Protokoll der Sitzung vom 01.03.2019

Abschließend erlaube ich mir noch den Hinweis, dass sich Sachsen-Anhalt an der vom Bundesumweltministerium initiierten Evaluierung der korrekten Aufstellung sogenannter Verkehrsmessstationen für Luftschadstoffe beteiligen wird.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Warten Sie, bitte, Frau Dalbert. - Kollege Harms hat auch an Sie eine Frage.

Frau Ministerin, Sie sind doch eine lebenserfahrene Frau.

Aha.

Hat sich die Luftqualität in deutschen Städten, zum Beispiel in Halle, in den vergangenen Jahrzehnten deutlich positiv entwickelt?

Dann haben wir das soweit erledigt und können in die Debatte der Fraktionen eintreten. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Schumann. Herr Schumann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Dieselfahrverbote und Messmethodik war sowohl hier im Plenum als auch in diversen Ausschüssen schon einige Male Thema. Dass die CDU-Fraktion grundsätzlich gegen Fahrverbote und Stigmatisierung von Antriebsarten ist, sollte also kein Geheimnis sein. Wir haben die Dieseldiskussion immer als Feldzug gegen die deutsche Autoindustrie und gegen deutsche Arbeitsplätze, gegen Mittelstand und Handwerk sowie gegenüber den Berufspendlern bezeichnet.

Obwohl in ganz Europa die gleichen Grenzwerte für NOX und CO2 gelten, wird eine Verbotsdiskussion fast ausschließlich hierzulande geführt, dies auch noch vor dem Hintergrund, dass Deutschland in seiner Gesamtheit die modernste und somit emissionsärmste Fahrzeugflotte in Europa besitzt.

Bisher spielen in den leider ideologisch geführten Auseinandersetzungen um Fahrverbote Sachargumente und fachliche Zusammenhänge eine völlig untergeordnete Rolle. Mein Kollege Thomas verwies kürzlich zu Recht darauf, dass Sachverstand und Fachwissen offenbar in Deutschland zu Staatsfeinden erklärt wurden. Noch nie in seiner hundertjährigen Geschichte war der Verbrennungsmotor emissionsärmer als in diesen Tagen.

(Beifall bei der CDU)

Dies gilt sowohl für den Benziner als auch für den Diesel. Die Luftqualität in unseren Städten hat sich, wie gerade bestätigt, in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten deutlich verbessert. Auch darüber hört man relativ wenig. Wenn Sie einmal in das Forschungsinformationssystem FIS schauen, werden Sie verblüfft feststellen, dass sich die

aktuell geschmähte NOX-Belastung durch die Fortschritte der Abgasreinigung von 968 000 t im Jahr 2001 auf zurzeit noch knapp 400 000 t mehr als halbiert hat, obwohl der Verkehr seit der Jahrtausendwende erheblich zugenommen hat.

(Zuruf von Matthias Büttner, AfD)

Darüber hört man ebenfalls nichts, genauso wenig wie über den Umstand, dass die gesetzlichen Grenzwerte laut „Bundesgesundheitsblatt“ an Arbeitsstätten, also dort, wo sich der gemeine Arbeitnehmer acht Stunden am Tag an fünf Tagen in der Woche aufhält, 20-mal höher sind als im Straßenverkehr.

Ähnlich verhält es sich bei der Feinstaubbelastung, der immer wieder genannten Partikelgröße PM 10, die ich bereits in dem Moment erzeuge, wenn ich hier ans Rednerpult trete. Laut Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg sind bis zu 85 % nicht die Verbrennungsmotoren das Problem für die Feinstaubbelastung, sondern Bremsen, Reifen und Straßenabrieb. Insofern wird sich mit der herbeigeredeten E-Mobilität an diesem Umstand überhaupt nichts ändern.

(Zurufe von der AfD)

Den Irrsinn einer fehlinterpretierten Messmethodik erleben wir aktuell in München. Dort misst die Stadt jetzt selbst, und plötzlich erstrahlen die beklagten Grenzwerte in einem ganz anderen Licht.

Ich danke an dieser Stelle der Landesregierung und unseren Oberbürgermeistern, dass sie sich immer konsequent gegen jegliche Fahrverbote in Sachsen-Anhalt ausgesprochen haben.

Zum Schluss meiner leider nur sehr kurzen Rede möchte ich zusammenfassend feststellen: Für die CDU-Fraktion sind Fahrverbote ein Angriff auf die Mobilität und damit auch auf die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Wir brauchen endlich wieder sachliche Diskussionen.

In diesem Sinne freue ich mich auf einen regen Gedankenaustausch in den Ausschüssen Umwelt, Wirtschaft und LEV. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine Fragen. Deshalb kann für die Fraktion DIE LINKE jetzt der Abg. Herr Henke das Wort ergreifen.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Minister Prof. Dalbert, danke für Ihre klaren Worte. Das musste gesagt werden.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Der Beitrag der CDU-Fraktion, den wir gerade hören mussten, überrascht mich. Er war bemerkenswert. Eigentlich müsste der Antrag auch noch in den Sozialausschuss, in den Petitionsausschuss und in den Ausschuss für Inneres. Es geht um Verkehr, um mögliche Probleme und gesundheitliche Schäden. Was soll das?

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Sebas- tian Striegel, GRÜNE)

Heute zweifelt die AfD-Fraktion die Methodik der Schadstoffmessung an. Vielleicht sind Sie auch nur so humorlos, wie Sie bekanntlich sind, auf die Titanic-Blasebalg-Satire hereingefallen. Ich weiß es nicht.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN - Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Denn Ihre Ideen sind weder neu noch originell. Beinahe quartalsweise legen Sie uns Ihre kruden Vorstellungen vor, und ich bin eigentlich versucht, eigene frühere Redebeiträge zu zitieren. Aber wer wie Sie einen Zusammenhang zwischen Luftschadstoffen und Atemwegserkrankungen leugnet, will die freie Fahrt in die Herz-Lungen-Klinik und hört eh nicht zu.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Einen menschengemachten Klimawandel gibt es für Sie bekanntlich auch nicht.

Nun zum Antrag. Sie wollen laut Beschlussvorlage den Grenzwert für Außenluft auf 100 µg erhöhen. Grenzwert wovon? Das geht erst aus der Begründung hervor. Gemessen dann noch in 4 m Höhe - ein wirksamer Beitrag zum Schutz tieffliegender Vögel oder vor vermummten Blasebälgen. Kompliment!

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Dann brauchen wir nur noch verbindliche Abstandsregelungen für die neuen Filter-Cubes in den Innenstädten und schaffen es so, die Luft im doppelten Wortsinne sauber zu messen.

(Zurufe von der AfD)

- Sie verstehen mich nicht; das sehe ich.

(Oliver Kirchner; AfD: Sie können nicht ein- mal einen Haushalt richtig abstimmen!)

Ernsthaft betrachtet, dient der AfD-Antrag nur - wirklich nur - der internationalen Automobilwirtschaft und deren Anstrengungen, sich aus den Gewährleistungspflichten zu stehlen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber immerhin spricht der Antrag nicht von deutscher Luft und deutschen Unternehmen. Ich wage die Behauptung: Wäre die AfD in den letzten Jahren Regierungspartei gewesen, hätte es auch keinen Dieselskandal gegeben.

(Oliver Kirchner, AfD: Und die Haushalte wären richtig abgestimmt worden!)

Die Hersteller hätten es überhaupt nicht nötig gehabt, geheime Abschaltprogramme in den Fahrzeugen zu installieren; denn eine AfD hätte alle Grenzwerte gemäß den Wünschen der AutoLobby definiert.

(Jan Wenzel Schmidt, AfD: Na klar!)

Da Sie nicht regieren, versuchen Sie nun, das rückwirkend zu machen, und ganz nebenbei können Sie so auch die ernsthaften Hinweise des Bundesgerichtshofs aus der vergangenen Woche ignorieren. Sie wollen konkret die Autohersteller von deliktischen Schadenersatzansprüchen freihalten. Jene Ansprüche ergeben sich bekanntlich für die Kunden aus unerlaubten Handlungen. Die Richter sehen diese illegalen Abschaltprogramme in den Fahrzeugen als Sachmangel an. Genau diesen Verbraucherschutz wollen Sie verhindern.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie wollen nun nachträglich diese Handlung erlauben.

(Zuruf von Matthias Büttner, AfD)

Sie wollen damit Kunden und Umwelt schädigen.