Protokoll der Sitzung vom 28.02.2020

Das Landesamt für Verbraucherschutz geht in einem Worst-Case-Szenario auf die möglichen Schäden direkt hier in Sachsen-Anhalt ein, und dann wird es richtig gruselig, meine Damen und Herren. Betroffen wären nämlich 1,3 Millionen Schweine bei uns in Sachsen-Anhalt. Allein die geschätzten Entschädigungskosten dafür würden 165 Millionen € betragen. Die Keulung des Landestierbestandes würde weitere 21 Millionen € kosten, die Beseitigung der Tierkörper weitere 28 Millionen €. Zusammen mit dem Entwesen, dem Reinigen, dem Desinfizieren der Ställe

kommt das Landesamt für Verbraucherschutz auf eine Summe von mehr als 222 Millionen €.

Aber es kommt noch schlimmer; denn schon bei einem einzigen Ausbruch bricht auch der Export von Schweinefleisch aus Sachsen-Anhalt zusammen. Selbst innerhalb der EU würde Schweinefleisch aus Sachsen-Anhalt aufgrund von EURecht im Handel restriktiv behandelt werden. Die Wertschöpfung könnte sich um über 50 % reduzieren. Damit entstünde ein weiterer Schaden in Höhe von 135 Millionen € jährlich. Dieser Wertschöpfungsverlust, so Experten, kann über zehn Jahre lang anhalten. Somit summiert sich der Schaden, den ein Ausbruch der ASP in SachsenAnhalt haben könnte, auf mehr als 2 Milliarden € in zehn Jahren.

An die Reaktionen, die manche Landwirte daraufhin begehen könnten, möchte ich auch nicht denken. Aber es gibt dazu Untersuchungen, dass die Selbstmordrate von Landwirten bei Tierseuchenfällen ansteigt. Es ist also existenziell wichtig, alle, wirklich alle Maßnahmen, die zu einem ASP-Ausbruch führen könnten, vorherzusehen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen und diese auch zu kontrollieren.

Der Virus verbreitet sich, wie jeder weiß, auch über den Menschen, vor allem über sein Fehlverhalten. Darum war es erstaunlich, dass in der Auswertung der Befragung der Lkw-Fahrer zu sehen war, dass im Allgemeinen sehr viele Fernfahrer die Hinweisschilder gesehen hätten - von 63 Befragten. Einige haben verstanden, was darauf steht, aber nahezu alle befolgen die Hinweise. Hier gibt es eine kleine Diskrepanz. Viele haben es gesehen, aber fast alle befolgen die Hinweise, die darauf stehen. Nun ja, da zweifele ich diese Umfrage an, weil 63 Fernfahrer auf drei Rastplätzen eine ziemlich kleine Untersuchungsgruppe sind.

Wenn man mit offenen Augen über die Autobahnen unseres Landes fährt, erkennt man die bestehenden Defizite sehr schnell. Aber diese sollten heute nicht mehr unser Thema sein. Wir haben beim letzten Mal schon darüber gesprochen. Das Ministerium MULE wie auch das Verkehrsministerium haben Verbesserung gelobt. Leider, wie gesagt, wie man feststellt, wenn man selber hinschaut, ist es nicht so, wie es versprochen wurde.

Wer von der Autobahn abfährt, kann auf Autohöfen tanken, rasten oder übernachten. Viele Fernfahrer nutzen das Angebot gern und mieten sich dort einen Stellplatz. Die Autohöfe gehören aber nicht zur Infrastruktur der Autobahn, sondern sind sozusagen unter der Kontrolle der Kommunen. Bei unseren Fahrten durch Sachsen-Anhalt stellten wir fest, dass auf vielen dieser Autohöfe keine Maßnahmen zur Biosicherheit ergriffen wor

den sind. So fehlt zum Beispiel an den Autohöfen Bitterfeld, Coswig oder Oppin auf dem Standplatz der Fernfahrer jeglicher Hinweis zur ASP-Prävention. Es gibt keinen Zaun, Müll - auch Wurst - liegt frei zugänglich herum, und Wildschweine wühlen nebenan, da Landwirtschaft gleich nebenan arbeitet.

Ähnlich sieht es auf den Parkplätzen der Bundes-, Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen aus. Wir haben uns schon einmal über die Bundesstraße in der Altmark unterhalten. Auch da ist keine Besserung gesehen worden. Lkw-Fahrer rasten dort immer noch und grillen abends vor sich hin. Gerade mit Wurst aus Polen ist das eine erhöhte Biogefahr, die unsere Landwirte bedroht. Leider.

Hier besteht also dringender Handlungsbedarf. Darum haben wir gefordert, dass eine Überprüfung aller Rastplätze in Sachsen-Anhalt auf ihre Biosicherheit hin zu unternehmen sei. Die Einbindung der Autohöfe in die Biosicherheitsmaßnahmen des Landes soll gegeben werden, und überall, wo es möglich ist, sollen geeignete Müllbehälter aufgestellt werden, gerade in den Gemeinden und Kommunen, an diesen Rastplätzen, die sich der großen Kontrolle entziehen.

Es ist sicherzustellen, dass bei den Schweinen, die in Freiland- und Auslaufhaltung gehalten werden, bei einem Ausbruch genug Stallfläche zur Verfügung steht; denn wir erinnern uns an den Ausbruch der Vogelgrippe, als plötzlich die Freilandgeflügelhalter ihre Tiere einstallen mussten und es große Diskussionen gab, ob überhaupt genug Fläche da ist. Das muss auch im Vorhinein geklärt werden, sodass wir diesen Satz in unserem Antrag mit behandelt haben.

Ich bitte um Zustimmung und freue mich auf die folgende Diskussion. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Es gibt ganz offensichtlich keine Fragen zu der Einbringung. - Jetzt kommen wir zur Dreiminutendebatte. Die beginnt die Landesregierung mit Ministerin Frau Dalbert. Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Afrikanische Schweinepest ist in Polen weiter nach Westen gerückt. Die aktuellen Fälle liegen etwa 12 km von der deutschen Grenze entfernt. Sachsen und Brandenburg haben einen ca. 120 km langen Wildschweinzaun entlang der Grenze zu Polen gezogen. Die EUKommission hat die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen eingefordert. Eine EUMission mit deutscher Beteiligung ist zur Unter

stützung der polnischen Behörden in Polen im Einsatz. Das Friedrich-Löffler-Institut steht in engem Kontakt zum polnischen Referenzlabor in Puławy und hat seine Mithilfe im weiteren Vorgehen angeboten.

Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, ist das größte Risiko nach wie vor der Faktor Mensch. Ziel muss es also weiterhin sein, die Aufmerksamkeit der Zielgruppen zu erhalten, und natürlich müssen Lücken in der Prävention aufgedeckt und geschlossen werden.

Zum ersten hierzu aufgeworfenen Diskussionspunkt, dass umgehend alle Parkplätze auf Bundes-, Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen in Sachsen-Anhalt auf ihre Biosicherheit überprüft werden sollen und die Ergebnisse vorzustellen sind, möchte ich Folgendes ausführen.

Alle für die Biosicherheit erforderlichen Maßnahmen sind durch mich dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr mitgeteilt worden. Wie auch Sie wissen, sind dies die Information der Reisenden über die Afrikanische Schweinepest und vor allem die ordnungsgemäße Abfallentsorgung. Eine zusätzliche Abzäunung wäre wünschenswert. Die aus diesen Vorgaben folgenden Maßnahmen sind durch das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr umzusetzen. Daran habe ich zuletzt mit einem Schreiben vom 16. Januar dieses Jahres erinnert.

Für die Bundes- und Landesstraßen teilt das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr mit, dass dort nur in geringem Umfang Parkplätze vorhanden sind und die Müllbehälter dieser Parkplätze regelmäßig geleert werden. Es ist gleichwohl nicht auszuschließen, dass im Einzelfall die Müllbehälter überfüllt sein könnten. Hiermit ist der dritte angesprochene Punkt, die Frage der Müllentsorgung, bereits beantwortet. Die Kreis- und Gemeindestraßen und die Innerortbereiche obliegen der Selbstverwaltung der Kommunen. Diese stellen aber üblicherweise nicht die besonders kritischen Bereiche dar.

Zum Punkt Autohöfe möchte ich mitteilen, dass bereits in der Sitzung des Ausschusses für Landesentwicklung und Verkehr am 6. Dezember 2018 der Verkehrsminister Herr Webel berichtete, dass auf die Autohöfe durch das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr kein Einfluss genommen werden kann. Es handelt sich bei den Autohöfen um rein privatrechtliche Betriebe. Es kann nur eine einvernehmliche Lösung mit dem Betreiber der Autohöfe erfolgen.

Daher trat ich mit Schreiben vom 29. Januar 2020 an die Vereinigung Deutscher Autohöfe e. V. heran und wies auf das Thema Afrikanische Schweinepest und die Problematik der Abfallentsorgung hin. Dabei wurde auf die vom Bundesministerium

für Ernährung und Landwirtschaft aktualisierten Informationsblätter hingewiesen und um Plakatierung gebeten. Ebenso wurde angeregt, eine Abzäunung einiger Autohöfe zu überdenken.

Zum Punkt 4, zur Sicherstellung ausreichender Stallkapazitäten bei Schweinefreilandhaltung,

möchte ich darauf verweisen, dass der Betrieb einer Freilandhaltung von Schweinen genehmigungspflichtig ist. Die Genehmigung kann versagt oder widerrufen werden, wenn der Betrieb in einem Gebiet liegt, das durch ASP bei Wildschweinen gefährdet ist und die Gefahr auf andere Weise nicht abgewendet werden kann. Anstelle des Widerrufs der Genehmigung kann die zuständige Behörde zusätzliche Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr anordnen.

Die Sicherstellung ausreichender Stallkapazitäten im Fall der Anordnung einer Stallpflicht im Zusammenhang mit dem Ausbruch der ASP liegt in der Eigenverantwortung der Tierhalter. Es gibt sicherlich auch Schweinehalter, die sich eher für eine zeitweilige Aufgabe der Tierhaltung entscheiden würden.

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich abschließend für die Hinweise bedanken, dass in den angesprochenen Punkten Lücken im Blick auf die ASP-Prävention bestehen könnten. Gleichzeitig hoffe ich, Sie davon überzeugt zu haben, dass diese Punkte grundsätzlich im Fokus sind. Zu den einzelnen Beispielen der unsachgemäßen Müllentsorgung auf Parkplätzen bitte ich Sie wie jeden Bürger und jede Bürgerin in Sachsen-Anhalt auch: Nehmen Sie Kontakt mit dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr oder den kommunalen Ordnungsbehörden auf. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Bevor wir in die Fragerunde eintreten, begrüßen wir erst einmal ganz herzlich Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Landsberg auf unserer Besuchertribüne. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im ganzen Hause)

Jetzt bringen wir noch ein demokratisches Verfahren in Gang, die Dreiminutendebatte. - Eine Frage: Haben Sie sich in der AfD-Fraktion geeinigt? - Okay. Herr Roi, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Ich will zunächst fragen: Sie haben gesagt - jetzt hört der Verkehrsminister zu, das ist gut; vielleicht kann er auch etwas dazu sagen, es ist, glaube ich, erlaubt -, der Verkehrsminister sagt, wir haben keinen Einfluss auf die privatwirtschaftlich organisierten Autohöfe. Daher will ich

jetzt ausdrücklich nachfragen; denn es nützt uns nichts, wenn Sachsen und Brandenburg Zäune ziehen oder Dänemark einen Zaun zieht, und wir lassen unsere privatwirtschaftlich organisierten Autohöfe sozusagen frei zugänglich.

Sie haben die Position, die ich gerade nannte, vorgetragen. Das heißt, Sie sind wirklich der Meinung, es gibt keine Möglichkeit, über eine Verordnung oder notfalls über ein Gesetz dafür zu sorgen, dass diese Lücke geschlossen wird und an den Autohöfen ein Zaun errichtet werden muss - im Übrigen: durch wen auch immer. Wichtig ist, dass der Zaun dorthin kommt. Dem Wildschwein ist es egal, wer den Zaun hinstellt. Aber es kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass Sie sagen, wir haben keinen Einfluss auf die.

Sie haben das Wort.

Ich habe die Meinung des Verkehrsministeriums vorgetragen. Ich hatte dem Verkehrsministerium geschrieben, weil wir auch im Ausschuss über dieses Problem gesprochen haben. Das Verkehrsministerium hat mir diese Meinung vorgetragen. Daraufhin - das habe ich eben auch gesagt - habe ich im Januar selber dem Verband der Autohöfe geschrieben und sie gebeten, hier tätig zu werden.

Noch eine Nachfrage, Herr Roi? - Dann bitte kurz.

Okay. Sie sagen jetzt, das ist die Meinung des einen Ministeriums. Sie reden hier als Vertreterin der Landesregierung. So steht es zumindest in der Rednerreihenfolge. Jetzt versuchen Sie, zu flüchten, und sagen, ja, das sagt der eine Minister. Jetzt frage ich Sie: Was sagen Sie denn? Sehen Sie denn eine Möglichkeit? Vielleicht können Sie jetzt die Chance nutzen, dem Verkehrsminister oder dem Plenum diese Möglichkeit offen zu sagen. Sehen Sie eine Möglichkeit, über eine Verordnung oder eine Gesetzesänderung dafür zu sorgen, dass dort Zäune hinkommen?

Verkehr ist nicht mein Bereich. Aber ich würde auch vermuten, dass es nicht der Weg über ein Gesetz oder eine Verordnung ist, weil der Autohof ein privates Unternehmen ist. Aber ich würde mir wünschen, dass ich bei meinen Aktivitäten

wie dem Schreiben an den Verband Unterstützung von verschiedenen Seiten bekäme, sodass wir gemeinsam die Autohöfe bewegen können, besser bei der Prävention der ASP tätig zu werden.

Gut. Damit sind wir am Ende des Redebeitrags der Landesregierung angelangt und kommen jetzt zur Debatte der Fraktionen. Für die SPD-Fraktion spricht der Abg. Herr Barth. Sie haben das Wort.

Danke schön, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden heute nicht zum ersten Mal über dieses Thema. Wir haben uns in den Ausschüssen schon des Öfteren damit befasst. Wir können alle nur hoffen, dass uns die Schweinepest nicht erreicht. Aber so, wie es zurzeit aussieht, rückt sie immer näher an die deutschen Grenzen heran, und irgendwann werden wir damit doch konfrontiert. Daher ist es als Ziel geboten, dass man bestmöglich darauf vorbereitet ist, um die Auswirkungen dieser Seuche möglichst klein und gering zu halten.

Ich denke einmal, in den vergangenen Monaten wurden auch in vielen Landkreisen Vorkehrungen getroffen, um dann auch dort reagieren zu können. Ich denke nur an die Übungen, die gemeinsam mit dem Land gefahren worden sind, um die Wildschweine, die aufgefunden werden, vernünftig zu entsorgen.

Ich denke, auf die einzelnen Punkte in dem Antrag muss ich jetzt nicht eingehen, weil die Frau Ministerin ja schon alle Punkte hier ausreichend bewertet hat.

Was für mich noch wichtig wäre zu sagen, ist, dass wir uns über die Problematik der Autohöfe doch noch einmal näher unterhalten müssten. Denn ich denke, es ist doch im Interesse der Autohöfe selbst. Frau Ministerin hat es dargestellt und auch aus dem Schreiben des Ministeriums geht hervor, dass es eine privatrechtliche Angelegenheit ist. Da kann man nicht so ohne Weiteres eingreifen. Aber manchmal hilft ja auch ein klärendes Gespräch.

Ich würde vorschlagen, dass wir vielleicht auch im Ausschuss den Kontakt suchen, sozusagen als eine Möglichkeit, Einfluss auszuüben. Ansonsten, denke ich einmal, haben wir wenig Handhabe.

Aber es ist natürlich, sage ich einmal, nicht gut, wenn das Kind erst in den Brunnen gefallen ist und man hinterher etwas macht. Besser wäre es, wenn wir vorher etwas machen. Leider ist es auch so, dass Appelle allein manchmal nicht ausreichen, Dinge zu verhindern.

Vor dem Hintergrund würde ich es begrüßen, wenn wir wirklich mit den Trägern oder den Eigentümern dieser Autohöfe ins Gespräch kommen, um noch einmal auf die Dringlichkeit hinzuweisen.

Ja, meine Damen und Herren, alles andere ist, denke ich einmal, so weit gesagt worden. Wir würden den Antrag zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr überweisen und uns dort noch einmal darüber verständigen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD)