Protokoll der Sitzung vom 02.09.2016

(Beifall bei der CDU)

Dann gibt es aber noch eine Nachfrage, eine Bemerkung, eine Endintervention sozusagen. - Oder hat Frau Heiß noch eine Nachfrage? - Sie hat noch eine Nachfrage. Dann nehmen wir das als Intervention und Frau Heiß als Nachfrage. Bitte sehr.

Ja, Herr Präsident, weil der Herr Finanzminister zu Recht sagte, es gibt eine gesetzliche Vorgabe im Pensionsfondsgesetz, die lautet Rendite. Ausgangspunkt der Diskussion, die wir im Finanzausschuss geführt haben, war aber gerade der Punkt, dass sich das gesetzgeberische Ziel mit dieser Strategie nicht mehr erreichen ließ. Das Marktumfeld gestattete keine Rendite mehr - selbst wenn ich es logisch fände, mit Steuergeldern Rendite zu erzielen -, die sozusagen die Teuerungsrate überstiegen hat. Das heißt, das Landesgeld verliert an Wert.

Ich hoffe, der Herr Finanzminister weiß, dass er hier im Landtag von Sachsen-Anhalt ist, wenn er sich auf das Gesetz beruft. Denn das hier ist das Hohe Haus, das die Gesetze macht und das natürlich auch in der Lage sein muss, Gesetze, die nicht mehr tragfähig sind, zu ändern.

Und genau der Frage der Änderung dieses Gesetzes dient auch unser Antrag, dienen diese Fragen, und ich glaube, genau deshalb ist dieser Antrag hier an der richtigen Stelle. - Vielen Dank.

Jetzt gibt es noch eine Nachfrage von Frau Heiß. Die, Herr Schröder, ist aufgrund der Auskunftspflicht nicht zu ignorieren. Bitte, Frau Heiß.

Vielen Dank. - Herr Schröder, Sie sagten, dass Sie keinen Einfluss auf die Zusammensetzung der Fonds haben. Worauf aber das Land Einfluss hat, ist, in welche Unternehmen man investiert. Daher wollte ich Sie fragen, wie Sie das interpretieren, dass das Land ganz bewusst bestimmte Waffenhersteller zum Beispiel nicht mehr als investmentfähig empfindet?

Ich hoffe, Ihre Frage richtig verstanden zu haben. Im Übrigen nimmt sie jetzt ein bisschen die Diskussion vorweg, bei der ich gerade gebeten habe, dass wir sie im Finanz- und im Kapitalmarktausschuss führen.

Ich habe nicht gesagt, dass wir keinen Einfluss auf Entscheidungen haben. Wenn wir Anlageentscheidungen als Land treffen, in Fondsstrukturen zu investieren, dann gibt es für den Fonds Vorgaben und Richtlinien, die auch international anerkannt sind. Natürlich wird Sachsen-Anhalt keine Anlage tätigen, wenn diese Fondsvorgaben verletzt sind oder Unternehmen, die diese Fondsvorlagen verletzt haben, dann aus diesen Fonds herausgehen. Es sind sozusagen innerhalb der Fonds Unternehmen, die in der Kritik stehen - ich behaupte, maßgeblich aus politischen Gründen -, und deswegen wollte ich darauf hinweisen, dass es keine bewusste Anlageentscheidung ist: Wir gehen jetzt in dieses eine Unternehmen, sondern dass dieses Unternehmen Bestandteil dieser Fondsstruktur war.

Man kann darüber reden, ob man mit den Fonds mehr Rechercheaufwand betreibt in der Anlagestrategie, die man selber hat. Mein Plädoyer war: Die Kernkriterien für die Anlagen, die wir per Gesetz definiert haben, sind und bleiben tragfähig, nämlich Sicherheit, Liquidität und Rendite.

Soziale, ökologische oder ethische Aspekte können als weitere Anlagekriterien eine Rolle spielen, sie sollten aber diesen Kernzielen nicht zuwiderlaufen. Das war mein Plädoyer.

Und dass Geldanlagen keine Bedeutung mehr haben, ist auch falsch, weil wir durch die breite Streuung und die längerfristige Ausrichtung unserer Anlagen zum Beispiel im Pensionsfonds ein durchschnittliches Renditeziel von immerhin 4 % bislang erreicht haben.

Insofern würde ich sagen, für die Zukunft kann man schwer Prognosen treffen. Aber selbstverständlich haben wir im Interesse des Steuerzahlers Rendite erzielt, und um diesen Betrag wird auch der künftige Haushaltsgesetzgeber entlastet werden.

Also noch einmal: Kein Einfluss ist falsch. Fondsstrukturen haben sich ebenfalls Auflagen und Vorgaben gegeben. Die Frage ist: Zu welchen Definitionen kommen wir und wie hoch, auch von den Ressourcen her, ist unser Rechercheaufwand dann im Umgang mit den Fonds? - Aber das ist eine Frage für den Kapitalmarktausschuss, denke ich.

Danke, Herr Finanzminister. - Ich weise jetzt einmal darauf hin, dass die gesparte Einbringungs

zeit inzwischen dann doch wieder verbraucht wurde.

Wir steigen jetzt ein in die Debatte der Fraktionen, und zwar beginnen wir mit dem Abg. Herrn Schmidt von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist ein bisschen gemein, Sie legen hier so viele schöne Bälle hin und dann habe ich nur fünf Minuten Redezeit.

Ich bewundere den Finanzminister für die Ernsthaftigkeit, die er dem Antrag gewidmet hat. Das Wort „Symbolpolitik“ will ich gar nicht in den Mund nehmen. Ich will mich auch über die Wirkung hier gar nicht verbreiten; dafür reicht die Zeit nicht aus.

Ich will nur eine Sache sagen: Ein Anlagevermögen von 1,8 Milliarden € klingt nach einer Menge Geld. Wenn man weiß, dass weltweit von staatlichen Institutionen 25,7 Billionen € angelegt sind - das sind 25 700 Milliarden -, dann sieht das nicht mehr nach so wahnsinnig viel Geld aus. Das sind 0,007 % des Anlagevermögens, das die öffentlichen Anleger auf der Welt halten, allein öffentliche Anleger in China 4 000 Milliarden €. Der Weltfrieden wird vermutlich mit unserer Anlagepolitik nicht zu erreichen sein.

Ich finde, Eine-Welt-Läden sind ganz tolle Einrichtungen, aber der Glaube der 90er-Jahre, man könne aus dem Eine-Welt-Laden heraus den Weltmarkt, zum Beispiel den Weltkaffeemarkt, reformieren, - das wissen wir doch alle - ist vorbei.

Ich will aber darüber reden, wie schwer oder wie einfach es eigentlich ist, die Idee in die Tat umzusetzen. Das Ziel, das Sie ausgegeben haben, das Geld ethisch sauber und nachhaltig anzulegen, ist wie ein hoher Berggipfel im Sonnenschein. Herr Knöchel hat sich da gerade ein bisschen gesonnt. Der Weg in das Gebirge ist ausgesprochen verwickelt und man muss ihn erst einmal finden.

Was sind denn die Bedingungen, die eine nachhaltige und ethische Geldanlage ausmachen, und was kennzeichnet das Gegenteil? - Die Fraktion DIE LINKE hat gesagt, wir verfahren ab jetzt nach der Definition. Sie hat aber keine Definition genannt. Man macht sich also auf die Suche, wer eine Definition hat.

Die evangelische Kirche ist in der Begründung des Antrags genannt. Die hat tatsächlich einen Leitfaden über ethische Anlagestrategien von 46 Seiten, auf denen sie sich mit dem Thema herumschlägt und genau keine Definition liefert, sondern den Anlegern der Kirchen sagt: Findet diese Ausschlusskriterien für euch selber und ver

heiratet sie mit den Zielen Sicherheit, Liquidität und Rendite.

Auch die Kirche empfiehlt nicht, diese Ziele fallen zu lassen. Die Kirche sagt auch noch eine ganze Reihe von anderen Sachen, die man über den einfachen Ausschluss von Investments hinaus machen soll. Wenn man das liest, was da herauskommt, läuft das genau darauf hinaus, wo wir mit dem Alternativantrag auch hin wollen, nämlich nicht zu sagen, man kann das beschließen, einen Punkt machen und dann ist es erledigt. Das ist vielmehr eine Daueraufgabe und eine Abgrenzung, die immer auch eine Einzelfallentscheidung bezüglich des Investments ist.

Die Kirche ist konzeptionell am weitesten; das kann ich hier schon vorwegnehmen. Zahlreiche andere Versuche, das zu definieren, enden in Empfehlungen der Preisklasse „Bio-Käse statt Atomkraft“ und sind da keine Hilfe. Ich habe Frau Heiß ein bisschen so verstanden, dass wir auch in diese Richtung gehen sollen. Ich glaube, das wird nicht funktionieren.

Wir werden nicht umhinkommen, im Kreditmarktausschuss darüber zu reden, einzeln zu entscheiden. Nicht alles, was andere machen, wird für das Land anwendbar sein. Der komplette Ausschluss von rohstofffördernden Unternehmen - Herr Knöchel, das können Sie dann einmal in Leuna und Umgebung erklären, wie unethisch das ist, nämlich diesen Bürgern, deren Geld Sie da anlegen. Nicht nur deswegen, weil in Leuna und Umgebung Leute davon abhängen, sondern auch weil wir alle auf dem Weg von einem solchen Beschluss nach Hause irgendwo an der Tankstelle halten würden, wären wir relativ schnell auf dem Weg von der mutigen Entscheidung über verwegenes Weltverbesserertum hin zur Lachnummer.

Weil das Ziel aber ein gutes ist, hat sich die Koalition entschlossen, auch einen Weg aufzuzeigen, wie man dem jedenfalls näherkommen kann, und einen Alternativantrag gestellt. Ich bitte um Zustimmung für diesen und habe jetzt sogar eine Minute gespart. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abg. Schmidt. Es gibt eine Nachfrage. Möchten Sie diese beantworten?

Selbstverständlich.

Herr Knöchel, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Schmidt, wir wollen erst einmal heraus aus diesen Anlagen. Sie sagten, das gäbe es alles nicht und das sei alles so schwierig. Gut, Sie sind neu hier im Landtag, Sie wissen das noch nicht.

Sind wir uns darin einig, dass zum Beispiel die Anlage unseres Landesvermögens in Grundvermögen sinnvoll ist und dass es vielleicht sogar höchst sinnvoll ist, um Haushaltslöcher abzudecken, Grundvermögen zu veräußern, wie wir es in den letzten Jahren getan haben? - Aber um dafür Geld zu bekommen, das wir an der Börse anlegen - -

Halten Sie es nicht für eine ethisch saubere Anlage, zum Beispiel Geld in unserem Land anzulegen, in Grundvermögen in unserem Land anzulegen, daraus Zinsen für Landwirte zu erzielen? Das wäre eine kleine Rendite, aber eine nachhaltige. Finden Sie es unethisch, in Sachsen-Anhalt Geld anzulegen? Denn Sie haben das als unmöglich bezeichnet. Und wie finden Sie es, dass wir nach wie vor Grundvermögen veräußern, um Geld dafür zu bekommen, das wir immer schwerer anlegen können?

Herr Knöchel, ich bin mir nicht sicher,

Vielen Dank, Herr Knöchel. - Herr Schmidt, Sie haben das Wort.

- Entschuldigung - ob es uns morgen ohne Weiteres gelänge, 1,8 Milliarden € in Grund und Boden des Landes anzulegen. Nehmen wir einmal an, das sei ohne Weiteres möglich - wir müssten dann auch jemanden finden, der uns den verkauft -,

Wir verkaufen den im Moment.

und wir hätten dann eine Rendite. Ich stelle eine Gegenfrage: Wenn dann auf diesem Grund und Boden intensive Landwirtschaft betrieben wird, unter Einsatz von allen möglichen nichtbiologischen Dingen - das wäre ja wahrscheinlich der Fall -, wo gehen Sie denn dann hin mit Ihrer ethischen Anlage?

(Zuruf von Bernd Daldrup, CDU)

Was ist, wenn die Kolleginnen und Kollegen auf diesem Acker dann nicht mit Biodiesel fahren,

sondern mit dem Zeug, das die Kollegen in der Total-Raffinerie herstellen? - Dann sind Sie mit Ihrer ethischen Anlagestrategie relativ schnell am Ende.

Darauf habe ich hingewiesen. Wenn wir sagen, wir wollen aus diesen unethischen Anlagen heraus, ist es nicht so einfach abzugrenzen, welche das denn sind. Das ist ganz schwierig. Sie sind dann wirklich relativ schnell im Bereich von Töpfern auf Naturbasis für einen regionalen Nahmarkt, wo die Dinge am besten noch mit dem Handkarren hintransportiert werden.

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

Denn ansonsten kommen Sie unheimlich schnell mit diesen ganzen schmutzigen Dingen, mit unökologischen, nicht nachhaltigen Dingen in Kontakt, zum Beispiel dem Lastkraftwagen, der Ihre Produkte dann irgendwohin fährt.

Vielen Dank, Herr Schmidt. - Ich sehe keine weiteren Fragen. Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner, und zwar ist das der Vertreter der AfD, Herr Farle. Sie haben das Wort, Herr Farle.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir stehen in diesem Fall hinter dem Alternativantrag der Regierung.

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff und Minister Marco Tullner: Oh!)

Er ist kurz und knapp und sagt, dass Anlagen den Grundsätzen der Sicherheit, Rendite und Liquidität genügen sollen und dass soziale und ökologische Kriterien möglichst als weitere Anlagekriterien einbezogen werden. Das erscheint mir deshalb sehr vernünftig, weil der Wunsch, den die Linken formuliert haben, ein schöner Wunsch ist, aber einer, der in dieser Art gar nicht funktioniert.