Gibt es Nachfragen? Vielen Dank. Wir kommen zur Mündlichen Anfrage in Drucksache 3/3985. Bitte, Herr Abgeordneter Kretschmer.
Angebliche Mitverantwortung Thüringens bei Entscheidungen der ehemaligen Bundesanstalt für Arbeit (BA)
In der Ausgabe des "Landtagskuriers" 04/2003, Seite 13, wirft der Abgeordnete Dr. Alfred Müller (SPD) der Landesregierung Doppelzüngigkeit in Bezug auf das Handeln im Verwaltungsrat der ehemaligen Bundesanstalt für Arbeit vor, in dem Thüringen dem Etat der Bundesanstalt für Öffentlichkeitsarbeit und allen anderen Kürzungen und Ungereimtheiten zugestimmt habe. Damit liege nach der Ansicht des Abgeordneten Dr. Müller eine Mitverantwortung Thüringens am derzeitigen Erscheinungsbild der Bundesagentur für Arbeit vor.
1. Welche Funktionen und Aufgaben hat der Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit, jetzt Bundesagentur?
3. Inwieweit war der Freistaat konkret an den Abstimmungen und der Verabschiedung des Etats 2003 und 2004 der Bundesanstalt beteiligt?
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herrn, ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kretschmer für die Thüringer Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Beim Verwaltungsrat handelt es sich um das gesetzliche Überwachungs- und Legislativorgan der Bundesagentur mit Funktion ähnlich einem Aufsichtsrat. Hauptaufgabe des Verwaltungsrats ist es, den Vorstand und die Verwaltung der BA zu überwachen. Die einzelnen Aufgaben und Kompetenzen des Verwaltungsrats werden
durch Hartz III neu gefasst und sind in § 373 SGB III geregelt. Die Wahrnehmung der Aufgaben des Verwaltungsrats hat im Interesse der Mitglieder der Arbeitslosenversicherung primär unter wirtschaftlichen und geschäftspolitischen Gesichtspunkten zu geschehen.
Zu Frage 2: Die Mitgliedschaft im Verwaltungsrat ist eine persönliche Mitgliedschaft der auf Vorschlag der Arbeitgeberverbände, der Gewerkschaften, des Bundesrats, der Bundesregierung und der kommunalen Spitzenverbände berufenen Persönlichkeiten mit besonderer Sachkompetenz. Der Bundesrat ist lediglich für drei Mitglieder vorschlagsberechtigt, die dann alle 16 Länder im Verwaltungsrat repräsentieren. Die Berufung erfolgt durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit. Die Mitgliedschaftsrechte erstrecken sich daher nicht auf ein Land bzw. die betreffende Regierung. Insoweit hat die Landesregierung keinen unmittelbaren Einfluss und auch Gestaltungsmöglichkeiten. Die persönlich berufenen Mitglieder und Stellvertreter aus den Ländern, die nicht zwangsläufig Mitglieder der Landesregierung sein müssen, nehmen die bereits zu Frage 1 beschriebenen Aufgaben wahr. Aus Thüringen wurde für die derzeitige Amtsperiode des Verwaltungsrats, die gemäß den neuen Regelungen in § 434 j SGB III am 30. Juni 2004 endet, ein stellvertretendes Mitglied berufen. Die zugehörige Mitgliedschaft wird von einem Staatssekretär a.D. aus Sachsen ausgeübt; stellvertretende Mitglieder wirken nur im Vertretungsfall an Initiativen bzw. Abstimmungen mit. Die Sitzungen des Verwaltungsrats sind nach der Geschäftsordnung nicht öffentlich. Die Geschäftsordnung legt zudem fest, dass beim Umgang mit Informationen aus den Beratungen grundsätzlich Verschwiegenheit zu wahren ist.
Zu Frage 3: Über den Haushalt der BA für 2003 wurde vom Verwaltungsrat am 14. November 2002 und über den Haushalt der BA für 2004 am 14. November 2003 abgestimmt. An beiden Sitzungen hat das Mitglied aus Sachsen, Herr Staatssekretär a.D. Prof. Wolfgang Zeller, teilgenommen. Es war daher kein Vertretungsfall gegeben, so dass das stellvertretende Mitglied aus Thüringen, Herr Staatssekretär Roland Richwien, an keiner - ich betone es noch mal, an keiner - der beiden Sitzungen teilgenommen und daher an den Abstimmungen auch nicht mitgewirkt hat.
Herr Minister, nach Kenntnisnahme Ihrer Antworten frage ich Sie: Wie bewerten Sie die offensichtliche Falschdarstellung des Abgeordneten Müller im "Landtagskurier"?
Zu dieser Nachfrage erhebe ich Einspruch. Sie wissen, dass es nicht möglich ist, dass die Landesregierung solche Bewertungen abgibt. Darüber haben wir hier schon öfter diskutiert, auch zu anderen Gelegenheiten. Die Frage, die Sie gestellt hatten, ist im Übrigen schon ursprünglich abgelehnt worden, auch von der Präsidentin, und deswegen können Sie sie nicht einfach hier noch mal nachstellen. Aber Sie haben natürlich zwei weitere Fragen, wenn Sie wollen. Bitte, Herr Abgeordneter Müller, Sie haben eine weitere Nachfrage.
Herr Minister, wie bewerten Sie folgenden Sachverhalt: 2003 hatte Thüringen einen Anteil von 23,9 Prozent für den zweiten Arbeitsmarkt am Eingliederungstitel, Sachsen 27,8, Berlin 28,3, Brandenburg 29,4, SachsenAnhalt 29,5 und Mecklenburg-Vorpommern 32,1 Prozent. Hatten darauf die jeweiligen Landesregierungen tatsächlich keinen Einfluss?
Wenn wir diese vorherige Frage von Herrn Kretschmer noch mal intern klären wollen, dann bin ich gern dazu bereit, aber diese Frage ist zugelassen. Herr Minister, Sie dürfen antworten.
Frau Präsidentin, Herr Müller, das ist so, wir hatten darauf keinen Einfluss, den Eingliederungstitel legen wir nicht fest.
Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Vielen Dank, Herr Minister. Wir kommen zur nächsten Mündlichen Anfrage in Drucksache 3/3988. Bitte, Frau Abgeordnete Sedlacik. Ich sehe, Herr Abgeordneter Ramelow, Sie werden diese Frage stellen. Bitte schön.
Abschluss der Verwaltungsvereinbarung gemäß Artikel 104 a Grundgesetz zwischen Bund und Ländern für die Städtebauförderung 2004
Zur Bereitstellung der Städtebaufördermittel im Jahr 2004 ist der Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung gemäß Artikel 104 a Grundgesetz zwischen dem Bund und den Ländern eine der Voraussetzungen.
In den vergangenen Jahren wurde diese Verwaltungsvereinbarung erst im laufenden Haushaltsjahr abgeschlossen. Dadurch kam es zur verspäteten Bereitstellung und Auszahlung von Städtebaufördermitteln.
1. Wann und unter welchen Voraussetzungen ist mit dem Abschluss der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern für die Städtebauförderung 2004 zu rechnen?
2. Wann wurde die Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern für die Städtebauförderung 2003 abgeschlossen und welche Auswirkungen hatte dies auf die Bereitstellung und Auszahlung der Städtebaufördermittel an die Zuwendungsempfänger?
3. Welche Gründe sprechen dagegen, dass das Land seine Eigenanteile für die Bund-Länder-Programme der Städtebauförderung unabhängig vom Abschluss der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern auszahlt, um so den Fördermittelempfängern frühzeitiger Finanzmittel, wenn auch nur anteilig, bereitzustellen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: Vorausssetzung für den Abschluss der Verwaltungsvereinbarung ist das In-Kraft-Treten des Bundeshaushaltsgesetzes 2004. Dieses wurde durch den Deutschen Bundestag am 13.02.2004 beschlossen und tritt nach seiner Ausfertigung mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Wann nach In-Kraft-Treten des Bundeshaushaltsgesetzes seitens der Bundesregierung mit der Vorlage eines Entwurfs der Verwaltungsvereinbarung zu rechnen ist, kann seitens der Landesregierung nicht beurteilt werden. Die Landesregierung forderte allerdings wiederholt von der Bundesregierung eine frühere Vorlage der Verwaltungsvereinbarung als in den letzten Jahren.
Zu Frage 2: Die Verwaltungsvereinbarung für die Städtebauförderung 2003 wurde durch den Bundesminister für Verkehr, Bau und Wohnungswesen am 22.05.2003 unterzeichnet und den Ländern im Verlauf der Bauministerkonferenz am 23.05.2003 übergeben. Nach Vorliegen aller Unterschriften der Bauminister der Länder trat die Verwaltungsvereinbarung zum 31.07.2003 in Kraft. Dieses späte In-Kraft-Treten der Verwaltungsvereinbarung hatte auf die Bereitstellung und Auszahlung der Städtebaufördermittel nur geringe Auswirkungen. Ca. 95 Prozent der Kassenmittel der Städtebauförderung in den langjährigen Programmen entfallen auf Verpflichtungsermächtigungen der Vorjahre.
Zu Frage 3: Gegen eine Auszahlung der Landesanteile in der Städtebauförderung vor dem Abschluss der Verwaltungsvereinbarung steht das Haushaltsgesetz 2003/2004 des Freistaats Thüringen und der zugehörige Landeshaushaltsplan.
Ich sehe keine Nachfragen. Danke schön. Wir kommen zur Frage in Drucksache 3/3989. Bitte schön, Frau Abgeordnete Wildauer.
Grunderwerbssteuerpflicht bei der Fusionierung von kommunalen Aufgabenträgern der Wasserver- und Abwasserentsorgung
In den vergangenen Jahren gab es mehrere Fusionierungen von kommunalen Aufgabenträgern der Wasserver- und Abwasserentsorgung. Derartige Zusammenschlüsse wird es auch künftig geben. Sie werden durch das Land gefördert. Bei den Fusionen stellt sich die Frage, ob im Zusammenhang mit Vermögensübertragungen Grunderwerbssteuer zu entrichten ist.
1. Unter welchen Voraussetzungen entsteht bei der Fusion von kommunalen Aufgabenträgern der Wasserver- und Abwasserentsorgung eine Grunderwerbssteuerpflicht?
2. Für welche Vermögensgegenstände wird bei der Fusion von kommunalen Aufgabenträgern der Wasserver- und Abwasserentsorgung eine Grunderwerbssteuer fällig und erhoben?
3. In welcher Höhe mussten bisher die fusionierten Aufgabenträger der Wasserver- und Abwasserentsorgung in Thüringen Grunderwerbssteuer entrichten?
4. Hält die Landesregierung eine befristete Grunderwerbssteuerbefreiung für fusionswillige Aufgabenträger der Wasserver- und Abwasserentsorgung, vergleichbar mit der befristeten Grunderwerbssteuerbefreiung für fusionswillige
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, im Namen der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Wildauer wie folgt.
Zu Frage 1: Grunderwerbssteuerpflichtig ist nur der Erwerb eines Grundstücks, das überwiegend der Wasserversorgung und damit einem Betrieb gewerblicher Art des Aufgabenträgers dient. Dagegen ist die Grundstücksübertragung zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts nach § 4 Nr. 1 des Grunderwerbssteuergesetzes steuerfrei, wenn sie aus Anlass des Übergangs der hoheitlichen Aufgabe, hier der Abwasserentsorgung, erfolgt. Die Grunderwerbssteuerbefreiuung trifft allerdings nur auf die Grundstücke zu, die überwiegend zur Erfüllung der hoheitlichen Aufgabe genutzt werden.
Zu Frage 2: Der Grunderwerbssteuer unterliegen nur Rechtsvorgänge, die sich auf inländische Grundstücke beziehen. Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, zählen nicht zu den Grundstücken.