Die sind vielmehr zum einen für diejenigen einzusetzen, die aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse nicht in der Lage sind, die Beiträge in einem Betrag zu begleichen.
Zum anderen ist es langfristig gesehen sinnvoller, die frei werdenden Mittel zur Sanierung und Konsolidierung der kommunalen Aufgabenträger einzusetzen und so zu dauerhaft stabilen Gebühren und Beiträgen zu gelangen.
Da haben wir ja eine Rednerliste, ich dachte, Sie wollten eine Frage stellen. Wir haben hier Redemeldungen und ich rufe zunächst auf die Abgeordnete Wildauer, PDS-Fraktion.
Danke, Herr Staatssekretär, für die Antwort und ich kann mir eigentlich eine lange Rede sparen. Ich möchte nur noch so viel sagen - eine Bemerkung zu den Zinsbeihilfen. Ich denke, da die Regelung noch nicht mal zwei Jahre bestand,
ist es auch nicht möglich, dass in dieser kurzen Zeit so große Erfahrungen damit gesammelt werden konnten. Aber ich bin froh, dass Sie diese Entscheidung des Landesverwaltungsamtes zurückgenommen haben und dass alle Anträge, die bis zum 28. Juli gestellt wurden, auch noch Gültigkeit haben; das heißt, für die Dauer der nächsten fünf Jahre Zinsbeihilfe zu geben ist. So muss es eigentlich sein. Gut, ich bedanke mich.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, Frau Dr. Wildauer, Sie haben selber erkannt, dass der Zeitpunkt sehr kurz ist, wo die Landesregierung überhaupt in der Lage ist, zu berichten. Aber ich bin sicher, dass die Landesregierung im Innenausschuss weiterhin über die Problematik Wasser und Abwasser und wie wirken die ganzen Instrumentarien berichten wird, wie das Ganze fortwirkt. Ich glaube, dass damit Ihrem Antrag Rechnung getragen wird, dass wir im Innenausschuss dann weitere Informationen dazu bekommen und zu den weiteren Dingen will ich mich heute nicht mehr auslassen, wir haben ausgiebig darüber gesprochen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, nachdem der Vertreter des Innenministeriums, der Staatssekretär, nun auch noch mal gesagt hatte, dieses behandelte Gesetz, da hätte es keine Alternative gegeben, möchte ich sagen: Dazu gab es Alternativen, wir haben das Gesetz abgelehnt als SPD-Fraktion, wir haben entsprechende Änderungsanträge eingereicht. Wir sind überzeugt, dass es Alternativen gegeben hätte, bessere für die Kommunen und für die Bürger. Aber wir sind jetzt bei einem Gesetz, was in der letzten Sitzung beschlossen worden ist. Da wollte ich bloß darauf hinweisen. Mit der Verfahrensweise der Landesregierung, nach dem Beschluss dieses Gesetzes, kann man sich, wie ich dem Bericht entnehme, natürlich einverstanden erklären.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es fiel das Wort Innenausschuss - war das ein Überweisungsantrag? Es war kein förmlicher Antrag. Jetzt stimmen wir darüber ab, ob das Berichtsersuchen erfüllt ist, wenn es keinen Widerspruch gibt, stelle ich das als solches fest. Es erhebt sich kein Widerspruch, damit ist das Berichtsersuchen erfüllt und wir können den Tagesordnungspunkt schließen.
Aktivitäten der Thüringer Landesregierung bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/922
Auch hier wurde mir angekündigt, dass ein Sofortbericht durch die Landesregierung gegeben wird. Eine Begründung durch den Einreicher sehe ich nicht. Dann können wir unmittelbar zum Bericht der Landesregierung kommen. Bitte, Frau Staatssekretärin Bauer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, im Namen der Landesregierung gebe ich folgenden Bericht zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen:
Seit Neugründung des Freistaats Thüringen hat die Thüringer Landesregierung dem Thema "Gewalt gegen Frauen - Gewalt in der Familie" große Aufmerksamkeit gewidmet. Gemeinsam mit den kommunalen Gebietskörperschaften, den Vereinen und Verbänden wurde frühzeitig ein flächendeckendes Netz von Frauenhäusern geschaffen, die den von Gewalt bedrohten Frauen und Kindern Unterkunft und Unterstützung bei der Bewältigung ihrer vielschichtigen, hochsensiblen Probleme anbietet. Die anfangs vielfach über den zweiten Arbeitsmarkt finanzierten Häuser erhielten ab 1991 die Möglichkeit, durch großzügige Förderung des Landes ihre Mitarbeiterinnen in ein reguläres Arbeitsverhältnis übernehmen zu können. Mit diesem Schritt unterstrich die Landesregierung frühzeitig den Stellenwert der Opferbetreuung bei Gewaltdelikten in der Familie. Aufgrund der sehr komplexen und anspruchsvollen Tätigkeitsprofile der Frauenhausmitarbeiterinnen und der Tatsache, dass durch initiale Inanspruchnahme von ABM-Stellen nicht immer Frauen mit entsprechender Qualifikation die Tätigkeit in den Frauenhäusern aufnahmen, entwickelte die Landesregierung ein berufsbegleitendes Ausbildungsprogramm, um für die Mitarbeiterinnen die Voraussetzung zur Übernahme in die Landesförderung zu ermöglichen. Denn der Landesregierung war klar, dass in einem derart sensiblen Bereich nicht mit wechselnden Mitarbeiterinnen gearbeitet werden kann. Frühzeitig erkannte die Thüringer Landesregierung, dass zur Bekämpfung von
Gewalt eine Opferbetreuung nicht ausreicht. Deshalb wurde 1995 ein Programm zur Täterarbeit entwickelt.
Die Herren hier vorn an der Regierungsbank sehen nicht die kritischen Blicke der Frauenbeauftragten. Sie dürfen ruhig auch zuhören.
Wir sind gegen Gewalt. Was bei einigen von Ihnen, meine Damen und Herren der SPD-Fraktion, zum damaligen Zeitpunkt auf großes Unverständnis stieß. Parallel dazu wurden im Justiz- und Innenministerium geeignete Maßnahmen entwickelt, die den Opfern eine möglichst unkomplizierte und zeitnahe Aufarbeitung ihrer schwierigen Lebenssituation ermöglichen und den Tätern die Nichtakzeptanz ihres Verhaltens innerhalb unserer Gesellschaft deutlich machen. Dazu gehören seit 1995 die Sonderdezernate für Strafsachen gegen die sexuelle Selbstbestimmung der Frau und Gewalt im sozialen Nahraum bei drei Staatsanwaltschaften, die ausschließlich von Staatsanwältinnen besetzt sind. Diese Sonderdezernate sollen sicherstellen, dass Erfahrungen bei der Bearbeitung solcher Delikte besondere Sensibilität im Umgang mit den Opfern und Sachkompetenz konzentriert werden. Die Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten im Zusammenhang mit der Thematik des Täter-Opfer-Ausgleichs sowie der sachgerechten Behandlung von Straftaten, die gegen die sexuelle Selbstbestimmung der Frau gerichtet sind, erfolgt in Thüringen durch die Angebote der deutschen Richterakademie. Seit dem 1. September 1996 führt das Thüringer Justizministerium am Landgericht Erfurt ein Zeugenbetreuungsprojekt durch. Besonders den weiblichen Opferzeugen soll durch eine zu diesem Zweck eingesetzte Gerichtshelferin schon im Ermittlungsverfahren, aber auch begleitend zur Vernehmung in der Hauptverhandlung eine geeignete Betreuung und ein geeigneter Schutz zuteil werden. Bereits seit September 1998 traf sich auf Einladung der Strafrechtsabteilung des Thüringer Justizministeriums eine Arbeitsgruppe in Erfurt, um der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis eine Orientierungshilfe im Hinblick auf das neue Zeugenschutzgesetz sowie überhaupt Richtlinien zum Schutz kindlicher Opferzeugen im Strafverfahren anbieten zu können. Dabei wurden Regelungen für das Ermittlungsverfahren erarbeitet. Daraus hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eine Handreichung zum Schutz kindlicher Zeugen im Strafverfahren formuliert. Nunmehr hat sich eine vergleichbare Arbeitsgruppe konstituiert, um eine Handreichung zum Schutz erwachsener Opferzeugen im Strafverfahren zu erarbeiten. Das Landeskriminalamt hat frühzeitig die Richtlinien zur polizeilichen Bearbeitung von Sexualstraftaten gegen Frauen sowie polizeilichen Opferschutz erlassen. Diese Richtlinien verfolgen insbesonders den Zweck, die Beamtinnen und Be
amten für die Situation des Opfers zu sensibilisieren, erneute psychische Belastungen des Opfers durch die polizeiliche Vernehmung zu vermeiden und sicherzustellen, dass das Opfer über seine Rechte informiert wird. Dabei wird das vorurteilsfreie Reagieren gegenüber Opfern, also auch solcher häuslicher Gewalt, sowie vorbehaltloses Zusammenwirken mit den Einrichtungen der Opferbetreuung und anderen Hilfs- und Beratungsstellen vorausgesetzt. Allen Opfern wird ein Merkblatt über Rechte und Befugnisse von Verletzten in Strafverfahren ausgehändigt. Im Jahr 1993 wurde im ehemaligen Polizeipräsidium die Stelle einer Beauftragten für Kriminalitätsopfer eingerichtet. Mit der Auflösung des Polizeipräsidiums wurde im Landeskriminalamt Thüringen die Zentralstelle für polizeilichen Opferschutz geschaffen. In den sieben Polizeidirektionen des Freistaats sind befähigte Beamtinnen und Beamte als Beauftragte für Opferschutz im Nebenamt tätig.
Der polizeiliche Opferschutz hat im Wesentlichen die Ziele, im Verlauf der erforderlichen polizeilichen Ermittlungen die Belange von Kriminalitätsopfern zu berücksichtigen, eine zusätzliche Schädigung der Opfer durch sekundäre Viktimisierung zu vermeiden sowie Informations- und Weitervermittlungshilfen zu leisten. In den Kriminalpolizeiinspektionen wurden zudem spezielle Kommissariate "Straftaten gegen Frauen/Sexualdelikte" eingerichtet, in denen eigens geschulte und befähigte Beamtinnen und Beamte zum Einsatz kommen. Die Aus- und Fortbildung der Thüringer Polizei erfolgt unter Berücksichtigung der 1995 erstellten Schulungskonzeption "Männliche Gewalt gegen Frauen" vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die am Fortbildungsinstitut der Thüringer Polizei durchgeführten Lehrgänge werden durch Fachvorträge zur Thematik "Häusliche Gewalt" durch das Landeskriminalamt Thüringen, aber auch durch Vertreterinnen von Hilfs- und Beratungsstellen wirkungsvoll ergänzt. Im Rahmen der außerschulischen Jugendbildung und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes werden vom Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit umfangreiche Maßnahmen und Projekte zur Gewaltprävention durchgeführt. Hier sei auch auf das 1997 initiierte Jugendkriminalitätspräventionsprogramm verwiesen, an dem die Polizei beteiligt ist. Das Thüringer Kultusministerium bietet im Rahmen seiner Fortbildungsmaßnahmen Veranstaltungen zur Sensibilisierung der Lehrer für diese Gewaltthematik an. Mit den Verbänden und Vereinen, die die Förderprogramme aus dem Bereich Frauenbeauftragte in Anspruch nehmen, stehe ich in kontinuierlichem Austausch. Die Zusammenarbeit zeigt sich auch in vielfältigen Veranstaltungen, jährlichen Treffen und Besuchen in den Einrichtungen. Hier sei beispielhaft benannt Treffen mit der Fachgruppe "Frauenhäuser" am 17. Februar 2000 des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Teilnahme an der Fachtagung "Vernetzung gegen Männergewalt" des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Teilnahme an der Fachtagung "Qualitätssicherung im Frauenhaus" des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Weiterhin sind hier zu nennen: Organisierung der Fortbildungsreihe für Frauenhausmitarbeiterinnen, Treffen mit der LAG Strohhalm im Februar
des Jahres, regelmäßige Besuche der Einrichtungen in den vergangenen Jahren und auch dieses Jahr, vierteljährliche Zusammenkünfte mit den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, regelmäßige Treffen mit dem interministeriellen Ausschuss für Frauenfragen. Bei all diesen Treffen ist das Thema "Gewalt im sozialen Nahraum - Gewalt gegen Frauen" ein ständiges Thema.
Über die Richtlinien zur Förderung von frauenpolitischen Maßnahmen für die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Gesellschaft werden seit Jahren Veranstaltungen zur Thematik Gewaltpräventionen verschiedener Maßnahmeträger bezuschusst. Ziel ist, die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für diese Thematik zu erreichen.
Folgende Veranstaltungen wurden im Haushaltsjahr 1999 bezuschusst: Seminar "Sexuelle Gewalt und Gegenstrategien", Gewaltprävention für Frauen und Mädchen, Veranstaltungsreihe "Gewalt hat viele Gesichter", Gewaltprävention, die Thüringer Frauenkonferenz und die Veranstaltung "Gewalt hat viele Gesichter". Darüber hinaus wurden von mir im Haushaltsjahr 1999 die Veranstaltung "Europäische Ansätze und Initiativen zur Bekämpfung von Gewalt in der Familie" in Gera sowie die Veranstaltung aus Anlass des Internationalen Tages "Nein zur Gewalt gegen Frauen" im November in Erfurt durchgeführt. Für das Jahr 2000 ist am 25. November 2000 die Veranstaltung "Frauen und Extremismus" in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung vorgesehen. Die Fortbildungsreihe für Frauenhausmitarbeiterinnen wird ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale weiter fortgeführt.
Bezüglich der notwendigen Änderung im Polizeirecht möchte ich auf das Polizeiaufgabengesetz des Freistaats Thüringen mit letzter Änderung vom 27. Juni 1990 verweisen. Neben der Möglichkeit des Platzverweises ist gemäß § 19 Abs. 2 Polizeiaufgabengesetz die Polizei befugt, eine Person in Unterbindungsgewahrsam zu nehmen, sofern dies unerlässlich ist die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung zu verhindern. Mit dieser Regelung wird sowohl fortgesetzter häuslicher Gewalt begegnet als auch die Frau ermutigt, bei der Polizei um Hilfe zu ersuchen. Die polizeilichen Maßnahmen richten sich nach den allgemeinen Vorschriften der Strafprozessordnung bzw. nach den Regelungen des Thüringer Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei. Die Polizeibeamten sind angewiesen, jeder Bitte um Beistand und Schutz in mutmaßlichen Fällen häuslicher Gewalt nachzugehen. Bei Erhalt der Anzeige hat die Polizei die Parteien und Zeugen einschließlich der Kinder in getrennten Räumen zu befragen, damit sie sich frei äußern können, eine komplexe Anzeigenaufnahme zu sichern, um möglichst Nachvernehmungen auszuschließen, das Opfer auf seine Rechte im Strafverfahren aufmerksam zu machen.
Die Maßnahmen zeigen, dass der Freistaat Thüringen weit vor dem Aktionsplan der Bundesregierung der wirksamen Bekämpfung häuslicher Gewalt eine gesetzliche Grundlage gegeben hat. Eine neuerliche Änderung von Landesgesetzen wird von Seiten der Landesregierung als nicht notwendig erachtet. Auf meine Initiative hin wurde im Freistaat Thüringen eine interministerielle Arbeitsgruppe "Gewaltprävention" ins Leben gerufen. Erfreulicherweise hat sich daraus eine interministerielle Arbeitsgruppe mit Kabinettsauftrag entwickelt. Im Ergebnis dieser Arbeitsgruppe wird im Innenministerium eine Koordinierungsstelle aufgebaut, die für die Gesamtkoordination der Präventionsmaßnahmen und -projekte zuständig ist.
Wie Sie aus meinen Ausführungen entnehmen können, entwickelt die Thüringer Landesregierung seit 1991 Maßnahmen und Strukturen zur nachhaltigen Bekämpfung von häuslicher Gewalt und wird dies in Kontinuität fortsetzen. Von der Thüringer Landesregierung wird das von der Bundesregierung verabschiedete Aktionsprogramm als ein Beitrag zur Sensibilisierung der allgemeinen Öffentlichkeit und zur Entwicklung von bundesweit einheitlichen Vorgehensweisen in der Gewaltbekämpfung gesehen. Der im Rahmen des Aktionsprogramms vorgelegte Referentenentwurf eines Gewaltschutzgesetzes ist zurzeit in der Diskussion. Die bestehenden Mängel des Gesetzentwurfs, die sich besonders in der Schwächung der Rechtsposition der betroffenen Frauen gegenüber geltendem Recht und die schwierige Umsetzbarkeit des Gesetzes im Gerichtsalltag durch unterschiedliche Zuständigkeitszuweisungen zwischen Zivil- und Familiengerichten zeigen, müssen einer Lösung zugeführt werden. Das Aktionsprogramm bleibt deutlich hinter den Erwartungen der Thüringer Landesregierung zurück. Die erwartete finanziellen Untersetzung ist bisher ausgeblieben. Die Thüringer Landesregierung sieht nicht in der Neuschaffung von Strukturen eine höhere Gewaltpräventionswirksamkeit, sondern setzt auf Ausbau und intensivere Vernetzung bestehender Strukturen, um effektivere Gewaltbekämpfung zu erreichen. Ich bedanke mich.
Nein. Ich glaube, es geht mit Redebeiträgen weiter. Es hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Bechthum, SPDFraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Konferenz der Bundesregierung und der Europäischen Union "Gewalt gegen Frauen" im März 1999 verpflichtete die nationalen Regierungen, in Zusammenarbeit mit Frauen der Nichtregierungsorganisationen jeweils einen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen zu erstellen und die notwendigen Mittel für die Umsetzung bereitzustellen. Die Bundesregierung hat schnell gehandelt und im Dezember 1999 einen nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen verabschiedet, der auch im Bundestag beschlossen worden ist.
Warum ein solcher Aktionsplan gegen Gewalt? Reichen die bestehenden Strukturen nicht aus? Die Gewalt im häuslichen Bereich gegen Frauen und damit auch gegen Kinder ist nicht geringer geworden. Sie ist eher angestiegen. Bereits 1996 hat die Bundesarbeitsgemeinschaft "Deutsche Frauenund Kinderschutzhäuser" nüchtern und sachlich den dramatischen Anstieg von Gewalt in Familien mit Zahlen belegt. Problematisch ist, dass nur jede 10. Frau erfahrene Gewalt zur Anzeige bringt. 6.000 Gewaltopfer werden allein in Ostdeutschland jährlich in Frauenhäusern aufgenommen und damit auch viele Kinder. Aber es fällt auf, dass in den letzten Monaten in den Medien über Gewalttaten im häuslichen Bereich, im so genannten sozialen Nahraum, gegen Frauen anders berichtet wird als noch vor Jahren. Es werden Ursachen für Gewaltausbrüche, für Gewalttaten angedeutet. Ich zitiere ein Beispiel aus der TA vom 29.12.1999: "Ehefrau schwer misshandelt. Die Spannungen in der Familie lagen wohl in der besonderen Persönlichkeit des Angeklagten begründet. Er war streng und mit Prügel aufgewachsen, hegte oft grundlos Misstrauen gegen seine Frau, fühlte sich vernachlässigt und belogen..." usw. Es ist in zahlreichen Untersuchungen nachgewiesen, dass ein Zusammenhang zwischen Frauenmisshandlung und Kindesmisshandlung besteht. Frauen und Kinder werden häufig gemeinsam Opfer von Gewalt. In 70 Prozent der Fälle, in denen Frauen Gewalt erlitten, wurden auch die Kinder misshandelt und Kinder sind auch häufig Zeugen von Misshandlungen. Sie erleben, wie ihre Mutter beschimpft, geschlagen oder bedroht wird. Da versteht sich von selbst, dass diese Erfahrungen für Kinder im höchsten Maße bedrohlich sind und schädliche Auswirkungen auf ihre Entwicklung haben. Was wird als erlebte Gewalt insbesondere an Frauen definiert? Man hat das zusammengetragen. Weshalb fliehen Frauen in ein Frauenhaus? Weshalb trennen sie sich? Weshalb gehen sie auseinander? Gewalt definiert sich vielschichtig, im schlimmsten Fall als schwere körperliche Misshandlung und Vergewaltigung; aber im subtilen Fall jedoch ebenfalls in dauerhaften Auswirkungen auf Selbstwert- und Lebensgefühl der Betroffenen, als verbale und physische Gewalt und als psychische Gewalt. Gerade im besonders sensiblen häuslichen Bereich ist der Gewalt gegen Frauen und Kinder am schwierigsten beizukommen. Das Gewaltgeschehen ist komplex und erfordert komplexe Antworten in Form eines Gesamtkonzepts. Der Aktionsplan der Bundesregierung, u.a. mit dem Gesetzent
wurf zum zivilrechtlichen Schutz bei Gewalttaten, verstärkt die rechtlichen Werkzeuge gegen häusliche Gewalt. Prävention von Gewalt und Aggression fängt in der familiären Erziehung an und die Sensibilisierung in der Öffentlichkeit muss verstärkt vorangetrieben werden. In der Bundesrepublik, somit auch in Thüringen, Frau Staatssekretärin hat ganz richtig viele, viele Initiativen aufgezählt, sind in den zehn Jahren nach der Wende viele Initiativen zur Bekämpfung von Gewalt in der Familie gegen Frauen und Kinder unternommen worden. Untersuchungen, Fortbildungen, Konferenzen, Täterarbeit, Interventionsprojekte, ein eigener Titel im Haushalt der Landesfrauenbeauftragten, Beratungsmöglichkeiten oder Aufarbeitung von Gewalt, also für gewalttätige Männer, der damals 1995 mit 500.000 DM bezuschusst wurde, was sich dann aber als Flop erwies. Die Ursachen sind bekannt. Es wurde gesagt, die SPD hat das damals abgelehnt. Das Problem bestand darin und es ist heute auch noch ein Problem, obwohl ich es nicht so schlimm gesehen habe, dass dieses Geld in dem Ressort der Landesfrauenbeauftragten gewesen ist. Wenn das im Innenressort oder im Sozialministerium gewesen wäre, hätte keiner etwas dagegen gehabt. Aber all die Frauen aus Frauenhäusern, die waren sehr sensibilisiert. Wir hatten die große Anhörung dazu. Das hat sie gestört. Da musste auch erst einmal ein Prozess stattfinden, dass man das heute auch gleichmütiger sieht.
Als das bedeutendste Modellprojekt gegen Gewalt erweist sich das Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt "BIG" genannt. Das ist für Sie auch wichtig. Das ist noch von der Frauen- und Familienministerin der CDU der Bundesregierung, Frau Claudia Nolte, 1995 initiiert worden. Thüringen hatte sich auch um das Projekt beworben. Es wurde von der damaligen Berliner Senatorin, Frau Dr. Christine Bergmann, begleitet. Die Erfahrungen des bis 1999 laufenden "BIG" sind in den Aktionsplan der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen eingeflossen. Die Schlussfolgerungen aus all den vielen Maßnahmen, die in ganz Deutschland laufen, und die in den einzelnen Bundesländern sind in dieses Konzept eingeflossen. Um Gewalt gegen Frauen wirkungsvoll und nachhaltig zu bekämpfen, bedarf es eines umfassenden Gesamtkonzepts. Das war die Schlussfolgerung. In diesem vorliegenden Aktionsplan wird erstmals ein solides Konzept für alle Ebenen der Gewaltbekämpfung entworfen. Die Schwerpunkte des Konzepts liegen in den Bereichen Prävention, z.B. die gesetzliche Verankerung der gewaltfreien Erziehung des Kindes - ich hatte es schon erwähnt, die CDU/CSU hat es im Bundestag abgelehnt -, dann das Recht, z.B. das Gewaltschutzgesetz, das Kontakt-, Belästigungs-, Näherungsverbot und die vereinfachte Zuweisung der Ehewohnung gesetzlich regeln, dann die Kooperation zwischen Institutionen und Projekten, die Vernetzung von Hilfsangeboten, Täterarbeit, Sensibilisierung von Fachleuten und Öffentlichkeit, internationale Zusammenarbeit.
Zu den Zuständigkeiten: Ein solches Gesamtkonzept schließt unvermeidlich auch Zuständigkeitsbereiche der
Länder und Kommunen mit ein. Der Bundesrat hat in seiner 752. Sitzung am 9. Juli 2000 zu dem Aktionsplan Stellung genommen. Thüringen gehört ja auch dazu. Ich zitiere nur einige wenige Gedanken daraus: "Der Bundesrat unterstützt den von der Bundesregierung vorgestellten Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Der im Aktionsplan dargestellte umfassende Präventionsansatz ist sinnvoll und die bestehenden Hilfsangebote für die von Gewalt betroffenen Frauen werden von den Ländern und Kommunen gefördert." Und es war auch die Kritik berechtigt, der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich finanziell an den im Aktionsplan empfohlenen zusätzlichen Maßnahmen zu beteiligen. Aber auch als notwendig erachtete Maßnahmen sind im Zuständigkeitsbereich der Länder verankert, was eine stärkere Einbindung aller Bundesländer erfordert. Und es wird auch als positiv die BundLänder-Arbeitsgruppe zur Thematik "häusliche Gewalt" gesehen.
Meine Damen und Herren, es beunruhigt, dass in Thüringen Ruhe zu dem Thema, zum Aktionsplan und seiner Umsetzung im Land und in den Kommunen herrscht. Wir im Gleichstellungsausschuss haben bis jetzt fast zu jeder Sitzung mindestens einen Punkt zu diesem Thema. Aber da kommt auch sehr wenig nach draußen. Wo ist hier die Öffentlichkeit für diese so brisante Thematik? Im Juni hat die 10. Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen der Länder stattgefunden. Die Landesfrauenbeauftragte ist Mitglied dieser Konferenz. Ein Tagesordnungspunkt beinhaltete die Eckpunkte für die Regelung präventiver Maßnahmen der Polizei, in Fällen häuslicher Gewalt das Wegweisungsrecht. Die Landesfrauenbeauftragte äußert sich bisher den Mitgliedern im Gleichstellungsausschuss gegenüber nur negativ und abwertend, wie es auch heute geschehen ist, zu dem Aktionsplan. Ich frage sie, hat sie sich in der Konferenz ebenso dazu geäußert oder wo waren da ihre kritischen Bemerkungen? Man hat den Eindruck, der Aktionsplan in seiner Gesamtheit wird von ihr entweder gänzlich abgelehnt oder anscheinend nicht verstanden. Die finanzielle Unterstützung durch die Bundesregierung bei der Umsetzung von Landesinitiativen in einem Landesaktionsplan, z.B. eine Anschubfinanzierung, ist eine berechtigte Forderung in fast allen Stellungnahmen. Die Länder selbst müssen Konzepte entwerfen, wie das jeder, der eine Forderung beantragt, tun muss. In der Haushaltsplanung für Thüringen, insbesondere für den vorgesehenen Doppelhaushalt, ist die Finanzierung einzuplanen zum Beispiel auch für die in Thüringen bestehenden Gewaltpräventionsprogramme und den verstärkten Auf- und Ausbau von Konfliktberatungsstellen, die es schon gibt, das heißt, soziale Trainingskurse u.a. für Männer. Da ist auch eine Zusendung, in der haben wir das alles sehr schön aufgestellt bekommen vom Thüringer Innenministerium am 16. Juli 2000 an den Gleichstellungsausschuss mit einer Stellungnahme vom 15.09.1999, noch vom letzten Innenminister. Ich hoffe, der neue Innenminister, Herr Köckert, wird die Initiative seines Vorgängers, Herrn Dewes, hier auch weiterführen. Ich muss noch mal betonen, die Zusammenarbeit mit dem Kultus-,
dem Innen- und dem Justizminister war in den letzten Jahren, auch gerade als wir im Gleichstellungsausschuss daran gearbeitet haben, sehr befruchtend, aber wir sind an die gesetzlichen Grenzen gestoßen. Das war es. Wir können viel Gutes aufweisen, aber es kamen die rechtlichen Grenzen. Wenn das deutsche Gewaltschutzgesetz nach Vorbild des östereicherischen Gewaltschutzgesetzes umgesetzt werden soll, d.h. die Wegweisung und das Rückkehrverbot des gewalttätigen Täters, reichen die bisherigen Maßnahmen des Platzverweises und der Ingewahrsamnahme, wie auch in Thüringen praktiziert, nicht aus. Im Juli 2000 sollte eine spezielle Arbeitsgruppe von Bund und Ländern ganz konkret zum Polizeirecht gebildet werden, wo man abtasten wollte, was ist machbar - es soll ja nichts aufgedrängt werden. Und hier wäre es schon interessant, ob es Aussagen zu dieser Verfahrensweise gibt.
Etwas zur Zusammenarbeit der Landesfrauenbeauftragten mit den Verbänden und Vereinen: Ich muss Ihnen ehrlich sagen, es versetzt einen doch immer wieder in Erstaunen, wie die Landesfrauenbeauftragte Thüringens im Range einer Staatssekretärin mit den Expertinnen, den Fachfrauen, den Sozialarbeiterinnen in Frauenhäusern, den Beraterinnen in Lebens-, Familien- und Erziehungsberatungsstellen, den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, die zur Umsetzung eines Landesaktionsplanes viel beitragen können, die sicherlich den größten Teil dazu leisten müssen, umgeht. Diese Fachfrauen und Fachmänner in Thüringen haben sehr gute Ideen. Zum Beispiel hat hier in Erfurt die Gleichstellungsbeauftragte zu "10 Jahre Gleichstellung" eingeladen. Es macht sich so jeder seine eigenen Gedanken. Sie hat vor, ein Männerbüro hier einzurichten, wo man eventuell schon mit Männern, die in U-Haft sind wegen Gewalt, dass man vielleicht mit Polizeirecht schon an die herankommt und mit ihnen reden kann. Aber das muss doch geklärt werden. Das ist ein Vorschlag. Ich finde, damit muss man sich einfach auseinander setzen.
Das war ein Handy - zum wiederholten Mal heute. Entschuldigung. Bitte? Ist es wahr? Es ist wieder ein Handy?