Protokoll der Sitzung vom 15.09.2000

Herr Minister Dr. Birkmann wird für die Landesregierung antworten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Frau Abgeordneten Heß beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu 1.: In der Jugendstrafanstalt Ichtershausen werden in acht Übungswerkstätten aus- und weiterbildende Maßnahmen angeboten, in denen junge Gefangene zertifizierte Berufskenntnisse erwerben können. Hierbei handelt es sich um Übungswerkstätten in den Handwerksbereichen Elektrotechnik, Holz, Metall, Bau, Maler, Koch, Computertechnik sowie Garten- und Landschaftsbau. Zudem sind für die qualifizierte Berufsausbildung und die berufliche Weiterbildung der Gefangenen die Maßnahmen Hochbaufacharbeiter und Teilezurichter jeweils mit Facharbeiterabschlussprüfung durch die Industrie- und Handelskammer eingerichtet.

Zu 2.: Am 31. August dieses Jahres befanden sich in der Jugendstrafanstalt 110 Gefangene in beruflichen Ausbildungsmaßnahmen. Von September an werden rund 150 Gefangene in Ausbildung sein, das sind dann etwa 68 Prozent der beschäftigten Gefangenen bzw. etwa 55 Prozent der in der Jugendstrafanstalt Inhaftierten.

Zu 3.: Für die acht vom Europäischen Sozialfonds kofinanzierten beruflichen Qualifizierungslehrgänge bewilligte das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur für das Jahr 2000 1.803.462 DM und für das Jahr 2001 1.833.231 DM. Neben diesen Kosten fallen noch Kosten in Höhe von jährlich ca. 558.000 DM für Ausbildungsvergütung und Arbeitslosenversicherung an, für die der Freistaat Thüringen aufkommt. Pro Jahr kosten die acht Maßnahmen somit insgesamt 2,36 Mio. DM. Die Kosten für die Ausbildung zum Hochbau, Facharbeiter und Teilezurichter, insgesamt 28 Gefangene, trägt der Freistaat Thüringen; sie betragen für die Jahre 2000 bis 2002 insgesamt ca. 900.000 DM.

Zu 4.: Maßnahmeträger für den praktischen Ausbildungsteil aller Maßnahmen der beruflichen Bildung ist das Berufsfortbildungswerk GmbH, eine gemeinnützige Bildungseinrichtung des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Der theoretische Teil der Berufsausbildung und beruflichen Weiterbildung wird von der Berufsschule Arnstadt getragen. Bei den anderen aus- und weiterbildenden Maßnahmen trägt den theoretischen Ausbildungsanteil ebenfalls das Berufsfortbildungswerk GmbH.

Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Die Frage ist damit beantwortet und wir kommen zur Frage in Drucksache 3/930. Es ist eine Frage des Abgeordneten Kummer, die von Frau Sedlacik vorgetragen wird.

Sicherstellung der Qualität der Agenda 21 - Arbeit in Thüringen

Im Februar 1999 wurde in Thüringen eine Gemeinsame Transferstelle (GET) des Gemeinde- und Städtebundes und des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt zur Lokalen Agenda 21 eingerichtet. Das Ziel bestand darin, eine gemeinsame organisatorische Basis zu schaffen, um Kommunen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung zu unterstützen. Anfang dieses Jahres wurden durch die Thüringer Landesregierung zehn Leitlinien für lokale Aktivitäten im Rahmen der Agenda verabschiedet, die eine Funktion als Handlungsrahmen für die Akteure auf allen gesellschaftlichen Ebenen einnehmen. Diese Maßnahmen können sicher vorerst nur den Beginn eines landesweiten umfangreichen Entwicklungsprozesses in der Agenda-Arbeit darstellen. Bereits funktionierende Projekte zeugen von der Richtigkeit dieser Bewegung. Andere Vorhaben scheinen jedoch häufig

aufgrund formeller bzw. finanzieller Grenzen zu scheitern.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie schätzt die Landesregierung die Bedeutung der gemeinsamen Transferstelle ein?

2. Ist der Landesregierung bekannt, dass die Finanzierung vieler regionaler Agenda-Büros sowie der GET nur noch bis zum Jahresende 2000 gewährleistet ist, da die Mitarbeiter über Strukturanpassungsmaßnahmen beschäftigt sind und diese Stellen am 31. Dezember dieses Jahres auslaufen?

3. Wenn ja, welche Überlegungen gibt es, trotzdem die Arbeitsfähigkeit dieser Einrichtungen auch ab 2001 in personeller und finanzieller Hinsicht abzusichern?

4. Wie steht die Landesregierung zum Vorschlag des "Landesweiten Arbeitskreises Umweltbildung Thüringen e.V." (Akuth) , die zentrale Transferstelle in Anbetracht ihrer Bedeutung und zur Sicherung der kontinuierlichen Tätigkeit in der Staatskanzlei anzusiedeln?

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Dr. Sklenar.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Kummer beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.: Die gemeinsame Transferstelle nimmt eine zentrale Rolle ein. Sie ist die landesweit zentrale Informationsstelle für Kommunen und Bürger, die an der Umsetzung der Agenda 21 arbeiten oder arbeiten wollen. Die Regieführung des Gemeinde- und Städtebundes ist aus Sicht der Landesregierung von herausragender Bedeutung, gewährleistet diese Regieführung doch, dass wirklich alle Thüringer Kommunen, die sich für die Agenda 21 interessieren, erreicht werden können.

Zu 2.: Die Dauerhaftigkeit der gemeinsamen Transferstelle steht aus Sicht der Landesregierung außer Frage. Die finanziellen Voraussetzungen dafür sind geschaffen. Was die regionalen und insbesondere die lokalen Agenda21-Büros angeht, ist der Landesregierung bekannt, dass deren Finanzierung zum Teil über zum Jahresende auslaufende Strukturanpassungsmaßnahmen erfolgt.

Zu 3.: Für die vielen lokalen Agenda-21-Büros kann die Landesregierung weder finanziell noch personell eine unmittelbare Verantwortung übernehmen. Lokales Handeln erfordert eben auch lokale Verantwortung. Aber die Lan

desregierung hat die Möglichkeit der mittelbaren Finanzierung durch Strukturanpassungsmaßnahmen deutlich erweitert. Die entsprechenden neuen Förderrichtlinien des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur sehen die Möglichkeit der prioritären Förderung von Agenda-21-Büros vor.

Zu 4.: Wir haben uns entschieden, es bei der Federführung des Umweltressorts zu belassen, weil wir der Auffassung sind, dass im Mittelpunkt einer nachhaltigen Entwicklung in Thüringen stehen muss, unsere ressortintensive und umweltangepasste Lebens- und Wirtschaftsweise mit den natürlichen Lebensgrundlagen in Einklang zu bringen.

Nachfragen sehe ich nicht, damit ist diese Frage... Ach doch, Herr Buse, bitte.

Keine Frage, Frau Präsidentin. Namens der PDS-Fraktion stelle ich den Antrag, diese Mündliche Anfrage in Drucksache 3/930 an den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt zu überweisen.

Wir haben den Antrag gehört und stimmen darüber ab. Wer ist für diese Überweisung, den bitte ich um das Handzeichen? Damit ist das Drittel der Anwesenden nicht erreicht, nicht überwiesen. Wir kommen zur nächsten Anfrage, das ist zugleich die letzte für die heutige Fragestunde, und zwar Frau Abgeordnete Ellenberger mit der Drucksache 3/935.

Initiative "Meile 2000 für Toleranz"

Die Sportminister der Länder haben auf ihrer Konferenz im November 1999 den Beschluss gefasst, eine Initiative "Meile 2000 für Toleranz" zu starten. Anliegen dieses Projekts ist es, mit den Mitteln des Sports die Bewusstseinsbildung für Demokratie und Toleranz zu schärfen und den Teilnehmern an dieser Aktion die Möglichkeit zu geben, sich durch die Teilnahme mit dem Anliegen zu identifizieren. Kooperationspartner für diese Aktion sind unter anderem die Landessportbünde.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Veranstaltungen im Rahmen der Initiative "Meile 2000 für Toleranz" hat sie geplant?

2. Führt sie - abgesehen von Veranstaltungen im Rahmen der Initiative "Meile 2000 für Toleranz" - Veranstaltungen oder Projekte durch, bei denen mit den Mitteln des Sports für Demokratie und Toleranz geworben wird, bzw. för

dert sie diese?

3. Falls die Frage 2 mit Ja beantwortet wird, um welche Veranstaltungen oder Projekte handelt es sich, und falls mit Nein, sind solche Veranstaltungen bzw. deren Förderung geplant?

4. Wie gestaltet sich in diesen Fragen die Zusammenarbeit mit dem Landessportbund?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Maaßen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Frau Abgeordneten Ellenberger beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Die Initiative der Konferenz der Sportminister der Länder "Meile 2000 für Toleranz" wurde vom Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit nicht nur mit beschlossen, sondern wird von uns mit Nachdruck unterstützt und weiter getragen. Schon im Jahre 1990 hat der Landessportbund in seine Satzung den Vorsatz aufgenommen, gegen rassistische, nationalistische oder faschistische Tendenzen vorzugehen. Ich glaube, dass Herr Minister Dr. Pietzsch heute Vormittag bereits sehr deutlich hervorgehoben hat, dass die vielfältigen Maßnahmen der Jugendförderung und der Sportförderung unter anderem auch dazu dienen, Zeichen zu setzen gegen Gewalt von rechts, für Toleranz und Demokratie. Nun zur Beantwortung der einzelnen Fragen.

Zu Frage 1: Ja. Zum Beispiel ist für das unmittelbar bestehende Wochenende ein Modellprojekt "Basketball gegen rechte Gewalt und Ausländerfeindlichkeit" vorgesehen. Sowohl die Teilnahme einer ausländischen Erstligamannschaft aus Vilnius und deutscher Teams mit Ausländern waren dem Sozialministerium Anlass, diese Veranstaltungen mit mehreren Tausend jugendlichen Teilnehmern in und um Mühlhausen zu fördern. Zu mehreren Anlässen werden öffentliche Statements von bekannten Spielern anderer Hautfarbe für Toleranz und gegen rechte Gewalt gegeben werden. Dies ist sowohl vor Beginn der Basketballvergleiche als auch zu Streetballveranstaltungen in Schulen des Umfeldes geplant. Die große Vorbildwirkung, die bekannte Sportler auf Schüler und Jugendliche ausüben, ist unseres Erachtens gut geeignet, eindringliche Signale des Sports gegen Rassismus und Gewalt zu vermitteln.

Ein weiteres Beispiel: In Abstimmung mit dem Kreissportbund in Greiz ist vorgesehen, die vielfältigen länderübergreifenden Aktivitäten im Rahmen des Projekts "Euregio Egrensis" in die Initiative "Meile 2000 für To

leranz" einzuordnen.

Zu den Fragen 2 und 3: Der Landessportbund und seine Thüringer Sportjugend hat beginnend mit dem Jahr 1953 mehrere Freizeit- und Sportprojekte mit rechtsgerichteten Jugendlichen realisiert.

Darüber hinaus ermöglichte das Projekt des Landessportbundes "Sport mit Aussiedlern", welches aus Bundes- und Landesmitteln gefördert wird, bisher im Jahre 2000 die Durchführung von 120 Sport-, Spiel- und Bewegungsangeboten, 40 Maßnahmen "Ferien am Ort" sowie 8 Familienfreizeiten. Kernpunkt ist die Integration der Aussiedler. 16 Thüringer Sportvereine arbeiten als Stützpunkte und unterbreiten den Aussiedlern konkrete sportliche Angebote und die Möglichkeit der Einbeziehung in ein gesellschaftliches Vereinsleben. 15 Übungsleiter wurden gezielt auf diese Tätigkeit vorbereitet und leisten im Durchschnitt 20 Stunden pro Monat. Nach dem Motto "Fairständnis" wurden besonders viele Kinder und Jugendliche sowohl der Aussiedler als auch der Ortsansässigen bei einer Vielzahl von Aktivitäten integriert. Vorbildlich unterstützt wird dieses Projekt vom Thüringer Fußballverband, wobei der Wettbewerb um den All Together Footballcup seit vier Jahren gemeinsam durchgeführt wird.

Es wurde heute Morgen bereits erwähnt, die Fanprojekte im Regionalligafußball in Erfurt und Jena werden maßgeblich von der Landesregierung zu deren Erhalt und in ihrer inhaltlichen Ausrichtung u.a. gegen die Unterwanderung rechter Gruppen unterstützt. Dazu hat erst in der vergangenen Woche im Sportministerium ein Gespräch mit allen Beteiligten stattgefunden.

Zu Frage 4: Die Zusammenarbeit der Landesregierung und des Landessportbundes ist bekanntlich allgemein sehr vertrauensvoll und reibungslos. Wegen des genannten satzungsmäßigen Auftrags des Landessportbundes und wegen der besonderen Bedeutung der Aufgabenstellung für Toleranz findet in diesen Fragen ein besonders enges Zusammenwirken statt.

Gibt es Nachfragen? Ja, Frau Ellenberger.

Schlägt dieses besonders enge Zusammenwirken jetzt auch in ganz konkreten Projekten oder Veranstaltungen noch in diesem Jahr durch?

Ich habe bereits, Frau Abgeordnete Ellenberger, einige Beispiele genannt. Die Beispiele können in diesem Jahr auch noch vermehrt werden.

Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Damit ist auch diese Frage beantwortet. Ich schließe die Fragestunde für heute ab.

Wir kommen damit zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 12

Änderungen und Ergänzungen des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) sowie Beseitigung weiterer Überführungslücken im Rentensystem Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/917

Wie mir mitgeteilt wurde, wird die Begründung durch den Einreicher gewünscht. Es ist der Abgeordnete Nothnagel.