Protokoll der Sitzung vom 01.03.2019

Das war die Basis für das Verbandsklagerecht der Tierschutzorganisationen, denen damit die Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle in die Hand gegeben wurde, um dieses amtsärztliche Monopol des Tierschutzvollzuges zu kontrollieren. Hat dieses Verbandsklagerecht jetzt etwa versagt und gehört Ihrer Meinung nach wieder abgeschafft? Ich bin mir nicht so sicher, wohin Sie damit wollen.

Daher, liebe LINKE, unterstützen Sie unsere Position, den Amtstierärzten ein wissenschaftliches, abgesichertes und gerichtsfestes Vollzugsinstrument in die Hand zu geben, das sich direkt am Tier orientiert. Denn nur das Tier kann uns durch sein Verhalten, durch seine Krankheiten, durch seine Schmerzen, durch sein Leiden und durch seine Schäden zeigen, ob es sich in dem Haltungsverfahren, das Frau Dalbert gerade bevorzugt, auch tatsächlich wohlfühlt.

Genau dafür wurden solche tierbezogenen Indikatoren entwickelt, deren Ausprägung jedem, also dem Tierhalter, dem kontrollierenden Tierarzt, dem Label-Auditor und allen anderen, die mit den Tieren zu tun haben, eine ganz klare Information über den Zustand der Haltung und über den Zustand des Tieres gibt. Das ist moderner Tierschutz, liebe Landesregierung. Der vom MULE praktizierte Zollstocktierschutz hat ausgedient.

Ihre wahre Unkenntnis über die gesetzlichen Tierschutzbestimmungen konnte man bisher noch humorvoll betrachten - bis jetzt. Jetzt wird es geradezu unmöglich: Ombudsleute für notleidende Kleinstbetriebe, die die Tierschutzauflagen nicht erfüllen können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das muss man einmal verinnerlichen. Wer nicht in der Lage ist, für unsere Tiere entsprechende Haltungsbedingungen zu schaffen und sich in der Sachkunde fortzubilden, der benötigt eigentlich keinen Ombudsmann. Vielmehr muss demjenigen, der seiner Verantwortung laut Tierschutzgesetz nicht nachkommen kann, die Möglichkeit entzogen werden, Nutztiere zu halten.

Sie können jetzt noch die Diskussion entfachen, ob Tiere juristische Sachen darstellen oder nicht. Fakt ist: Tierschutzauflagen gelten für alle Betriebsgrößen - von einem Huhn für die individuelle Eierproduktion bis hin zur 2000. Zuchtsau.

Sie wollen zudem für Juristen eine Fortbildung sowohl hinsichtlich gesetzlicher Regelungen als auch hinsichtlich der Bedürfnisse und des Schmerzempfindens von Tieren organisieren. Ich stelle mir dabei vor, wie unsere Richter zwei Nächte im Kastenstand verbringen dürfen und der eine oder andere glücklich über die Wiese flitzt, nachdem er mit oder ohne das in die Hoden injizierte Schmerzmittel traktiert und kastriert wurde.

Aber zurück zur Sachlichkeit. Wenn Sie unterstellen, dass Juristen die gesetzlichen Bestimmungen nicht beherrschen, dann implizieren Sie, dass es keine gesetzeskonformen Urteile geben könne. Abgesehen davon sollte man im 21. Jahrhundert erwarten dürfen, dass ein Volljurist nachvollziehen kann, dass ein landwirtschaftliches Nutztier dasselbe Schmerzempfinden aufweist wie ein Homo legalis, wenn auch in einer anderen Ausdrucksform, und ebenso - wenn nicht gar stärker - empathiefähig ist.

Werte Kollegen von der LINKEN, zuallerletzt zu dem absoluten Höhepunkt des Antrags. Lassen Sie keinen Bestandstierarzt von diesen Forderungen nach integrierter tierärztlicher Betreuung von Nutztierbeständen hören, wenn dieser selbst Tierhalter ist. Er müsste sonst mit seinen Tieren nach Niedersachsen ausweichen, und das wollen wir nicht. Wir wollen die Tierhalter bei uns behalten.

Studieren Sie vielleicht auch die am 11. Juni 2008 verabschiedeten „Leitlinien für die tierärztliche Bestandsbetreuung“ für die Tierarten Geflügel, Schweine, Rinder und kleine Wiederkäuer des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte e. V.

Ich kann mir jetzt nicht verkneifen, an dieser Stelle aus den Vorbemerkungen zu zitieren:

„Seit mehr als 20 Jahren werden in Deutschland Konzepte für die tierärztliche Bestandsbetreuung entwickelt und in praxi privatwirtschaftlich umgesetzt. In der landwirtschaftlichen Produktion der ehemaligen DDR waren bereits in den 70er-Jahren umfassende tierärztliche Überwachungsprogramme eingerichtet worden.“

Es ist wirklich schwach, sehr geehrte Damen und Herren von der Linkspartei, dass Sie die Leistungen der sozialistischen industriellen Tierproduktion so wenig wert achten und damit Ihre eigene Geschichte verleugnen.

(Beifall bei der AfD)

Sinnvollen Anträgen stimmt die AfD natürlich immer wieder zu; Lücken füllende Plagiate lehnen wir ab. Ihrem Alternativantrag können wir leider nicht zustimmen. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Loth für die Einbringung des Antrages. - In der Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht Ministerin Frau Prof. Dr. Dalbert. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Misshandlungen von Tieren, ob durch bewusstes Tun oder Unterlassen, sind verabscheuenswürdig und müssen geahndet werden. Ich möchte ganz klar sagen, dass ich das verurteile und dass ich an jeder Stelle darauf hinwirke, dass solche Vorfälle konsequent aufgearbeitet werden. Das schließt auch die Tätigkeit der in solchen Fällen zuständigen Tierschutzbehörden ein.

Im vorliegenden Antrag der Fraktion der AfD wird von tierschutzrelevanten Missständen in der Nutztierhaltung gesprochen und es werden Vorschläge zu deren Beseitigung unterbreitet.

Seit Jahren setzen sich die Länder und damit auch Sachsen-Anhalt permanent beim Bund dafür ein, die Dinge zu regeln, die aus der Sicht der Tierschutzbehörden wirklich notwendig sind. Beispielhaft möchte ich nennen: die noch immer ausstehende dringende Novellierung der TierschutzNutztierhaltungsverordnung in Bezug auf die Sauenhaltung in Kastenständen, die notwendige Bearbeitung der veralteten allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Tierschutzgesetzes und die von der Länder-Arbeitsgemeinschaft für Verbraucherschutz gemachten Vorschläge für notwendige Rechtsänderungen zur Verbesserung des Tierschutzes in landwirtschaftlichen Nutztierhaltungen.

Ich möchte hier exemplarisch anführen: die rechtliche Etablierung von Tierschutzanforderungen bei bestimmten Tierarten, für die es bisher weder auf EU-, noch auf Bundesebene konkrete Regeln gibt - beispielhaft sind die Milchrinder, die Bullen, die Puten oder die Enten zu nennen -, die Einführung eines Prüf- und Zulassungsverfahrens für serienmäßig hergestellte Stall-, Schlacht- und Betäubungseinrichtungen, also eines sogenannten

Stall-TÜV, die rechtlichen Anforderungen an die Kenntnisse und Fertigkeiten, die Sachkunde von Nutztierhaltern und Nutztierhalterinnen sowie

Tierbetreuern und Tierbetreuerinnen ohne einschlägige Ausbildung oder Berufserfahrung.

Ohne Frage ist es wichtig und auch im EU-Recht vorgeschrieben, eine Tierschutzbehörde personell und sachlich ausreichend auszustatten, damit sie ihre Aufgabe umfänglich erfüllen kann. Diesem Punkt muss nachgegangen werden.

Genauso wichtig ist es aber auch, nicht erst durch die amtlichen Kontrollen, sondern durch hinreichend bestimmte Regelungen eine nachhaltige Verbesserung der gegenwärtigen Situation zu erreichen. An dieser Stelle muss das Bundesministerium endlich seine Hausaufgaben machen.

Unter anderem fehlt es den Ländern an einer entsprechenden Ermächtigungsnorm im Veterinärrecht, was die Einrichtung und Nutzung von bestimmten Datenbanken für Tierschutzbelange betrifft.

Zum Abschluss zu der Kritik, dass die nutztierhaltenden Betriebe in Sachsen-Anhalt rein rechnerisch nur alle 24 Jahre durch staatliche Kontrollen aufgesucht werden. Das liegt an dem unterschiedlichen Umgang mit der Statistik. So werden zurzeit in Sachsen-Anhalt alle Kleinsttierhalter mitgezählt und nicht wie in anderen Bundesländern nur die erwerbsmäßig wirtschaftenden und somit kontrollpflichtigen Nutztierhaltungen. Diesbezüglich erwarten wir vom Bundesministerium eine Vereinheitlichung der Statistik. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)

Frau Ministerin, es gibt Fragen von Herrn Roi und Herrn Loth. - Herr Roi, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Frau Ministerin, ich habe jetzt nicht gehört, was Sie jetzt zu unserem Antrag sagen, was damit passieren soll, ob Sie diesen ablehnen oder nicht. Das können Sie vielleicht noch sagen.

Ansonsten habe ich eigentlich gedacht, Sie bedanken sich bei uns; denn wir haben in der Begründung zu unserem Antrag auf die Drucksachen, die wir Abgeordnete als Kleine Anfragen an die Landkreise eingereicht haben, abgehoben.

Dazu habe ich eine Frage. Wir haben die Tierschutzverstöße abgefragt. Das ist teilweise von einigen Landkreisen sehr umfangreich beantwortet worden. Dann gibt es Landkreise, die sehr sparsam antworten. Dann gibt es Landkreise, die gar nicht antworten.

Sie unterschreiben diese Anfragen, auch wenn die Landkreise diese beantworten. Die Frage an Sie lautet: Wie kann es sein, dass ich mich als

Landkreis einer solchen Beantwortung einfach entziehen kann und in die Auswertungstabelle nichts schreibe? Es stellt sich die Frage, weil Sie das unterzeichnen, warum das so ist und ob Sie das okay finden. - Offensichtlich ja.

Dann noch zu den Zahlen. Es gibt einen „Volksstimme“-Artikel vom 21. November 2017. Darin ist von illegalen Ferkeltötungen in Wasserleben und von Anzeigen usw. die Rede. Wenn ich jetzt einmal in der Antwort auf unserer Anfrage in der Drs. 7/2740 nachschaue, dann sehe ich keinen strafrechtlichen Verstoß. Das heißt, die Zahlen stimmen offensichtlich auch nicht.

Ich bitte Sie herzlich, das an der Stelle auch einmal kritisch zu beleuchten und die Landkreise bei der Beantwortung der Fragen kritisch zu begleiten. Das wäre meine Anregung.

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Danke, Herr Roi, für Ihre Fragen. Es waren relativ viele Fragen. Ich schaue einmal, ob ich sie alle zusammenbekomme. Ich denke, über den Umgang mit dem Antrag werden die Fraktionen Auskunft geben; denn das liegt nicht beim Ministerium, sondern bei den Fraktionen, wie sie mit Anträgen umgehen.

Was die Kontrollen der Landkreise betrifft - das ist ein Thema, das uns auch im Ausschuss schon sehr oft beschäftigt hat. Es ist zu konstatieren, dass dort eine unterschiedliche Qualität herrscht. Ich habe darüber schon berichtet. Wir sind dabei, im Ministerium eine Einheit aufzubauen, die die Landkreise besser begleiten kann, um eine gleichwertigere Arbeit der Landkreise zu gewährleisten.

Frau Ministerin, nun hat Herr Loth eine Frage. - Herr Loth, Sie haben das Wort.

Ja, liebe Frau Ministerin, ich habe eine Frage, und zwar zum Thema Statistik, das Sie zuletzt angeführt haben. Sie sagten, dass das bei uns anders als in anderen Bundesländern gezählt wird. Dazu ist jetzt meine Frage: Hat denn das eine Schwein, das sich mein Nachbar vielleicht hält, nicht das Recht, genauso gut gehalten und kontrolliert zu werden wie die Sau im Großbetrieb? Denken Sie, dass der Kontrolldruck auch bei den Kleinstbetrieben vielleicht noch besser sein könnte, als er jetzt schon ist?

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herr Loth, ich stimme Ihnen ausdrücklich zu. Ich möchte, dass es jedem Schwein in Sachsen-Anhalt gut geht.

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)

Aber das war jetzt nicht Ihre Kritik. Sondern Ihre Kritik war, dass in den nutztierhaltenden Betrieben in Sachsen-Anhalt rein rechnerisch nur alle 24 Jahre ein staatlicher Kontrolleur auftaucht und dass das viel schlechter sei als in anderen Bundesländern.

Diese Disparität in der Statistik hat etwas damit zu tun - das hat bereits die Bundesregierung in der Beantwortung der Kleinen Anfrage vom 3. Juli 2018 zum Vollzug von Tier- und Verbraucherschutzrecht richtig festgestellt -, dass ein sinnvoller Vergleich der durchschnittlichen Kontrollintervalle je Bundesland nicht möglich ist, weil die Statistik unterschiedlich ist.

Ich habe versucht, Ihnen zu erklären, dass bei uns jede Tierhaltung - ganz in Ihrem Sinne - aufgeführt wird, in anderen Bundesländern aber nur die größeren, gewerblichen Tierhaltungen. Insofern entsteht der falsche Eindruck, wir würden viel seltener kontrollieren als andere Bundesländer.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)

Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Ministerin für die Stellungnahme der Landesregierung. - Für die CDU spricht der Abg. Herr Krause. Herr Krause, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es macht einen verlegen, dass wir uns hier mit dem Tierschutz befassen müssen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Der Tierschutz ist uns sehr wichtig. Verlegen macht mich die Tatsache, dass sich trotz Kontrollen, Richtlinien und Gesetzen in den letzten Monaten die Berichte über gravierende Verstöße gegen den Tierschutz häufen, insbesondere von bestimmten schwarzen Schafen, die es unter den vielen redlichen Tierhaltern noch immer gibt.

Tierwohl und Tierschutz werden mit unglaublicher Rücksichtslosigkeit mit Füßen getreten. Der schlechte Umgang mit Tieren zeugt vom Verlust jeglichen Mitgefühls.