Zweitens. Erst am Wochenende ging eine Schockmeldung durch die Medien: Strom ist in Deutschland so teuer wie noch nie.
Nach Angaben der Bundesnetzagentur müssen im Schnitt mehr als 30 Cent pro Kilowattstunde bezahlt werden. Am Stichtag, dem 1. April - leider kein Aprilscherz -, ermittelte die Bundesnetzagentur einen Durchschnittspreis von 30,85 Cent je Kilowattstunde. Das bedeutet, die deutschen Verbraucher zahlen einen Cent mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres.
Ich will an dieser Stelle daran erinnern, dass uns seit Jahren erzählt wird, durch einen hohen Anteil regenerativer Energien sinken die Strompreise langfristig. Das war auch so, nämlich direkt nach der Liberalisierung der Energiemärkte im Jahr 1998. Dann kam die rot-grüne Bundesregierung seinerzeit auf die Idee, das EEG einzuführen, und seitdem steigen die Preise für Verbraucher und Wirtschaft, seit 2006 um sage und schreibe 50 %. Inzwischen berappen Wirtschaft und Verbraucher 24 Milliarden € Umlagen für Ökostromhersteller jährlich.
Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat vor diesen Entwicklungen stets gewarnt. Deshalb war es richtig, dass die Bundesregierung und Peter Altmaier gehandelt haben. Um den weiteren drastischen Anstieg zu zügeln, hat die CDU-SPDKoalition in Berlin endlich mehr Wettbewerb vorgeschrieben.
Der dritte Punkt: Die Akzeptanz für Windenergie sinkt drastisch. Oft sind die Bürger nicht gefragt worden, ob sie ein Windrad vor ihren Haustüren haben wollen. Stattdessen kamen die Investoren oft aus jenen Teilen Deutschlands, die sich bis heute der Windenergie verweigern. Wenn Sie heute durch das Allgäu oder in den Schwarzwald fahren, werden Sie kaum ein Windrad sehen. Kommen Sie nach Sachsen-Anhalt, ist es genau umgekehrt.
Meine Damen und Herren, wenn Sie diese Aktuelle Debatte wirklich ernst führen wollen, führen Sie sie in Baden-Württemberg. Dort stellen Sie den Ministerpräsidenten, und ich glaube, dieses Bundesland ist eines jener Länder, die den größten Nachholbedarf an Windenergieanlagen haben.
Dann werden Sie die Diskussion hören, dass man womöglich vor lauter Windparks die Landschaft kaum noch erkennt, und das frustriert die Leute hier vor Ort, weil sie sich bevormundet fühlen.
Meine Damen und Herren! Der vierte Punkt, den ich anführen möchte, ist der grundsätzliche Webfehler des EEG. Wäre die Energiewende ein internationaler Exportschlager, bräuchte sich die Windanlagenindustrie nun wahrlich nicht um ihre Zukunft Sorgen zu machen
Stattdessen wird die deutsche Energiewende weltweit als abschreckendes Beispiel angesehen, das kein Land auch nur im Ansatz kopieren will.
Meine Damen und Herren! Die tatsächlichen Probleme kommen noch, wenn wir die Grundlast durch Kohle- und Atomausstieg planmäßig weiter schwächen und uns noch abhängiger von anderen Energiequellen machen. Obwohl wir seit über 20 Jahren an geeigneten Speichermöglichkeiten forschen, ist es bis heute nicht gelungen, auch nur im Ansatz nutzbare großtechnische Lösungen für eine halbwegs effektive Energiespeicherung zu finden.
Wir reden immer sehr viel, die Taten fehlen, und vor allen Dingen, Kollegin Frederking, die Kapazitäten fehlen.
Ich bin kürzlich von einer Reise aus Tschechien und Ungarn wiedergekommen. Dort freut man sich über den deutschen Kohleausstieg und rüstet eben mal die eigenen Kraftwerke kräftig auf. Man freut sich dort bereits auf die guten Geschäfte, um Deutschland künftig mit teurer Energie zu versorgen.
Diese Fehlentwicklung geht bei den CO2-Zertifikaten weiter. Die deutsche Wirtschaft hat Milliarden Euro in die Verringerung der Emissionen investiert. Diese Einsparungen haben dazu geführt, dass die Lenkungswirkung des Zertifikatehandels inzwischen zusammengebrochen ist.
CO2-Zertifikate sind so billig, dass es für unsere ausländischen Nachbarn preiswerter ist, Zertifikate zu erwerben, anstatt durch Investitionen und Nachrüstungen der Kraftwerke Emissionen zu verringern.
Das hat nichts direkt mit der Windenergie zu tun, ist aber eine der weiteren Verwerfungen deutscher Energie- und Klimapolitik.
Dass sich Sachsen-Anhalt im Kontext der bundesweiten Entwicklungen befindet, sollte jedem klar sein. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass sich Deutschland auf eine rezessive Phase zubewegt. Jetzt muss es vor allen Dingen darum gehen, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft zu erhalten.
Meine Damen und Herren! Hohe Energiepreise sind ein denkbar schlechtes Instrument, um unsere Unternehmen auf den globalen Märkten zu unterstützen. Es ist völlig richtig, dass die Windanlagenindustrie vor großen Herausforderungen steht. Ich sage dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir hier in Magdeburg einen wichtigen Arbeitgeber haben. Enercon war so etwas wie ein Glücksfall für die Region, besonders nach dem schwierigen Strukturwandel im Schwermaschinenbau.
Aber es gehört auch zur Wahrheit, dass es keine Branche gibt, die mehr Förderung bekommen hat als die Windanlagenbauer. Da rede ich von Strukturhilfen, Fördermitteln für Investitionen, für Forschung und Entwicklung sowie zuletzt über eine garantierte EEG-Umlage. Es gehört auch zur Wahrheit, dass wohl kaum ein Windrad gebaut wird, wenn es keine Rendite abwirft. Demzufolge hat meine Fraktion immer eine Energiewende mit Augenmaß gefordert. Die Energiewende muss den technologischen Fortschritten folgen und nicht umgekehrt.
Dass man sich um die Arbeitsplätze in der Windanlagenbranche Sorgen macht, ist vollkommen legitim. Die Sorge teile ich. Aber ich gebe auch zu bedenken, dass wir durch die Energiewende Kompetenzen und Arbeitsplätze in Größenordnungen in anderen zentralen Wirtschaftszweigen abgebaut haben und es weiter tun.
Deutschland war einstmals Weltmarktführer im Kraftwerksbau. Inzwischen hat unter anderem Siemens sein Engagement drastisch zurückgefahren. Damit geht ein einzigartiges Know-how verloren. Das gilt, nebenbei bemerkt, auch für die Kernenergie.
Ähnlich erleben wir aktuell auch in anderen Industriezweigen, wie der Automobilindustrie, eine Entwicklung, die uns Sorgen bereiten sollte. Interessanterweise interessieren im öffentlichen Mainstream diese Arbeitsplätze offenbar niemanden. Stattdessen macht man lieber Front gegen eine Technologie, die kaum jemand besser beherrscht als wir Deutschen. Allein vom Verbrennungsmotor
eine Zahl, die durch die Windanlagenbranche niemals aufgefangen werden wird und die uns als CDU zu Recht Sorgen bereitet.
Der Antrag zur heutigen Debatte dreht sich um unser Bundesland Sachsen-Anhalt. Es ist gut und richtig, Sachsen-Anhalts erneuerbare Energien zu fördern und den Wirtschaftsstandort zu erhalten. Die gesamte Branche an sich kann sich nicht beklagen. Sämtliche Landesregierungen hier in Sachsen-Anhalt haben in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten dafür gesorgt, dass Solarindustrie und Windanlagenbauer hierzulande ordentlich Geschäfte machen konnten. Aber wir haben auch immer gesagt, dass wir einen Mix der Energiearten benötigen. Das Beispiel vom Niedergang der Solarindustrie in Sachsen-Anhalt sollte uns darin bestärken, stärker als bisher in die Zukunft zu schauen.
Die Bemühungen der Landesregierung, ein zentraler Standort für die Batterieherstellung zu werden, sind begrüßenswert. Der Minister hat darüber berichtet. Wir brauchen neue Ansätze für die Wasserstofftechnologie, die Brennstoffzelle und für alternative Kraftstoffe.
Meine Damen und Herren! Die Windanlagenindustrie muss sich in den kommenden Jahren noch stärker in die Vernetzung der Energieträger einbringen. Aber wir dürfen die Menschen nicht überfordern, und wir dürfen die Akzeptanz dieser Energieformen nicht noch weiter senken; denn noch ist die Energiewende nicht gescheitert. Noch haben wir es in der Hand, nicht indem wir einzelne Branchen betrachten, sondern indem wir den gesamten Wirtschaftsbereich im Auge behalten. - Herzlichen Dank.
Bevor wir zu den Nachfragen kommen, wollen wir Schülerinnen und Schüler des Dr.-Carl-HermannGymnasiums aus Schönebeck herzlich begrüßen. Herzlich willkommen bei uns!
Herr Thomas, wir hatten die Gelegenheit, uns vom Umweltausschuss aus in Osterburg das Birdscan-Radarsystem anzuschauen. Das ist ein Monitoringsystem. Bevor die Windanlagen gebaut
werden, wird das aufgestellt, und über einen gewissen Zeitraum wird das Flugverhalten von Vögeln beobachtet. Das System kann viel mehr Daten erfassen, als es Ornithologinnen und Ornithologen könnten. Insbesondere kann es die Daten auch nachts erfassen, weil das Radarsystem kein Licht braucht, um arbeiten zu können.
Wenn es dieses umfangreiche Datenmaterial gibt, das den Genehmigungsbehörden für die Beurteilung des Standortes dient, ob eine Genehmigung aus naturschutzfachlichen Gründen erteilt werden kann oder nicht, wird es im Falle der Genehmigung keine Klagen geben, weil man begründen kann, dass dort kein erhöhtes Tötungsrisiko vorliegt.
Meine Frage an Sie ist diese: Sie sprachen in Ihrem Vortrag von Innovationen, die wir dringend brauchen. Ist das so eine Innovation, die Sachsen-Anhalt nach vorne bringt, die Sie sich für die Energiewende wünschen, insbesondere für den Ausbau der Windenergie?
Vielen Dank für die Frage. Das ist sicherlich eine Innovation, und man kann der Sache etwas abgewinnen. Ich wünsche mir vor allen Dingen, dass von dieser Innovation viele neue Windkraftanlagen in Baden-Württemberg und Bayern profitieren, damit auch dort die Akzeptanz von Windkraftanlagen deutlich steigt.
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Kollege Thomas, Sie waren mit Ihren Ausführungen relativ nah an unserem inhaltlichen Standpunkt zu dem Thema. Daher ist meine Frage an Sie: Wie wollen Sie als CDU zukünftig mit den GRÜNEN, die dazu ein völlig konträres Bild haben, eine Koalition führen, die in diesem Punkt, der für unsere Gesellschaft elementar ist, eine Zukunft hat? Wie wollen Sie Ihren Standpunkt in dieser Koalition durchsetzen?