noch einmal über den Brexit abstimmen wird und/oder ob es zu Neuwahlen kommen wird. Es gibt also ganz viele mögliche Situationen.

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, weiß heute auch niemand von uns, in welcher politischen Situation unsere Landesregierung den von uns formulierten Prüfungs- und Berichterstattungsauftrag abarbeiten wird und welche Weiterungen in den nächsten Tagen und Wochen das Thema noch bekommen kann. Genauso wenig weiß die Landesregierung, ob es den Übergangszeitraum, für den sie eine Regelung treffen will, überhaupt geben wird.

Das Verrückte - meine Damen und Herren, gestatten Sie mir den Ausdruck - ist: Gerade deshalb, weil heute niemand sagen kann, ob diese

beiden Entwürfe morgen noch etwas taugen, sind sie nötig. Wir wissen nicht, wie es mit dem Brexit weitergeht, und genau darauf müssen wir vorbereitet sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich habe großen Respekt vor denen, die für Deutschland und für die Europäische Union über das Brexit-Abkommen verhandelt haben und jetzt weitere Gespräche mit der britischen Regierung führen.

Selbstverständlich ist es besser, den Austritt geregelt zu vollziehen, als ihn ungeregelt zu vollziehen. Selbstverständlich ist es sinnvoll, negative Auswirkungen für die wirtschaftliche Entwicklung, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung und auch für die Reisefreiheit in Europa möglichst gering zu halten. Auch darum geht es uns mit dem Gesetzentwurf und mit unserem Antrag.

Aber ich bin - Theodor Adorno möge mir die Formulierung verzeihen - davon überzeugt: Es gibt keinen richtigen Brexit im falschen. Ich gestehe, ich gebe die Hoffnung noch nicht völlig auf, dass auf das politische Chaos dieser Tage in Großbritannien so etwas wie Besinnung folgt - die Weihnachtstage sind ja ein guter Zeitpunkt, um daran zu glauben -, nämlich eine Rückbesinnung auf das, was wir in Europa alle gemeinsam an der Europäischen Union haben, eine Besinnung darauf, dass junge Britinnen und Briten

(Unruhe bei der CDU)

genauso wie ihre Altersgenossen vom Kontinent heute schon ganz bewusst als Europäerinnen und Europäer leben und dass der Brexit ihnen tatsächlich Zukunftschancen verbaut. Deshalb habe ich die Bitte an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, dem Antrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen

(Zustimmung bei der CDU)

und den Gesetzentwurf der Landesregierung in die Ausschüsse zu überweisen.

Aber eigentlich gehen meine Wünsche in Richtung Westminster: Mögen unsere Kolleginnen und Kollegen im britischen Unterhaus sich doch noch einmal scharf überlegen, wie man wieder Vernunft einkehren lassen kann und wie das Band zwischen Großbritannien und dem übrigen Europa erneuert werden kann - erneuert nicht außerhalb, sondern innerhalb der Europäischen Union. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zu- stimmung bei den GRÜNEN)

Herr Hövelmann, es gibt eine Frage von Herrn Farle. - Herr Farle, Sie haben das Wort.

Danke. Das ist eine kleine Kurzintervention. - Herr Hövelmann, Sie haben vorhin gesagt, es gebe zwei Alternativen: die einen, die die EU abschaffen wollen - damit meinten Sie wahrscheinlich uns -, und die anderen - das wären Sie -, die sie besser machen wollen.

Etwas, das Sie nicht sehen, ist, dass es eigentlich etwas dazwischen gibt, dass es Leute gibt, die der Meinung sind: Ja, die EU kann dann bestehen bleiben, wenn sie besser gemacht wird, wenn sie tatsächlich reformiert wird und wenn das Subsidiaritätsprinzip konsequent durchgesetzt wird. Das heißt, auf jeder Ebene in diesem Gesamtgebilde muss dasjenige Geld verwaltet werden, das für die Bürger in dem Land notwendig ist, von der Spitze in Brüssel aber am wenigsten, weil die uns jedes Detail vorschreiben, und das geht nicht. - Das ist die Grundposition der AfD.

Das Zweite, das ich Ihnen sagen möchte, ist: Es geht nicht an, dass wir dem britischen Volk von hier aus vorschreiben wollen, wie es sich zu verhalten hat. Dass unnötig hohe Hürden dort eingebaut werden, damit sie noch in letzter Sekunde umdrehen, ist nicht in Ordnung.

Wir als AfD wollen selbstverständlich nicht weitere Milliarden übernehmen, die bisher die Briten bezahlt haben. Man muss in Brüssel einmal anfangen, darüber nachzudenken, dass man den Haushalt drastisch zusammenspart. Wir wollen auch keine Sozialunion, in der wir für alle bezahlen. Wir wollen auch keine Bankenunion, in der wir für alle Banken haften. Das ist unsere Position. - Bitte sehr.

(Beifall bei der AfD)

Herr Hövelmann, Sie haben die Möglichkeit zu reagieren, wenn Sie wollen. Das war keine direkte Frage.

(Robert Farle, AfD: Wir sind nicht gegen die EU! Wir sind kritisch!)

Ich will zu diesem Beitrag Folgendes sagen: Herr Farle, wenn Sie in Sachsen-Anhalt überall dort, wo europäisches Geld drin ist, sagen: „Bitte abreißen!“, dann würde in Sachsen-Anhalt nicht viel übrigbleiben.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)