Protokoll der Sitzung vom 16.03.2000

Der Antrag ist klar, Überweisungsantrag ist gestellt. Jetzt bitte ich um das Handzeichen, wer der Überweisung zustimmt. Danke. Damit ist das Quorum erreicht und überwiesen.

Wir kommen jetzt zur Anfrage von Frau Dr. Fischer in der Drucksache 3/401.

Demonstration für die "Rückgabe der deutschen Ostgebiete und des Sudetenlandes"

Nach öffentlichen Meldungen marschierten am 26. Februar 2000 in Erfurt ca. 500 Demonstranten rechtsextremistischer Couleur durch die Straßen von Erfurt. Die Veranstaltung richtete sich auf die "Rückgabe der deutschen Ostgebiete und des Sudetenlandes". Nach Zeitungsmeldungen sicherte ein Großaufgebot an Polizei diese Versammlung und ging gleichzeitig gegen Gegendemonstranten vor. Nach Augenzeugenberichten nahmen an der Demonstration zum größten Teil Anhänger und Mitglieder der rechtsextremistischen NPD und des militanten Thüringer Heimatschutzes (THS) teil.

Ich frage die Landesregierung:

1. Aus welchen Städten Thüringens und anderen Bundesländern nahmen Rechtsextremisten an der Demonstration teil?

2. Wie wurde für die genannte Demonstration mobilisiert?

3. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Mobilisierungsfähigkeit und -stärke der NPD und des THS in Thüringen ein?

4. Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass der Thüringer Landesverband der rechtsextremistischen NPD innerhalb kürzester Zeit zwei Demonstrationen dieser Größenordnung durchführen bzw. maßgeblich personell tragen kann?

Herr Innenminister.

Frau Präsidentin, Frau Dr. Fischer, im Namen der Landesregierung beantworte ich Ihre Frage wie folgt:

Da Sie immer eine falsche Titelbezeichnung in Ihren Anfragen haben, werde ich auch jedes Mal eine entsprechende Vorbemerkung machen. Am 26. Februar 2000 hat in Erfurt ein Aufzug der Interessengemeinschaft für die Wiedervereinigung Gesamtdeutschlands stattgefunden, der am 10. Januar 2000 bei der Stadtverwaltung Erfurt unter dem Thema "Recht auf Heimat" angemeldet worden war.

Zu Frage 1: An der Demonstration nahmen Personen der rechten Szene, unter anderem aus Erfurt, Gera, Jena, Arnstadt, Saalfeld, Rudolstadt und Sonneberg sowie aus Sachsen und Hessen, teil.

Zu Frage 2: Bei der Demonstration der NPD am 12. Februar in Gera wurde bereits mit Handzetteln für die Demonstration am 26. Februar in Erfurt geworben. Weiterhin erfolgte die Bekanntmachung über die nationalen Infotelefone "Hamburg", "Bündnis Rechts Lübeck", "Norddeutschland", "Rostock" und "Schwaben", durch Flugblätter sowie über das Internet.

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Ob die Stadt sich das leisten kann.)

Sie sollten nicht so dummes Zeug reden, Herr Pohl.

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Sicher ist das so.)

Zu Frage 3.: Wie hoch schätzt die Landesregierung die Mobilisierungsfähigkeit und Stärke der NPD und des Thüringer Heimatschutzes in Thüringen ein? Entsprechend der heutigen technischen Möglichkeiten sind sowohl die NPD als auch der Thüringer Heimatschutz durchaus in der Lage, kurzfristig über Mobiltelefone, über das Internet oder über nationale Infotelefone zu mobilisieren. Die NPD ist eine ernst zu nehmende organisatorische Kraft im deutschen Rechtsextremismus mit einem hohen Mobilisierungsgrad, wie eine Demonstration am 1. Mai 1998 in Leipzig mit ca. 4.000 bis 5.000 Teilnehmern anschaulich bewies. In Thüringen können die NPD und der Thüringer Heimatschutz mehrere hundert Personen mobilisieren, die Mobilisierungsstärke des Thüringer Heimatschutzes ist nicht mit der NPD vergleichbar, da dieser, der Thüringer Heimatschutz, über weit weniger Mitglieder verfügt.

Zu Frage 4: Während die Demonstration am 12. Februar in Gera von der NPD angemeldet und mit mehreren hundert Teilnehmern durchgeführt wurde, erfolgte die Anmeldung für die Demonstration am 26. Februar in Erfurt mit 100

bis 200 Teilnehmern von der Interessengemeinschaft für die Wiedervereinigung Gesamtdeutschlands e.V. (IWG).

Es gibt Nachfragen. Herr Abgeordneter Sonntag.

Herr Minister, eine Nachfrage zu der Frage 1 der Fragestellerin der Vollständigkeit halber: Liegen Erkenntnisse darüber vor, aus welchen Städten und Gemeinden Thüringens sowie außerhalb Thüringens die so genannten Gegendemonstranten des linken Lagers gekommen sind?

Diese Erkenntnisse liegen sicher vor, die habe ich nur hier nicht auf meinem Pult gesammelt.

Jetzt haben wir den Abgeordneten Dittes, Frau Abgeordnete Fischer und dann sind die Fragen aus dem Haus schon erschöpft. Herr Abgeordneter Dittes.

Herr Köckert, über welche Kenntnisse verfügt die Landesregierung hinsichtlich der personellen und strukturellen Überschneidung von NPD und THS in Thüringen?

Die Landesregierung verfügt über Erkenntnisse dieser Art.

Jetzt Frau Dr. Fischer. Sie hat noch eine Nachfrage, nein, zur Geschäftsordnung.

Frau Präsidentin, ich bitte den Minister Köckert zu rügen wegen unangemessenen Verhaltens in unserem hohen Haus gegenüber Abgeordneten.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Wobei die Präsidentschaft auch nicht zu kommentieren ist von Seiten des Hauses.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Hallo, ich habe noch eine Frage.)

Herr Abgeordneter Pohl, es sind zwei Nachfragen aus der Mitte des Hauses gestellt worden, und zwar von Herrn Abgeordneten Sonntag und von Herrn Dittes. Es tut mir Leid, Herr Pohl. Damit kommen wir zur nächsten Anfrage, und zwar eine des Abgeordneten Ramelow in der Drucksache 3/403.

Um dem Innenminister seine verharmlosenden Bemerkungen zu ersparen, beginne ich mit der Frage.

Ich frage die Landesregierung:

1. Erfüllt das Absingen der 1. Strophe des so genannten Deutschlandliedes einen Straftatbestand?

2. Wenn ja, welche polizeilichen bzw. strafrechtlichen Maßnahmen werden daraufhin seitens der Ermittlungsbzw. Strafverfolgungsbehörden eingeleitet?

(Unruhe bei der CDU)

Wenn es hier Unruhe gibt, können wir ja einmal gemeinsam die 1. Strophe aufsagen.

(Heiterkeit bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Stauch, CDU: Wo sind wir denn hier?)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist ja unerhört.)

Wir haben jetzt keine Liedstunde, Herr Ramelow, sondern Fragestunde.

Ich beantrage dann den Ordnungsruf gegen mich.

Nein, Sie stellen Ihre Frage und die wird dann beantwortet.

Ja, ich beantrage nur den Ordnungsruf gegen mich. Ich glaube, wir haben es hier mit so genannten Demokraten zu tun.

3. Wenn nein, wie bewertet die Landesregierung den geschilderten Sachverhalt vor dem Hintergrund völkerrechtlicher Verträge, die die Bundesregierung abgeschlossen hat?

(Unruhe im Hause)

Herr Innenminister. Ich bitte aber auch die Erregung zurückzunehmen und um Ruhe.

Herr Abgeordneter Ramelow, man kann zwar von so genannten selbst ernannten Demokraten reden, aber von "so genannten Demokraten" zu reden, zeigt ein sehr ungebührliches Verständnis dieses Hauses.