Protokoll der Sitzung vom 23.02.2000

Zu Frage 4: Die Einrichtungen des Kernnetzes Umweltbildung erhalten keine Zuschüsse aus dem Förderprogramm für Agenda-21-Prozesse. Die abschließende Entscheidung, wie die Förderung der Tätigkeit als regionale Transferstelle zur lokalen Agenda 21 erfolgt, steht noch aus. Sie ist unter anderem auch von der Frage der Bereitstellung von Mitteln des Europäischen Sozialfonds im Rahmen der neuen Strukturförderperiode 2000 bis 2006 für den Bereich Bildung für Nachhaltigkeit abhängig, die zurzeit noch nicht abschließend beantwortet werden kann.

Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall, dann stelle ich die Beantwortung fest. Wir kommen zur nächsten Frage in der Drucksache 3/297. Herr Abgeordneter Wunderlich.

Auswirkungen des Vollzugs der Fauna-Flora-Habitat(FFH)-Richtlinie auf Projekte kommunaler Planungsträger und der Raumordnung

§ 19 c Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) ordnet für alle Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung eine Prüfung an, die feststellen soll, ob ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen in Einklang zu bringen ist und ob erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigungen von Bestandteilen eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgeschlossen werden können. Ist das Ergebnis der Prüfung negativ, so ist das Projekt gemäß § 19 c Abs. 2 BNatSchG unzulässig.

Für Raumordnungspläne ergibt sich die Pflicht zur Verträglichkeitsprüfung aus § 7 Abs. 7 Satz 3 Halbsatz 2 des Raumordnungsgesetzes, für Bauleitpläne und Satzungen nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Baugesetzbuchs (BauGB) aus § 1 a Abs. 2 Nr. 4 Halbsatz 2 BauGB.

Flächennutzungspläne, die FFH-Gebiete berühren oder verplanen, bedürfen ab 1992 (Erlass der Richtlinie 92/43/EWG) der Fortschreibung.

Bebauungspläne, die sich vor In-Kraft-Treten der FFHRichtlinie im Verfahren befunden haben, bleiben bestehen. Die Überplanung von FFH-Gebieten und angrenzenden Flächen zum Zwecke der Bebauung bedarf künftig der Verträglichkeitsprüfung und ist nicht möglich, sofern dadurch eine ökologische Verschlechterung der Situation eintritt. Die Belange der FFH-Richtlinie sind grundsätzlich keiner Abwägung durch ein kommunales Parlament zugänglich. Sollte ein überwiegendes öffentliches Interesse gemäß § 19 c Abs. 3 BNatSchG vorliegen, sollte auch die Möglichkeit eingeräumt werden, im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung darüber mitzubestimmen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Geltung hat § 1 BauGB in Bezug auf die Abwägungspflicht in FFH-Gebieten?

2. Sind nach 1992 aufgestellte Bauleitpläne fortzuschreiben, die sich auf gemeldete FFH-Gebiete beziehen?

3. Inwieweit sind Planungsvorhaben in der Nachbarschaft von gemeldeten FFH-Gebieten einer Fortschreibung zu unterziehen, sofern sie diese Gebiete künftig ökologisch erheblich und nachhaltig beeinträchtigen können?

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Dr. Sklenar.

Werte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Wunderlich beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Bedeutung der FFH-Richtlinie für die Bauleitplanung ergibt sich aus § 1 a Abs. 2 Nr. 4 Baugesetzbuch. Danach sind die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Gebiete in der Abwägung zu berücksichtigen. Eine Bauleitplanung, die im Falle ihrer Realisierung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Gebiete führen kann, ist danach dann unzulässig, wenn nicht die in § 19 c BNatSchG genannten Ausnahmen greifen. Die Entscheidung in dieser Rechtsfrage trifft die verfahrensführende Behörde, im Bauleitplanungsverfahren also die Gemeinde in unmittelbarer Zuständigkeit. § 1 a Abs. 2 Nr. 4 Baugesetzbuch ist als Mahnung zu verstehen, auch durch die Bauleitplanung zur Erhaltung und Verbesserung des Netzes "Natura 2000" beizutragen. Dies kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass ohnehin erforderliche Kompensationsmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft so gewählt werden, dass sie die Funktionsfähigkeit des FFH-Gebiets, z.B. durch Schaffung von Pufferzonen, verbessern. Im Einführungserlass des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt zur Umsetzung der FFH-Richtlinie vom 04.01.2000 haben wir Näheres dazu ausgeführt und geregelt.

Die Fragen 2 und 3 darf ich gemeinsam beantworten. Die Pflicht zur Beachtung der FFH-Richtlinie besteht erst seit dem 04.06.1994, also seit dem Zeitpunkt, zu dem die Richtlinie hätte umgesetzt werden müssen. Es ist nicht zu erwarten, dass es in den gemeldeten FFH-Gebieten zum Konflikt mit bestehenden Bebauungsplänen kommen wird. Solche Konflikte können aufgrund der Verknüpfung der Gebietsauswahl mit dem Verfahren zur Aufstellung der Regionalen Raumordnungspläne weitestgehend ausgeschlossen werden, da in der weit überwiegenden Zahl der Fälle nur Vorranggebiete für Natur und Landschaft, also Gebiete außerhalb der kommunalen Entwicklungsbereiche, als FFH-Gebiete gemeldet wurden. Eine Fortschreibung bzw. Änderungspflicht in diesem Zusammenhang besteht nicht für Bebauungspläne, für die am Stichtag 04.06.1994 bereits das Verfahren eingeleitet war. Für Flächennutzungspläne gibt es diesen Bestandsschutz nicht, es ist aber zu berücksichtigen, dass es zum genannten Stichtag kaum wirksame Flächennutzungspläne gab. Zum Stichtag 04.06.1994 abgeschlossene sonstige Planungen haben Bestandsschutz, soweit sie über die Behördenverbindlichkeit hinaus Rechte für Dritte begründen, deren Entzug den Tatbestand einer Enteignung oder einer entschädigungspflichtigen Inhaltsbestimmung des Eigentums darstellen würde.

Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall, damit ist diese Frage beantwortet. Wir kommen zur nächsten Anfrage in der Drucksache 3/298, noch einmal der Abgeordnete Wunderlich.

"Natura 2000" und die Auswirkungen auf die Forstwirtschaft Thüringens

Im Privatwald entspricht voraussichtlich die ordnungsgemäße Forstwirtschaft auf der Grundlage des geltenden Forstrechts (Thüringer Waldgesetz) den erhöhten Anforderungen an die Waldbewirtschaftung in Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebieten. An die Bewirtschaftung des Staatsund Körperschaftswaldes werden erhöhte Anforderungen gestellt (§ 19 a Abs. 2 Nr. 8 b des Bundesnaturschutz- gesetzes [BNatSchG]), da man davon ausgeht, dass die Eingriffe auf einer behördlichen Entscheidung beruhen bzw. von einer Behörde durchgeführt werden. Insofern kann damit gerechnet werden, dass Eingriffe, die die ökologische Situation erheblich beeinträchtigen können, der Verträglichkeitsprüfung bedürfen. Es genügt nicht der Nachweis, dass diese Maßnahmen den Rahmen der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft nicht sprengen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Inwieweit ist in FFH-Gebieten die Intensität der Waldbewirtschaftung durch Einschränkungen betroffen?

2. Wird z.B. der Einschlag von Laubstarkholz durch das so genannte Verschlechterungsverbot nur nach einer Verträglichkeitsprüfung möglich sein?

3. Inwieweit ist der Staats- und Gemeindewald von Waldbewirtschaftungsbeschränkungen betroffen, die durch erhöhte Auflagen verursacht werden, die über die ordnungsgemäße Forstwirtschaft hinausgehen (§ 19 a Abs. 2 Nr. 8 b BNatSchG)?

4. Ist die Forsteinrichtungsplanung in FFH-Gebieten einer Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen?

Für die Landesregierung Herr Minister Dr. Sklenar.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Wunderlich beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Landesregierung geht davon aus, dass durch die Erklärung eines Waldgebietes zum FFH-Gebiet bei Beibehaltung der bisherigen Waldbewirtschaftung grundsätzlich keine Einschränkungen zu erwarten sind. Auch werden in aller Regel, wenn nicht die schutzwürdigen FFH-Lebensräume und -Arten beeinträchtigt werden, Wegeneubau und Wegeausbau ohne besondere Restriktion möglich sein.

Zu Frage 2: Die anzeige- und genehmigungsfreie Holznutzung stellt kein Projekt im Sinne der FFH-Richtlinie und des Bundesnaturschutzgesetzes dar; eine Verträglichkeitsprüfung ist daher nicht erforderlich.

Zu Frage 3: Weder aufgrund der FFH-Richtlinie noch aufgrund der Meldung von FFH-Gebieten entstehen derartige Auflagen. Bezüglich des § 19 a Abs. 2 Nr. 8 b des Bundesnaturschutzgesetzes ist außerdem zu beachten, dass diese Vorschrift auf das hoheitliche und nicht auf das fiskalische Handeln einer Kommune oder des Freistaats zielt.

Zu Frage 4: Die Forsteinrichtungsplanung wird grundsätzlich nicht einer Verträglichkeitsprüfung unterzogen. Durch sie wird die an den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes ausgerichtete Bewirtschaftung festgeschrieben.

Soweit die Antwort. Nachfragen erkenne ich nicht, damit stelle ich die Beantwortung fest. Wir kommen zur nächsten Anfrage - Drucksache 3/299 -, Herr Abgeordneter Illing.

"Natura 2000" und die Folgen für die Landwirtschaft Thüringens

Die durch die Vogelschutzrichtlinie und die FFH-Richtlinie für Grundeigentümer und Nutzer von landwirtschaftlichen Flächen zu erwartenden Auswirkungen sind heute weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene abzusehen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Kann davon ausgegangen werden, dass eventuelle Bewirtschaftungsbeschränkungen durch die Ausweisung von FFH-Gebieten durch öffentliche Förderungsmöglichkeiten ausgeglichen werden können?

2. Welche Möglichkeiten sieht man im Rahmen des Vertragsnaturschutzes?

3. Sind Auswirkungen auf Investitionen im Bereich der Tierproduktion zu erwarten?

Herr Minister Dr. Sklenar.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Illing beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Mit der Ausweisung von FFH-Gebieten entstehen grundsätzlich keine Bewirtschaftungsbeschränkungen, da die ordnungsgemäße Landbewirtschaftung nicht eingeschränkt wird und kein Projekt darstellt, das auf Verträglichkeit geprüft werden muss. Allerdings besteht die Verpflichtung, dass sich der Gebietszustand nicht verschlechtern darf. Dadurch können Landwirte gegebenenfalls in ihren Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Zum Ausgleich für diese Einschränkung ist in Thüringen die Etablierung des Förderprogramms "Ausgleichszahlungen in Gebieten mit umweltspezifischen Einschränkungen" vorgesehen, das zurzeit der EU-Kommission zur Genehmigung vorliegt. Thüringen ist bisher das einzige Land, das sich um einen solchen gerechtfertigten Ausgleich für potentielle Verluste infolge entgangener Gewinne wegen nicht möglicher betriebswirtschaftlicher Optimierung bemüht.

Zu Frage 2: Thüringen unterstützt die umweltgerechte Bewirtschaftung und Pflege landwirtschaftlicher Flächen durch die Förderprogramme "Naturschutz" und "Landschaftspflege", durch den so genannten Vertragsnaturschutz und durch das KULAP-Programm, die zusammen mit über 70 Mio. DM pro Jahr dotiert sind. Diese Fördermittel werden auch für Acker- und Grünlandflächen in FFH-Gebieten und in europäischen Vogelschutzgebieten zur Verfügung gestellt. Man kann davon ausgehen, dass ein großer Teil der Grünlandflächen in gemeldeten FFH-Gebieten derzeit bereits gefördert wird.

Zu Frage 3: Investitionsvorhaben der Tierproduktion in FFH-Gebieten und in deren Umfeld können eine Verträglichkeitsprüfung erfordern, wenn sie als so genannte Projekte, also im Sinne von § 19 a Abs. 2 Nr. 8 des Bundesnaturschutzgesetzes, anzusehen sind und eine erhebliche Beeinträchtigung des Gebietes nicht ausgeschlossen werden kann. Durch diese Verträglichkeitsprüfung, die durch Einführungserlass des Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt genau normiert wurden, um Untersuchungswildwuchs zu vermeiden, wird festgestellt, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Vorhaben verträglich und damit zulässig ist. Insofern sind bei der Errichtung und Veränderung von Tierproduktionsanlagen in und im Umfeld von FFH-Gebieten Einschränkungen denkbar.

Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall, damit ist auch diese Anfrage erledigt. Wir kommen jetzt zur Anfrage in Drucksache 3/300. Der Abgeordnete Krauße hat das Wort.

"Natura 2000"

Im Rahmen von "Natura 2000" hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaft zwei Richtlinien erlassen, deren Umsetzung zurzeit in den Mitgliedsstaaten, somit auch in Deutschland und in Thüringen, zu erheblichen Diskussionen führt. Es handelt sich um die Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG vom 2. April 1979) zum Schutz und zur Erhaltung wild lebender Vögel und ihrer Lebensräume sowie um die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie 92/43/EWG vom 21. Mai 1992).

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Flächen sind aufgrund dieser Richtlinien bisher gemeldet und werden noch gemeldet (in Hektar, Pro- zent der Landesfläche)?

2. In welchem Umfang sind private und kommunale Flächen betroffen?

3. Nach welchen Kriterien erfolgte die Ausweisung dieser Flächen, vor allem in Absprache mit den betroffenen Eigentümern und Nutzern?

4. Sind der Landesregierung so genannte Schattenlisten der anerkannten Umweltverbände Thüringens eventuell nach Flächenumfang bekannt, auf die die EU-Kommission zurückgreifen kann, wenn die Nationalstaaten nur unzureichende Flächen melden?

Für die Landesregierung anwortet Herr Minister Dr. Sklenar.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Krauße beantworte ich für die Landesregierung wie folgt: