Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

Der vorliegende Antrag kann zum jetzigen Zeitpunkt und mit diesem Auftrag nicht positiv beschieden werden. Er ist so weiträumig angelegt, verlangt so umfangreiche Ressourcen und Expertise, dass er in den verbleibenden 24 Monaten der Legislaturperiode nicht einmal mehr realistisch abzuarbeiten wäre. Wollten Sie den Auftrag wirklich angehen, den Sie hier ohne Vorbereitung mit anderen zur Abstimmung stellen, bedürfte es zur sinnhaften Erledigung sogenannter Ermittlungsbeauftragter. Der Bundestag kennt dieses Instrument. Hier hätte es sinnhaft zur Anwendung kommen können.

Der Landtag hat sich der Unterstützung, die der Antrag voraussetzt, de facto bereits versichert, in

dem er zwei Berater beauftragen wird, die uns als Abgeordnete bei der Bewertung der Akten unterstützen. Sie überholen sich mit dem von Ihnen beantragten Auftrag selbst, ohne in der Sache für mehr Aufklärung sorgen zu können. Ich meine, wir sollten das zuständige Oberlandesgericht entscheiden und im Anschluss die beauftragten Berater ihre Arbeit machen lassen. Das Ergebnis ihrer Arbeit kann uns Richtschnur für die weitere parlamentarische Arbeit sein.

Meine Damen und Herren! Der Tod von Oury Jalloh schmerzt nach wie vor und dauerhaft, aber er eignet sich nicht für Schaufensteranträge und Symbolpolitik. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, von Sieg- fried Borgwardt, CDU, von Frank Scheurell, CDU, und von Dr. Katja Pähle, SPD)

Vielen Dank, Herr Abg. Striegel. - Frau Quade hat eine Wortmeldung. Bitte, Frau Quade.

Vielen Dank. - Herr Kollege Striegel, Ihren Ausführungen, auch denen von Frau Dr. Pähle, entnehme ich, dass sich die Koalition nicht prinzipiell gegen einen Untersuchungsausschuss sperrt, sondern dass ihr das Verfahren nicht passt, das wir gewählt haben. Wären Sie denn bereit, über einen Untersuchungsauftrag beispielsweise im Rechtsausschuss zu verhandeln? - Das wäre die Konsequenz aus dem, was Sie hier vorgetragen haben. Ansonsten bleibt das, was Sie hier abgeliefert haben, eine Nebelkerze.

Herr Striegel, bitte.

Frau Kollegin Quade, wir haben uns miteinander im Rechtsausschuss über ein Verfahren verständigt. Dieses Verfahren arbeiten wir jetzt miteinander ab. Dass Sie sich dafür entschieden haben, ein anderes Verfahren nebenher auf das Gleis zu setzen, ist Ihre Entscheidung. Wir haben uns mehrheitlich im Ausschuss darüber verständigt. Wir sind uns als Koalitionspartner einig. Sie wissen, Einigkeit ist nichts, das unmittelbar und leicht herzustellen ist. Wir sind uns einig und werden dieses Verfahren betreiben.

Ich bin zuversichtlich, dass Ihre Unkenrufe, dass es der Diskontinuität anheimfallen würde, nicht berechtigt sind. Die Frage nach einem Untersuchungsausschuss stellt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt nicht. - Vielen Dank.

Herr Abg. Striegel, es gibt eine weitere Wortmeldung. Sind Sie bereit, die Frage zu beantworten? - Herr Abg. Gebhardt, bitte.

Herr Striegel, wahrscheinlich hat sich meine Wortmeldung mit dem letzten Satz erledigt - ich hatte mich ja schon vorher gemeldet -; aber ich will trotzdem noch einmal zugespitzt fragen. Ihre Rede klang jetzt so und Sie haben es auch gesagt, über den Inhalt des Antrags hätte im Konsens verhandelt werden müssen.

Der Inhalt des Antrages ist zu weiträumig gefasst usw. Sie haben also den Text des Antrages soeben kritisiert. Deshalb die Frage: Wenn dieser Text im Ausschuss landen würde, wären Sie dann bereit, über den Text eines Auftrages im Ausschuss zu verhandeln, ja oder nein? Oder lehnen Sie einen Untersuchungsausschuss an dieser Stelle prinzipiell ab?

Herr Abg. Striegel.

Wir haben uns auf ein Verfahren verständigt, das zunächst einmal eine Berichterstattung durch zwei Berater zum Gegenstand hat. Das ist der Schritt, den wir jetzt miteinander angehen.

Vielen Dank, Herr Striegel. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Kolze. Herr Kolze, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Uns Demokraten in diesem Hohen Hause eint, dass es unerträglich ist, wenn ein Mensch in einer deutschen Gewahrsamszelle ums Leben kommt.

(Beifall bei der CDU)

Die Interpretation des Rechtsstaates offenbart jedoch einen tieferen Graben zwischen uns und der Fraktion DIE LINKE. Und ich als Fan von Pippi Langstrumpf fühlte mich heute an meine Kindheit erinnert; denn: Frau Quade, Sie haben sich die Welt heute so gemalt, wie sie Ihnen gefällt.

(Heiterkeit bei der CDU - Unruhe bei der LINKEN)

Für die Richtigstellung Ihrer teilweise unkorrekten Darstellungen bräuchte ich vermutlich den ganzen Tag.

(Widerspruch bei der LINKEN)

Da ich so viel Zeit allerdings nicht habe, will ich mich auf das Wesentliche beschränken.

Aus der Sicht der CDU-Fraktion gibt es überhaupt keine Notwendigkeit, einen entsprechenden parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzurichten, zumal das strafrechtliche Verfahren noch keinen Abschluss gefunden hat, da über das Klageerzwingungsverfahren noch nicht abschließend entschieden worden ist.

Ihr Antrag, sehr geehrte Frau Kollegin Quade, ist Ausdruck tiefsten Misstrauens gegen unsere Justiz und gegen unsere Polizei, das wir ausdrücklich nicht teilen.

(Beifall bei der CDU)

Sie gehen sogar so weit, dass Sie auch nach dem Studium der umfangreichen Aktenlage einen institutionellen Rassismus in Sachsen-Anhalt bei Justiz und Polizei unterstellen.

Gehen Sie dann jetzt auch so weit, Frau Kollegin Quade, dass Sie dasselbe dem Generalbundesanwalt unterstellen, weil dieser sich nicht zum Herrn des Verfahrens gemacht hat, sondern die weitere Verfahrensdurchführung wieder nach Sachsen-Anhalt zurückgegeben hat? - Das, glaube ich, Frau Quade, kann nicht Ihr Ernst sein.

Wir haben uns darüber hinaus, nachdem wir als Fraktion die umfangreich zur Verfügung gestellten Ermittlungsakten durchgearbeitet haben, so gut es für uns als Politiker eben ging, dazu entschlossen - Frau Dr. Pähle ist dankenswerterweise bereits darauf eingegangen -, dass wir uns Berater an unsere Seite nehmen. Wir waren aber auch einer Meinung in der Koalition, dass die Berater erst dann tätig werden, wenn dieses rechtstaatliche strafrechtliche Verfahren abgeschlossen ist. Das ist es nun mal noch nicht. Das ist unbefriedigend - darüber sind wir uns wieder einig -; dass das alles so lange dauert, ist unbefriedigend. Was dafür die Ursachen sind, das zu klären obliegt nicht uns; dafür gibt es andere Stellen.

Darüber hinaus muss man einfach auch einmal sagen: Das Verfahren ist nach unserer Sicht rechtstaatlich gelaufen. Nicht zuletzt die Urteile des Landgerichts Magdeburg sind dafür ein Beispiel. Und mal an das Strafrecht in Deutschland erinnernd: Eine Straftat muss zweifelsfrei einer Person nachgewiesen werden. Dann kann es zu einer Verurteilung kommen. Ein Angeklagter ist nicht verpflichtet, sich selbst zu beschuldigen. Auch das, meine Damen und Herren, ist Rechtsstaat und dieses Recht hat auch ein Polizist in Sachsen-Anhalt und in Deutschland.

Um zum Ende zu kommen: Sollte es - das ist im deutschen Strafrecht so - nicht zu einem Nachweis dieser Taten kommen, dann gilt der Grundsatz „In dubio pro reo“, also: „Im Zweifel für den Angeklagten“.

(Beifall bei der CDU)

Das ist Rechtsstaatlichkeit. Das mag einem gefallen oder nicht. Das kann ich nicht ändern. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abg. Kolze. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Somit hat Frau Quade noch einmal das Wort. Bitte, Frau Quade.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Schaut man sich die Geschichte des Falls, mittlerweile 14 Jahre, und eben auch seiner Nichtaufarbeitung an, ist augenfällig, wie sehr sich die Muster gleichen, nach denen argumentiert wird, dass ein Untersuchungsausschuss nicht gehe, nicht notwendig sei, ein Misstrauensvotum sei.

Unmittelbar nach dem Tod Oury Jallohs war der Tenor: „Jetzt müssen die Ermittlungen abgewartet werden.“ Als die Prozesse liefen, sollte deren Ausgang abgewartet werden. Als sie zu Ende waren, hieß es: „Es ist doch gerade erst in zwei Prozessen alles beleuchtet worden.“ Heute heißt es einerseits: „Was soll man denn nach so langer Zeit noch herausfinden?“ und natürlich andererseits: „Fristen abwarten!“ All diese Einwände gegen einen Untersuchungsausschuss folgen demselben Muster: dem Wegschieben von Verantwortung.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Untersuchungsausschuss, wie wir ihn heute hier beantragen, wäre deshalb natürlich auch ein symbolischer Akt, und zwar ein lange überfälliger. Warum er auch konkret notwendig ist, zeigt der Blick auf das letzte Kapitel dieses Skandals, den ich mit der Einbringungsrede geworfen habe.

Weil ich im Vorfeld davon las, dass meine Fraktion hier „Schaufensterpolitik“ betreibe und Herr Striegel das wiederholt hat, möchte auch ich dazu noch etwas sagen. Das halte ich für einen bemerkenswerten Vorwurf in der Politik, zumal von einem GRÜNEN. Im konkreten Fall aber ist es ein wirklich absurder und auch ein unredlicher Vorwurf.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Fraktion hat immer deutlich gemacht, dass wir einen Untersuchungsausschuss für angemes

sen halten. Als wir im Übrigen das letzte Mal über die Voraussetzungen eines Untersuchungsausschusses gesprochen haben, las ich kurz danach von „Sonderermittlern“ in der Zeitung. Ich meine, das war Ihr Framing, Herr Striegel.

Wir haben aufgezeigt, an welchen Stellen und mit welchem Fokus untersucht, aufgeklärt und aufgearbeitet werden soll. Wir haben uns auch dem Vorschlag, mit Sachverständigen Licht ins Dunkel zu bringen, nicht verschlossen, im Gegenteil. Wir waren es auch nicht, die die Beratungen dazu über Monate in die Länge gezogen haben. Wir sehen aber, dass das nicht ausreicht.

Wir sehen, dass diese Koalition in Gänze alles versucht, um einen Untersuchungsausschuss zu vermeiden. Wir sehen, dass CDU, SPD und GRÜNE ihre eigenen Beschlüsse torpedieren und zur Makulatur machen. Sie sind es, die effektreich von „Sonderermittlern“ sprachen und vermutlich schon damals wussten, dass Sie sie niemals arbeiten lassen werden. Sie sind es, der sich auch noch zum Sprachrohr der Koalitionsfraktionen macht. Erzählen Sie mir nichts von „Schaufensterpolitik“.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine Fragen. Damit ist die Aussprache beendet. - Wir kommen nun zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 7/3970. Hierzu gibt es einen Antrag der AfD-Fraktion auf namentliche Abstimmung.

Meine beiden Schriftführer werden jetzt zu ihren Plätzen gehen. Herr Dr. Grube wird die Verlesung der Namen vornehmen und unser anderer Kollege hier wird die Kreuze machen. - Sie können beginnen, Herr Dr. Grube.

(Namentliche Abstimmung)

Abstimmungsverhalten der Abgeordneten:

Wolfgang Aldag Enthaltung