Protokoll der Sitzung vom 20.06.2019

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Abg. Heiß. Ich sehe keine Fragen. - Somit steigen wir in das Abstimmungsver

fahren ein. Zuerst stimmen wir über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 7/4489 ab.

(Jan Wenzel Schmidt, AfD: Wir hatten Überweisung beantragt!)

- Das hat aber bisher niemand beantragt.

(Robert Farle, AfD: Doch!)

- Sie hatten das gefordert? Entschuldigung; dann ist mir das durchgegangen. - Herr Schmidt, wiederholen Sie bitte Ihren Antrag.

Der Antrag soll zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration und zur Mitberatung an den Ausschuss für Finanzen überwiesen werden.

Der Antrag soll also zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration und zur Mitberatung an den Ausschuss für Finanzen überwiesen werden?

(Jan Wenzel Schmidt, AfD. Ja!)

Dann lasse ich zuerst darüber abstimmen. Wer dem Antrag der Fraktion der AfD zustimmt, diesen Antrag zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen. - Das sind die AfD-Fraktion und die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen.

(Kristin Heiß, DIE LINKE: Auszählen! - Zu- ruf von der AfD: Auszählen!)

- Ich habe es vernommen. Von der Fraktion DIE LINKE ist auch bereits eine Auszählung gefordert worden. Deswegen lassen wir die Stimmen jetzt auszählen. - Sie haben vernommen, dass die Stimmen ausgezählt werden sollen, weshalb ich nochmals um das Kartenzeichen bitte. Wer für eine Überweisung des Antrages stimmt, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen.

(Marco Tullner, CDU: Reicht nicht! - Dag- mar Zoschke, DIE LINKE: Das reicht nicht! - (Holger Hövelmann, SPD: Das reicht nicht! - Zuruf von Daniel Roi, AfD)

Wer stimmt dagegen?

Das Ergebnis liegt vor. 31 Abgeordnete sind für die Überweisung und 28 dagegen. Damit ist der Antrag überwiesen worden.

(Beifall bei der AfD)

Der Tagesordnungspunkt 15 ist erledigt.

Ich möchte Sie um eine Minute Pause bitten und bitte meine beiden Vizepräsidenten kurz zu mir.

- Vielen Dank für Ihre Geduld. Wir kommen somit zum nächsten Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 16

Beratung

Freiwilligendienstleistende in ihrer Mobilität besser finanziell unterstützen

Antrag Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 7/4512

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE -

Drs. 7/4535

Einbringer wird Herr Abg. Steppuhn sein. - Herr Abgeordneter, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Dass sich in SachsenAnhalt junge Menschen so zahlreich ehrenamtlich für die Gesellschaft engagieren, ist eine Sache, die mich persönlich immer wieder zutiefst beeindruckt. Unsere Jugend scheint manchen Vorurteilen zum Trotz motivierter und politischer denn je zu sein. Auch in meiner Partei erlebe ich, dass eine wachsende Anzahl junger Menschen bereit dazu ist, Verantwortung zu übernehmen. Das haben jüngst auch die Kommunalwahlen gezeigt.

Auch die Klimaschutzdemonstrationen der Fridays for Future in Magdeburg, Halle oder Dessau, aber auch im Harz und anderswo haben uns vor Augen geführt, dass den jungen Menschen die Art und Weise, wie wir unsere Zukunft, unser Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft gestalten, immens wichtig ist. Die jungen Menschen leisten einen wichtigen Beitrag. Dafür sage ich danke.

(Zustimmung von Silke Schindler, SPD, von Stefan Gebhardt, DIE LINKE, und von Tho- mas Lippmann, DIE LINKE)

Heute soll es aber weder um Demonstrationen noch um Jugendgruppen in den Parteien gehen, vielmehr debattieren wir jetzt über einen ganz anderen Bereich, nämlich über das bürgerschaftliche Engagement junger Erwachsener, das fernab der medialen Öffentlichkeit stattfindet, und zwar die sogenannten Freiwilligendienste.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Sicher kennen Sie es aus Ihrem unmittelbaren Umfeld: Nach dem Schulabschluss, ob an Realschule oder Gymnasium, möchten viele Schülerinnen und Schüler nicht sofort eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Nach zehn oder sogar zwölf Jahren auf der Schulbank wollen viele

von diesen jungen Schulabsolventen zunächst anderweitig aktiv werden, getrieben von Tatendrang und Idealen. Vor dem Betreten des sprichwörtlichen Hamsterrades Karriere und Berufsweg besteht für Jugendliche unmittelbar nach der Beendigung der schulischen Ausbildung vermutlich das letzte Mal in ihrem bevorstehenden Arbeits- und Berufsleben die Möglichkeit, sich eine Auszeit für etwas zu nehmen, das ihnen persönlich sehr wichtig ist.

Einige von ihnen gehen in das Ausland und lernen neue Kulturen und Sprachen kennen und werden damit auch weltoffener. Andere verdingen sich bei Minijobs und wieder andere, und um diese soll es heute gehen, absolvieren einen sogenannten Freiwilligendienst.

Für viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist dies die Gelegenheit, sich beruflich zu orientieren, aber auch persönlich weiterzuentwickeln, im Kindergarten, in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen, im Denkmalschutz, bei der Gewerkschaft, im Bereich der Integration oder sogar hier im Landtag. Schätzungsweise 56 000 junge Menschen im Bereich des Freiwilligen Sozialen Jahres und des Freiwilligen Ökologischen Jahres sind es bundesweit pro Jahr, Hunderte davon in Sachsen-Anhalt. Einige von ihnen darf ich heute auf der Tribüne begrüßen, die dieser Debatte lauschen.

Das Potenzial läge weitaus höher, wenn man die Rahmenbedingungen anpassen und so die Attraktivität der Angebote im Bereich der Freiwilligendienste steigern würde. Die teilnehmenden jungen Menschen nehmen sich ein ganzes Jahr Zeit, um sich selbst besser kennenzulernen und persönlich weiterzuentwickeln, aber eben auch, um sich für ihre Mitmenschen zu engagieren - wie ich finde, eine tolle Sache, eine wichtige Sache.

Stellen wir uns nun einmal einen solchen Freiwilligen vor. Ich nenne ihn einmal Jonas. Jonas hat in diesem Sommer die 11. Klasse beendet und sich dafür entschieden, das Gymnasium zu verlassen. Weil er später studieren möchte, beschließt er, ein FSJ zu machen; denn dabei winkt der Erwerb der Fachhochschulreife, mit der er sich künftig bei einer Hochschule bewerben kann. Nicht nur deswegen ist Jonas dazu bereit, ein ganzes Jahr in einer sozialen Einrichtung zu verbringen. Er möchte lernen, wie es ist, zu arbeiten und sein eigenes Geld zu verdienen, und er möchte Menschen helfen.

In einem Krankenhaus hier in Magdeburg findet Jonas seine perfekte Einsatzstelle und beginnt dort das Freiwilligenjahr im Spätsommer. Für seine Arbeit bekommt er 300 € im Monat von seinem FSJ-Träger überwiesen - nicht viel, wenn man bedenkt, dass er dafür in Schichten und in Vollzeit mitarbeiten muss, noch dazu im Bereich

Gesundheit und Pflege, der, wie Sie alle wissen, überlastet und vom Fachkräftemangel besonders betroffen ist.

Weil das Geld nicht für eine eigene Wohnung gereicht, hat Jonas beschlossen, für die Dauer seines Freiwilligendienstes bei seinen Eltern wohnen zu bleiben. Da sie nicht aus Magdeburg kommen, sondern in einem Dorf etwa 40 km entfernt leben, muss er ab sofort zur Arbeit pendeln. Jonas kann den Bus oder die Bahn nehmen; denn ein eigenes Auto besitzt er nicht. Für eine ermäßigte Monatskarte muss er deutlich mehr als 100 € und damit schon etwa ein Drittel seines Einkommens aufbringen, um zu seiner Arbeitsstelle, zu seiner Einsatzstelle zu gelangen.

(Unruhe)

Das ist der Grund, meine sehr verehrten Damen und Herren, warum wir heute über den vorliegenden Antrag zur besseren finanziellen Unterstützung der Mobilität von Freiwilligendienstleistenden diskutieren wollen. Wir wollen mit der Verabschiedung dieses Antrags ein Zeichen setzen für Freiwilligendienste. Eine angemessene Mobilität der jungen Menschen liegt uns als SPD-Fraktion dabei sehr am Herzen.

Meine Damen und Herren! Neben dem AzubiTicket, für das wir uns seit Langem einsetzen und dessen Einführung wir uns trotz vereinzelter Widerstände offensichtlich doch in großen Schritten nähern, wollen wir auch in anderen Bereichen die Mobilität junger Menschen erhöhen.

Mit Freude habe ich heute - ich habe es Herrn Minister Webel vorhin schon gesagt - zur Kenntnis genommen, dass man in Brandenburg ein AzubiTicket eingeführt hat, das auch für Berlin gilt. Dort können junge Menschen, Auszubildende, aber auch Menschen in Freiwilligendienste für 1 € pro Tag alle Möglichkeiten des öffentlichen Personennahverkehrs entsprechend nutzen.

(Anhaltende Unruhe)

Sehr geehrter Herr Steppuhn, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Im Saal herrscht wieder ein hoher Geräuschpegel, der dazu führt, dass Herr Steppuhn, obwohl er durchaus sehr laut sprechen kann, noch lauter sprechen muss und es unseren beiden Mitarbeitern hier vorn sehr schwer gemacht wird, alles aufzunehmen. Deswegen bitte ich Sie, den Geräuschpegel abzusenken. Vielen Dank. - Herr Steppuhn, Sie haben jetzt das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Wir reden hier über ein wichtiges Thema.

In einem ländlich geprägten Bundesland, wie Sachsen-Anhalt es ist, ist das ein wichtiger Beitrag, als Region auch für Jugendliche attraktiv zu bleiben. Mobilität schafft Möglichkeiten, Mobilität schafft Perspektiven. Das muss sowohl für Azubis als auch für Freiwilligendienstleistende gelten.

Meine Damen und Herren! Im Dezember des letzten Jahres haben vor dem Landtag einige Dutzend FSJlerinnen und FSJler demonstriert. Das Motto des bundesweiten Aktionstages war seinerzeit: „Freie Fahrt für Freiwillige“. Eine freie Fahrt, also das komplette Erlassen aller anfallenden Fahrtkosten für den Arbeitsweg von Freiwilligendienstleistenden kann ich hier und heute nicht versprechen.

Die Entscheidungsgewalt liegt in erster Linie auf der Bundesebene; denn die Freiwilligendienste sind im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend angesiedelt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind im Jugendfreiwilligendienstgesetz fixiert. Ich freue mich sehr, dass sich unsere Bundesjugendministerin Franziska Giffey der Freiwilligendienste durch umfangreiche Reformpläne angenommen hat. Doch auch dank europäischer Fördergelder und Maßnahmen auf Landesebene werden die Rahmenbedingungen der Freiwilligendienste gestaltet.