Protokoll der Sitzung vom 26.09.2019

Herr Abg. Rausch, ich habe gesagt, bitte - -

Die wollen ja einen Systemwechsel,

Herr Rausch, bitte - -

das können Sie doch nicht wollen. Wollen Sie den Systemwechsel, Herr Schumann?

Herr Rausch, wenn ich Sie anspreche, dann bitte ich Sie, einmal einen ganz kurzen Moment innezuhalten. Sie haben gesagt, Sie hätten eine ganz kurze Nachfrage. Insofern bitte ich darum, dass diese auch sehr kurz gehalten wird. - Bitte.

(Tobias Rausch, AfD: Entschuldigung!)

Dafür werde ich sehr kurz antworten. - Unser Augenmerk muss auf der Förderung der Wissenschaft und der Technik liegen. Wir müssen die Wissenschaft nach vorn bringen, damit wir dort alternative Antriebstechnologien entwickeln, die das Leben und die Umwelt weniger belasten.

(Zustimmung bei der CDU - Silke Schindler, SPD: Warum?)

- Weniger als die Elektroenergie.

Vielen Dank, Herr Abg. Schumann. Ich sehe keine weiteren Fragen. - Für die Fraktion DIE LINKE - -

(Unruhe)

- Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie können sich nachher gern draußen weiter über dieses Thema austauschen. Aber bitte lassen Sie jetzt die Sprecher der einzelnen Fraktionen ihre Redebeiträge vortragen.

Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Eisenreich.

(Matthias Büttner, AfD: Ach, Auto abschaf- fen! - Zuruf von der AfD: Auto abschaffen, jetzt wissen wir es! Wir kommen zu Fuß! - Heiterkeit bei der AfD - Weitere Zurufe von der AfD)

- Lassen Sie sich jetzt nicht beirren.

Warum auch?

(Eva von Angern, DIE LINKE: Die haben Angst vor dir!)

Sie haben jetzt die Gelegenheit, Ihren Redebeitrag vorzubringen. Bitte, Frau Eisenreich.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der durch den Menschen verursachte Klimawandel schreitet dramatisch voran, auch wenn das viele leugnen. Weltweit sind die Folgen unübersehbar: Dürre, steigender Meeresspiegel, Hochwasser, Gletscherschmelze rauben bereits heute die Lebensgrundlage zahlloser Menschen.

Auch wir in Sachsen-Anhalt erleben das zweite Jahr in Folge Dürre. Die Temperaturen steigen global weiter an - mit katastrophalen Konsequenzen. Genau diese bringen unseren Wohlstand in Gefahr und nichts anderes.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Die Kosten für die Beseitigung der Schäden infolge des Klimawandels haben schon jetzt enorme Dimensionen angenommen. Wir haben überhaupt keine andere Wahl, als endlich die mit dem Pariser Klimaschutzabkommen eingegangene Verpflichtung zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes endlich umzusetzen.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Ja, die Bundesregierung wollte nicht mit leeren Händen zum UN-Klimagipfel fahren. Aber was sie dort letztlich abgeliefert hat, das darf mit Recht als mutlos bezeichnet werden.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Ein Gesamtkonzept mit durchgreifenden Maßnahmen und zugleich einer soliden sozialen Absicherung für die Menschen ist nicht zu erkennen. Mit den vorgelegten Plänen kann das Ziel, den CO2-Austoß bis zum Jahr 2030 um 55 % im Vergleich zu dem Jahr 1990 zu mindern, nicht erreicht werden. Im günstigsten Fall schaffen wir 48 %. Experten gehen jedoch davon aus, dass wir mit den jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen auf etwa die Hälfte dieses Zielwertes kommen.

Die Minderungswirkung vieler Punkte im Programm ist fraglich. Einige Punkte sind sogar klimaschädlich. Dazu wird die Akzeptanz der Menschen weiter schwinden, weil es für verschiedene Bevölkerungsgruppen, insbesondere im unteren Einkommensbereich, zu höheren Belastungen kommt.

Unter anderem soll nun der umstrittene nationale Emissionshandel für den Wärme- und Verkehrsbereich eingeführt werden. Allerdings wird mit

einem Anfangspreis von 10 € je Tonne CO2 und der Steigerung auf 35 € je Tonne CO2 im Jahr 2025 keine Lenkungswirkung erreicht.

Eine dem Bundesumweltministerium vorliegende Studie zu wirtschaftlichen Instrumenten für eine klima- und sozialverträgliche CO2-Bepreisung geht von einem Anfangspreis von 35 € je Tonne CO2 aus, der dann weiter steigen soll. Zugleich - das ist das Wichtige - sollen die Menschen nicht nur durch eine Reduzierung der EEG-Umlage und der Stromsteuer entlastet werden, sondern auch in Form einer Prämie pro Kopf und Jahr, die ebenfalls steigen wird. Dieses Prinzip funktioniert in anderen Ländern - zum Beispiel in der Schweiz; ich habe das im Landtag auch bereits vorgetragen -, aber im Klimaschutzpaket ist davon leider nichts zu finden.

(Beifall bei der LINKEN)

Gleichzeitig fehlt völlig der Ansatz, die Verkehrs- bzw. Mobilitätswende nun endlich in Angriff zu nehmen. Umweltfreundliche und öffentliche Alternativen sind zu stärken. Es muss kräftig in den ÖPNV, insbesondere im ländlichen Raum, investiert werden; er muss bezahlbar bleiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu reichen Modellprojekte in zehn Kommunen zur Einführung eines 365-€-Tickets eben nicht aus. Ein 365-€-Ticket für den Nahverkehr wäre bundesweit ein erster Schritt hin zu einem fahrscheinlosen öffentlichen Nahverkehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Die geplanten Maßnahmen zur Stärkung des Schienengüterverkehrs sind absolut unzurei

chend, zumal die Investitionen im Vergleich zu anderen Ländern wie Österreich viel zu gering waren und sind. Wie sieht es eigentlich mit einer gesamteuropäischen Betrachtung des Ausbaus des Güter- und Personenverkehrs auf der Schiene aus? - Fehlanzeige.

In die Bahn müssen jährlich zusätzlich 9 Milliarden € fließen, um sie fit für die Zukunft zu machen. Der Rad- und Fußverkehr braucht jährlich zusätzlich 1 Milliarde €. Im Gegenzug sind die milliardenschwere Subventionierung für Diesel abzubauen und Flugbenzin endlich zu besteuern.

Mit Kaufprämien für E-Autos werden wieder einmal - das hat mein Kollege schon angesprochen - Automobilkonzerne subventioniert. Damit verkommt die Verkehrswende zu einer reinen Antriebswende.

(Beifall bei der LINKEN)

Politik muss mehr als Kaufanreize setzen!

Ein weiterer Punkt: Die in dem Paket dargestellte Förderung der energetischen Gebäudesanierung

ist völlig unzureichend. Insbesondere eine gezielte Förderung in Gebieten mit einkommensschwachen Mietern, die im Entwurf übrigens noch festgehalten war, fehlt jetzt im Eckpunktepapier. Auch fehlt eine mietrechtliche Absicherung. Denn diese Sanierungen müssen warmmietneutral abgesichert sein, damit es nicht zu einer Verdrängung von Mieterinnen und Mietern kommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Dem Missbrauch der Wärmewende muss ein Riegel vorgeschoben werden. Wir fordern: Klimaschutz ohne Mieterhöhung!

(Lachen bei der CDU und bei der AfD - Tobias Rausch, AfD: Wie soll denn das gehen? Wie sollen denn die Leute dann bauen?)

Modernisierungskosten dürfen nicht mehr wie bislang auf die Mieter umgelegt werden.

(Tobias Rausch, AfD: Dann wird doch alles teuer! Dann wird doch niemals gebaut!)

Dazu müssen die Zuschüsse des Bundes für die energetische Gebäudesanierung drastisch auf 10 Milliarden € pro Jahr angehoben werden. Das heißt, die energetische Gebäudesanierung kann so auch zum Beschäftigungsmotor werden.

(Zuruf von der AfD: So was Beklopptes!)

Der Abschied von Kohle und Atom erfordert zeitgleich Alternativen; das ist altbekannt. Doch die Windkraft liegt am Boden. Die ohnehin zu niedrigen Ausbauziele für Ökostrom werden verfehlt. Im Energiebereich ist es zwar löblich, dass der Ausbaudeckel für Photovoltaik in dem Papier jetzt abgeschafft wird. Damit Wind und Solar aber wieder an Fahrt gewinnen, brauchen wir dabei jeweils einen Zubau von mindestens 5 GW jährlich. Zur Steigerung der Akzeptanz für die Windkraft müssen Kommunen endlich an den Erträgen der Ökostrombetreiber beteiligt werden.