Danke schön. Es gibt noch eine Wortmeldung. Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Sedlacik zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zwei Sätze zu meinem Vorredner Herrn Mohring. Das Rundschreiben, von dem Sie hier sprachen, war nicht erst jetzt notwendig, sondern wesentlich früher, nicht erst drei Monate vor Jahresfrist. Und die Gerichte haben nicht erst im September 2000 entschieden, sondern bereits 1998.
Meine Damen und Herren, die Kommunalpolitiker sollen also wieder einmal hinhalten und Nichthandeln und Versäumnisse der Landesregierung ausbaden.
Zum wiederholten Male lässt die Landesregierung die kommunalen Entscheidungsträger im Regen stehen. Meinen Protest als Kommunalpolitikerin möchte ich hiermit schon mal kundtun. So geht man nicht mit Kommunalpolitikern und den Bürgern um. Muss ausgerechnet ich Sie daran erinnern, Herr Minister Köckert, dass Ihre Wähler Sie in den Regierungssessel gehievt haben, weil Sie eine berechenbare und zuverlässige Politik versprochen haben.
Meine Damen und Herren, wir erleben keine Berechenbarkeit und keine Zuverlässigkeit in der Politik, denn das Chaos in den Zweckverbänden ist perfekt. Zunächst müssen die Aufgabenträger den Bürgern erklären, dass das bisherige Verfahren, die bisherige Verfahrensweise falsch war. Auf alle Fälle werden sich die Grundstückseigentümer empören, die bisher von Beitragsfreiheit ausgehen konnten. Denen hat man Beitragsfreiheit in Aussicht gestellt, obwohl es bereits seit Jahren zweifelhaft war. Dann müssen die Aufgabenträger neu kalkulieren. Eine solche Neukalkulation kann man nicht unter Zeitdruck vornehmen. Im Ergebnis der Neukalkulation müssen die Beitrags- und Gebührensatzungen geändert werden. Da
bei dürfte Ihnen hoffentlich bekannt sein, dass ein Satzungsverfahren eine bestimmte Zeit in Anspruch nimmt. Schließlich muss wegen der Verjährung noch in diesem Jahr die Bescheidung erfolgen. Dies ist verwaltungsseitig überhaupt nicht mehr lösbar. Also, meine Damen und Herren der Landesregierung, Herr Innenminister, was sollen die Aufgabenträger tun? Sie drohen Ihnen, wenn bis Jahresende die Verjährung wegen Nichtbescheidung einsetzt, doch Sie haben den Zeitdruck selbst verursacht.
Mit der Aktuellen Stunde verlangt die PDS-Fraktion von der Landesregierung nicht nur Aufklärung zu den Vorgängen, sondern gleichzeitig realistische Lösungsansätze im Interesse der Aufgabenträger und der betroffenen Grundstückseigentümer - ja, auch für die Grundstückseigentümer. Eine Vielzahl dieser ist von einer Beitragsbefreiung ausgegangen und sie konnten darauf vertrauen. Sie haben dieses Vertrauen nun in Frage gestellt. Über die Proteste, die es gibt und noch geben wird, brauchen Sie sich also nicht zu wundern. Eine Festsetzungsfrist wurde bereits dreimal durch Gesetz verlängert, und zwar in einer Art und Weise, die für uns bedenklich ist. Der Rechtsgrundsatz der Verjährung ist offensichtlich kein hohes Rechtsgut. Anders kann ich Ihr Handeln hier nicht interpretieren. Für uns ist es ausgeschlossen, dass die Verjährung zum vierten Mal verlängert wird, auch Sie haben sich dahin gehend positioniert, aber vielleicht machen Sie es wie mit der Vierten Novelle des Thüringer Kommunalabgabengesetzes, dass Sie noch im Dezember dieses Jahres das Gesetz erneut ändern. Möglich ist angesichts der vielen Proteste von Wasser- und Abwasserverbänden alles.
Meine Damen und Herren, was passiert eigentlich, wenn bis Jahresende das Problem nicht gelöst wird? Die Verjährung wird durch Versäumnisse des Innenministeriums und der Landesregierung eintreten. Somit ist folgerichtig, dass auch Sie für die finanziellen Folgen aufkommen müssen, denn, was wird mit den Einnahmeausfällen der Verbände?
Sollen etwa wieder die Mitgliedsgemeinden bluten? Denen nehmen Sie aber mit dem Landeshaushalt 2001/2002 schon überproportional Geld weg. Sie nennen das Sparen und Konsolidieren, für die Gemeinden ist das eine Katastrophe. Wie wollen Sie die Kommunalpolitiker zur Verantwortung ziehen, die objektiv Ihre Weisung nicht umsetzen können? Wollen Sie die Kommunalpolitiker strafrechtlich oder dienstrechtlich verfolgen? Welche Strafmaßnahmen bzw. Disziplinarmaßnahmen wollen Sie zur Anwendung bringen? Wie viele Monatsgehälter eines Bürgermeisters sind Ihnen angemessen als Schadenersatzleistung? Schaffen Sie auch hier Klarheit, damit sich die Kommunalpolitiker darauf einrichten können.
Ich möchte nicht nur meckern an dieser Stelle, ich möchte auch auf unseren Vorschlag der Fraktion hinweisen, das Kommunalabgabenentlastungsgesetz, es liegt auf dem Tisch. Bitte, Herr Innenminister, nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr, wenden Sie Schaden von den Kommunen und den Bürgern ab. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag spricht die Fraktion der PDS das Rundschreiben des Thüringer Innenministeriums 10/2000 vom 29. September an. Ziel dieses Rundschreibens ist es, den zuständigen Kommunalaufsichtsbehörden die rechtliche Situation, die sich zum einen unmittelbar aus dem Gesetz und zum anderen aus der neueren Rechtsprechung ergibt, zu erläutern. Deshalb bitte ich, mich zu Ihrem Verständnis kurz auf die wesentlichen Inhalte des Rundschreibens eingehen zu lassen. Nach den Bestimmungen des Thüringer Kommunalabgabengesetzes läuft mit Ablauf dieses Jahres die Festsetzungsfrist, die der Landtag im Dezember 1999 um ein Jahr verlängert hat, für die in den Jahren 1993 bis 1996 entstandenen Beitragspflichten im Bereich der leitungsgebundenen Einrichtungen ab. Das genannte Rundschreiben will noch einmal, und zwar zum wiederholten Male, auf diese Problematik der Verjährung hinweisen. Des Weiteren wird in dem Rundschreiben die Altanschlussnehmerproblematik behandelt. Aufgrund der diesbezüglichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Gera sowie der Oberverwaltungsgerichte der Länder Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen ist von einer grundsätzlichen Beitragspflicht auch der Altanschlussnehmer auszugehen. Das Verwaltungsgericht Gera hat in seinen Beschlüssen vom 8. Dezember 1998 und vom 22. Januar 2000 demzufolge festgestellt, dass Altanschlussnehmer mit dem Anschluss an die Entwässerungseinrichtung die gleichen Vorteile von der Abwasseranlage wie die Eigentümer der erstmalig anzuschließenden Grundstücke haben. Dies gilt jedenfalls, soweit abgerechnete Investitionsmaßnahmen beitragspflichtige Maßnahmen im Sinne einer beitragspflichtigen Herstellung im Sinne des § 7 Abs. 1 des Thüringer Kommunalabgabengesetzes darstellen. Aus diesem Grund ist auch die unterschiedlose Heranziehung der Altanschlussnehmer zu den Herstellungskosten der Entwässerungseinrichtung gerechtfertigt. Das Gleiche gilt für die Wasserversorgungsanlagen.
Die gleiche Rechtsprechung vertreten das Oberverwaltungsgericht Bautzen in seiner Entscheidung vom 4. Oktober 1996 und das Oberverwaltungsgericht Greifswald in seinem Beschluss vom 21.04.1999. Eine Differenzierung zwischen altangeschlossenen und neu anschließbaren Grundstücken bei der Beitragserhebung wird demnach abgelehnt und als mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar angesehen. Im Übrigen ist es auch ganz logisch: egal ob mein Anschluss 1930 auf mein Grundstück gelegt wurde oder erst 1995, von dem neugebauten Hochbehälter wird der Druck des ganzes Netzes, ob Altanschluss oder Neuanschluss, entsprechend stabilisiert und verbessert. Der Nutzen und Vorteil ist also nicht an das Alter des Anschlusses gebunden, meine Damen und Herren.
Lassen Sie mich feststellen, dass das Thema der heutigen Aktuellen Stunde den Eindruck vermittelt, und Frau Sedlacik und Frau Dr. Wildauer haben diesen Eindruck auch so verstärkt, dass das Rundschreiben des Thüringer Innenministeriums die Situation der Aufgabenträger der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung verändert habe. Dieses ist aber überhaupt nicht der Fall. Aktuell verändert erscheint die Situation nur für diejenigen, die in den vergangenen Monaten und Jahren diesen Punkt der Thematik übersehen haben. Das Rundschreiben des Thüringer Innenministeriums gibt - wie bereits dargestellt - lediglich die Rechtslage wieder und beschreibt das ist in der Tat der einzige Punkt, den man neu heranführen kann, er ist allerdings nicht ganz unwichtig - die Entwicklung der Rechtsprechung - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Kommunalaufsichten und damit auch die Aufgabenträger wurden bereits frühzeitig in Dienstberatungen und schriftlich, schriftlich bereits Mitte des Jahres 1999, auf die Entwicklung der Rechtsprechung hingewiesen. Im Übrigen ist ja bekannt, dass ich im Sommer diesen Jahres mit allen Aufgabenträgern Wasser/Abwasser dieses Landes Beratungen hatte. Und in all diesen Beratungen ist die Problematik "Verjährung" angesprochen worden. Von mir ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass insbesondere im Bereich Wasserversorgung ungefähr 90 Prozent der Beitragsbescheide fällig würden, denn ungefähr 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes hatten zur Wendezeit einen Wasseranschluss. Insofern stellt dieses Rundschreiben eigentlich keine Überraschung dar. Das Rundschreiben des Thüringer Innenministeriums schafft daher keineswegs eine veränderte Situation für die kommunalen Aufgabenträger der Wasserver- und Abwasserentsorgung, sondern ist ein Ausdruck der kommunalaufsichtlichen Fürsorgepflicht, wie sie der obersten Kommunalaufsichtsbehörde obliegt. Dieses Rundschreiben hat nun in der Tat für Aufregung gesorgt. Ich glaube, manche Aufregung wäre vermeidbar gewesen, wenn man das Rundschreiben richtig gelesen hätte. Es entstand ja ein Teil der Aufregung dadurch, dass behauptet wurde, man müsse nun für Altanlagen zahlen, also für die verrotteten gusseisernen Rohre, die mal vor 70 Jahren in die Erde gelegt worden sind, oder für die Asbestzementrohre
in der Wasserversorgung, die zu DDR-Zeiten in die Erde gelegt worden sind, oder für den Hochbehälter aus der Zeit der Weimarer Republik. In diesem ganzen Rundschreiben - und ich weiß nicht mal, ob Sie es gelesen haben, Frau Sedlacik -,
(Zwischenruf Abg. Dr. Wildauer, PDS: Wenn wir es nach mehrfachen Anforderungen nicht bekommen haben?)
Ja, wenn Sie das bekommen wollen, Frau Dr. Wildauer, dann wenden Sie sich doch bitte an den Minister.
Sie werden natürlich verstehen, Frau Dr. Wildauer, dass kein Abteilungsleiter oder kein Referatsleiter Ihnen etwas aus den Akten des Ministeriums gibt. Insofern wissen Sie doch, wie der normale Weg ist, und es besteht da überhaupt keine Schwierigkeit. Im Übrigen wollte ich gerade sagen, wir sind ja nicht auf der Wurstsuppe einher geschwommen. Sie haben das natürlich, denn den Aufgabenträgern ist das natürlich auch bekannt. Und es würde mich sehr wundern, wenn Sie nicht die Gelegenheit genommen hätten, sich mit diesem Rundschreiben auch vertraut zu machen.
Wenn man dieses Rundschreiben liest, kommt in keinem einzigen Satz das Wort "Altanlagen" vor. Wie man da in der Öffentlichkeit verbreiten kann, man müsste jetzt für diese Altanlagen zahlen, das wäre das Neue, ist mir ein Rätsel. Manchmal habe ich auch den Verdacht - das trifft jetzt nicht Sie, Frau Dr. Wildauer -, manche Leute wollen das Rundschreiben auch bewusst missverstehen. Vielleicht bin ich auch nur zu tief mit dieser Materie ständig beschäftigt gewesen, dass es mir nicht unklar und dunkel erschien, sondern eigentlich sehr klar und deutlich und es hat natürlich auch klar und deutlich auf die Frage der Haftung der Verantwortlichen hingewiesen. Ich glaube, genau diese Thematik hat manche Verantwortungsträger, die meinten, sie können noch in der Deckung bleiben bis Ende Dezember und dann ist die Verjährung gekommen, dann hat sich für manche der Aufgabenträger das Problem gelöst. Das haben wir mit diesem Rundschreiben klargestellt, dass es so nicht sein wird. Wir haben dann kurz nach Ausgehen des Rundschreibens, als auch die missverständlichen Äußerungen von unterschiedlichen Zweckverbänden kamen, über das Landesverwaltungsamt abgefragt, welcher Aufgabenträger nun Schwierigkeiten hätte mit der Verjährung. Im Sommer haben mir noch alle Aufgabenträger gesagt:
Wir schaffen das alles, wir haben keine Schwierigkeiten. Denn ich habe das natürlich in meinem Gespräch im August abgefragt. Jetzt zeigt es sich, dass es einige Aufgabenträger gibt, die mit dieser Problematik insbesondere Schwierigkeiten haben, denn sie haben zwar in der Globalberechnung, Frau Dr. Wildauer führte das für Mühlhausen aus, alle Kosten drin, legen aber diese ganzen Kosten nur auf die ab 1990 neu angeschlossenen Grundstückseigentümer um. Das ergibt natürlich eine unwahrscheinliche Verzerrung zu Lasten der Neuangeschlossenen und eine Ungleichbehandlung gegenüber allen anderen.
Unsere Abfrage, die nicht vollständig ist, weil uns einige der Aufgabenträger nur unzureichend Informationen zugeliefert haben, hat ergeben, dass es über das Land verteilt einige Aufgabenträger gibt, die mit einem Beitragsverlust von momentan abschätzbar 200 Mio. DM rechnen müssten. Wie der tatsächliche Verlust dann aussehen würde, lässt sich so nicht bemessen, weil der zusätzliche Verlust, der darin besteht, dass man nun Globalberechnungen aufstellen muss, die in der Tat nun korrekt die Altanschlussnehmer mit berücksichtigen. Und damit werden andere Beitragssätze zu erheben sein. Sie haben den Unterschied in Mühlhausen genannt. Das würde noch mal einen zusätzlichen Einnahmeverlust für den Verband dort bedeuten, denn er darf die Neuanschlussnehmer, die er dann nur noch nehmen kann, weil die Beiträge der anderen Anschlussnehmer verjährt sind, ja nur noch zu den niedrigen Sätzen zu Beiträgen heranziehen. Insofern gibt es also zu diesen mindestens 200 Mio. DM noch zusätzliche Verluste bei den Aufgabenträgern. Wir sind in dieser Debatte Wasser/Abwasser ja nun inzwischen schon so vertraut miteinander, dass Sie wissen, dass dieses Geld nicht vorhanden ist, dass das Land dieses Geld nicht zuschießen kann. Wir brauchen und benötigen das Geld, um durch Strukturveränderung unwirtschaftlicher Verbandstrukturen in vernünftige wirtschaftliche Strukturen zu kommen.
Herr Schemmel hat in der ihm eigenen Art, die Dinge zu durchdringen, sehr systematisch dargestellt, was es für Möglichkeiten gibt. Die Landesregierung wird sich in der kommenden Woche mit dieser Problematik beschäftigen und ggf. könnte es sein, dass dieses hohe Haus mit dieser Thematik auch noch einmal beschäftigt werden muss. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ganz kurz, konkret, Herr Innenminister, der Kollege Schemmel hat nach Lösungen gefragt. Wie wollen Sie denn mit diesem Problem jetzt umgehen, denn der 31.12.2000 steht unmittelbar bevor? Das ist das große Problem. Sie ha
ben von einer Abfrage gesprochen, von ca. 200 Mio. DM. Dieses Ergebnis haben Sie hier genannt. Und das ist jetzt die Frage: Ist es beabsichtigt, dabei auch den Landtag mit einzubeziehen? Diese Lösung erwarten wir heute - im Grunde genommen sechs Wochen vor Ultimo. Danke.
Herr Kollege Pohl, wir sind uns doch hier in der Masse darin einig, dass heute der 16. November ist. Und ich teile ja auch die Einschätzung von Herrn Schemmel und von Frau Sedlacik, dass die Problematik augenscheinlich so ist, dass manche Aufgabenträger diese Problematik in der vorgegebenen Zeitschiene nicht werden lösen können. Welche Lösung wir als Landesregierung dann dem Landtag vorschlagen werden, das wird zu gegebener Zeit, wenn die Landesregierung darüber abschließend beraten hat, Ihnen mitgeteilt werden.
Es scheint, ich habe ja auf die sehr systematisierten Lösungsansätze von Herrn Schemmel hingewiesen, nicht viele Möglichkeiten zu geben. Aber eines will ich Ihnen sagen: Auch wenn man in die Verjährung ginge - sehenden Auges - oder wenn man die Verjährungsfristen verlängerte - auch sehenden Auges - eines wird nicht mehr passieren. Augenscheinlich haben wir Zweckverbände, die nicht in der Lage sind, ihre Angelegenheiten ganz allein zu lösen. Und das wirkt sich, auch wenn das vordergründig positiv für die Beitragszahler - sprich also für die Grundstückseigentümer - aussieht, auf die Dauer negativ für die Bevölkerung aus. Wenn die Verantwortlichen in den Zweckverbänden ihre Aufgaben nicht korrekt erfüllen, sie kämen ja in zwei oder drei Jahren in ein derartiges Defizit hinein, auch liquiditätsmäßig, dass sie die Preise in die Gebühren nehmen müssten, die riesig würden.
Also, den vermeintlichen Vorteil, den man seinen Mitbewohnern dadurch vielleicht geben wollte, der wandelt sich sehr schnell im Ablauf weniger Jahre in einen riesigen Nachteil für die ganze Region dort um und deshalb wird das Vorgehen der Kommunalaufsicht in Zukunft ein anderes sein, nämlich noch intensiver begleitend, bisweilen vielleicht auch manche Entscheidung selbst treffen müssend, denn eines darf nicht passieren, dass wir, obwohl mehrfach darauf hingewiesen wurde, hier uns wieder einmal in einer Situation vorfinden, wo wir heilen müssen. Die Verantwortung in diesen Fällen der Landesregierung zuzuschieben, Frau Sedlacik, das zeigt eigentlich nur, dass Sie die Materie immer noch nicht so richtig durchschaut haben. Sie haben das Problem und wo eigentlich Problemmacher dann sind, das haben Sie augenscheinlich noch nicht so richtig geortet.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nun nicht mehr vor. Wir schließen damit den Tagesordnungspunkt 12 a und kommen zum zweiten Teil des Tagesordnungspunkt 12
b) auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: "Plebiszitäre Elemente in der Thüringer Verfassung" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/1094
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Aktualität "Plebiszite in Thüringen" muss nicht begründet werden, die Aktualität liegt auf der Hand. Die schwindende Akzeptanz von Politik bei den Bürgerinnen und Bürgern, die, ich sage einmal, zurückhaltende Teilhabe an Politik müssen uns herausfordern, darüber nachzudenken, wie wir Aktivierung fördern und erreichen können. Dazu ist die Möglichkeit, plebiszitäre Elemente wirklich praktisch zu nutzen, ein Ansatz - ich betone, ein Ansatz, einer unter vielen, ich nenne die Stärkung der lokalen Demokratie, Transparenz der Verwaltung und Entscheidung kommunaler Ebene, ein Ansatz also, aber, ich denke, ein entscheidender Ansatz. Er geht zurück auf die Grundform demokratischer Entscheidung. Ich war im vorigen Urlaub, man darf ja auch von so etwas sprechen, erfreulicherweise in Island und dort wurde jedem Gast am Ort Thingvellir - ich bin bereit, den Ort für das Protokoll dann zu diktieren - von den Bürgern mit Stolz erklärt, wie dort die erste demokratische Entscheidung der Welt gefallen ist im Jahr 930, also vor mehr als 1.000 Jahren, als sich dort alle Einwohner der Insel trafen, um sich gemeinsam ein Gesetz zu geben.
Sie können darüber spotten wie Sie wollen. Nun gibt es in Island sicherlich auch inzwischen eine repräsentative Demokratie. Ich nehme an, auch dort ist die Regelungsdichte in den letzten 1.000 Jahren etwas dichter geworden, so dass sie eigentlich mit so einer Versammlung einmal im Jahr auch nicht mit der Gesetzgebung hinterherkommen. Aber muss man deswegen sich nicht an diese Grundformen erinnern und kann man nicht gerade mit einer Integration dieser Grundform "mit der Entscheidung aller" eine aktivierende Ergänzung der Demokratie, der repräsentativen Demokratie erreichen? Und aus dieser Aktivierung könnte man eigentlich auch erwarten: mehr Akzeptanz für Politik und letztlich auch die Be
reitschaft zur Verteidigung der Demokratie. Sie wissen, ich brauche die jüngere deutsche Geschichte nicht zu bemühen, welche verheerende Auswirkung die mangelnde Bereitschaft, Demokratie zu verteidigen, in der jungen deutschen Geschichte gehabt hat.
Die Thüringer SPD hat einen erheblichen Anteil daran, dass Plebiszite überhaupt in der Thüringer Verfassung aufgenommen wurden. Herr Lippmann ist Kronzeuge an dieser Stelle. Die Quoren waren damals der Kompromiss und, Herr Ministerpräsident, Sie haben heute auf den Volksentscheid zur Verfassung verwiesen, die Quoren sind auch nach der Volksentscheidung noch ein Kompromiss geblieben. Jetzt nach zehn Jahren demokratischer Entwicklung in Thüringen haben wir die Möglichkeit, können wir zum ersten Mal diese Quoren wirklich in Angriff nehmen. Wir haben jetzt eine gefestigte oder eine teilgefestigte demokratische Entwicklung und, ich denke, jetzt ist die Zeit, die Quoren zu verändern. Da heben einige den Finger und sprechen von einer Gefährdung der repräsentativen Demokratie. Diesen rate ich erstens, einmal über den Zaun unseres Landes Thüringen zu schauen, meinetwegen auch nach Bayern, also nach Süden, wo man sich doch sonst immer so gern bayerische Verhältnisse wünscht, da wird man schnell erfahren, dass es keine Gefährdung der repräsentativen Demokratie gibt auf diesem Gebiet. Aber ich möchte es auch an einem aktuellen Beispiel deutlich machen, an dem jetzt laufenden Volksbegehren, das offensichtlich ein erfolgreiches Volksbegehren werden wird. Selbst wenn es erfolgreich ist, gibt es ja noch eine ganze Anzahl von weiter gehenden Schranken. Deswegen verstehe ich Ihre Zurückhaltung, meine Damen und Herren hier in der Mitte, nicht. Und die Schranken sind klug, sie sind für dieses jetzt laufende Volksbegehren nicht notwendig, weil es ein gescheites ist. Aber sie wären bei anderen Volksbegehren eine kluge Beschränkung und sie sind immer vorhanden: das sind erst mal die prinzipiellen Ausschlussbedingungen Artikel 82 Abs. 2 der Thüringer Verfassung. Das ist die nach dem Volksbegehren vorgegebene Beschäftigung des Landtags; das ist dann der eventuell nachfolgende Volksentscheid und letztlich existiert in Thüringen noch ein Verfassungsgericht, das darüber hütet, dass die verfassungsmäßige Ordnung nicht gefährdet werden kann, auch nicht durch ein Plebiszit, dies würde nämlich dann für ungültig erklärt. Es gibt ausreichend Schranken, um Ihnen Ihre Ängstlichkeit, Ihre Angst, Ihre Zurückhaltung vor einer Erweiterung der plebiszitären Elemente durch Senkung der Quoren in Thüringen zu nehmen.
Ich bin schon bald am Ende, Frau Präsidentin. Deshalb appelliere ich an Sie alle, geben Sie Ihre Zurückhaltung
auf, unterstützen Sie dieses Volksbegehren und geben Sie den Bürgerinnen und Bürgern Thüringens die Möglichkeit der Mitgestaltung und damit letztlich auch der Unterstützung unserer Arbeit hier im Thüringer Parlament. Danke.