Herr Pohl, Sie suggerieren, durch ein Landesprogramm wird eine neue Qualität erreicht, und ignorieren, dass der Innenminister in weiten Teilen Programme vorgestellt hat, die entweder aktuell oder schon über viele Jahre in diesem Land angewandt werden, und dass er ebenfalls in genau der gleichen Rede neue Programme angekündigt hat. Dieses Ensemble an Programmen und die Kontinuität in der Umsetzung sind allemal wichtiger als Aktionismus und das Versprechen, durch ein neues Landesprogramm würde nun alles viel besser.
weil das so ein Vorbildland für ein Landesprogramm ist. Lesen Sie heute die "Frankfurter Rundschau" oder den "Tagesspiegel", dann können Sie zur Kenntnis nehmen, von einem Journalisten recherchiert, gestern Abend in den Tagesthemen angekündigt, dass genau dieses Land nicht die realen Zahlen der Vorfälle im rechtsextremistischen Bereich veröffentlicht, um eben ein Stück weit auch die Politik des Landes zu stabilisieren. Lesen Sie, und Sie werden erkennen, es sind nicht vor allen Dingen die Programme, die im Mittelpunkt der Debatte stehen müssen, sondern wie wir es schaffen, zu jedem Einzelnen in dieser Gesellschaft vorzudringen. Rechtsextreme Ausschreitungen sind häufig das Ergebnis einer langen Entwicklung. Da ist vor allen Dingen der Bazillus Gewalt, den der Innenminister hier sehr zu Recht angesprochen hat, der latent in der Gesellschaft der Jugend immer wieder vor Augen steht und der dann auch seine Wirkung hat.
Ihre Rede hat weder reflektiert, was der Bericht des Innenministers ausgesagt hat, noch hat er die Wirklichkeit Thüringens in den Blick genommen, noch hat er die geschichtlichen Realitäten und die Konsequenzen aus geschichtlichen Realitäten zur Kenntnis genommen. Ihre infame Unterstellung, wir würden links und rechts, so bezeichnen Sie es, immer wieder in einem Atemzug nennen, ist schlicht falsch. Dies hat der Innenminister hier nicht getan. Aber wir sind der Meinung, dass die Demokratie Links- und Rechtsextremismus als Lehre der Geschichte gleichermaßen unerbittlich bekämpfen muss, und das bleibt unsere Meinung.
Wenn Sie mir nicht glauben, sondern nur Ihrem Programm, dann darf ich Ihnen vielleicht Herrn Semprun als einen, der die Geschichte erlebt hat, zur Kenntnis bringen, der vor einigen Jahren in Weimar gesagt hat - ich zitiere: "Deutschland ist seit seiner Wiedervereinigung das einzige Volk Europas, das sich mit beiden totalitären Erfahrungen des 20. Jahrhunderts auseinander setzen kann und muss - dem Nazismus und dem Stalinismus. In seinem Kopf und Körper hat es diese Erfahrung erlebt und kann sie nur überwinden, indem es beide kritisch übernimmt und aufhebt, um so die demokratische Zukunft Deutschlands zu bereichern. Von dieser hängt ja die Zukunft eines demokratisch wachsenden Europas zu einem großen Teil ab." Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich denke, das macht noch einmal sehr deutlich, dass wir richtigerweise am 3. Mai in diesem hohen Hause eine Entschließung verabschiedet haben, in der wir den politischen Extremismus, also Rechtsextremisten und Linksextremisten als gleichermaßen zu bekämpfen tituliert haben. Damals haben Sie mitgestimmt. Mir ist schon klar warum, der demokratische Mantel gefällt Ihnen, den Sie über sich hängen können,
aber diese Debatte ist viel zu ernst, als dass man sie für politische Mehrheiten ausnutzen sollte. Ich denke, es wäre gut, wenn wir die Erfahrung, die Jorge Semprun auch am eigenen Leibe gespürt hat, ernst nehmen und deutlich machen. Weil rechtsextreme Taten und Gewalt an Ausländern zurzeit besonders auf der Tagesordnung stehen, müssen wir auch besonders aktiv werden, der Rechtsstaat, jeder Einzelne, die Wertegemeinschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Hier in Thüringen müssen wir aber genauso unsere Aufgabe sehen, den Linksextremismus zu bekämpfen, denn wer Ignorant ist oder wer einseitig schaut, der mag zwar dem pathetischen Gestus des Herrn Dr. Hahnemann entsprechen, aber der wird auf Dauer nicht sichern, dass unsere Demokratie, die, Gott sei Dank, in diesen Tagen zehn Jahre in Thüringen wird, auch in der Zukunft gut gestaltet wird.
Die Ursachen für politischen Extremismus sind vielfältiger. Wenn Sie nach Ursachen fragen, Herr Dr. Hahnemann, dann wissen Sie, wenn Sie ehrlich sind, dass es eben nicht eine einfache Ursachenkette gibt, sondern dass es ein ganzes Bündel von Ursachen gibt, die zum Teil weit weg von jeder Ideologie sind und am Ende dann trotzdem zu z.B. rechtsradikalen Ausschreitungen führen. Genau davon hat der Innenminister hier gesprochen. Ich denke, Aufgabe dieser Debatte kann wieder neu deutlich machen, dass wir als Thüringen weltoffen sind und bleiben und dass wir alle Mittel des Rechtsstaats ganz unerbittlich einsetzen, dass wir die Beispiele an Zivilcourage im ganzen Land, was in den letzten Wochen und Monaten besonders deutlich war, würdigen und unterstützen, dass
wir eine Wertedebatte führen, aber dass wir auch wissen, das Ziel ist kein kurzfristiges Ziel, sondern wir müssen mit aller Konsequenz langfristig und nachhaltig als Demokraten an diesem Ziel arbeiten. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin überhaupt nicht, wie der Herr Innenminister meinte, zart besaitet oder habe eine dünne Haut. Mir läuft es nur kalt den Rücken herunter, wenn ich mich daran erinnere, als ich in Saalfeld bei der Demonstration gegen rechts dabei war, wie da sehr viele Demonstranten behandelt worden sind. Die durften nicht einmal nach Saalfeld zur Demonstration fahren. Die wurden im Vorfeld schon rausgeholt. Wo waren Sie da überhaupt?
Sie waren nicht da. Es ist auch bezeichnend, wenn so ein Mann wie der Herr Fiedler fremdenfeindliche Äußerungen hier vor dem Haus macht und zu den Feuerwehrleuten sagt, die Feuerwehrleute
Das ist für den normalen Menschen, der draußen ist, Aufforderung, hier etwas dagegen zu unternehmen.
Noch viel schlimmer, ich sage Ihnen gleich noch etwas. Es ist für mich heute auch bezeichnend, wenn ich meinen hoch verehrten Herrn Böck - jetzt ist er wieder nicht da - und Herrn Fiedler höre. Mein hoch verehrter Herr Fiedler, als Bürgermeister und unbescholtener Mensch
wurde er schon einmal wegen Affären im Rotlichtmilieu abgelöst, und Herr Böck redet hier, obwohl auch bei ihm nicht alles klar ist daheim. Die sollen alle beide vor ihrer Türe kehren und nicht immer den Dittes mit Ausdrücken usw. beschimpfen. Der war überall gegen rechts dabei - ich war nicht überall, aber an vielen Stellen. Dann habe ich zu dem Polizisten gesagt, sie sollten das nicht so hart sehen und sollten die nicht so wie im Krimi an die Autos und Busse stellen und von oben bis unten abtasten und dann heimschicken - junge, vernünftige Leute wie ich auch einer war, als ich jung war.
Das denke ich. Leute mit linkem Gedankengut werden abgestempelt. Eines muss ich Ihnen auch sagen, hören Sie zu. Unsere Fraktionsvorsitzende Gabi Zimmer hat einmal zu unserem Chinafahrer, unserem Ministerpräsidenten gesagt, wie schätzen Sie die PDS-Leute ein? Da hat er gesagt, nicht als Demokraten, und das ist für Sie als Nachfolger doch dann auch so zu sehen. In Bayern wird die PDS - das wissen Sie, wo Sie immer so nacheifern wollen - verfassungsschutzrechtlich immerzu als extremistisch überprüft. Ich bezeichne mich wirklich nicht als extremistisch. Da bin ich schon der Meinung, die äußern wirklich nicht - wenn ich nicht so gut rede wie Sie, die das gelernt haben, ist das Ihre Sache - aber ich will das schon mal sagen, was hier heute dargestellt worden ist. Ich freue mich ja, dass jetzt alle gegen den Rechtsextremismus auftreten und dass Sie sich bemühen und reden, aber mir scheint, Herr Köckert, gerade bei Ihnen ist da vieles scheinheilig gewesen, deswegen eine Bemerkung. Eines kann ich Ihnen auch sagen, was uns hier immer angelastet wird gegen die Polizei, unserer Fraktion, das ist auch einfach Suggerieren, dass wir so was betreiben. Wir sind für die Polizei, wir sind überall für öffentliches Auftreten. Ich hatte auch ein Problem vor kurzem mit der Polizei, ich habe ordnungsgemäß eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingeleitet, die Herren von der Polizei haben zu mir gesagt, ich sollte mich doch bei meinem Herrn Innenminister beschweren. Ich sage, na da kommt was raus, wenn ich mich bei dem Herrn beschwere.
Die Herren haben sich ordnungsgemäß entschuldigt und die Genossen der PDS-Fraktion stehen hinter den meisten Problemen, die die Polizei mit den Rechtsextremisten hat, und bedankt sich genauso dafür, wie Sie das in Größenordnungen hier gemacht haben, Herr Fiedler. Warten Sie nur ab, wenn Sie erst mal mit denen richtig zu tun kriegen. Ich war in Saalfeld und habe denen gesagt, wissen Sie, was der Bundesgrenzschutz aus Bayern zu mir gesagt hat, der mich immer begleitet hat aus drei Meter Entfernung: "Wennst net dei Maul hälst, dann hau i dir ein mit'n Gummiknüppel übern Schädel." Er wusste aber nicht, dass ich die Sprache verstehe. Ich habe ihm gleich die richtige Antwort gegeben, schon war Ruhe. Aber ich will sagen, Sie sollten das jetzt nicht meinen, Sie haben
das gepachtet und Sie sollten unsere Genossinnen und Genossen nicht immer diffamieren, schon gar nicht die zwei Herren, die selber irgendwo große Probleme haben. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, Herr Kollege Scheringer, es ist erstens absolut nicht angemessen, zu diesem Thema, welches wir heute behandeln, solche Schmutzkampagnen loszulassen.
Ich würde Ihnen empfehlen, Sie kennen den Spruch "Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen", dort sollte jeder bei sich anfangen. Sie sitzen immer da hinten in Ihrer Ecke und Sie meinen, Sie sind der einzige, der in diesem Lande die Rechtlichkeit auf seiner Seite gepaart hat. Ich sage Ihnen nur eins, Sie sollten zurückkommen zu dem Thema, sollten nicht Ablenkungsmanöver fahren. Ich habe heute auch nicht gesagt, dass der Herr Dittes das gemacht hat, das gemacht hat und das gemacht hat, dass der Herr sowieso das gemacht hat. Wenn das Ihr Stil ist, dann betreiben Sie den weiter. Sie werden sich dabei selber ins Abseits stellen. Wir werden an dem Thema sachlich weiterarbeiten.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, ich hatte eigentlich auch erwartet, dass die Diskussion zu diesem Thema, zum Zwischenbericht, den der Innenminister gegeben hat, uns vor allem auf die Frage gemeinsam führt, was denn nun tatsächlich politisch zu tun ist in diesem Land. Was ist zu tun, um Rechtsextremismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit den Boden zu entziehen? Haben sich die bisherigen Maßnahmen, die die Landesregierung eingeleitet hat und die im Prinzip im Frühjahr dieses Jahres verkündet wurden, die vor allem auf die Stärkung eines Polizeikonzepts zielten, bewährt? Sind es die richtigen und was muss weiter getan werden? Insofern bin ich vom Bericht des Innenministers genauso enttäuscht wie auch mein Kollege Steffen Dittes, weil er zwar differenzierter als in allen anderen Reden je zuvor in diesem Landtag
Unterschiede gemacht hat bei der Bewertung und bei der Anerkennung, dass es Rechtsextremismus in diesem Land gibt.
Ich möchte Sie nur daran erinnern, es ist noch nicht einmal ein Vierteljahr oder vier Monate her, da wurde hier in diesem Saal noch erklärt, in diesem Land gäbe es keinen Rechtsextremismus, es gäbe keine rechtsextremistischen Strukturen und Thüringen sollte nicht schlechtgeredet werden.
Es gab Vorwürfe an die SPD-Fraktion, dass das Land Thüringen schwarzgeredet, dass es schlechtgeredet wird, dass die Standortproblematik hier nicht beachtet werden würde. Alles das ist hier gewesen. Das möchten wir bitte nicht vergessen. Und es wurde auch in diesem Landtag jahrelang so getan, als hätte es kein Saalfeld gegeben, als hätte es keine Demonstration der NPD in Erfurt gegeben oder anderweitige Aufmärsche. Die mussten ja hier erst erzwungen werden. Tun Sie doch bitte jetzt nicht so, als sei es schon immer Anliegen der CDU gewesen, hier voran zu laufen und zu sagen, wir sind jetzt die Bekämpfer des Rechtsextremismus. Insofern, Herr Althaus, finde ich Ihre Bemerkung schon reichlich unverschämt, wenn Sie sagen, dieses gemeinsame Bemühen um einen Antrag im Mai zur Verurteilung des Brandanschlags auf die jüdische Synagoge in Erfurt sei seitens der PDS lediglich ein Deckmäntelchen gewesen, um sich als Demokraten einstufen zu lassen. Das halte ich für unverschämt und das halte ich für eine nachträgliche Diskreditierung dieses gemeinsamen Bemühens.
Wir sind damals gesprungen über Dinge, die uns heute noch wehtun und die uns heute noch auch in der Auseinandersetzung um unsere Position zur Bekämpfung von Rechtsextremismus in Diskussionen auch mit jenen führen, die nämlich meinen, wie hätten hier Positionen aufgegeben. Sie sind damals gesprungen, weil es im Prinzip der erste gemeinsame Antrag war. Und da möchte ich Sie fragen, wie ehrlich ist dieses Springen damals gewesen? Wie ehrlich sind Sie heute noch bereit, an konkreten Maßnahmen zu arbeiten, die dazu beitragen, tatsächlich im Lande etwas zu verändern? Die Fragen stelle ich mir nach wie vor. Ist das nur eine Augenblicksentscheidung gewesen, um ein bisschen die Stimmung runterzuhalten oder trägt dieser Konsens, den es im Mai des Jahres 2000 gegeben hat, auch zu ganz konkreten politischen Handlungen?