Dass die beiden Berater ihren Auftrag umgehend erledigen können, ist deshalb das vordringliche Interesse meiner Fraktion. Ich persönlich teile die Einschätzung nicht, dass der Ausgang des KIageerzwingungsverfahrens abgewartet werden muss.
Meine Damen und Herren! Wir haben uns in dieser Wahlperiode fraktionsübergreifend und mit viel Erfolg dafür eingesetzt, dass in diesem Land wieder mehr Polizei im aktiven Dienst zur Verfügung steht. Hunderte angehende Polizistinnen und Polizisten durchlaufen an der Fachhochschule Polizei ihre Ausbildung. Ich durfte mir von der hohen Qualität dieser Ausbildung mehrfach selbst ein Bild machen. Diese jungen Beamtinnen und Beamten werden ab dem nächsten Jahr in den Städten und Gemeinden unseres Landes Dienst tun. Wir müssen ein gemeinsames Interesse daran haben, dass sie diesen Dienst mit erhobenem Haupt und mit Rückendeckung der Gesellschaft tun können.
Vertrauen in die Polizei und in die Sicherheits- und Ermittlungsbehörden insgesamt kann man aber nicht verordnen. Wird dieses Vertrauen infrage gestellt, weil Erkenntnis durch Hypothesen und Vermutungen ersetzt wird, dann ist Aufklärung der einzige richtige Weg, es wieder herzustellen.
Das ist im Fall Oury Jallohs nicht anders als bei Beispielen aus anderen Bundesländern wie beim NSU-Komplex und aktuell im Fall mutmaßlich rechtsextremer Polizeibeamter in Frankfurt am Main.
Meine Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen haben sich entsprechend den Regeln unseres Koalitionsvertrages darauf verständigt, sich bei der Abstimmung über den Antrag auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses der Stimme zu enthalten. Umso wichtiger ist es, dass der Landtag alle anderen Möglichkeiten ausschöpft, die er hat, um Aufklä
rung über die Ermittlungen zu erlangen. Das sind wir dem Andenken an Oury Jalloh schuldig. Das sind wir dem Ansehen unserer Polizistinnen und Polizisten und auch der Staatsanwaltschaft schuldig. Und das sind wir unserem Selbstverständnis als Parlamentarierinnen und Parlamentarier schuldig. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Dr. Pähle. Ich habe eine Wortmeldung. Sind Sie zu antworten bereit? - Frau Quade, bitte.
Frau Dr. Pähle, auch meine Fraktion hätte es besser gefunden, den Weg mit Sachverständigen zu gehen und ihn auch tatsächlich zu gehen. Nun entnehme ich Ihrem Redebeitrag, dass das Abstimmungsverhalten Ihrer Fraktion im Rechtsausschuss zur Frage, wann die Sonderbeauftragten tätig werden dürfen, nicht mit Ihrer Position übereinstimmt. Erläutern Sie mir doch bitte die Gründe dafür, warum von Ihrer Fraktion im Rechtsausschuss gemeinsam mit den anderen Koalitionsparteien - ich meine jetzt nicht den Koalitionszwang - der Beginn der Arbeit ein ums andere Mal verschoben wurde, wenn Ihnen dieser Weg doch so wichtig war.
Sehr geehrte Frau Kollegin Quade, wie das so ist mit juristischen Beratungen. Es gibt den Spruch, den, glaube ich, auch jeder außerhalb des Parlaments kennt: drei Juristen - fünf Meinungen. Genauso stellen sich die unterschiedlichen Einschätzungen dar, wenn es darum geht, ob das Klageerzwingungsverfahren abgewartet werden muss oder nicht.
Ich habe hier meine persönliche Meinung kundgetan. Ich weiß auch, dass sich die Koalitionsabgeordneten in der Vorbesprechung zum Rechtsausschuss mit diesen Fragen intensiv und auch strittig auseinandergesetzt haben. Sie haben für sich eine Entscheidung getroffen. Es steht mir nicht zu, diese Entscheidung als Fraktionsvorsitzende in der Sache zu bezweifeln. Es ist eine Entscheidung der Abgeordneten im Ausschuss.
(Zustimmung von Silke Schindler, SPD, von Siegfried Borgwardt, CDU, von Markus Kur- ze, CDU, und von Frank Scheurell, CDU)
Vielen Dank, Frau Dr. Pähle. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Lehmann.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Die Fraktion DIE LINKE hat einen Antrag mit einer viereinhalb Seiten langen Begründung eingebracht. Alles, was hier vorgetragen worden ist, wurde bereits seit nunmehr 14 Jahren in den Ausschüssen für Inneres und auch für Recht und Verfassung durchgenommen und politisiert. Stießen die LINKEN bis zum Jahr 2016 parlamentarisch auf keinen Widerstand oder nur in homöopathischer Dosis, so hat sich das seit dem Jahr 2016 zum Glück geändert.
Werte CDU, wenn Sie sich bis dato nicht getraut haben, den linken Hetzern gegen die Dessauer Polizei entgegenzutreten: Seit dieser Zeit, seit dem Jahr 2016, dürfen Sie sich trauen; denn schließlich sind jetzt wir von der AfD da. Wir lassen uns diesen linken Zirkus nicht länger bieten.
Um Ihre Erinnerung aufzufrischen, führe ich es hier für Sie noch einmal auf - wie auch schon in meiner vergangenen Rede im Plenum -:
Oury Jalloh, das war der Afrikaner, der im Jahr 2005 am hellen Tag in Dessau unter Alkohol- und Drogeneinwirkung Frauen bedroht und belästigt hatte und genau deshalb von der Polizei unter heftigem Widerstand in Gewahrsam genommen worden ist.
Oury Jalloh, das war der Afrikaner, der im Jahr 1968 in Sierra Leone geboren worden ist und der sich bei seinem Asylbetrug in Deutschland mal locker 15 Jahre jünger gemacht, nämlich zum Geburtsjahrgang 1983 erklärt hat, um sich bessere Bleibechancen in Deutschland zu ergaunern, wie es mittlerweile auch massenhaft unter Ihrer Ägide üblich geworden ist.
Oury Jalloh, das war der Afrikaner, der sich mit seiner Duldung nach abgelehntem Asylverfahren noch weitere vier Jahre lang überflüssigerweise in Dessau aufgehalten hat. Er hätte also zu Hause heute noch leben können.
Genau für diesen kriminellen Afrikaner spielen die LINKEN mit ihren Dessauer Netzwerken seit 14 Jahren den parlamentarischen Anwalt bei einer ohnmächtigen CDU in der Politik. Sie diffamieren
die Dessauer Polizei als eine kriminelle Bande und reden in Ihrem Antrag von institutionellem Rassismus und von weiteren unerträglichen Unterstellungsfantasien auf ihren vier Seiten. Das richtet sich alles gegen die Dessauer Polizeibeamten, generell gegen die Polizei des Landes Sachsen-Anhalt.
Bei Oury Jalloh kommen Sie seit Jahren mit Mutmaßungen und Hetze gegen die Dessauer Polizisten, die noch vom ehemaligen Leitenden Oberstaatsanwalt Folker Bittmann befördert worden sind, von jenem Behördenleiter, der im Todesfall von Wittenberg jämmerlich versagt hat. Wir von der AfD fragen uns, wo Ihr Engagement geblieben ist, als in Wittenberg ein Deutscher von Syrern totgeschlagen worden ist. Wo ist Ihr Engagement?
Bei diesem eigentlichen Justizskandal gab es nicht nur Mutmaßungen wie im Falle von Dessau, sondern auch eine Videoaufzeichnung. Trotzdem passierte bis heute nach fast zwei Jahren nichts. Dazu gibt es keinen Untersuchungsausschuss, obwohl es dafür mittlerweile mehr als genug Gründe geben würde. Dazu schweigen Sie alle, wie Sie hier sitzen.
Zu Oury Jalloh hingegen verschaffen Sie aus politischer Gefälligkeit zwei externen Experten einen Beratervertrag in Höhe von 170 000 €, damit diese nichts anderes machen als das, was andere Staatsanwaltschaften schon mehrfach vorher getan haben, nämlich alle Akten zum zigsten Male durchzugehen und durchzuwälzen.
Frau Keding, Frau Ministerin, empfinden Sie das nicht als eine Brüskierung und Vorführung Ihres Generalstaatsanwalts Herrn Konrad,
jenes Staatsanwalts, der sich selber sehr intensiv mit der Aktenlage zu Oury Jalloh auseinandergesetzt hat, jetzt, nachdem ihn externe Berater vorführen? Wir stellen uns die Frage: Wie können Sie als CDU-Mitglied seit dem Jahr 1985 eine solche Demütigung Ihres höchsten Ermittlers im Lande überhaupt zulassen und tragen?
Deshalb sind wir auch sehr gespannt auf das heutige Abstimmungsverhalten der CDU-Fraktion. Wir warten ganz neugierig darauf, wer von Ihnen, liebe CDU, diesem linken Treiben der weiteren Demontage Ihres Justizressorts mit einem Ja oder mit einer Stimmenthaltung grünes Licht geben wird.
Dass Ihre Koalitionspartner, die Sozialdemokraten und die GRÜNEN, den LINKEN von der Opposition die Steigbügel halten werden, das haut uns von der AfD nicht vom Hocker; aber wir beobachten, wer von Ihrer CDU in diesem linken Sumpf
Unsere AfD-Fraktion in der Opposition wird den Kollegen Ihrer CDU-Fraktion, die noch ihrem konservativen Gewissen verantwortlich sind, die dieses Treiben nicht gut finden und dem nicht stattgegeben werden, gern helfend zur Seite stehen, wenn sie gleich von Ihren eigenen Koalitionspartnern vorgeführt werden sollten. Wir sind gespannt, wie viel oder wie wenig es davon in der CDU noch gibt. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abg. Lehmann. Ich sehe auch keine Wortmeldungen. - Wir kommen damit zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel. Sie haben das Wort, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der unaufgeklärte Tod Oury Jallohs ist eine schmerzende Wunde für jeden rechtsstaatlich denkenden Menschen und eine Schande für diesen Staat. Mich macht auch nach 14 Jahren noch immer fassungslos, dass in einer deutschen Polizeistation nicht nur ein Mensch unter dubiosen Umständen verbrennen kann, sondern dass dieser Tod bis heute unaufgeklärt geblieben ist und rechtlich nur unzureichend geahndet werden konnte.
Im Februar 2019, nach langen Ermittlungen und Strafverfahren, die Gerichte bis hin zum BGH beschäftigt haben, bleibt der durchaus niederschmetternde Befund, dass Fremdverschulden nicht ausgeschlossen, aber eben auch nicht nachgewiesen werden konnte.
Dass Oury Jalloh in Gewahrsam kam und dort ohne richterliche Anordnung verblieb, hat auch mit Rassismus zu tun. Er starb in diesem Gewahrsam als ein an den Rand gedrängter Mensch.
Bis heute bleibt er an den Rand gedrängt, weil die Institutionen unseres Rechtsstaates die Aufklärung, die ihr gesetzlicher Auftrag ist, nicht zu leisten vermochten.
Parlamentarische Kontrolle kann diese Aufklärung nicht ersetzen. Im gewaltengeteilten Staat ist nur die Justiz zur strafrechtlichen Aufklärung und Würdigung eines solchen Sachverhalts berufen. Es ist und bleibt aber Aufgabe des Parlaments, einen solchen Todesfall umfassend zu betrach
ten und aus dem Handeln von Exekutive und Judikative Schlussfolgerungen zu ziehen und Vorsorge dafür zu treffen, dass sich ein solches Vorgehen nicht wiederholen kann. Der Landtag hat dafür ein Verfahren entwickelt, um Transparenz herzustellen und um zum Rechtsfrieden beitragen zu können.
Wir haben alle Akten zum Todesfall von der Landesregierung abgefordert, eingesehen und zwei exzellente Berater beauftragt, den gesamten Sachverhalt nach abschlägiger Entscheidung des Oberlandesgerichtes zu prüfen.
Wir GRÜNE - das sage ich auch deutlich - ebenso wie die Kollegen der SPD hätten uns den Beginn dieser Arbeit bereits gewünscht. Ich hege allerdings nur geringe Hoffnung, dass das Oberlandesgericht die eingereichte Klage zulässt. Die Hürden, hinreichender Tatverdacht und überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung, sind jedenfalls im Licht der mir vorliegenden Akten und im Hinblick auf die Erfahrungen mit Klageerzwingungsverfahren in der Bundesrepublik insgesamt nahezu unerreichbar hoch.
Wir gehen davon aus, dass unsere Berater, wenn sie in Bälde starten können, für ihre Tätigkeit etwa sechs Monate benötigen werden.
Dass sich die Fraktion DIE LINKE dazu entschlossen hat, am mehrheitlich verabredeten Verfahren parlamentarischer Kontrolle vorbei nun einen Untersuchungsausschuss installieren zu wollen, ist ihr gutes Recht, soweit sie für ihren Antrag ein Viertel der Mitglieder des Hauses versammeln kann. Sie haben - das muss man sagen - noch nicht einmal den Versuch unternommen, dieses Quorum zu erreichen. Es gab keinerlei Verhandlungen. Wir werden Ihrem hilfsweisem Antrag auf Einsetzung eines Mehrheitsuntersuchungsausschusses nicht im Wege stehen. Die Mehrheiten dafür ergeben sich jedoch nicht als Automatismus. Um sie und um den Auftrag für ein solches Unterfangen müsste miteinander gerungen werden.
Der vorliegende Antrag kann zum jetzigen Zeitpunkt und mit diesem Auftrag nicht positiv beschieden werden. Er ist so weiträumig angelegt, verlangt so umfangreiche Ressourcen und Expertise, dass er in den verbleibenden 24 Monaten der Legislaturperiode nicht einmal mehr realistisch abzuarbeiten wäre. Wollten Sie den Auftrag wirklich angehen, den Sie hier ohne Vorbereitung mit anderen zur Abstimmung stellen, bedürfte es zur sinnhaften Erledigung sogenannter Ermittlungsbeauftragter. Der Bundestag kennt dieses Instrument. Hier hätte es sinnhaft zur Anwendung kommen können.