(Zwischenruf Köckert, Innenminister: Sie haben keine Ahnung, was die Aufgabe einer rechtsanwaltlichen Vertretung ist.)
mit dem er zu tun hat, kennen können. Nach der Darstellung des Gasser-Berichts in der Pressekonferenz handelt es sich um einen Klimabericht, der die Großwetterlage im Amt beschreibt, ohne auf die öffentlich gewordenen Skandale wirklich einzugehen. So sind die von der zunächst empörten Öffentlichkeit aufgeworfenen Fragen nach wie vor nicht beantwortet. Schließlich hat sich aber Beruhigung darüber eingestellt, da die Untersuchung wohl nichts weiter Spektakuläres ergeben habe. Im "Spiegel" erklärten dann Sie, Herr Innenminister, man habe die Sache nicht in allen Einzelheiten untersucht. Dass der Ex-Innenminister Dr. Dewes den Bericht mit einem "Amateurvideo von einem Flugzeugabsturz" vergleicht, verwundert dann nicht.
Meine Damen und Herren, es ist ein Skandal, dass nach all den genannten Skandalen ein inhaltsleerer und nicht öffentlicher Bericht kommt. Die Bürgerschaft des Landes und wir als Abgeordnete dieser Bürgerschaft haben das Recht auf eine lückenlose Aufklärung. Diese Skandale haben etwas mit dem Wesen dieser Geheimdienste zu tun. Und genau deshalb und wegen unserer Erfahrung führt uns alles dieses zur Forderung nach der Umwandlung oder der umgehenden Auflösung des Landesamts, denn, so auch der italienische Semiotiker und Schriftsteller Umberto Ecco: "... es ist eine Schande, dass man überhaupt noch daran denkt, öffentliche Gelder für sie", die Geheimdienste, "auszugeben." Meine Damen und Herren, wir teilen nicht die Auffassung des Innenministers, dass der Verfassungsschutz eine Angelegenheit ist, die nicht nach Öffentlichkeit drängt. Es scheint vielmehr so zu sein, dass der Verfassungsschutz unendlich viel Öffentlichkeit benötigt. Es scheint leider, dass noch einige Skandale folgen müssen, bis die skandalöse Struktur und die dubiosen Methoden eines solchen zutiefst fragwürdigen Demokratieverwaltungsamts öffentlich klar geworden ist. Vielleicht sind hier Aktivitäten von Bürgerkomitees nötig, um diese Arbeit zu machen,
die ein Sonderermittler vernachlässigen muss, um die Kontrolle herzustellen, die ein Sonderermittler unter der Prämisse Geheimnisschutz gar nicht ausfüllen kann.
Offen bleiben für uns nach wie vor viele Fragen, auch nach dem, was Sie, Herr Minister hier vorgetragen haben. Wer hat den Neonazi Dienel wann angeworben und wie kam es dazu? Was bedeutet eigentlich die Bezeichnung "geheimer Mitarbeiter"? Welcher Art, Form und Dauer war die Beschäftigung Dienels? Was hatte Dienel mit der am 04.05.1998 durch den Verlag "Neues Denken" an das Innenministerium versandten Lichtbildmappe der Polizei zu tun? Wie kam er eigentlich zu dieser Mappe? Hatte Dienel einen Auftrag, den stellvertretenden Landesvorsitzenden der HBV öffentlich zu beschädigen, oder wurde er zumindest durch das Amt darin unterstützt? Wer ist für diese Aktivitäten verantwortlich? Ist hier beabsichtigt gewesen, diejenigen zu diskreditieren, die gegen Neofaschismus und Rassismus arbeiten? Sollte hier das Ansehen von Gewerkschaftern und Gewerkschaften insgesamt beschädigt werden?
Zahlreiche Fragen sind hinzugekommen. Was genau geschah rund um den Heron-Verlag? Es muss doch verwundern, wenn ich das Video mit dem Film von Herrn Seela beim Heron-Verlag bestelle und vom Verfassungsschutz zugeschickt bekomme. Wie wird oder wurde in diesem Zusammenhang gegen Mitarbeiter von Landesbehörden strafrechtlich wegen amtsinterner Vergehen ermittelt? Wie ist der Stand solcher eventuellen Ermittlungen? War Ex-Innenminister Dr. Dewes tatsächlich nicht eingeweiht? Und wenn ja, woran liegt denn das, dass der zuständige Minister in solche Dinge eventuell nicht eingeweiht ist?
Meine Damen und Herren, Herr Minister, wir können auch nicht zustimmen, wenn die Rede von den Erfolgen des Verfassungsschutzes ist, für die dann immer so ganz nebenbei ganz massive Grundrechtseinschränkungen in Kauf genommen werden müssen. Darüber hinaus, als Frühwarnsystem, für das der Verfassungsschutz immer wieder gehalten wird, hat dieser Geheimdienst ausreichend versagt. Seine Diagnose- und Analysefähigkeiten waren und sind nach unserer Erfahrung nicht ausreichend ausgeprägt.
Der Verfassungsschutz stellt ein untaugliches Instrument bei der Bekämpfung der extremen Rechten dar, nicht nur, weil er gern nach links schielt und nach rechts nicht, der Verfassungsschutz hat die Zunahme
rechter Organisationen, Aktivitäten und Angriffe nicht vorhersagen noch zurückdrängen können. Das werden Sie nicht bestreiten. Er ist schon insofern ein untauglich Ding. Und man darf im Übrigen auch nicht zufrieden sein, wenn das Ergebnis so genannter verfassungsschützerischer Arbeit sich dann darauf reduziert, Veranstaltungen zu unterbinden. Das kann ja wohl der langfristige Zweck von Verfassungsschutztätigkeit nicht sein. Wissenschaft und Initiativen waren immer schneller und kompetenter, wenn es darum ging, die Entwicklungen im rechtsextremen Lager zu skizzieren. Hinzu kommt, dass bis heute der Verfassungsschutz die strukturellen und organisatorischen Qualitäten rechter Organisationen leugnet oder herunterspielt, indem er deren Motivlage, ihre Quantität, ihre Organisiertheit, ihre Mobilisierungsfähigkeit unterschätzt. Während 90 Prozent dieser Täter in Gruppen handeln, hat die Einzeltäterthese beim Verfassungsschutz nach wie vor Hochkonjunktur. Rechte Terroroptionen wurden zumeist durch antifaschistische Recherchebemühungen und nicht durch den Verfassungsschutz prognostiziert. Dieser war erst dann zur Stelle, wenn die Fakten in Form von Aufmärschen, Attentaten oder Anschlägen auf dem Tisch lagen.
Meine Damen und Herren, was den neuen Leiter des Landesamts Herrn Thomas Sippel angeht, fällt nach meiner Ansicht eines auf: die Einstellung einen Tag vor dem Thema "Gasser-Bericht" in der Plenarsitzung. Das erweckt den Eindruck, die Streitigkeiten und Personalfragen seien der zentrale Skandal im Landesamt gewesen.
Meine Damen und Herren, die PDS-Fraktion hält die Delegation von Fragen der Sicherung der Demokratie an ein Amt für den Ausdruck eines verkürzten Demokratieverständnisses. Der Schutz der Verfassung ist Aufgabe aller Bürgerinnen und Bürger. Die skandalösen Thüringer Vorgänge belegen nach unserer Auffassung nur eines: Statt Geheimdienst, der nicht kontrolliert werden kann, braucht es ein demokratisches, engagiertes Handeln und kritische Öffentlichkeit. Das war die Erkenntnis und die Forderung der Bürgerkomitees 1989. Die Gründe und der Sinn ihrer Forderung nach einer geheimdienstfreien Gesellschaft bleiben, auch wenn Sie, meine Damen und Herren, weiter glauben, man könne die demokratische Verfasstheit einer Gesellschaft auf konspirative Art und Weise sichern, und Sie auch weiterhin die Vorgänge um das unselige Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz für einen wesensfremden Ausrutscher halten. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, vielleicht ging es Ihnen ja bei den Ausführungen von
Herrn Schemmel - einem immerhin ehemaligen JustizStaatssekretär - so wie mir. Herr Schemmel, nachdem Sie die Ausführungen, den Bericht des Innenministers gehört hatten, dann immer noch die Vorlage dieses Berichts von Herrn Dr. Gasser hier an den Landtag zu fordern, ich muss Ihnen sagen, da kann man die Bürgerinnen und Bürger des Landes eigentlich nur noch einmal beglückwünschen, dass sie vor einem Jahr so entschieden haben, wie sie entschieden haben.
Meine Damen und Herren, wenn Sie sich erinnern, vor zwei Tagen haben verschiedene Redner der Opposition, teilweise auch mit viel Pathos, das Prinzip der Gewaltenteilung hier im Landtag verteidigt und beschworen. Es geschah aus meiner Sicht in einer Situation, die dem nicht bedurfte. Vom Grundsatz her sind wir da natürlich beieinander, das ist vollkommen klar, aber umso unverständlicher, meine Damen und Herren, bleibt mir natürlich, warum Sie in Ihrem Antrag nach wie vor diesen Punkt 2 stehen haben, wo Sie die Herausgabe des Berichts hier an den Landtag fordern. Ich kann es mir eigentlich nur damit erklären, dass Sie offensichtlich diesen Antrag formuliert haben, bevor Sie Ihre Reden gehalten haben.
Herr Stauch, finden Sie es als Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission in Thüringen, damit als unser aller Vertreter, die wir im Parlament sitzen, in Ordnung, dass Ihnen ein solch wichtiger Bericht in der Parlamentarischen Kontrollkommission nicht vorgelegt wird?
Herr Schemmel, damit wird sich die Parlamentarische Kontrollkommission auseinander setzen, und zwar in der Parlamentarischen Kontrollkommission und nicht hier im Landtag. Im Übrigen sehe ich mich nicht als Ihr Vertreter in der Parlamentarischen Kontrollkommission - das darf ich Ihnen auch sagen.
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion verlangt ich werde es Ihnen auch begründen -, dem Landtag einen Untersuchungsbericht vorzulegen, der - und das wurde vom Innenminister dargestellt - von ihm in Auftrag gegeben wurde, um Vorgänge und Sachverhalte zu untersuchen, die sich auf das Landesamt für Verfassungsschutz beziehen. Er wurde angefertigt, um dem Innenminister und der Landesregierung zur Entscheidungsfindung zu dienen. Der Hinweis, denke ich, ist noch einmal wichtig. Es liegt also mit dem Untersuchungsbericht keine Entscheidung etwa vor, sondern er soll zur Entscheidungsfindung dienen. Genau da, meine Damen und Herren, sind wir bei der Gewaltenteilung angekommen. Es muss auch in Thüringen geboten sein, dass die Exekutive im Stadium der Vorbereitung, der Abwägung - der Innenminister hat dargelegt, dass man sich zurzeit in dieser Phase befindet auch frei von äußeren Einflüssen sein muss. Das heißt, es muss einen Initiativ- und Beratungsbereich der Landesregierung geben - da verweise ich einmal auf Linck in seinem Verfassungskommentar. Dort heißt es wörtlich: "... der grundsätzlich auch nicht gegenüber dem Parlament offen gelegt werden darf.", so Linck in seinem Verfassungskommentar zu diesem Punkt. Das ist eben Gewaltenteilung, meine Damen und Herren. Die kann man nicht nur dann einfordern, wenn sie einem passt, sondern die gilt auch dann, wenn sie einem einmal nicht passt, wie Ihnen in diesem Punkt.
(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Sie müssen doch begreifen, dass der Antrag anders gedacht war, dass er das Problem veröffentlicht.)
Grundlage, meine Damen und Herren, dafür ist - und das wissen auch Sie, Herr Schemmel, hoffe ich jedenfalls - das Gewaltenteilungsprinzip nach Artikel 20 Grundgesetz und Artikel 67 der Thüringer Landesverfassung. Herr Schemmel, Sie können sich gern nachher noch einmal melden, nun regen Sie sich doch nicht so auf. Das war Punkt 1.
Punkt 2: Minister Köckert hat ausgeführt, meine Damen und Herren, dass bei den Gesprächen, die durch Herrn Dr. Gasser geführt wurden, den Befragten Vertraulichkeit zugesichert wurde - und ich füge hinzu, das ist jedenfalls meine feste Überzeugung -, weil die Untersuchung sonst nämlich wesentlich schwerer, wenn nicht annähernd unmöglich gewesen wäre. Nun kann man doch aber wahrlich nicht erwarten, Herr Schemmel, und ich meine auch, man darf es nicht verlangen, dass die zugesicherte Vertraulichkeit nun nachträglich durch die Landesregierung ignoriert wird. Das verlangen Sie, wenn Sie verlangen, dass dieser Bericht hier offen gelegt wird. Dies hat doch auch etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun, aber auch damit, dass nachfolgende notwendige Untersuchungen aus meiner Sicht
Punkt 3: Ich habe bereits in der letzten Plenarsitzung auf das Thüringer Verfassungsschutzgesetz hingewiesen. Und ich denke, es ist auch für die Opposition doch wohl unstreitig, dass der Bericht von Dr. Gasser sich eben auf Vorgänge des Landesamts für Verfassungsschutz bezieht - und wenn dies so ist, meine Damen und Herren, dann gilt eben oben genanntes Gesetz. Dann gilt auch, dass die Landesregierung hinsichtlich der Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz der parlamentarischen Kontrolle unterliegt, diese aber eben durch die parlamentarische Kontrollkommission ausgeübt wird und nicht durch den Landtag in Gänze. Das haben wir so beschlossen in diesem Haus.
Meine Damen und Herren, ich denke auch, es war Ihnen von der SPD völlig klar, dass diesem Antrag in diesem Punkt 2 nicht zugestimmt werden kann. Die Zielrichtung Herr Schemmel, Sie haben ja noch mal darauf hingewiesen - scheint ja wohl eine ganz andere zu sein, das ist auch deutlich geworden.
In der Begründung ist nämlich zu lesen: "Keinem Gremium des Landtags liegt dieser Bericht vor." und ich denke, nach Ihren Ausführungen haben damit auch nicht nur die Insider erkannt, wo diese eigentlich hingehen soll, auch Ihr Berichtsersuchen und die Forderung nach Herausgabe des Berichts. Wir bleiben dabei, meine Damen und Herren, selbstverständlich kann dieser Bericht von Dr. Gasser dem Parlament nicht vorgelegt werden. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte eigentlich heute nicht die Absicht, zu diesem Thema zu sprechen.
Wer hat so freudig geklopft? Das kann nur ein Minister a.D. gewesen sein. Meine Damen und Herren, ich wollte zu diesem schwer wiegenden Thema nicht reden, weil ich Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission bin. Aber nachdem hier einige Dinge aus meiner Sicht doch sehr verquer dargestellt wurden, denke ich, ist es notwendig, dass einige Anmerkungen dazu noch zu machen sind. Ich denke, es ist klar, dass die Gewaltenteilung, so wie
sie in unserem Lande herrscht, auch ausgeübt wird, und ich finde es auch gut so. Wir haben gerade in den letzten Tagen über diese Dinge mehrfach diskutiert. Ich erinnere an die Dinge, die angeblich im Landesverwaltungsamt passiert sind, angeblicher Justizskandal und ähnlich Dinge. Aber, ich sage auch, dass die Parlamentarische Kontrollkommission eine wichtige Verantwortung von diesem Hause aufgetragen bekommen hat.
Und ich möchte in einem Punkt meinem Kollegen Stauch widersprechen - ansonsten stimme ich seinen Ausführungen weitestgehend zu: Wir sind natürlich vom Parlament gewählt und sind natürlich für das ganze Haus zuständig