Protokoll der Sitzung vom 19.06.2019

Damit erübrigt es sich auch, über den zweiten Teil abzustimmen.

Wir kommen somit zu dem

Tagesordnungspunkt 2

Befragung der Landesregierung; Kleine Anfragen für die Fragestunde gemäß § 45 GO.LT - Erprobungsbeschluss

Unterrichtung Ältestenrat - Drs. 7/2896

Kleine Anfragen für die Fragestunde zur 35. Sitzungsperiode des Landtages von Sachsen-Anhalt

Fragestunde mehrerer Abgeordneter - Drs. 7/4515

(Unruhe)

- Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sollten jetzt den Geräuschpegel wieder etwas senken, damit wir die Regierungsbefragung ordentlich durchführen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne den ersten Teil der Fragestunde, die Befragung der Landesregierung, und blicke in die Reihen der Fraktion der CDU. Wer wird fragen?

(Markus Kurze, CDU: Frau Präsidentin, ich frage für die CDU-Fraktion!)

- Aber bitte am Mikrofon, nicht vom Platz aus. So ist es üblich.

Bevor ich aber Herrn Kurze das Wort erteile, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Schülerinnen und Schüler des Luther-Melanchthon-Gymnasiums in Lutherstadt Wittenberg recht herzlich hier im Hohen Hause zu begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Abg. Kurze, Sie haben jetzt das Wort.

Danke schön, Frau Präsidentin. - Bis Ende April dieses Jahres haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihren Finanzbedarf bei der KEF angemeldet. Mit dem neuen KEF-Bericht steht nun wieder die Frage über die Höhe des Rundfunkbeitrages an. In Deutschland zahlen wir derzeit 17,50 € pro Monat. Für die Zukunft steht hierfür auch ein Indexmodell im Raum, über das bereits seit Längerem diskutiert wird. Dabei soll der Rundfunkbeitrag mit der Inflationsrate verknüpft und vermutlich alle zwei Jahre automatisch angepasst werden. Die Intendanten gehen bei der Berechnung des künftigen Rundfunkbeitrages allerdings bereits von einem Basiswert von 18,35 € aus.

In der MPK Anfang Juni 2019 sollte unter anderem dieses Thema unter den Ministerpräsidenten besprochen werden. Eine Einigung hat es allerdings nicht gegeben. Zum einen soll es darum gegangen sein, den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks konkreter zu gestalten, zum anderen spielte auch das angesprochene Indexmodell eine wichtige Rolle.

Daher frage ich nun die Landesregierung, wie sie sich in der letzten MPK zu dem Thema verhalten hat und welche Position die Landesregierung bezüglich eines solchen Indexmodells vertritt.

Vielen Dank, Herr Kurze. - Ich schaue zur Regierungsbank. Der Staats- und Kulturminister Herr Robra wird darauf antworten. Sie haben das Wort, bitte.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Die Ministerpräsidentinnen und die Ministerpräsidenten haben sich in der Ministerpräsidentenkonferenz wider Erwarten mit dem Thema gar nicht befasst; denn schon auf der Ebene der Cheffinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien, das heißt der sogenannten Rundfunkkommission, war keine Einigung zu Eckpunkten zu erzielen, die den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten hätten unterbreitet werden können.

Man darf, ohne allzu sehr zu übertreiben, sagen, das öffentlich-rechtliche System war noch nie so nah an der Kernschmelze wie jetzt, weil zurzeit nicht abzusehen ist, wie die Kuh vom Eis zu bringen ist. Es gibt kein System für die Beitragsfestsetzung, auf das sich die Länder einigen konnten.

Überraschenderweise haben sich in der Sitzung der Rundfunkkommission einzelne Länder - auch solche, die zu den Befürwortern eines index

gestützten Systems gehörten - von ihren eigenen Vorschlägen distanzieren müssen. Das hängt damit zusammen, dass es dort Koalitionen mit der FDP gibt. Die Diskussion - der Herr Abgeordnete hat mit Recht darauf hingewiesen - dauert nun schon Jahre. Das Thema Index steht schon seit Jahren mehr oder weniger offenkundig im Vordergrund der Diskussion, aber die FDP hat sich offenbar erst sehr kurzfristig mit diesem Problem auseinandergesetzt und den Kolleginnen und Kollegen in den jeweiligen Koalitionen die gelb-blaue Karte gezeigt.

Ich kann das Problem nicht auflösen. Wir näherten uns einem Kompromiss, der vielleicht darauf hinausgelaufen wäre, zunächst das KEF-Verfahren durchzuführen, das wir alle kennen, an dem die Landtage beteiligt sind. Dann hätte man sich möglicherweise der Überlegung des indexgestützten Verfahrens erprobungshaft nähern können, indem man es jeweils zwei Jahre über einen Index hätte laufen lassen. Dann hätte aber wieder die KEF das ganz normale bedarfsgestützte Verfahren durchführen sollen und sich zugleich in dem Zusammenhang dazu äußern sollen, ob der Index die Erwartungen, die viele an ihn stellen, erfüllt oder nicht.

Ich persönlich habe den Index nie mitgetragen, halte ihn nicht für die Lösung der Probleme des öffentlich-rechtlichen Systems.

(Beifall bei der CDU)

Denn es liegt auf der Hand: Dass mit dem Index eine auf den Bedarf orientierte Punktlandung gelingt, wäre ein statistisches Wunder. Wahrscheinlich führt er zur Überdeckung - dann ist das nach europäischem Recht eine unerlaubte Beihilfe - oder er führt zur Unterdeckung - dann haben wir ein verfassungsrechtliches Problem.

Was passiert nun? - Die KEF ist derzeit mit der Prüfung der Bedarfsanmeldungen der Anstalten befasst. Nach menschlichem Ermessen wird dieses Verfahren, wenn es so durchgeführt wird, wie es bisher immer durchgeführt worden ist, wie es sich aktuell noch aus dem Finanzierungsstaatsvertrag für das öffentlich-rechtliche System ergibt, zu einer deutlichen Erhöhung - betragsmäßig kann ich sie nicht begrenzen - des Beitrags führen.

Wir wissen, dass es nicht nur im Landtag von Sachsen-Anhalt - in diesem unterhalten wir uns seit 2009 immer wieder aufs Neue über Beitragsstabilität und ich nehme immer wieder auch mahnende Worte entgegen, die ich auch beherzige, mich für Beitragsstabilität in diesem System einzusetzen -, sondern erkennbar nun auch in den Koalitionen, an denen die FDP beteiligt ist, keine Akzeptanz für das neue System gibt, und dann auch keine Akzeptanz für Beiträge, die sich in

einer noch nicht absehbaren Höhe einpendeln könnten. Dann steht das öffentlich-rechtliche System ohne Finanzierungsgrundlage da. Das heißt, es bleibt bei 17,50 €. Ob das am Ende ausreicht oder nicht ausreicht, das kann ich nicht sagen.

Die Einsparungsnotwendigkeiten bestehen ohnehin. Das, was die öffentlich-rechtlichen Anstalten bisher angeboten haben, bleibt weit hinter dem zurück, was wir in der Rundfunkkommission, was auch die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten von den öffentlich-rechtlichen Anstalten erwarten.

Der MDR hat gemeinsam mit seinem Rundfunkrat einen durchaus bemerkenswerten Prozess zur Effizienzsteigerung eingeleitet. Das sollte beispielhaft sein, zumindest für alle anderen Anstalten der ARD. Ich setze sehr darauf, dass es dort zu ähnlichen Prozessen, getrieben auch durch die Gremien der öffentlich-rechtlichen Anstalten, kommt. Das ZDF unterliegt ohnehin einer strengeren Begleitung, einem unmittelbaren Zugriff durch die KEF, und hat schon eine ganze Reihe von Sparrunden drehen müssen, vor allen Dingen im Personalbereich.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wir sind selbst gespannt, wie die Kuh vom Eis herunterzuholen ist.

Vielen Dank, Herr Minister Robra. Ich sehe keine Nachfragen.

Somit kommen wir zur nächsten Fraktion. Jetzt wäre die AfD-Fraktion an der Reihe und könnte ihre Frage stellen. Herr Gehlmann. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Danke, Frau Präsidentin. - Der Ministerpräsident Dr. Haseloff gab gegenüber der „Mitteldeutschen Zeitung“ am 6. Juni 2019 das Statement ab, dass die durch Windkraft in Sachsen-Anhalt erzeugten Profite und Steuern aus dem Lande fließen und bei dem Steueraufkommen nur - ich zitiere die „MZ“ - „ein sehr kleiner Teil“ im Land bleibt. Der Ministerpräsident wird wie folgt wiedergegeben - ich zitiere -: „Die Verteilung der Steuern ist nicht gerecht.“

Ich vermute stark, dass die Aussagen des Ministerpräsidenten nicht aus dem Bauch heraus formuliert worden sind, sondern dass dahinter korrekte konkrete Zahlenreihen stehen, wie sich die Finanzströme zwischen Sachsen-Anhalt und den Standorten der Windparkbetreiber strukturieren und welche Wertgrößen aus dem Land transferiert werden.

In einer Kleinen Anfrage der AfD-Fraktion - KA 7/2511 - wurde genau nach diesen Transferströ

men, nach Umsatz, Gewinn, Steuerbewegung usw. zwischen den Erzeugerstandorten in Sachsen-Anhalt und den Betreiberstandorten in den Altbundesländern gefragt. Die Antwort der Landesregierung vom 16. Mai 2019 ging leider ins Leere; denn wir haben auf diese Fragen keine konkreten Antworten erhalten. Die Landesregierung verwies auf den Datenschutz, das Steuergeheimnis und einen zu hohen Verwaltungsaufwand. Es sei nicht möglich, die gewünschten Angaben öffentlich zu machen.

Jetzt komme ich zu meiner Frage: Wie erklären Sie sich, dass in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage vom 16. Mai 2019 keine Auskunft über Finanzströme gegeben werden kann, der Ministerpräsident aber 20 Tage später gegenüber der „Mitteldeutschen Zeitung“ äußerte, dass die Verteilung der Steuern nicht gerecht ist? Hat der Ministerpräsident aus dem Bauch heraus entschieden und formuliert? Oder liegen der Aussage verifizierbare Daten zugrunde? Wenn ja, welche?

Die Antwort für die Landesregierung wird die Ministerin Frau Dalbert geben. Sie haben das Wort, Frau Ministerin.

Danke, Frau Präsidentin. - Wissen Sie, wir haben das in der Antwort auf die Kleine Anfrage schon dargelegt. Also, welche Gewinne ein Betrieb erzielt, wie das Verhältnis zwischen Umsatz und Gewinn ist und in welcher Höhe er Steuern zahlt, das sind Betriebsgeheimnisse. Aber natürlich ist uns bekannt, dass viele Windparkbetreiber - darauf nehmen Sie jetzt speziell Bezug - ihren Hauptsitz nicht in Sachsen-Anhalt haben und insofern auch ihre Steuern nicht hier zahlen.

Deswegen reden wir gerade beim Ausbau der Windkraft nicht mehr von dem Dreieck bestehend aus Ökonomie, Ökologie und Sicherheit, sondern von einem Viereck und fügen den Punkt Akzeptanz hinzu. Und wir müssen eben an der Akzeptanz arbeiten. Dazu werden auf der Bundesebene im Augenblick unterschiedliche Modelle beim Ausbau der Windkraft diskutiert, zum Beispiel das freiwillige Abtreten gewisser Leistungen aus den Gewinnen an die Menschen vor Ort.

Sie können das sehr gut sehen in Hüselitz, wo es einen der größten Onshore-Windparks in der Bundesrepublik gibt. Dort gab es keine Klagen und nur drei Einwendungen, weil eben dieser Windparkbetreiber vor Ort ist, die Bürgerinnen und Bürger und die Landeigentümer beteiligt, die Vereine unterstützt usw., sodass dort viel von dem Ertrag des Windparks auch vor Ort bleibt.

Im Augenblick wird darüber debattiert, ob man von dieser Freiwilligkeit ein Stück weggeht. Natürlich ist es auch gut, wenn wir dazu kommen, dass Windparks von den Menschen vor Ort betrieben werden, sodass die Gewinne direkt bei den Menschen vor Ort verbleiben.

Sie können auch bei großen Konzernen schon sehen, wo die Betriebssitze sind. Dann wissen Sie, wohin die Steuern fließen. Aber die Landesregierung kann nicht in die Bücher einzelner Wirtschaftsunternehmen hineinschauen und prüfen, wie hoch der Gewinn ist und wohin er fließt. Das steht uns nicht zu.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich habe schon eine Wortmeldung gesehen, und zwar möchte der Abg. Herr Loth eine Frage stellen. - Bitte.

Genau, ich habe eine Nachfrage. - Der Ministerpräsident hat ja zugegeben, dass es eine Ungerechtigkeit aus der Allokation der aus Windkraft erzeugten Gewinne in Sachsen-Anhalt gibt. Es konnten keine Zahlen genannt werden.

Wir haben es einmal kurz überschlagen und sind auf ungefähr 173 Millionen € gekommen. Das ergibt sich aus der Leistung von ca. 8,7 GW multipliziert mit der Vergütung in Höhe von 6,6 Cent, modifiziert mit der Steuerlast der Kapitalgesellschaften usw. So kommen wir auf den Betrag von 173 Millionen €.

Jetzt sprechen wir über genau diese Summe. Was gedenkt die Landesregierung eigentlich zu unternehmen - der Ministerpräsident hat es ja angeblich als Thema erkannt -, welche konkreten Schritte hat die Landesregierung vor, um diese Ungleichheit aufzuheben und für eine gerechtere Verteilungsstruktur zu sorgen?

Frau Ministerin, Sie haben jetzt das Wort.