Protokoll der Sitzung vom 25.10.2019

(Rüdiger Erben, SPD: Mit kleinen Demos kennt er sich ja aus! - Heiterkeit bei der SPD)

Dann streiche ich das wieder. Jetzt ist Herr Knöchel an der Reihe.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Vielen Dank, Herr Krull. Viele Dinge in Ihrer Rede waren durchaus nachdenkenswerte Ansätze, an denen wir wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren weiter arbeiten müssen.

Ein Punkt allerdings veranlasst mich zu einer Nachfrage. Sie haben vorhin die Durchschnittskosten erwähnt. Sie haben unter anderem, ich glaube, 4 700 € pro Fall in Sachsen-Anhalt erwähnt und haben gesagt, das sei der zweitschlechteste Wert.

Ist der beste Wert der billigste? Ist die Aussage: Je billiger, desto besser? Oder muss man neben diesen Kosten auch weitere Kriterien, wie die Versorgung, die Personalausstattung, die Tarifbindung und natürlich auch die Heilungschancen von Patienten, Qualitätsmanagement und Ähnliches heranziehen, um sagen zu können, wann ein Wert gut ist?

Ich persönlich bin nämlich nicht der Auffassung, dass immer nur das Billigste das Beste ist. Ich sage immer, es ist der wirtschaftlichste Wert. Der wirtschaftlichste Wert ist, wenn mit den Mitteln das bestmögliche Ziel erreicht werden kann. Aber dazu muss man natürlich über die Mittel nachdenken. Deswegen war ich über diesen Zungenschlag, dass das der zweitschlechteste Wert sei, etwas verwundert.

Herr Abg. Krull.

Sehr geehrter Kollege, vielleicht haben Sie mich an der Stelle falsch verstanden. Ich möchte noch einmal ganz klar sagen: Es geht darum, was ein Krankenhausfall durchschnittlich kostet. Dieser Wert ist in Sachsen-Anhalt der zweitniedrigste unter allen Bundesländern. Er liegt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Das hat verschiedene Gründe. Es klang vorhin schon an: Haustarifverträge. Ich gehe davon aus, dass es durch die neuen Bundesregelungen auch an dieser Stelle eine Entwicklung nach oben geben wird.

Vorhin saßen Vertreterinnen und Vertreter der Mitarbeiter der Uniklinik Halle oben im Besucherbereich. Auch dort - das wissen Sie selbst - gibt es entsprechende Verhandlungen, damit der Haustarifvertrag anders ausgestaltet wird und die Pflegekräfte besser bezahlt werden. Wie in fast allen Bereichen der Sozialpolitik wird es auch in diesem Bereich eine Entwicklung geben, die nach oben geht. Denn es ist der erklärte politische Wille aller Parteien, das Pflegepersonal gerechter zu finanzieren.

Im Umkehrschluss wird es natürlich teurer. Über die Finanzierung dieser Teuerung müssen wir in diesem Haus wahrscheinlich sprechen. Sicherlich werden darüber auch die Kollegen im Deutschen Bundestag sprechen, weil es auch um die Fragestellung geht, wie sich die Kosten für die Pflegekassen und für die Krankenversicherung entwickeln.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abg. Krull. Ich sehe keine weiteren Fragen. - Bevor wir zur nächsten Rednerin kommen, möchte ich darauf hinweisen, dass wir die Debatte mit der Landesregierung zwar nicht wieder aufmachen, es aber sicherlich in Ihrem Interesse ist - deswegen lasse ich das jetzt zu -, wenn die Ministerin Frau Grimm-Benne eine wichtige Information gibt, und zwar die Information, die vorhin ausgeblieben ist. Dank der heutigen Technik kann man solche Dinge schnell klären. - Frau Ministerin, bitte.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Zwar ist der Abg. Herr Hövelmann gerade nicht Saal, aber ich denke, es ist auch für Frau Zoschke wichtig. Das Gesundheitszentrum Bitterfeld-Wolfen hat im Ministerium am 2. September 2019 einen Antrag auf Einzelförderung eines CT-Gerätes in Höhe von ca. 1 Million € gestellt. Die Fachabteilung hat geprüft, ob das eventuell über den Strukturfonds abgebildet werden kann. Das ist abschlägig beschieden worden. Eine Einzelförderung kam nicht in Betracht, weil wir dafür keine Finanzierung im Haushalt vorgesehen haben.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich denke, das war noch ein wichtiger Hinweis. Deswegen habe ich das jetzt zugelassen. - Frau Zoschke, Sie haben jetzt das Recht, für Ihre Fraktion DIE LINKE Ihren Redebeitrag zu halten. Bitte, Sie haben das Wort.

Danke, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Die aktuelle Situation in zwei Krankenhäusern unseres Landes nimmt die antragstellende Fraktion zum Anlass, eine Aktuelle Debatte zu diesem Thema zu führen und einen Antrag auf den Weg zu bringen, mit dem das Thema weiter untersetzt wird. Dies wiederum führt zu weiteren Änderungs- und Alternativanträgen.

In der Einschätzung der derzeitigen Situation der Krankenhauslandschaft, also der Beschreibung des Istzustandes, werden wir hier im Saal sicherlich große Einigkeit erzielen. In der Darstellung von Ursachen und auch in den Lösungsvorschlägen werden wir diese Einigkeit sofort wieder verlieren.

Es geht sowohl um die aktuelle als auch um die zukünftige Krankenhauslandschaft in SachsenAnhalt und es geht um unterschiedliche Akteure und Zuständigkeiten auf verschiedenen Ebenen. Ich will an dieser Stelle sagen: Die aktuelle Situation in den beiden in Rede stehenden Häusern mag sich in den Ursachen ähneln, im direkten Zustand und in den notwendigen Lösungen nicht.

Beachtenswert ist allerdings, dass beide Häuser in kommunaler Trägerschaft sind, die Kommunen also diese kommunale Aufgabe wahrnehmen. Was erleben wir gegenwärtig? - Träger von Krankenhäusern streiten sich mithilfe von Kopfprämien um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese gehen natürlich dorthin, wo sie das meiste Geld erhalten.

Was führt nun dazu, dass ein Krankenhaus in die Schieflage gerät? - Dafür kann es viele Ursachen geben. Es kann am Handeln der Akteure vor Ort liegen, es kann an Fehlplanungen liegen. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass die existierenden Rahmenbedingungen genau diese Folge provoziert haben.

Was sind solche Rahmenbedingungen? - Zum einen gibt es das DRG-System, nach dem Patientinnen und Patienten anhand medizinischer und demografischer Daten für Abrechnungszwecke in Fallgruppen klassifiziert und durch die entsprechend zugeordneten Pauschalen finanziert werden. Dieses System hat die Crux, dass es weder der Kostenerfassung noch der Preisbildung für die tatsächlichen Kosten dient, sondern auf einem konsensbasierten Umlagesystem beruht.

Hinzu kommt, dass dieses System auch diverse Fehlanreize in sich birgt und es den Krankenhausträgern und den Häusern selbst ermöglicht hat, aus dem System finanzielle Mittel für die Anschaffung und die Wiederbeschaffung der technischen Ausstattung zu gewinnen. Dabei wissen wir alle, dass aufgrund der viel zu geringen Investitionsförderung durch das Land Trägern wie Häusern

nicht viele Alternativen blieben. Diese Verfahrensweise ging zulasten der besseren Entlohnung der Pflegekräfte.

Eine weitere Rahmenbedingung ist die Verpflichtung der Länder laut Krankenhausfinanzierungsgesetz, für die Investitionsförderung laut Krankenhausplanung Sorge zu tragen. Dieser Verpflichtung ist nicht nur Sachsen-Anhalt, aber eben auch Sachsen-Anhalt viel zu wenig nachgekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Diesen Spiegel hält uns die Krankenhausgesellschaft schon seit Jahren mit ihren Studien zum Investitionsstau bzw. zur fehlenden Investitionsförderung im Land vor. Und, meine Damen und Herren, der fehlende Betrag wird nicht kleiner, sondern steigt mit jeder Studie, mit jedem Jahr. Wer sich an die Haushaltsberatungen in der Vergangenheit in unserem Bundesland erinnert, der kann auch von diesen Einsparungen beredtes Zeugnis ablegen.

Erschwerend kommt für alle Krankenhäuser hinzu, dass sie mit sinkenden Fallzahlen, mit einer Multimorbidität der älteren und alten Patientinnen und Patienten zu tun haben. Auch die unterschiedliche Zuweisungspraxis der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen trägt nicht gerade zu einer steigenden Entspannung der bestehenden Situation bei.

Der Bundesgesetzgeber hat nun reagiert. Mit der Herauslösung der Pflegekosten aus dem Fallpauschalensystem und der Maßgabe, die dafür eingestellten Mittel tatsächlich den Pflegerinnen und Pflegern direkt zukommen zu lassen, ist er der politischen Forderung nachgekommen, den Pflegeberuf durch eine gute Bezahlung attraktiver zu machen. Gleichzeitig hat er somit den Trägern die Möglichkeit genommen, auf einem einfachen Weg für einen Ausgleich der fehlenden Investitionsförderung der Länder zu sorgen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zugegeben, dies ist eine sehr einfache Beschreibung. Auch die Darstellung der Rahmenbedingungen ist mitnichten vollständig, aber ich bin überzeugt, sie trifft den Kern der aktuellen Problemlage. Nur: Die Problembeschreibung allein reicht nicht aus, wir müssen gemeinsam Lösungen finden.

Da ist zum einen nun die Schlagzahl des Bundesgesetzgebers. Wir können darauf hoffen, dass er vielleicht auch für dieses Problem eine Lösung findet. So verstehen wir auch die Vorschläge der Koalitionsfraktionen für eine mögliche Reaktivierung der Artikel-14-Förderung, die Erhöhung der Sicherstellungszuschläge oder einen verstärkten Einsatz des Krankenhausstrukturfonds.

Zum anderen bestünde die Möglichkeit, hier im Land nach Lösungen zu suchen. In unserer Hand

liegt die Krankenhausplanung, die dem Vernehmen nach - wir haben es gerade gehört - bis zum Jahresende stehen soll.

Diese Planung ist dringend erforderlich, bildet sie doch die Grundlage dafür, dass die medizinische Versorgung in der Fläche garantiert bleibt. Sie muss die notwendigen Voraussetzungen beschreiben, damit die medizinische Versorgung von den Leistungserbringern gestaltet werden kann.

Die Krankenhausplanung muss sichernd beschreiben, wie die Grund- und die Notfallversorgung gestaltet werden, welche Gegebenheiten für eine Spezialisierung notwendig sind und wo diese Spezialisierung angesiedelt wird.

Ein erster wichtiger Schritt ist die aktuelle Krankenhausplanung, die Planungssicherheit schafft und die die Grundlage dafür ist, dass die finanziellen Möglichkeiten, die der Krankenhausstrukturfond für die Gestaltung der Krankenhauslandschaft bietet, genutzt werden können. Darauf wartet die Krankenhauslandschaft.

Eine weitere Möglichkeit, die das Land selbst hat, ist, bereits ab dem Doppelhaushalt 2020/ 2021 der Verpflichtung laut Krankenhausfinanzierungsgesetz nachzukommen, eine auskömmliche und prosperierende Investitionsförderung zu garantieren. Wir schätzen es nach wie vor als Fehler ein, dass die Krankenhausfinanzierung zum Teil im FAG gelandet ist.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Der aufgelaufene Investitionsstau muss behoben und die Gestaltung der medizinischen Versorgung in der Fläche durch die Träger und Häuser ermöglicht werden. Unser Vorschlag ist, die Mittel jeweils hälftig als pauschale Summe und als antragsbezogene Einzelfallförderung zu garantieren.

Das führt mich zum Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. Ich meine den ersten Spiegelstrich. Es muss genau überlegt werden, ob die Pauschalförderung tatsächlich die Problemlage auflöst oder ob eine Kombination aus pauschaler und antragsbezogener Einzelfallförderung nicht die zielführendere Variante wäre.

Im System der medizinischen Versorgung selbst steckt noch eine Menge an Reserven und Lücken, über die wir schon lange reden, für die wir bisher allerdings noch keinen Königsweg gefunden haben. Vereinzelt gibt es aber schon kleine Ansätze und positive Versuche, die eine oder andere Lücke zu erfassen und zu schließen.

Die Überwindung der Sektorengrenze zwischen ambulant und stationär gehört dazu. Das hat auch der Expertenrat in einem seiner letzten Gutachten betont. Lassen sie uns hierzu nach praktischen,

zu verallgemeinernden Ansätzen suchen und diese dann auch stärken.

Ein für uns wesentlicher Schritt verbirgt sich hinter Punkt 4 in unserem Alternativantrag. Der Sicherstellungsauftrag für die stationäre medizinische Versorgung richtet sich an die Landkreise und kreisfreien Städte. Wir haben in dieser Legislaturperiode bereits erlebt, wie hilflos Landkreise und ihre politischen Vertreter sich fühlen, wenn sie zwar den Sicherstellungsauftrag haben, sie aber nicht mehr Träger der Einrichtung sind.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Viele unserer Landkreise sind aber allein aufgrund ihrer finanziellen Verfasstheit, die sie in den meisten Fällen erst dazu gebracht hat, die Privatisierung ihrer Krankenhäuser vorzunehmen, auch jetzt nicht in der Lage, diese Privatisierung rückgängig zu machen.

Mithilfe der Einrichtung eines Sondervermögens wollen wir ihre Ausgangssituation verbessern. Die Prämissen und Kriterien sollten wir gemeinsam diskutieren. Für uns ist die medizinische Versorgung ein Teil der Daseinsvorsorge. Sie muss öffentlich gedacht und gelebt werden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Um die medizinische Versorgung in unserem Land fit für das 21. Jahrhundert zu machen, hat der Landtag eine Enquete-Kommission eingerichtet, die neue und innovative Zukunftslösungen in Form von Handlungsempfehlungen entwickeln wird. Wir sind uns sicher, dass so auch weitere Reserven und Lücken entdeckt und dann geschlossen werden können. Diese Aufgabe liegt noch vor uns.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Alternativantrag und ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Abg. Zoschke. Ich sehe keine Wortmeldungen. - Somit kommen wir zur nächsten Rednerin. Das ist für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abg. Frau Lüddemann. Sie haben jetzt das Wort. Bitte.