Protokoll der Sitzung vom 28.08.2019

Liebe Kollegen! Ich muss ganz ehrlich sagen, da habe ich schon komisch geguckt. Chancen des demografischen Wandels - wenn ich das schon lese. Welche Chancen ergeben sich denn, bitte schön, beispielsweise aus einem Autounfall? - Es

ergeben sich keine Chancen, weil sich ein gigantisches Problem für unsere Gesellschaft anbahnt - in diesem Fall ein Problem, welches unsere Gesellschaft noch nie zuvor hatte, mit dem wir keine Erfahrungen haben, und welches uns schon jetzt, hier und heute, unzählige Schwierigkeiten beschert.

Liebe Kollegen, genau diese Probleme werden auch in Ihrer Anfrage wunderbar deutlich; denn sie zeigt auf, wie vieler Programme es allein heute schon nur in Sachsen-Anhalt bedarf, um älteren Menschen ein würdevolles und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Dazu bedarf es Seniorentrainer, Familienpaten, Ehrenamtslotsen, Seniorenkompetenzteams, Engagementlotsen, Lesepaten. Es bedarf Selbsthilfegruppen. Es bedarf ehrenamtlicher Betreuer usw. Es bedarf also unzähliger Menschen, die ehrenamtlich und in ihrer Freizeit einen großen Dienst erweisen, indem sie sich liebevoll und selbstlos um Menschen kümmern, die unser Land mit aufgebaut haben.

Je tiefer ich mich in diese Große Anfrage eingearbeitet habe, umso mehr habe ich festgestellt, dass die Landesregierung anscheinend selbst den Überblick darüber verloren hat, welche unzähligen Programme sie in den letzten Jahren eingeführt hat, um wie immer nur die Symptomatik zu lindern. Mehr passiert mit all diesen Programmen nicht. Sie doktern an der Oberfläche herum, sie behandeln kosmetisch das Symptom, aber die Ursache packen sie nicht an.

All diese Programme waren in dieser Form in den letzten Jahrhunderten, in den letzten Jahrzehnten absolut überflüssig und nicht notwendig, weil es gesunde Familienstrukturen gab, weil junge Menschen nicht aufgrund von Perspektivlosigkeit gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen, und weil sich unser Volk auf das Wesentliche konzentrieren konnte, nämlich auf die Gründung und auf die Pflege der Familie. Diese Familie war es, die nahezu alle angebotenen Programme, über die wir heute sprechen, übernehmen konnte.

Schaut man in andere Länder, beispielsweise nach Osteuropa, wo genau diese Strukturen, die wir über Jahrhunderte hinweg eigentlich auch hier immer hatten, bis heute Bestand haben, dann sieht man, dass das, worüber wir hier diskutieren, dort gar nicht notwendig ist, weil es auch so wunderbar funktioniert hat.

Zurück geht‘s zu uns nach Sachsen-Anhalt. In meinen Augen müssten die Kraft und auch die finanziellen Ressourcen, die in viele Projekte investiert werden, auf Grundaufgaben umgelenkt werden. Dazu habe ich drei konkrete Punkte, die ich ansprechen möchte.

Erstens. Wer in seinem Leben auskömmlich gearbeitet hat oder aufgrund eines gesundheitlichen

Schicksals dazu nicht in der Lage war, der muss sich auf eine Rentenversorgung verlassen können, die ihm ein würdevolles und vor allem selbstbestimmtes Leben im Alter ermöglicht. Solange Menschen, die 30 oder 40 Jahre lang gearbeitet haben, heute noch im Müll nach Pfandflaschen suchen müssen, können wir Hilfsprogramme anbieten, wie wir wollen, das ändert nicht das Problem.

(Beifall bei der AfD)

Familienstrukturen müssen neu gedacht werden. Die Familie ist die Keimzelle der Gesellschaft. Daher muss ihr alle staatliche Kraft zukommen, die sie braucht, um zu gedeihen. In einer gesunden Familie fängt man einander auf, man sorgt füreinander und unterstützt einander. Wir in der Politik sind gefragt, die notwendigen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Das Land Sachsen-Anhalt bekommt es aber noch nicht einmal hin, ein kostenfreies Schulessen einzuführen oder die Kita-Gebühren abzuschaffen. Stattdessen leisten wir uns für 200 Millionen € eine Bankenrettung, füttern Tausende illegale Asylbewerber durch und schließen Beraterverträge in Millionenhöhe für Gendergerechtigkeit und ähnlichen Schwachsinn ab.

Liebe Landesregierung, hier sieht man ganz klar Ihre Prioritäten. Wenn Dutzende oberflächliche Hilfsprogramme zwar nicht die Ursache beheben, Sie dafür aber ruhig schlafen lassen, dann überrascht mich das nicht mehr.

(Beifall bei der AfD)

Viele der aktuellen Programme sind ein großer Mehrwert, wenn es darum geht, älteren Menschen ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Herausheben möchte ich insbesondere die Mehrgenerationenhäuser, die familienentlastenden Dienste, Projekte zur Barrierefreiheit und auch die Landesseniorenvertretungen, welche Bedürfnisse und Forderungen von Senioren an die politische Ebene herantragen.

Es gilt abzuwägen, welche Programme wirklich einen nachhaltigen Dienst am Bürger erbracht haben - deren gibt es genug und diese müssen natürlich auch weiterhin vollumfänglich Unterstützung erfahren - und welche Projekte doch nicht so gut angekommen sind, sodass die Zuschüsse woanders vielleicht besser investiert gewesen wären.

Unter dem Strich bleibt zu sagen, dass ich nach den Chancen des demografischen Wandels in Ihrer Anfrage vergeblich gesucht habe. Die Probleme unserer Zeit lassen sich nur nachhaltig anpacken und bekämpfen, indem endlich die Ursachen angegangen werden. Doch hierzu sind

unserer Meinung nach keinerlei Anstrengungen zu erkennen.

Bis dahin können wir dankbar sein, dass es so viele, viele Menschen gibt, die in Sachsen-Anhalt ehrenamtlich mit anpacken und das Schlimmste abfedern. Mehr ist es leider Gottes nicht. Ihnen allen gilt der Dank der AfD-Fraktion für ihre harte Arbeit und die Entschuldigung, dass unser Bundesland nicht in der Lage ist, die Probleme nachhaltig zu lösen. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Herr Siegmund, Herr Steppuhn hat sich zu Wort gemeldet. - Herr Steppuhn, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Siegmund, Sie haben heute auch zu dem Thema Rente gesprochen, haben gesagt, was man alles machen könnte, was man alles tun müsste, haben auch Forderungen genannt. Können Sie mir sagen, wann die AfD ein Rentenkonzept beschließt, in dem man nachlesen kann, was Sie heute erneut gefordert haben?

Unverzüglich.

Herr Siegmund, Sie haben das Wort.

(Zurufe von der AfD)

Es bestehen mehrere Projekte, aber wir arbeiten unverzüglich daran. Wir sind eine junge Partei und wir entwickeln uns. Wir haben viele, viele Konzeptionen.

(Zurufe)

Wir können uns gern einmal zusammensetzen und uns im Einzelnen darüber unterhalten.

(Zuruf von Andreas Steppuhn, SPD)

- Sehr gern, Herr Steppuhn. Wir setzen uns zusammen. Dazu lade ich Sie ein.

(Zuruf: Ihr habt gar keine, das sieht man doch! - Daniel Rausch, AfD: Wer sind denn die Rentensenker hier? Das wart ihr doch!)

Es gibt also kein Rentenkonzept.

(Zurufe von der AfD)

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich Herrn Siegmund für den Redebeitrag. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann. Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Werte Abgeordnete der demokratischen Parteien! Die Große Anfrage der LINKEN behandelt mit dem Aufhänger des seniorenpolitischen Programms ein Querschnittsthema, das wirklich jedes Ressort betrifft. Schließlich umfasst es eine Lebenspanne von gut 30 Jahren. In dieser Lebensspanne sind natürlich sämtliche politischen Felder relevant. Entsprechend beginnt die Große Anfrage mit Eltern-KindZentren und endet mit Barrierefreiheit im ÖPNV.

Ich habe mich wirklich lange gefragt, welche Themenstellung ich für meinen nur zweiminütigen Redebeitrag herausgreifen soll. Ich denke, der Kern vieler Themen der Großen Anfrage betrifft letztendlich - das ist ein Punkt, dem ich mich auch sehr gern widme - die soziale Teilhabe älterer Menschen.

Ein zentraler Ansatz, um diese Teilhabe zu verwirklichen, ist der Quartiersansatz, also das Ziel, zentrale Dienstleistungen und nötige Wege im Alltag in Pantoffelnähe zu verwirklichen, wie es die frühere grüne Senioren- und Familienministerin in NRW formulierte. Diesen Quartiersansatz konnten wir mit dem Koalitionsvertrag für Sachsen-Anhalt und für die älteren Menschen in Sachsen-Anhalt stärken.

Die Quartierberatungsstelle für Kommunen und das Förderprogramm für Quartiersmanagerinnen und -manager finden sich in der Antwort der Landesregierung. Das Geld für die Beratungsstelle ist bereits in den Haushalt für das Jahr 2019 eingestellt worden.

Sicherlich ist der Bereich der Mobilität im Bereich der Seniorenpolitik absolut diskussionswürdig; denn ein guter ÖPNV und zukunftsweisende Ansätze wie Ridesharing, Fahrdienste, Nachbarschaftshilfe und etwa autonomes Fahren sind insbesondere für ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger zentrale Vorhaben, um bis ins hohe Alter mobil zu bleiben.

Eine weitere Diskussion müssen wir, weil meine Redezeit tatsächlich schon zu Ende geht, an anderer Stelle führen. Dazu lade ich Sie gern ein. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Lüddemann für den Redebeitrag. - Für die SPD spricht der Abg. Herr Steppuhn. Herr Steppuhn, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst zu der Kollegin Bahlmann: Ich glaube, unsere Seniorenpolitik im Land ist nicht so schlecht, wie Sie sie hier dargestellt haben. Ich denke, die Frau Ministerin und auch Herr Krull haben in ihren konkreten Ausführungen sehr deutlich gemacht, was alles geschehen ist. Ich will dies möglichst sinnvoll ergänzen, sodass nicht viel wiederholt wird.

Meine Damen und Herren! Die Seniorinnen und Senioren in unserem Land sind eine wichtige Säule unserer Gesellschaft. Gerade wir als Sozialdemokraten sehen es deshalb als besonders wichtig, als unsere Aufgabe an, das Engagement von Seniorinnen und Senioren zu unterstützen, aber auch zu stärken und gleichzeitig die Lebensleistung der älteren Generation nicht nur zu würdigen, sondern auch zu wertschätzen.

Deshalb haben wir uns bewusst schon im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Mitwirkung und die Teilhabe von Seniorinnen und Senioren zu stärken, das wertvolle ehrenamtliche Engagement unserer älteren Generation zu fördern wie auch die Gesundheitsversorgung und die Pflegesituation zu verbessern. Ich denke, das ist etwas, das natürlich nicht alles in der Seniorenpolitik ausmacht, aber das sind sehr wichtige Bausteine. Die Frau Ministerin hat schon darauf hingewiesen.

Meine Damen und Herren! Wie man der Antwort auf die Große Anfrage entnehmen kann, hat die Landesregierung bereits an vielen Stellen der Förderung des ehrenamtlichen Engagements konkrete Maßnahmen umgesetzt, beginnend bei der finanziellen und der strukturellen Förderung beispielsweise im Rahmen von Familienpatenschaften oder sogenannten Freiwilligendiensten über zahlreiche generationenübergreifende Qualifizierungsprogramme für ehrenamtlich Tätige bis hin zur Unterstützung lokaler Bündnisse und direkter Partizipations- und Gestaltungsmöglichkeiten von Seniorinnen und Senioren in den Kommunen direkt vor Ort.

Hier ist auch schon angeklungen, dass wir natürlich nicht überall in den Kommunen dafür sorgen können, dass all das, was wir uns landespolitisch vorstellen, dort auch umgesetzt wird. Aber wir fördern es und wir unterstützen es. Letztendlich haben wir eine kommunale Selbstverwaltung, und

es ist wichtig, dass vor Ort darüber entschieden wird, wie Seniorenpolitik aussieht.

An dieser Stelle begrüßen wir als SPD-Fraktion es ganz besonders, zunehmend auch den Gedanken der generationenübergreifenden Stärkung des Ehrenamtes in den Mittelpunkt zu stellen. Der demografische Wandel - das ist angesprochen worden - fordert uns zunehmend heraus, weshalb der Zusammenhalt der verschiedenen Generationen - nicht nur im Ehrenamt - so unglaublich wichtig für die Entwicklung unserer Gesellschaft, aber auch unseres Landes insgesamt ist.

Meine Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen haben sich die Unterstützung der Seniorinnen und Senioren insbesondere im ländlichen Raum auf die Fahnen geschrieben. Durch unser geplantes Landarztgesetz wie auch die Schulgeldfreiheit in den Pflegeberufen wollen wir natürlich einerseits die Attraktivität der ländlichen Regionen mit stärken, vor allem aber wollen wir auch eine gute medizinische Versorgung für alle - für Jung und Alt - im ganzen Land gewährleisten.