Frau Ministerin, was die Abstandsregelung betrifft, sind wir in Sachsen-Anhalt, denke ich, gut dabei, weil wir die Verantwortung in die Regionen gegeben haben
Ich habe eine andere Frage. Die Abstandsregelungen sind bei uns eigentlich nicht das Problem, wenn ich es richtig einschätze. Teilen Sie meine Meinung, dass bei uns bei der Ausweisung von Windvorranggebieten die Artenschutzfragen größere Probleme als die Abstandsregelung aufwerfen?
Ich habe unter dem Punkt 4 in meiner Rede gesagt, dass wir mit Blick auf die Artenschutzregelungen Standards und Qualitätsmaßstäbe festlegen müssen. Das war das, was Armin Willingmann ebenfalls schon mehrfach dargestellt hat. Die meisten Klagen gibt es in diesem Bereich.
(Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert: Falsch! Nur fünf von 26 Klagen sind zum Arten- schutz! - Unruhe)
Frau Ministerin Dalbert, jetzt steht Frau GrimmBenne hier vorn; Sie können jetzt nicht darauf erwidern.
Ich beuge mich da der zuständigen Ministerin. Trotzdem muss man zur Kenntnis nehmen, dass das im gesamten Land zunimmt, ob es nun um den Artenschutz geht oder um die Akzeptanz in der Bevölkerung. Wir bekommen mit, dass sich immer mehr Bürgerinitiativen bilden und Klageverfahren geführt werden, die uns die Genehmigungsverfahren erschweren werden. Das meinte ich mit dem Punkt.
Wir können nicht sagen: Wir tun alles für den Klimaschutz - dafür es gibt eine hohe Akzeptanz -, aber bitte nicht vor meiner Haustür. Das müssen wir ändern.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich sehe keine weiteren Fragen. - Somit steigen wir nun in die Aussprache mit einer Redezeit von zehn Minuten je Fraktion ein. Der erste Debattenredner ist der Abg. Herr Lippmann für die Fraktion DIE LINKE. Sie haben das Wort, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die unternehmerische Entscheidung von Enercon, am Standort Magdeburg, wie zunächst verkündet, 1 500 Stellen zu streichen, ist ein schwerer Schlag für die Beschäftigten und ihre Familien und es ist ein Rückschlag für die Tradition des Maschinenbaues in der Stadt Magdeburg.
Die Art und Weise, wie wir davon erfahren haben und wie jetzt - scheinbar auch ein wenig scheibchenweise - die Zahl der Stellen, die gestrichen werden sollen, nach oben korrigiert wird, zeugt von der marktradikalen Unternehmensphilosophie der Geschäftsführung von Enercon, die weder soziale Verantwortung gegenüber den Beschäftigten noch eine Verantwortung gegenüber der Stadt und dem Land erkennen lässt.
Denn so, wie hier alles zu laufen scheint, ist die Änderung der Geschäftstätigkeit von langer Hand geplant und strategisch vorbereitet worden. Offenbar muss man davon ausgehen, dass von Enercon keine Änderung der Entscheidung mehr zu erwarten ist. Das hat der Geschäftsführer Herr K. bisher in allen Gesprächen mehr als deutlich gemacht.
Alle politischen Entscheidungen müssen deshalb jetzt darauf ausgerichtet werden, den Scherbenhaufen zu beseitigen, den uns Enercon hinterlässt. Wenn das mit Enercon nicht zu machen ist, dann müssen dafür andere Partner gesucht werden.
Über Enercon sprechen wir hier im Plenum längst nicht zum ersten Mal. Wir haben den Konzern für den Einsatz von Leiharbeitern, für die Behinderung von Betriebsräten, für seine Lohnpolitik oder für die massive Auslagerung von Unternehmensteilen in Tochterunternehmen schon wiederholt scharf kritisiert. Wie man jetzt hört, geht es damit munter weiter. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nicht unsere Vorstellung von guter Arbeit, und es entspricht auch nicht unserer Vorstellung von Unternehmen, die von uns massiv gefördert werden sollten.
Wir brauchen andere Maßstäbe für die Ansiedlungs- und Förderpolitik in unserem Land. Sogar Herr Gürth wirft dem Unternehmen jetzt „soziale Raffgier“ vor. Das überrascht etwas,
denn bisher waren bei den Debatten über Enercon durchaus andere Töne aus der CDU zu hören, zum Beispiel wenn Herr Thomas das gewohnte Hohelied auf das freie Unternehmertum anstimmte,
auch und gerade, als es hier im Hause um Enercon ging. In meinem Redemanuskript steht: und vermutlich hören wir das hier auch heute wieder. - Gerade hat er das bestätigt.
Vielleicht tragen solche Erfahrungen wie mit Enercon aber dazu dabei, dass man in der CDU irgendwann einmal die rosarote Brille abnimmt, bevor man uns wieder die Segnungen des freien Marktes anpreist.
Nun geht es uns heute aber nicht darum, dass wir mit unserer Kritik an Enercon recht behalten haben. Wir wollen klären, wie weiterer Schaden zu verhindern ist und wie man aus der Misere herauskommt. Denn klar ist, dass Enercon nicht die alleinige Schuld trägt, wenn es mit der Produktion von Windkraftanlagen in Magdeburg nicht mehr weitergehen sollte.
Hierbei spielen natürlich vor allem die politischen Rahmenbedingungen eine Rolle, die für die Förderung der erneuerbaren Energien allgemein und
der Windenergie im Besonderen gelten. Diese sind inzwischen so schlecht, dass auch ein besserer Arbeitgeber Schwierigkeiten hätte, die Produktion und damit die Arbeitsplätze zu erhalten.
Es ist eine umwelt- und energiepolitisch falsche Weichenstellung, der Windenergie die Luft abzudrehen und sie flügellahm zu machen. Die Rahmenbedingungen für den Bau von Windkraftanlagen müssen deshalb wieder so gestaltet werden, dass die Windenergie auch künftig den Beitrag zur Energiewende leistet, den sie zu leisten imstande ist.
Was wir von CDU-Wirtschaftsminister Altmaier jetzt als Gesetz für die Umsetzung des Kohleausstiegs auf den Tisch bekommen haben, ist letztlich ein Verhinderungsgesetz für die Windenergie.
Denn nach einer eigenen Studie des Wirtschaftsministeriums wird ein pauschal festgelegter Abstand von 1 000 m zum nächsten Wohngebiet den Ausbau von Onshore-Anlagen zum Erliegen bringen. Die zur Verfügung stehenden Flächen würden sich drastisch reduzieren. Auch in SachsenAnhalt würden wir diese Verschärfung deutlich zu spüren bekommen.
Wir sehen in der bundesweit einheitlichen Festlegung pauschaler Abstandsregelungen einen Eingriff in die kommunalen Planungsrechte und die Kompetenzen der Bundesländer.
(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE, und von Doro- thea Frederking, GRÜNE)
Wir fordern die Bundesregierung auf, von diesen Plänen Abstand zu nehmen. Das Ziel, den Ausstieg aus der Kohleverstromung verbindlich zu regeln, würde anderenfalls komplett verfehlt werden. Der Verzicht auf eine Stromerzeugung aus Kohle kann natürlich nur dann gelingen, wenn neben der Reduzierung des Energieverbrauchs auch die Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien weiterhin deutlich gesteigert wird. Dabei spielt neben der Energieerzeugung mithilfe von Sonne, Wasser und Geothermie natürlich auch die Windenergie weiterhin eine zentrale Rolle.
Es entsteht ein wenig der Eindruck, dass die CDU beim Ausbau der erneuerbaren Energien auf die Bremse tritt, um den Ausstieg aus der Kernkraft und der Kohlverstromung bewusst zu erschweren.
Wir fordern die Landesregierung deshalb auf, sich dieser Entwicklung im Bund entgegenzustellen und für Änderungen hinsichtlich des derzeitigen
Kohleausstiegs zu kämpfen. Es ist nötig, sich dafür einzusetzen, dass das Thema Strukturwandel in der Bundesregierung weiter gefasst wird. Es geht um die Kohle, es geht aber auch um die Automotive-Industrie, um die erneuerbaren Energien und speziell um die Windenergie, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Es war und bleibt richtig, dass Sachsen-Anhalt auf die Erzeugung erneuerbarer Energien sowie auf die Produktion der dafür erforderlichen Anlagen gesetzt hat und setzt und dass es dafür innovative Unternehmen im Land fördert. Sachsen-Anhalt zählte zu den Vorreitern beim Ausbau der erneuerbaren Energien.
Nicht nur bei der Windenergie, sondern auch bei der Fotovoltaik waren wir einmal vorn mit dabei. Es war ein Aushängeschild für Sachsen-Anhalt, mit der Entwicklung der erneuerbaren Energien in Verbindung gebracht zu werden.
Es stimmt aber auch, dass wir hier im Land noch längst nicht alle Hausaufgaben erledigt haben. Das Potenzial, das in Sachsen-Anhalt im Hinblick auf die Produktion und die Innovation im Bereich der Energie- und Umwelttechnologie gewachsen ist, muss erhalten und für die künftige Wertschöpfung genutzt werden.
Unser Wirtschaftsminister ist in Vietnam zurzeit auf der Suche nach dringend benötigten Arbeitskräften für unsere Wirtschaft - in der Hoffnung, dass sie anschließend nicht von der AfD vertrieben werden.
Gut wäre, wenn er bei dieser Gelegenheit auch das Interesse an wirtschaftlicher Zusammenarbeit wecken könnte. Auch ein Blick über die Grenze hinweg in die chinesische Nachbarprovinz Guangxi würde sich lohnen. Erst vor wenigen Wochen war auf Vermittlung von Vizepräsident Gallert eine Wirtschaftsdelegation aus Guangxi hier im Lande, um über die Möglichkeiten wirtschaftlicher Kooperationen im Bereich von Umwelttechnologie zu sprechen. Es wäre gut, von der Landesregierung zu hören, wie diese Kontakte weitergeführt werden und welche Möglichkeiten für die wirtschaftliche Entwicklung sich hieraus ergeben können.
Gründe für den extremen Rückgang beim Ausbau der Windenergieanlagen seit dem Jahr 2018 gibt es viele. Bürokratische Hürden und langwierige Genehmigungsverfahren zählen dabei ebenso dazu wie Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung