Denn meines Wissens befindet sich Connewitz in Sachsen. Einen Satz vorher sagen Sie, dass Ihre Meinung in Sachsen-Anhalt nicht überall erwünscht oder geduldet sei.
Vielleicht sollten Sie noch erzählen, dass Sie sich die blaue Blume anstecken, weil Sie für die Verteidigung des Bargeldes sind. Das ist doch lächerlich.
Ich sehe keine weiteren Fragen. Zu dem, was gerade wieder Thema im Streitgespräch war, hat gestern mein Kollege Vizepräsident darauf hingewiesen, dass sich das noch in der Klärung befindet. Wir werden uns danach im Landtag wieder dazu verständigen.
Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel. Sie haben das Wort, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nähme man nur den Titel des vorliegenden Antrages auf eine Aktuelle Debatte, ich könnte jedem Wort zustimmen. Denn das, was darin gefordert wird, ist eine Selbstverständlichkeit in einer gelebten Demokratie. Die Meinungsfreiheit ist zu gewährleisten, eine Verrohung der politischen Auseinandersetzung muss verhindert werden und Gewalt ist Einhalt zu gebieten. Debatten, die mit Gewalt ausgetragen werden, sind keine, sondern es handelt sich dann um gewalttätige Auseinandersetzungen.
entlarvende diskursive Methode, der Opfermythos der AfD. Sie inszenieren sich als beklagenswerte Unterdrückte einer Entwicklung, die Sie selbst ganz bewusst anheizen. Es ist zuallererst Ihr nationalradikaler und rassistischer Populismus, der den Sound der Gewalt zunächst in den politischen Diskurs hat träufeln lassen - inzwischen muss man sagen, Sie sind mit Gießkannen unterwegs - und der die Grenze des Sagbaren immer weiter verschiebt.
Kommen wir zum ersten Punkt Ihres Antrages. Es ist die alte Mär, Ihre Meinungsfreiheit werde beschränkt, gar unterdrückt. Herr Raue hat das heute auch noch einmal zum Besten gegeben. Doch Sie unterliegen einem Missverständnis oder besser: Sie inszenieren diese Fehlwahrnehmung.
Das Grundgesetz garantiert uns allen das Recht auf Meinungsfreiheit. Was Sie als AfD für sich einfordern, ist aber nicht Meinungsfreiheit. Was Sie fordern, ist ein Recht auf Affirmation. Das ist die Pose eines kleinen Kindes, das für jeden zufälligen Strich auf einem Papier die liebevolle Ermunterung der Eltern erwartet. Ein Kind kann dies tun. Der demokratische Wettstreit setzt aber erwachsene Charaktere mit einem Mindestmaß an Frustrationstoleranz voraus. Darin liegt Ihr Problem.
Sie können es nicht akzeptieren, wenn demokratische Mehrheiten gegen Sie stehen. Sie halten Widerspruch gegen Ihre politischen Positionen für Unterdrückung. Der Widerspruch der Mehrheit ist jedoch kein Akt der Unterdrückung. Es ist das Obsiegen des zwanglosen Zwangs eines besseren Arguments. Wer sich aber als einzig legitimes Sprachrohr einer herbeifantasierten homogenen Volksgemeinschaft versteht, wer sich im Weltanschauungskampf sieht, wird Widerspruch niemals als legitimen Akt verstehen können.
Damit sind wir bei einem weiteren Punkt. Dort, wo Sie die Grenze zur legitimen, nationalkonservativen politischen Äußerung überschreiten, schlägt Ihnen eben nicht nur Widerspruch, sondern völlig zu Recht entschlossener Widerstand entgegen. Das hat auch mit Ihren Vorstellungen von Meinungsfreiheit zu tun. Man kann diese sehr gut anhand einer Bemerkung Ihres Parteigenossen studieren, der als Landolf Ladig schon für die NPD schrieb.
Ich rede von Björn Höcke. Auf einer Kundgebung in Gera beklagte er das Schicksal einer 87-jährigen Frau, die wegen eines Meinungsdeliktes in unverhältnismäßig harter Weise zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden sei. Vom wem sprach Höcke denn da? - Er bezog sich auf die verurteilte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. Bei der
Leugnung der Schoah handelt es sich aber nicht um eine Meinung, sondern um eine Negierung historischer Tatsachen, die zu Recht unter Strafe steht.
Dazu sage ich: Ihre Sprache, die Sprache Ihrer Parteigenossen, Herr Kirchner, bringt es an den Tag. Hieran zeigt sich, dass Götz Aly völlig recht hatte, als er Björn Höcke in der vergangenen Woche im thüringischen Landtag als rechtsradikalen Ideologen bezeichnete.
Meine Damen und Herren! Ich denke, die Verrohung der politischen Debatte ist ein Thema, das viele von uns umtreibt. Wir scheinen in einer Zeit der großen Gereiztheit zu leben. Der politische Ton in Deutschland ist rauer geworden. Das ist wahr. Viele von uns haben diesen Moment vor dem Rechner erlebt, in dem man erschrocken über das Ausmaß an verbaler Gewalt ist, das sich im Netz zusammengebraut hat, um dann zu erleben, wie sich diese Entwicklung auf der Straße fortsetzt. Gewalt gegen Sachen oder Menschen kann und darf kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein. Das ist demokratischer Basiskonsens und der gilt uneingeschränkt.
Körperliche Angriffe auf Politikerinnen und Politiker sind deshalb nicht nur abzulehnen. Ihnen muss aktiv etwas entgegengesetzt werden. Im demokratischen Rechtstaat müssen staatliche Behörden gefährdete Personen vor Nachstellungen und Gewalt schützen.
Auch Angriffe auf Abgeordnete oder Parteibüros sind nicht zu akzeptieren. Wir dürfen es nicht für normal halten, dass Mandatsträgerinnen und Mandatsträger sich hinter Kameras und Sicherheitsglas verstecken müssen. Ich leide darunter, dass mein Wahlkreisbüro nur noch eingeschränkt der offene Ort lokaler Demokratie sein kann, den ich mir gewünscht habe, weil ich Angriffe auf meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abwehren muss.
Schwer erträglich finde ich es dann, wenn sich genau die Partei als Opfer einer gewalttätigen Debattenkultur inszeniert, die mit ständiger Hetze und einem hemmungslosen Diskurs der Bedrohung und Entmenschlichung einen gehörigen Anteil an den Hunderten Angriffen auf Unterkünfte von Geflüchteten in den letzten Jahren hat.
In Chemnitz und Köthen wurden wir alle Zeugen Ihres öffentlich vollzogenen Schulterschlusses mit der gewaltbereiten Rechten.
Das Beispiel ist oft bemüht worden, aber ich möchte es noch einmal nennen: Aydan Özoguz ist deutsche Staatsbürgerin und wurde in der Hansestadt Hamburg geboren. Wir alle kennen die Aussagen des AfD-Fraktionsvorsitzenden Alexan
der Gauland, dass er sie gerne - Zitat - in Anatolien entsorgen würde. Es braucht keine analytische Tiefe, um hierin eine zutiefst rassistische Ideologie zu erkennen, die sich hinter einer Fassade angeblich knorriger Bildungsbürgerlichkeit versteckt.
Doch was der gelehrte Herr Gauland hierbei tut, ist nichts weiter, als die metaphorische Gleichsetzung eines Menschen mit Müll. Diese Metaphorik ist nichts anderes als eine rassistische Gewaltfantasie. Weiter kann verbale Entmenschlichung kaum gehen. Vielleicht habe ich sie überhört, aber ich habe aus Ihren Reihen keine Distanzierung von dieser unsäglichen Aussage gehört.
In den Reden und Verlautbarungen aus den Reihen der AfD lassen sich Beispiele für praktisch jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit finden: Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Homophobie - mal ganz offen, mal etwas verdruckst wie in Höckes Raunen von einem Denkmal der Schande. Es ist daher ein längst überfälliger Schritt, dass die AfD durch den Verfassungsschutz zum Prüffall erklärt wurde, dass der Flügel und ihr Jugendverband als Verdachtsfälle identifiziert wurden. Die sogenannte AfD ist im Kern längst eine extremistische Partei, die eben nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht.
Sie beklagen die Verrohung der politischen Debatte. In Ihren eigenen Reihen könnten Sie viel dafür tun, um dieser Verrohung entgegenzuwirken.
Ernst-Wolfgang Böckenförde hat in seinem berühmt gewordenen Diktum festgestellt, dass der demokratische, säkulare Staat von Voraussetzungen lebt, die er selbst nicht garantieren kann. Eine dieser Voraussetzungen ist die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, die demokratischen Spielregeln zu achten, die Bereitschaft, in einen Dialog zu treten und Kompromisse zu achten.
An dieser Stelle möchte ich einen Appell an all jene richten, die aus ihrer berechtigten Empörung über Rechtsextremismus heraus bei Übergriffen auf Politikerinnen und Politiker aus dem rechten Spektrum vielleicht auch einen Moment klammheimlicher Freude erlebt haben mögen. Ich fordere sie auf, diesen Moment selbstkritisch zu hinterfragen und die Linien klar zu ziehen: keinen Fußbreit den Nationalradikalen, aber mit friedlichen, mit demokratischen Mitteln;
denn darin liegt am Ende die größte Kraft. Dass die AfD selbst der Gewaltanwendung das Wort redet, dass sie zum Hass aufstachelt, macht Gewalt gegen sie nicht legitim. Ihre Mandatsträger kalkulieren diese Gewalt ein, überzeichnen sie - Stichwort „Kantholz“ - und schlachten Angriffe aus, wie der Fall Magnitz zeigt.
Mit Gewalt kann man der AfD nicht beikommen, wohl aber mit klarer Abgrenzung, mit entschiedenem Widerspruch in der Sache und mit Widerstand gegen ihre Demokratieverachtung und ihren Menschenhass.
Als GRÜNE stellen wir uns den Rechtsextremen der AfD entgegen. Wir streiten für das demokratische Sachsen-Anhalt. - Ich danke, für Ihre Aufmerksamkeit.