Protokoll der Sitzung vom 25.10.2019

plan kann ja nur verfolgt werden, wenn unter dem Strich ein wirtschaftlich vernünftiges Unternehmen entsteht. Wenn es nicht möglich ist, die Standorte in dieser Aufstellung wirtschaftlich zu betreiben, dann kann man auch keinen Sanierungsplan umsetzen, und dann kann auch kein Landkreis Geld hineinpumpen, weil dann ganz andere Szenarien greifen.

Frau Ministerin.

Herr Heuer, es wäre einfach gut gewesen, wenn Sie mir an dieser Stelle wirklich zugehört hätten. Der Standort Zeitz ist nicht wirtschaftlich instabil, und insbesondere die Geburtsstation und die Gynäkologie sind nicht instabil.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Sie haben hohe Geburtenzahlen, bei denen andere, auch Private, die Geburtsstationen aufrechterhalten. Es schockiert mich schon, dass Sie mit Blick auf einen Standort, der strukturschwach ist, der in einer Kohleregion liegt, sagen wollen, man könne hier nicht davon sprechen, dass man den Standort erhalten könne.

Ich bin auch sicher, dass man eine Sanierungskonzeption abwarten muss. Ich kenne einige Punkte dieser Sanierungskonzeption und habe auch gesagt, dass man die Einsparung von etwas mehr als einer Million woanders generieren kann. Das kann auch in einer Sanierungskonzeption dargestellt werden.

Ich achte das Insolvenzverfahren sehr; ich werde auch diese Sanierungskonzeption achten. Wir werden auch darüber beraten, ob es das ist, was man für den Fortbestand benötigt. Dann ist es doch selbstverständlich, dass der Gläubigerausschuss und die Gläubigerversammlung darüber entscheiden müssen, ob sie dem folgen.

(Zuruf von der SPD: Nein, das geht nicht!)

Wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, dass es kommunal bleibt und das Insolvenzverfahren beendet ist, möchte ich die dann gefundene Struktur unterstützen, damit es auch im Burgenlandklinikum zukunftsfähig weitergeht. Nichts anderes habe ich gesagt.

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Ich habe jetzt in Anbetracht der Zeit zwei Wortmeldungen zugelassen. Die meisten Fraktionen haben das auch genutzt. Nun sehe ich keine weiteren Fragen aus den anderen Fraktionen mehr. - Vielen Dank.

Wir kommen zum nächsten Redner. Das ist der Abg. Herr Krull aus der CDU-Fraktion. Soweit ich weiß, hat er heute sogar eine Schnapszahl; denn er hält die 111. Rede. Bitte.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, vielen Dank für den charmanten Hinweis. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der vergangenen Zeit konnte man in regionalen und überregionalen Medien folgende Schlagzeilen zum Thema Krankenhaus finden: „Bertelsmann-Stiftung: Mehr als die Hälfte aller Krankenhäuser können geschlossen werden“, „Bürokratie lähmt Kliniken im Land“, „Kliniken in Sachsen-Anhalt unter Druck“, „Krankenhäuser in Geldnot“, „Kleinen Kliniken droht der Kollaps“, „Droht auch Basedow-Krankenhaus die Insolvenz?“, „Klinikum Burgenlandkreis beantragt Insolvenz“, „Millionenstreit um die Kredite für die Unikliniken“, „Zehntausend Euro Kopfgeld für Pfleger“ und „Zeitzer kämpfen um ihre Frauenklink“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich führen solche Meldungen bei der Bevölkerung zu entsprechenden Reaktionen, gerade weil die Menschen mit ihren Krankenhäusern häufig emotional tief verbunden sind. Wir erleben das jetzt auch gerade in Zeitz, wo innerhalb kürzester Zeit rund 11 000 Unterschriften zum Erhalt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am dortigen Klinikum zusammenkamen. Dazu kamen Tausende von Demonstranten, die öffentlich ihre Meinung für den Erhalt des Klinikums zeigten, und heute Morgen vor dem Landtag hat vielleicht der eine oder andere auch entsprechende Transparente von Demonstranten gesehen.

Auch wir im Hohen Hause behandelten das Thema der medizinischen Versorgung der Menschen in unserem Bundesland bereits mehrfach, zum Beispiel im Rahmen der Debatte zum Krankenhausgesetz oder bei der Einsetzung der EnqueteKommission, um die Gesundheitsversorgung und Pflege in Sachsen-Anhalt konsequent und nachhaltig abzusichern. Auf die Arbeit dieser EnqueteKommission, insbesondere auf die öffentliche Anhörung am 14. August dieses Jahres mit dem Titel „Zustandsbeschreibung und Bestandsaufnahme der Krankenhauslandschaft in SachsenAnhalt“, werde ich später noch zu sprechen kommen.

In meinen folgenden Ausführungen werde ich zunächst einige grundsätzliche Anmerkungen zur Entwicklung und zum Istzustand der Krankenhausversorgung in unserem Bundesland machen. Dann möchte ich auf die Herausforderungen eingehen, vor denen unsere Krankenhäuser im Land stehen: erstens Wirtschaftlichkeit und Erlössituation, zweitens fehlende Investitionsmittel, drittens

Mangel an ärztlichem und nichtärztlichem medizinischem Personal, viertens bürokratische Hemmnisse.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der friedlichen Revolution, deren 30. Jubiläum wir in diesen Tagen begehen können, gab es auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt mehr als 70 Krankenhäuser mit fast 90 Standorten. Wer sich die Mühe macht, sich daran zu erinnern, wie die damaligen Krankenhäuser aussahen - Stichwort Zehnbettzimmer und Toilette und Dusche für alle auf der Station auf dem Flur -, der wird mir zustimmen, dass wir heute Gott sei Dank von anderen baulichen Voraussetzungen sprechen können.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Im Jahr 1991 gab es mehr als 25 000 Betten mit rund sieben Millionen Belegungstagen bei einer Fallzahl von knapp 450 000. 25 Jahre später gab es 48 Krankenhäuser mit rund 16 000 Betten und rund 4,3 Millionen Belegungstage und gleichzeitig eine Steigerung der Fallzahl auf rund 600 000 - und dies unter Beachtung der seit 1991 deutlich gesunkenen Bevölkerungszahl in unserem Bundesland.

Die stationären Behandlungsfälle pro 100 000 Einwohner liegen in Sachsen-Anhalt bei 27 126. Das ist deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 23 522. Es ist zu vermuten, dass diese Zahl auch aus dem hohen Altersdurchschnitt unserer Bevölkerung resultiert. Interessant ist dabei die Tatsache, dass dieser Wert im Norden unseres Bundeslandes bei 24 737 liegt und im südlichen Sachsen-Anhalt bei über 29 000, eine Differenz von immerhin 18 %. Dies hat übrigens keinen erkennbaren Zusammenhang mit der hausärztlichen Versorgung vor Ort.

Die Auslastung der Kliniken ist von 82 % im Jahr 2000 auf heute 74 % gesunken, die Verweildauer von 15,5 auf 7,1 Tage, übrigens unter dem Bundesdurchschnitt.

Was kostet ein Krankenhausaufenthalt in Sachsen-Anhalt? Dies sind durchschnittlich 4 274 €; das ist der vorletzte Platz im Bundesvergleich; insgesamt sind es im Bundesdurchschnitt 4 695 €.

Die 48 Krankenhäuser in unserem Land gliedern sich in zwei Universitätskliniken, zehn Schwerpunktkrankenhäuser, 16 Fachkrankenhäuser und 20 Basiskrankenhäuser. Bei den Schwerpunktkrankenhäusern haben wir übrigens die gleiche Anzahl wie das praktisch doppelt so bevölkerungsreiche Sachsen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte hier namens meiner Fraktion ganz deutlich machen, dass wir grundsätzlich für den Erhalt

aller Krankenhausstandorte sind. Zweifelsohne notwendig ist aber eine Profilierung der einzelnen Krankenhäuser, eine verbesserte Kooperation zwischen diesen und die Umsetzung der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit bei der medizinischen Versorgung unserer Bevölkerung.

Oberste Priorität hat natürlich das Patientenwohl, das heißt, die Sicherstellung der Behandlungsqualität in den Krankenhäusern unseres Landes. Diese medizinische Versorgung muss einfach sichergestellt sein. Wir bekennen uns ebenfalls ausdrücklich zur Trägervielfalt in der Krankenhauslandschaft mit 18 privaten, 18 freigemeinnützigen und zwölf öffentlichen Krankenhäusern.

Auf die Anhörung der Enquete-Kommission zum Thema bin ich bereits kurz eingegangen. Ich versuche, die mehrstündige Anhörung und Diskussion hier in wenigen Sätzen inhaltlich zusammenzufassen. Wie sieht es jetzt mit der Ergebnissituation bzw. der Wirtschaftlichkeit unserer Krankenhäuser im Land aus?

Auf die Finanzierungswege wurde schon eingegangen. Die Abrechnung erfolgt über sogenannte DRG. Dabei ist festzustellen, dass die Anzahl der offenen Budget- und Entgeltvereinbarungen laut dem Verband der Ersatzkrankenkassen von unter fünf auf inzwischen 41 gestiegen ist. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Krankenhäuser nur geringere Beiträge gegenüber den Kassen abrechnen können, zum Beispiel weil Tarifsteigerungen nicht berücksichtigt werden.

Gleichzeitig stieg die Anzahl der DRG-Begutachtungen durch den MDK und auch die Anzahl der gekürzten DRG-Rechnungen. Im Rahmen der bundesgesetzlichen Regelung werden die Pflegekosten aus den DRG herausgerechnet; das bedeutet, den Kliniken fehlt wirtschaftlicher Spielraum.

Gleichzeitig gibt es die rechtlichen Regelungen zu Pflegepersonaluntergrenzen. Diese traten bzw. treten entsprechend in Kraft. Diesbezüglich wird von den Krankenhäusern kritisiert, dass diese weiteren Regelungen erhebliche bürokratische Aufwendungen auslösen, die nicht gegenfinanziert werden und Fachkräfte binden.

Auch müssen wir feststellen, dass zwischen 10 % und 14 % der Krankenhausbehandlungen von Bürgern aus Sachsen-Anhalt in anderen Bundesländern erfolgen. Auch unter der Berücksichtigung derjenigen, die aus anderen Bundesländern in den Kliniken unseres Landes behandelt werden, bleibt unter dem Strich ein negativer Saldo.

All diese und weitere Faktoren haben dazu geführt, dass Krankenhäuser in unserem Land in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind. Trauriger Höhepunkt ist der Antrag auf Insolvenz

in Eigenverwaltung des Klinikums Burgenlandkreis GmbH. Wir unterstützen alle Bemühungen für den Erhalt des Klinikums und sehen in diesem Sinne das bisherige Wirken der Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker vor Ort als positiven Start.

Es muss aber darum gehen, einen wirtschaftlichen Betrieb ohne Dauersubventionen sicherzustellen. Inzwischen halten sich die Kreditinstitute aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten mit der Gewährung entsprechender Finanzierungsmöglichkeiten zurück. Das stellt die Krankenhäuser vor erhebliche Probleme. Natürlich verstehe ich die Banken, die ihr Kreditausfallrisiko möglichst gering halten wollen, aber die negativen Folgen des Handelns müssen auch angesprochen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kommen wir jetzt zum Thema des Investitionsstaus in den Krankenhäusern in unserem Bundesland. Das entsprechende Gutachten der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt ist sicherlich vielen bekannt. Darin wird ein aufgelaufenes Investitionsdefizit von 1,528 Milliarden € bei den Krankenhäusern in unserem Land beschrieben ohne die Unikliniken; rechnet man diese ein, sind es wahrscheinlich zwischen 2,5 und 3 Milliarden €.

Wer ernsthaft behauptet, dass das Land das aus eigenen Mitteln bewältigen kann, der handelt aus meiner Sicht unehrlich. Bereits mit dem Abschluss des Koalitionsvertrages vereinbarten wir, die Krankenhausfinanzierung in unserem Land zu verbessern. Das haben wir auch mit Haushaltsmitteln untersetzt. Es gehört aber auch zur Wahrheit dazu, dass dies offensichtlich nicht dem tatsächlichen Bedarf entspricht. Uns werden sicherlich im Rahmen der Aufstellung des Doppelhaushaltes entsprechende Debatten erwarten.

In diesem Sinne sind auch die beiden Punkte in unserem Alternativantrag, die Auflegung eines kreditfinanzierten Investitionsprogrammes sowie die Forderung an den Bund zur Neuauflage eines Sonderinvestitionsprogrammes, zu verstehen. Inwieweit eine Verschiebung zwischen Einzelförderung und Pauschalförderung notwendig ist, muss ebenso diskutiert werden wie auch der Umgang mit den Mitteln aus dem Strukturfonds II.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Fachkräftemangel beim ärztlichen wie auch nichtärztlichen medizinischen Personal droht nicht nur, er ist faktisch da. Bereits jetzt wechseln ganze Teams von einer Klinik zur anderen. Es werden teilweise Prämien gezahlt, wenn man als Fachkraft einen neuen Arbeitsplatz annimmt. Auch für entsprechende Vermittlungen gibt es Sonderzah

lungen. Mit solchen Maßnahmen löst man aber jeweils nur die Probleme eines Einzelnen, nicht aber das Gesamtproblem.

Zum einen müssen wir alles unternehmen, damit junge Menschen eine entsprechende Ausbildung beginnen - das Thema der generalisierten Pflegeausbildung haben wir hier bereits mehrfach besprochen -, zum anderen brauchen die Pflegekräfte gute Rahmenbedingungen.

Auf die bürokratischen Hürden und die daraus resultierenden Herausforderungen für die Kliniken bin ich bereits eingegangen. Eine Dokumentation der Behandlung und der Pflege ist wichtig, aber sie darf nicht zu einem Ungleichgewicht bei der Arbeit mit den Patientinnen und den Patienten führen.

Die Vorstellungen meiner Fraktion möchte ich an dieser Stelle kurz zusammenfassen. Wir erwarten, dass mit dem vorzulegenden Krankenhausplan des Landes eine Weiterentwicklung der Krankenhauslandschaft auch im Hinblick auf den Bedarf und die Beachtung der Qualitätskriterien erfolgt. Die Bereitschaft der Krankenhäuser zur Kooperation muss wachsen. Positive Beispiele dafür gibt es. Gegebenenfalls hat das Land an dieser Stelle eine Moderationsrolle zu übernehmen.

Wir wollen grundsätzlich den Erhalt aller Krankenhausstandorte unter der Maßgabe der Profilierung und der Spezialisierung. Das Stichwort der sektorenübergreifenden Versorgung muss mit Leben erfüllt werden und nicht nur ein Schlagwort bleiben. Es ist eine ehrliche Analyse notwendig, wo und in welchem Umfang tatsächlich Investitionsbedarf besteht. Zu dessen Deckung muss auch die Einbeziehung Dritter und insbesondere von Bundesmitteln berücksichtigt werden. Bei alledem gilt das oberste Ziel der Sicherung der Patientenversorgung.

An dieser Stelle vielen Dank an die Beschäftigten in den Krankenhäusern, die mit ihrem Einsatz jeden Tag einen unverzichtbaren Beitrag zu der Gesundheitsversorgung in unserem Land leisten, manchmal unter sehr herausfordernden Bedingungen.

(Zustimmung bei der CDU - Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abg Krull. Es gibt zwei Wortmeldungen, eine von dem fraktionslosen Mitglied, dem Abg. Herrn Poggenburg, und eine von dem Abg. Herrn Knöchel. - Herr Poggenburg.

(André Poggenburg, fraktionslos, schüttelt den Kopf)

- Oder haben Sie sich nicht zu Wort gemeldet?

(André Poggenburg, fraktionslos: Das war zu einem anderen Thema!)

- Dann wollten Sie nur signalisieren, dass ein Demonstrant da war.

(Rüdiger Erben, SPD: Mit kleinen Demos kennt er sich ja aus! - Heiterkeit bei der SPD)