Protokoll der Sitzung vom 14.04.2000

Ich begrüße die Damen und Herren Abgeordneten, die Vertreter der Landesregierung, die Gäste auf der Besuchertribüne und eröffne die 15. Plenarsitzung des Thüringer Landtags am heutigen 14. April. Als Schriftführer haben an meiner Seite Platz genommen der Herr Abgeordnete Carius.

In diesem Zusammenhang möchte ich mich noch einer angenehmen Aufgabe entledigen. Das hätten wir eigentlich schon gestern tun können, aber ich hole es heute nicht weniger herzlich nach, im Namen dieses hohen Hauses dem Herrn Abgeordneten Carius ganz herzlich zu seiner Verehelichung zu gratulieren.

(Beifall im Hause)

Wir wünschen ihm gemeinsam mit seiner Frau eine gute gemeinsame Zukunft.

Des Weiteren hat Platz genommen der Abgeordnete Pohl. Die Rednerliste wird auch der Abgeordnete Pohl führen. Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt der Herr Abgeordnete Prof. Dr. Goebel, der Herr Abgeordnete Dr. Koch, der Abgeordnete Thomas Kretschmer, Frau Abgeordnete Dr. Stangner und der Abgeordnete Dr. Zeh. Dr. Zeh ist anwesend, dies war dann ein schriftlicher Übermittlungsfehler vielleicht, ich sehe ihn, richtig. Also das waren die Entschuldigten.

Jetzt bitte ich um Aufmerksamkeit, da wir zur Tagesordnung kommen, und zwar zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 14

Wahl von Ersatzmitgliedern des Gremiums nach § 3 des Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten (ThürAbgÜpG) sowie Wahl von weiteren stimmberechtigten Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des erweiterten Gremiums nach § 4 ThürAbgÜpG dazu: Unterrichtungen durch die Präsidentin des Landtags - Drucksachen 3/116/142/557

Ich möchte dazu noch einige Hinweise geben. Gemäß § 3 Abs. 1 des Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten erfolgt eine Einzelfallprüfung von Abgeordneten, sofern aufgrund der vom Bundesbeauftragten übermittelten Unterlagen der begründete Verdacht einer wissentlich hauptamtlichen oder inoffiziellen Zusammenarbeit eines Abgeordneten mit dem MfS/AfNS besteht. Gemäß § 3 Abs. 2 entscheidet über die Einleitung der Einzelfallprüfung ein Gremium, das aus den Mitgliedern des Vorstands des Landtags besteht. Für jedes Mitglied des

Gremiums wählt der Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder ein ständiges Ersatzmitglied. Die Wahl erfolgt auf Vorschlag der Fraktion, der das zu vertretende Gremiumsmitglied angehört.

Gemäß § 4 wird zur Durchführung der Einzelfallprüfung das Gremium erweitert. Dem erweiterten Gremium gehören als stimmberechtigte Mitglieder neben den Mitgliedern des Vorstands des Landtags weitere Abgeordnete an. Der Ältestenrat hat in seiner 3. Sitzung am 9. November 1999 die Anzahl der weiteren stimmberechtigten Mitglieder auf zwei bestimmt, die vom Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt werden. Für die Besetzung des erweiterten Gremiums verweist § 4 Satz 4 des Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten auf § 9 Abs. 2 und 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags. Daraus ergibt sich, dass die zwei weiteren stimmberechtigten Mitglieder und deren zwei Ersatzmitglieder durch die Fraktion der CDU vorzuschlagen sind. Die Wahlvorschläge der Fraktionen liegen in den Unterrichtungen - Drucksachen 3/116/142/557 - vor.

Gemäß § 46 Abs. 2 Geschäftsordnung kann bei Wahlen durch Handzeichen abgestimmt werden, wenn kein Mitglied des Landtags widerspricht. Ich gehe aber davon aus, es wird widersprochen. Ja, so ist es. Damit stimmen wir in geheimer Wahl ab. Dazu wird wie folgt verfahren: Die Wahlvorschläge der einreichenden Fraktionen stehen mit dem Namen, Ja, Nein und Enthaltung und die Mitglieder des Landtags sind gebeten, das entsprechende Votum abzugeben. Die Mehrheit ist erreicht, wenn die Mehrheit der Mitglieder des Landtags dem zugestimmt hat. Ich bitte dann, dass die Wahlhelfer in Aktion treten, das sind Frau Abgeordnete Bechthum, Herr Abgeordneter Braasch und Herr Abgeordneter Huster, und wir mit der Wahlhandlung beginnen, zunächst mit dem Namensaufruf.

Ich rufe auf: Althaus, Dieter; Arenhövel, Johanna; Bechthum, Rosemarie; Becker, Dagmar; Bergemann, Gustav; Böck, Willibald; Bonitz, Peter; Botz, Gerhard; Braasch, Detlev; Buse, Werner; Carius, Christian; Dewes, Richard; Dittes, Steffen; Doht, Sabine; Döring, HansJürgen; Ellenberger, Irene; Emde, Volker; Fiedler, Wolfgang; Fischer, Ursula; Gentzel, Heiko; Gerstenberger, Michael; Goebel, Jens; Grob, Manfred; Groß, Evelin; Grüner, Günter; Hahnemann, Roland; Heß, Petra; Heym, Michael; Höhn, Uwe; Huster, Mike; Illing, Konrad; Jaschke, Siegfried; Kallenbach, Jörg; Kaschuba, Karin; Klaubert, Birgit; Klaus, Christine; Koch, Joachim; Köckert, Christian; Kölbel, Eckehard; Kraushaar, Ingrid; Krauße, Horst; Kretschmer, Otto; Kretschmer, Thomas; von der Krone, Klaus; Kummer Tilo.

Lehmann, Anette; Lieberknecht, Christine; Lippmann, Frieder; Mohring, Mike; Neudert, Christiane; Nitzpon, Cornelia; Nothnagel, Maik; Panse, Michael; Pelke, Birgit; Pidde, Dr. Werner; Pietzsch, Dr. Frank-Michael; Pohl, Günter; Pöhler, Volker; Primas, Egon; Ramelow, Bodo; Schemmel, Volker; Scheringer, Konrad; Schröter, Fritz; Schuchardt, Dr. Gerd; Schugens, Gottfried; Schuster, Franz; Schwäblein, Jörg; Sedlacik, Heidrun; Seela, Reyk; Sklenar, Dr. Volker; Sonntag, Andreas; Stangner, Dr. Isolde; Stauch, Harald; Tasch, Christina; Thierbach, Tamara; Trautvetter, Andreas; Vogel, Dr. Bernhard; Vopel, Bärbel; Wackernagel, Elisabeth; Wehner, Wolfgang; Wetzel, Siegfried; Wildauer, Dr. Heide; Wolf, Bernd; Wolf, Katja; Wunderlich, Gert; Zeh, Dr. Klaus; Zimmer, Gabriele; Zitzmann, Christine.

Haben alle ihre Stimmzettel abgegeben? Ich sehe, das ist der Fall. Dann schließe ich die Wahlhandlung und bitte die Wahlhelfer um Auszählung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ergebnisse liegen vor. Ich gebe sie bekannt.

Zunächst die Wahlvorschläge für die ständigen Ersatzmitglieder, zunächst Wahlvorschlag der CDU, das war Evelin Groß mit 62 Jastimmen gewählt, 11 Neinstimmen und 10 Enthaltungen.

(Beifall bei der CDU)

Die erforderliche Mehrheit wurde erreicht.

Dann der Wahlvorschlag der SPD für das ständige Ersatzmitglied von Vizepräsidentin Ellenberger, das war Herr Abgeordneter Schemmel mit 61 Jastimmen, 8 Neinstimmen, 14 Enthaltungen. Die erforderliche Mehrheit ist erreicht, Herr Schemmel ist gewählt.

(Beifall bei der SPD)

Dann der Wahlvorschlag der Fraktion der PDS für das ständige Ersatzmitglied für Vizepräsidentin Dr. Klaubert, der Abgeordnete Steffen Dittes. Er erhielt 27 Jastimmen, 47 Neinstimmen, 8 Enthaltungen. Die erforderliche Mehrheit wurde nicht erreicht.

Dann haben wir die weiteren Mitglieder des erweiterten Gremiums und die ständigen Ersatzmitglieder. Hier zunächst der Wahlvorschlag der CDU: als weiteres Mitglied der Abgeordnete Peter Bonitz. Er erhielt 55 Jastimmen, 14 Neinstimmen, 8 Enthaltungen. Damit ist die Mehrheit erreicht. Herr Bonitz ist gewählt.

(Beifall bei der CDU)

Als ständiges Ersatzmitglied für den Abgeordneten Bonitz war der Abgeordnete Willibald Böck aufgestellt. Mit 43 Jastimmen, 32 Neinstimmen, 4 Enthaltungen ist die notwendige Mehrheit nicht erreicht.

Dann ist der Wahlvorschlag der CDU als weiteres Mitglied der Abgeordnete Christian Carius mit 63 Jastimmen, 12 Neinstimmen, 4 Enthaltungen. Damit ist die Mehrheit erreicht.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Und als ständiges Ersatzmitglied für Herrn Carius der Abgeordnete Wolf mit 54 Jastimmen, 16 Neinstimmen und 9 Enthaltungen. Damit ist auch diese Mehrheit erreicht.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Ich frage die Gewählten pauschal: Nehmen Sie die Wahl an? Ja. Ich gehe davon aus. Damit können wir den Tagesordnungspunkt abschließen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 15

Wahl eines Mitglieds der Kommission nach Artikel 10 Grundgesetz gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 und 4 des Landesgesetzes zur Ausführung des Bundesgesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (AG G 10) dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/537

Dazu möchte ich folgenden Hinweis geben: Gemäß § 4 Abs. 1 des Landesgesetzes zur Ausführung des Bundesgesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses besteht die Kommission aus dem Vorsitzenden und zwei Beisitzern. Sie werden vom Landtag aus seiner Mitte für die Dauer einer Wahlperiode mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt. Die Zusammensetzung der Kommission ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 des Gesetzes im Verhältnis der Stärke der einzelnen Fraktionen vorzunehmen, das sich nach dem d'hondtschen Höchstzahlverfahren bestimmt.

Zwei Mitglieder der Kommission wurden in der 9. Plenarsitzung am 28. Januar 2000 gewählt. In seiner 9., 11. und 13. Sitzung hat der Thüringer Landtag die Wahl des von der Fraktion der PDS vorgeschlagenen Abgeordneten Dittes jeweils abgelehnt. Nunmehr hat die Fraktion der PDS den Abgeordneten Dittes erneut als Kandidat für die Wahl zum Mitglied für die G10-Kommission vorgeschlagen. Die Drucksache 3/537 liegt Ihnen vor. Die erneute Kandidatur des Abgeordneten Dittes unterliegt im Hinblick auf den Grundsatz der Unverrückbarkeit von Parlamentsbeschlüssen erheblichen Bedenken. Nach diesem Prinzip darf ein

einmal gefasster Beschluss grundsätzlich nicht wieder aufgerollt und insbesondere nicht wiederholt abgestimmt werden. Bei Wahlen wird dieser Grundsatz in der Literatur ebenfalls herangezogen. Ich möchte deshalb einen Vorschlag unterbreiten, nämlich den Punkt gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 4 der Geschäftsordnung von der Tagesordnung abzusetzen. Ich werde dann gemäß § 123 Geschäftsordnung den Justizausschuss bitten, sich mit der Problematik, insbesondere mit der geschäftsordnungsrechtlichen Frage zu befassen, ob eine erneute Abstimmung im vorliegenden Fall zulässig wäre oder ob die Fraktion der PDS verpflichtet ist, einen neuen Kandidaten zu benennen. Der Justizausschuss wird dann gebeten, mir aufgrund dieser Befassung einen Vorschlag zu unterbreiten. Soweit der Vorschlag, den ich dem Parlament meinerseits unterbreiten möchte. Ich frage: Gibt es dagegen Widerspruch? Wenn das nicht der Fall ist, würden wir mit diesem Punkt so verfahren und ihn damit von der Tagesordnung für heute absetzen.

Wir verfahren dann weiter mit dem Aufruf des Tagesordnungspunkts 8

Erhalt und Ausbau der Schieneninfrastruktur in Thüringen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/499

Ich frage: Wird Begründung durch den Antragsteller gewünscht? Das ist nicht der Fall, dann kommen wir gleich zur Aussprache. Zur Aussprache hatte sich gemeldet der Abgeordnete Kallenbach.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Probleme der Deutschen Bahn AG in Thüringen haben in letzter Zeit erheblich zugenommen. Es gibt mehr Verschlechterungen als Verbesserungen im Angebot der Bahn AG. Ich möchte auf die drei Punkte des Antrags hier kurz eingehen.

Zu Punkt 1: ICE, also das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8 Nürnberg-Erfurt-Halle-Leipzig-Berlin, inzwischen ist es so, glaube ich, dass es keine ernst zu nehmenden Fachleute mehr gibt, die dieses Projekt in Frage stellen, ja, der Druck, die Forderungen aus der Wirtschaft bezüglich der schnellen Realisierung eher zunehmen als abnehmen. Wir sagen nach wie vor als CDU ganz klar, das Verkehrsprojekt muss so schnell wie möglich realisiert werden.

(Beifall bei der CDU)

Sie wissen alle, die Leidensgeschichte dieses Vorhabens begann mit der Koalitionsvereinbarung von der neuen Bundesregierung, die dieses Projekt überprüfen wollte und das auch getan hat und im Ergebnis dessen dann einen Baustopp verhängt hat. Inzwischen hat der neue Verkehrsminister Klimmt groß angekündigt, dass jetzt Mittel frei

gegeben werden für den Abschnitt Erfurt bis Ilmenau. Tatsächlich sind lediglich bis zur Stunde die Mittel für die Vorbereitung für den Bau des Tunnels Sandberg und für eine kleine Straßenverlegung hier in Erfurt freigegeben. Erreicht werden konnte, dass ein Planfeststellungsabschnitt bis 2005 verlängert werden konnte, denn in den nächsten Monaten laufen ja die Gültigkeiten der einzelnen Planfeststellungsabschnitte aus, d.h. auf Deutsch, das Baurecht verfällt, wenn es nicht verlängert und dann auch zügig genutzt wird. Es gibt aber nach wie vor auch aus dem politischen Raum ernst zu nehmenden Widerstand. Zum Beispiel tut sich die Bundestagsabgeordnete Frau Mattischeck von der SPD aus Erlangen hervor, die hat sich verbündet mit den Grünen, insbesondere mit Herrn Albert Schmidt, dem verkehrspolitischen Sprecher der Grünen, und die nutzen nach wie vor alle Möglichkeiten, um dieses Projekt zu verhindern.

Meine Damen und Herren, Sie werden dann aber auch mit unserem entschlossenen Widerstand rechnen. Wir halten an diesem Projekt fest und werden

(Beifall bei der CDU)

ebenfalls die Bundesregierung nach wie vor auffordern,

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, SPD: Hört, hört!)

dass das Projekt so schnell wie möglich umgesetzt wird. Es werden hier auch oft falsche Zahlen genannt. Es sind eben nicht 7 oder 8 Mrd. DM, die gebraucht werden. Der Abschnitt Ilmenau-Ebensfeld, der wichtigste Neubauabschnitt über den Thüringer Wald, auch der teuerste, kostet dann noch ca. 3,1 Mrd. DM. Das ist zwar sehr viel Geld, aber es sind nicht 7 oder 8 Mrd. DM oder noch mehr - soviel wie der Abschnitt Frankfurt/Main-Köln kostet.

Unser Ziel ist, dass dieser Abschnitt dann die Anbindung bei Ebensfeld an das bayerische Schienennetz bis 2007 so weit ist, dass es in Betrieb gehen kann. Wir müssen endlich mal Nägel mit Köpfen machen und der Bundesregierung deutlich sagen, in den nächsten Fünfjahresplan müssen die entsprechenden Mittel eingestellt werden.

Eine Bemerkung noch zu dem Umbau des ICE-Bahnhofs in Erfurt. Am 26.03.1998, also vor über zwei Jahren, ist die Finanzierungsvereinbarung feierlich unterschrieben worden zwischen dem Land, der Stadt Erfurt und vor allem der Deutschen Bahn AG. Inzwischen ist dann auf Druck der Bundesregierung das Projekt nochmals verschmälert worden, um Kosten einzusparen. Aber auch diese reduzierte Variante ist bis heute vom Bahnvorstand nicht bestätigt worden, so dass nach wie vor die Realisierung noch nicht ganz sicher ist.

Zum Punkt 2 unseres Antrags - Mitte-Deutschland-Schienenverbindung - ist hier auch schon oft diskutiert worden. Aber wir müssen es wieder ansprechen, weil noch nicht mit den Sanierungsarbeiten dieser wichtigen Strecke begon

nen wurde. Und es ist wirklich die Strecke, die am meisten frequentiert ist, weil sie die Thüringer Städtekette miteinander verbindet. Die Deutsche Bahn gibt bis zur Stunde die Mittel nicht frei und deshalb müssen wir auf dieses Problem mit allem Nachdruck deutlich hinweisen. Als Einziges konnte verhindert werden, dass der Verkehr nicht gänzlich eingestellt wurde zwischen Ronneburg und Schmölln, dass dort noch mit 20 oder 30 Stundenkilometern überhaupt noch gefahren wird.