Protokoll der Sitzung vom 29.08.2019

also Ihrer Klientel, wollen Sie natürlich gern unter den Tisch fallen lassen, wollen Sie nicht bekämpfen. In dem Sinne ist der Antrag einseitig und tendenziös, undemokratisch und nicht demokratietauglich und in dem Moment logischerweise auch abzulehnen.

Jetzt haben wir den Antrag der Koalition, das heißt, von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 22. August. Ja, bei Ihrem ersten Antragspunkt gehe ich vollkommen mit. Natürlich ist es Sache eines jeden Abgeordneten und eine Sache des Hohen Hauses, den Hinterbliebenen des ermordeten Herrn Dr. Walter Lübcke die entsprechende Anteilnahme zu gewähren.

Das ist vollkommen richtig. Das sollte vielleicht hier und da auch gesellschaftlich öfter gemacht werden. Allerdings, muss ich dazu sagen, sollte das für alle Ermordeten, für alle Getöteten gelten, bei denen die Tat irgendwie in einem politischen Kontext steht.

Da haben wir viel zu beklagen. Da müssen wir nämlich die Opfer der täglichen Einzelfälle genauso sehen, also die Toten durch den MultikultiWahn und den Islamismus. Auch deren Hinterbliebenen müssen wir die nötige Anteilnahme gewähren. Das vermisse ich in diesem Hause aber generell. In diesem Fall hier wird das gemacht; das ist auch richtig. Aber es ist eben ein Versäumnis bei anderen Delikten.

Im nächsten Punkt Ihres Antrages stellen Sie auf die Zeiten des rechten Terrors ab. Das ist wieder einseitig, es fehlen der linke und der religiöse Terror. Und Sie sagen, dass der Ton und der Inhalt der Debatte heute der Sensibilität und der Situation angemessen sein sollte. So weit gehe ich mit.

Ich wundere mich aber dann darüber, dass im nächsten Punkt doch wieder nur von einem Mord mit rechtsextremem Hintergrund gesprochen wird. Nach meinem Kenntnisstand ist diesbezüglich noch niemand endgültig verurteilt worden. Ich glaube, wir sollten einmal abwarten, bis die ganze Sache wirklich zum Schluss gebracht worden ist.

Auch wenn es eine Tendenz gibt, würde es sich hier, wenn man sensibel damit umgehen will, gehören, das nicht so reißerisch darzustellen. Man ist also so ein bisschen an dem eigenen Anspruch gescheitert.

Dann haben wir den Punkt 4 Ihres Antrages, in dem steht, dass Gewalt niemals Mittel der Politik sein darf; das ist vollkommen richtig.

Im Grunde genommen verurteilen Sie im Punkt 5 alles, wodurch Menschen im politischen Kontext eingeschüchtert und bedroht werden. Da gehe ich auch vollkommen mit. Allerdings fehlt eben auch hier wieder der linke Kontext.

Seien wir doch mal ehrlich: Das Bedrohen und Einschüchtern von Menschen, von politisch Andersdenkenden geschieht doch größtenteils leider aus dem linken Spektrum heraus; wir haben es vorhin gehört.

Wenn Abgeordnete, Wahlkreisbüros und andere Immobilien in Masse angegriffen werden, Schaufenster in Masse zu Bruch gehen und gewählte Volksvertreter durch gewaltbereiten linken Terrorismus in Angst und Schrecken versetzt werden sollen, dann ist das Einschüchterung, zumindest versuchte Einschüchterung und Bedrohung von gewählten Volksvertretern. Ich glaube, es gibt nichts Schlimmeres, mit dem man die Demokratie angreifen kann, als solche Mittel. Und das ist nun mal vorwiegend Sache der linken Seite.

Sie haben noch angesprochen, dass im Grunde genommen das Versammlungsrecht und das Ordnungsrecht bei Veranstaltungen, von denen Gefahr ausgeht, ausgeschöpft werden müssen. Auch das betrifft meistens linke sogenannte Gegendemonstrationen, aus der die Gefahr von Steine- und Flaschenwürfen usw. hervorgeht. Auch das kommt hier zu kurz.

Deswegen ist Ihr Antrag in Teilen einseitig und tendenziös. Er ist auch nur bedingt demokratietauglich und deswegen kann er nicht angenommen werden.

Kurzes Fazit noch: Klassenziel im Grunde genommen verfehlt. Hier wird linke Agitation betrieben. Es wäre eine Sternstunde der Demokratie, wenn wir uns alle mal darauf einigen könnten, tatsächlich in gleichem Maße linke, rechte und religiöse Gewalt abzulehnen. Aber bis dahin sind es nur Schaufensteranträge für eine Scheindebatte. Damit sind sie abzulehnen. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Alexander Raue, AfD)

Vielen Dank, Herr Abg. Poggenburg. - Das war jetzt eine Wortmeldung?

Ich würde gern intervenieren, Frau Präsidentin.

Ja, okay. Aber dann hat er das Recht, darauf zu erwidern.

Ja, selbstverständlich.

Bitte, Herr Borgwardt.

Nach der Geschäftsordnung ist das so. - Weil dann in Ihren Blogs immer nur Ihre Rede erscheint, will ich der Wahrheit halber etwas dazu sagen. Sie haben gesagt, das würde alles nur gegen rechts sein.

(André Poggenburg, fraktionslos: In den Anträgen!)

Den Punkt 6 haben Sie gar nicht erwähnt. Das war ein wesentliches Kriterium meiner Fraktion. Darin steht nämlich, Rechts- und Linksextremismus und religiös motivierter Extremismus. Das muss man schon ordentlich sagen. - Erster Punkt.

Der zweite Punkt ist, wir haben auch bei dem Punkt 5 nicht die Intention gehabt, die Sie unterstellen. Das stimmt auch nicht. Darin ist das auch nicht einseitig. Ich habe Ihnen vorhin gesagt, dass wir bestimmte Gründe dafür hatten, Passagen von anderen Fraktionen nicht zu übernehmen und den Antrag der Fraktion DIE LINKE in den Ausschuss zu überweisen.

Ich bitte darum, das zur Kenntnis zu nehmen und als Richtigstellung zu werten, weil das nämlich von Ihnen falsch ausgeführt wurde.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Poggenburg hat natürlich das Recht, darauf zu erwidern.

(André Poggenburg, fraktionslos: Dann mache ich das von hier aus!)

- Das können Sie auch von dort machen. Bitte.

Herr Borgwardt, ich gehe so weit mit. Deswegen habe ich auch ganz klar gesagt, dass der vorliegende Antrag der Regierungsfraktionen in Teilen tendenziös ist und dass er in Teilen auch undemokratisch ist. Ich habe das schon differenziert, ich habe das auch mitbekommen.

Aber bei den Passagen, auf die es ankommt, fehlt mir eben auch der Kontext zum gewaltbreiten Linksextremismus. Das wollte ich entsprechend nur herausstellen. - Danke.

Vielen Dank, Herr Poggenburg. - Ich habe jetzt noch einen Antrag auf einen kleinen Redebeitrag. Gemäß § 46 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Landtages kann eine Fraktion, die ihren Redebeitrag vor der Landesregierung gehalten hat, noch einmal um das Wort bitten. Das ist hier geschehen.

Gemäß § 62 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung kann der Antragsteller gegebenenfalls zusätzliche

angemessene Redezeit verlangen. Dem habe ich zugestimmt. Nach § 68 Satz 2 der Geschäftsordnung ist eine Redezeit von höchstens drei Minuten vorgesehen. Ich denke, das ist angemessen. - Herr Gebhardt, Sie haben das Recht, bis zu drei Minuten zu reden. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Toleranz richtet sich selbst zugrunde, wenn sie sich nicht vor Intoleranz schützt. - Das sagte die Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Rede bei der Gedenkveranstaltung für die Opfer des NSU-Terrors im Jahr 2012.

Ich musste tatsächlich in letzter Zeit immer häufiger an diese doch berührende Rede der Kanzlerin denken. Ihre Warnung vor einem Klima der Verachtung, vor der Verrohung des Geistes, vor Ausgrenzung und Abwertung von Migrantinnen und Migranten, die in Gewalt mündet, ist nicht nur, aber auch wegen des Mordes an dem Christdemokraten Walter Lübcke hochaktuell.

Aus Worten können Taten werden, sagte Angela Merkel vor sieben Jahren in dieser Rede. Und der rechtsextreme Terror hat seitdem nicht abgenommen. Er ist - auch hier möchte ich die Kanzlerin zitieren - eine Schande für unser ganzes Land.

(Beifall bei der LINKEN)

Rechtsextremer Terror breitet sich weiter aus und wird begrüßt, bejubelt oder kleingeredet. Ja, bei Walter Lübcke haben diejenigen mitgeschossen, die die Abwertung und Ausgrenzung unserer Mitmenschen ohne deutsche Herkunft zu ihrem Markenzeichen gemacht haben, für die Verachtung und Hass ein Geschäftsmodell geworden ist, mit dem sie skrupellos nach neuer Macht streben.

Ich will hier eine weitere geistige Grundlage für den Terror und für die Verachtung klar benennen. Das ist die These von der Herrschaft des Unrechts, die Herr Farle in seinem Redebeitrag auch noch einmal zur Schau gestellt hat, die angeblich durch die Entscheidung der Kanzlerin im Sommer 2015, nämlich die Grenze nicht zu schließen, entstanden sei.

(Oliver Kirchner, AfD: Richtig!)

Die These, dass der humanitäre Akt von 2015 ein Rechtsbruch war, ist aus meiner Sicht - darin stimme ich mit Konstantin von Notz, GRÜNENBundestagsabgeordneter, überein - die Dolchstoßlegende der heutigen Zeit.

(Beifall bei der LINKEN)

So wie in der Weimarer Republik wird mit dieser Dolchstoßlegende gehetzt, geprügelt, gemordet. Und aus Worten sind Taten geworden. Man braucht sich auch nicht zu wundern, wenn man im Landtag vorgehalten bekommt, dass man sich als

AfD dafür ausgesprochen hat, Menschen zu jagen, Menschen zu entsorgen und - wie war die Formulierung? - zu beseitigen.

Hier wurde vom damaligen Fraktionsvorsitzenden Poggenburg gesagt, Wucherungen am deutschen Volkskörper müsse man endgültig loswerden. Wo ist der Unterschied, wenn ein Herr Gauland die ehemalige Integrationsbeauftragte der Bundesregierung entsorgen möchte? - Da ist man von dem, was Ihnen hier vorgeworfen wurde, nicht weit entfernt, es ist sogar das Gleiche.

Zum vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen möchte ich für DIE LINKE feststellen, er enthält eine Reihe von Maßnahmen, die sehr sinnvoll sind. Und ja - ich zitiere aus Ihrem Antrag -, „in Zeiten rechten Terrors gilt es, sich über Partei-, Fraktions- und gesellschaftliche Grenzen hinweg an die Seite der Opfer und Betroffenen zu stellen.“

Wir unterstützen diese Grundpositionen aus Ihrem Antrag aus tiefer Überzeugung; Toleranz gegenüber den Feinden unserer Demokratie und der Menschlichkeit ist fehl am Platz.

Herr Abgeordneter, kommen Sie zum Schluss.

Ich komme zum letzten Satz. - Dass es Unterschiede in bestimmten Positionen und Formulierungen gibt, sieht man anhand der zwei verschiedenen Antragstexte. Wir legen aber Wert darauf, die Gemeinsamkeiten mit den Kollegen der Koalitionsfraktionen heute mit einem klaren Votum zum Ausdruck zu bringen. Wir werden dem Antrag zustimmen.

Die Überweisung unseres Antrags ist in Ordnung. Wir würden gern noch den Rechtsausschuss hinzuziehen, da einige rechtliche Punkte enthalten darin sind. Wir würden uns freuen, wenn er etwas zügiger behandelt würde als so mancher Antrag, der zu dem gleichen Thema vielleicht seit drei Jahren im Ausschuss liegt. - Vielen Dank.