Protokoll der Sitzung vom 17.11.2000

(Zwischenruf Abg. Kallenbach, CDU: Wir haben doch keine Meinungsänderung.)

Herr Kallenbach, Sie kommen noch dran.

Betrachten wir, meine Damen und Herren, die aktuelle Situation der DB AG vor dem Hintergrund der Anfang der 90er Jahre beschlossenen Bahnreform - Herr Kallenbach, Sie haben ja darüber auch einiges gesagt und auch Herr Lippmann -: Neben den Festlegungen zur Zusammenführung der Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn und der Beseitigung infrastruktureller Altlasten war die Kernaufgabe dieser Reform, dass das Unternehmen Bahn im Jahr 2003 die wirtschaftliche Selbständigkeit erreichen soll und der Börsengang 2004 vorbereitet werden sollte. Die Wirtschaftlichkeit sollte nach den Vorstellungen der bisher mehrfach wechselnden Bahnvorstände vor allem durch Kostensenkungsmaßnahmen und durch Erhöhung der Fahrgastzahlen infolge gestiegener Attraktivität gesichert werden. Erreicht wurde, dass die Beschäftigtenzahlen der Bahnwerke in der Regel auf ein Zehntel der ursprünglichen Beschäftigungszahlen geschrumpft wurden und dass im Service, begonnen von den Schalterdiensten bis zu den Kundenbetreuern, die Beschäftigungszahlen fast halbiert wurden. Und das soll nach den neuen Aktionsankündigungen von Herrn Mehdorn weitergehen, wie auch der Bevollmächtigte des Vorstands der DB AG im Regionalbereich Thüringen, Herr Wende, gegenüber den Beschäftigten der DB-Regio Thüringen ankündigte. Die Anzahl der Beschäftigten soll um 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gekürzt werden in den nächsten Jahren. Erreicht wurde bisher aber keine gestiegene Attraktivität, darauf haben Sie ja auch hingewiesen, Herr Kallenbach. Längere Fahrzeiten, gebrochene Verkehre mit mehrfachem Umsteigen, wachsende Unpünktlichkeiten und Verkehrseinstellungen der DB-Regio im Nebenstellennetz sind ja auch in Thüringen die Regel geworden. Immerhin sind nach Aussagen des Ministers für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur des Freistaats Thüringen etwa 10 Prozent des Gesamtstreckennetzes, also 162 km, gesperrt und auf 192 km gibt es wegen der Schäden Langsamfahrstellen. Ein Fünftel des Thüringer Streckennetzes liegt also im Argen, das wurde auch im Ausschuss so dargestellt. Die Situation ist so prekär, dass die

Landesregierung nicht über ein eigenes Sanierungsprogramm nachdenkt, wie es in einigen Pressemeldungen hieß, aber auch weiterhin finanzielle Mittel für die notwendigen Sanierungsmaßnahmen bereitstellt. Hauptursache sind die Streckenzustände, die sich als Folge ausbleibender Instandsetzung und Sanierung von Fahrplanzyklus zu Fahrplanzyklus weiter verschlechtert haben bis hin zu betriebsgefährdenden Zuständen und schließlich nachfolgender Verkehrseinstellung. Die DB AG sichert seit langem nicht die einfache Unterhaltung des Streckennetzes. Darauf hat die PDS-Fraktion bereits in der Plenarsitzung im Juni 1998 hingewiesen. Und, Herr Lippmann, ich kann auch nicht ganz Ihre Bemerkung hier verstehen, dass die Landesregierung bis 1998 nicht aktiv geworden ist gegenüber der Bundesregierung, dass Sie das jetzt so kritisieren, weil ich immer gedacht hatte, bis dahin gab es nur eine Oppositionsfraktion im Thüringer Landtag. Erst jüngst hat der Betriebsrat des Bereichs Thüringen der DB-Regio AG in einem Schreiben Herr Kallenbach, Sie wiesen darauf hin - vom 23. Oktober dieses Jahres an die Landesregierung sowie an alle Landtagsfraktionen auf diese Situation mit Nachdruck hingewiesen. Leider ist die Reaktion auf diesen offenen Brief für die Beschäftigten unzureichend. Mit Stand von heute früh hat noch nicht die Bundesregierung, hat nicht die SPD-Fraktion des Deutschen Bundestags und auch nicht die SPD-Fraktion des Thüringer Landtags reagiert, die, wie ich glaube, was die Bundesseite angeht, eine gewisse Verantwortung hat. Und dann hatte ich gedacht, die CDU-Fraktion freut sich darüber, wenn die PDS-Fraktion mal wieder die SPD-Fraktion kritisiert, aber ich könnte Ihnen sagen, die Landesregierung hat bisher auch nur einen Eingangsvermerk an die Beschäftigten geschickt und die CDU-Fraktion hat auch noch nicht reagiert auf diesen offenen Brief.

(Beifall bei der PDS)

Das war der Stand von heute früh 8.00 Uhr. Wenn dann auch noch eingesetztes rollendes Material in Thüringen immer mehr verschleißt und unattraktiv wird, dann gewinnt man keine neuen Fahrgäste, nein, man verliert sie. Eine weitere Folge davon: Die Nutzerzahlen sinken und die Streckenbedienung wird eingestellt bzw. die Zugdichte wie ja auch auf der Mitte-Deutschland-Verbindung ausgedünnt. Im Übrigen, meine Damen und Herren, auch die Pünktlichkeitsinitiative des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Ludewig ist ins Leere gelaufen ebenso wie die Pünktlichkeitsschautafel im Erfurter Bahnhof. Die Tafel wurde klammheimlich entfernt und die Unpünktlichkeit hat weiter zugenommen. Sie betrug nach Aussage der Landesregierung vor einem Jahr im Bahnhof Erfurt 79,18 Prozent. Die PDS hat immer gefordert, nicht Unpünktlichkeit anzuzeigen, sondern Pünktlichkeit zu sichern,

(Beifall bei der PDS)

aber nichts hat geholfen. Mittlerweile liegt die mittlere Reisegeschwindigkeit in Thüringen unter der durchschnittlichen Geschwindigkeit in der BRD, unter der durchschnittlichen Geschwindigkeit in den neuen Bundesländern und nur

im Verkehrsraum Hamburg und in Sachsen werden noch niedrigere durchschnittliche Reisegeschwindigkeiten erreicht. Von wachsender Attraktivität also keine Spur. Da helfen auch keine für 200 Mio. DM durch die Bahntochter DB-Regio gemeinsam mit dem Freistaat Thüringen gekauften neuen Triebwagen, wenn sie zur Langsamfahrt gezwungen, im Geräuschpegel lauter sind und ein geringeres Sitzplatzangebot gegenüber dem herkömmlich eingesetzten Wagenpark haben. Und dann die Hiobsbotschaft des neuen Bahnvorstands, Herrn Mehdorn, aus den vergangenen Wochen, höhere Unwirtschaftlichkeit und weiterhin Verluste in Milliardenhöhe bis hin zur Verschiebung des Börsengangs, Einstellung der Leistungen in weiteren DB-Betrieben und massiver Mitarbeiterabbau in der Größe bis zu 70.000 Personen in den nächsten Jahren, fehlende Finanzmittel, um trotz der UMTS-Finanzen für die DB AG den Erhalt und den Ausbau des Schienennetzbedarfs in absehbarer Zeit abzuschließen. In Anbetracht dieser Situation, Herr Kallenbach, klingt es schon ein bisschen verwunderlich, wenn Sie formulieren, wir haben im Ausschuss auf das Konzept der DB gewartet. Unter diesen Prämissen wird die DB auch in den nächsten zwei Jahren nicht in der Lage sein, ein Konzept vorzulegen und ich weiß nicht, wie sie die 17 Mrd. DM auffangen will.

Und, meine Damen und Herren, mit der Ankündigung der Einstellung von Zugpaaren des Interregioangebots im Fernverkehr wird heute schon die Forderung erhoben, die dadurch ausfallenden Fernverkehrsleistungen als Nahverkehr durch die Länder zu bestellen und zu bezahlen. Diese Verlagerung auf die Länder und die finanzielle Belastung der Länder muss, meine Damen und Herren, abgelehnt werden. Dazu fordere ich Sie und die Landesregierung auf.

(Beifall bei der PDS)

Wenn der Freistaat jährlich wachsende Nahverkehrsleistungen bei den in Thüringen tätigen Eisenbahnunternehmen bestellt und auch für das Jahr 2000 insgesamt 15,7 Mio. DM für die Instandsetzung des Streckennetzes und zum Stoppen des weiteren Verfalls des Regionalnetzes in Thüringen und weitere 1,6 Mio. DM für ein Pünktlichkeitsprogramm ausgibt, dann müssen die Forderungen an die DB AG zur Wahrnahme der eigenen Verantwortung auch noch lauter gestellt werden. In diesem Sinne unterstützen wir Ihren Antrag, was Ausbau und Erhalt des Streckennetzes angeht.

Aktuell hat die Beratung vom gestrigen Abend in Gera mit dem Vorstandsvorsitzenden der DB AG, Herr Mehdorn, wenig Hilfreiches erbracht. Das mag Herr Minister Schuster nachher vielleicht etwas anders sehen als die Opposition. Gegenseitiges Verständnis über begrenzte Möglichkeiten und nicht ausreichende Finanzmittel allein reichen zur Verständigung oder zur Veränderung der Situation bekanntlich nicht aus. Es war nichts Neues, wenn Herr Mehdorn gestern darstellte, dass die ungenügenden Verbindungen, Geschwindigkeiten, Service und Komfortleistungen schon länger bekannt sind, jetzt lediglich gebündelt im Zusammen

hang mit dem aktuellen Finanzbedarf dargestellt wurden. Nichts anderes, meine Damen und Herren, über die Zustände und Notwendigkeiten für die B-Verbindungen in Thüringen hat die PDS-Fraktion in den vergangenen Jahren hier im Landtag gesagt. Wir wurden immer als Schwarzseher und Miesmacher abgetan. Im Gegensatz zu Herrn Mehdorn schienen Ihnen die Probleme unbekannt zu sein oder sie wurden verdrängt. Anders ist das Auf-die-lange-Bankschieben nicht zu bewerten. Bedenklich ist z.B. die gestrige Aussage, dass der Ausbau der A 4 Nachfrageverluste im Personen- und Güterverkehr auf der Mitte-DeutschlandVerbindung nach sich zieht und damit sowohl die Frage der zugesagten Elektrifizierung in den Sternen steht, und als Folge aber auch die Interregioverbindung eingestellt und als Nahverkehrsleistung vom Land zu bestellen und auch zu bezahlen sind. Ich sprach bereits dazu. Insgesamt bleibt festzustellen, das neue Verkehrskonzept für Ostthüringen ist das alte und da ändert auch die hochtrabende Bezeichnung "Ausbau Geras zum Verkehrskreuz in Ostthüringen" nichts. Denn trotz der von Minister Schuster gestern dargestellten großen Bedeutung, die die Landesregierung den drei großen Oberzentren Erfurt, Gera und Jena beimisst, scheint das Verkehrskreuz Gera lediglich eine Drehscheibe für den Nahverkehr zu werden.

Meine Damen und Herren, dass die Situation so neu nicht ist und sich die PDS-Fraktion vor allem seit 1997 zur Leistungs- und Serviceentwicklung der DB AG, zur notwendigen Instandhaltung, zum Ausbau und zum Schutz der Bahntrassen geäußert hat, ist in den Plenarprotokollen nachzulesen. Herr Kallenbach, beim Nachlesen habe ich auch noch ein Zitat von Ihnen gefunden. Nehmen Sie die fundamentale Erkenntnis von Ihnen aus der Plenarsitzung im Februar 1998, ich war leider damals noch nicht in dem hohen Haus. Frau Präsidentin, ich darf zitieren - Herr Kallenbach, Sie sagten: "Der Verkehr ist halt vielfältig und manchmal auch irritierend". Ich hoffe, diese Irritation herrscht nicht mehr vor, auch wenn man gewissermaßen einen anderen Eindruck gewinnen kann.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Aber er hat wieder seinen Gegner.)

Mit dem Antrag, der heute zur Beschlussfassung vorliegt, wird vor allem hinsichtlich der vor der Weiterbaumaßnahme der ICE-Trasse benötigten Mittel geklopft und erst in zweiter Linie - und meine Damen und Herren der CDU, die Reihenfolge Ihrer antragsgemäß geforderten Maßnahmen ist sicherlich auch die von Ihnen beabsichtigte und gesetzte Prioritätensetzung - wird der Erhalt und Ausbau der Schiene gefordert. Wir verbinden, wenn ich das abschließend sagen darf, mit der heutigen Debatte folgende Forderungen an die Landesregierung. Ich darf die hier vortragen.

1. Wir fordern eine kritische Überprüfung der Verschlechterung im Schienenpersonennahverkehr über die Fahrplanzeiträume mindestens seit 1998 und die Analyse der zu lösenden Probleme sowie Beratungen mit der DB AG zur Festlegung der Prioritäten für den Erhalt und den Aus

bau des Netzes mit dem Schwerpunkt des Nahverkehrs.

2. Wir erwarten eine Prüfung der wirksam gewordenen und vorbereiteten Streckenabbestellungen durch den Aufgabenträger Freistaat Thüringen gegenüber der DB AG und Untersuchungen sowie Erarbeitung notwendiger Maßnahmen für die Wiederaufnahme zur Attraktivitätssteigerung und zur möglicherweise kostengünstigen Betreibung durch andere Eisenbahnunternehmen.

3. Wir wollen über den Standpunkt des Freistaats zur vorgesehenen Netzentwicklung, vor allem zu den thüringenrelevanten Regentplänen der DB AG informiert werden und

4. fordern wir von der Landesregierung eine eindeutige Position zur Vorstellung der DB AG nach Wegfall oder Einschränkung des Interregioangebots, dieses Streckenangebot als Nahverkehr durch die Länder bestellen und finanzieren zu lassen.

Vor allem der von uns geforderten Analyse der Ursachen der eingetretenen Verschlechterung des Schienenpersonennahverkehrs messen wir unter Hinweis auf die Kleine Anfrage Nr. 224 des Abgeordneten Gerstenberger vom Juli dieses Jahres zum Zustand der Mitte-Ddeutschland-Verbindung und der Antwort, die in Drucksache 3/881 vorliegt, eine große Bedeutung bei. Wenn einerseits die Landesregierung den Abgeordneten antwortet, dass detaillierte Aussagen über Langsamfahrstellen und Mängel in der Infrastruktur nicht benannt werden können, dann verwundert es schon, wenn andererseits in der Presse der Mitteleinsatz von fast 60 Mio. DM für die Instandsetzung des Schienennetzes angekündigt wird.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich unter Zugrundelegung der Ausführungen, die ich gemacht habe zur gestrigen Beratung in Gera, zum Ausdruck bringen, dass wir es unter dem Gesichtspunkt von Prioritäten setzen für sinnvoll halten, die Reihenfolge im Antrag Drucksache 3/499 derart zu verändern, dass die Punkte 3 a und 3 b zu den Punkten 1 a und 1 b und die Punkte 1 a und 1 b zu 3 a und 3 b werden, und würden das hiermit beantragen.

Meine Damen und Herren der antragstellenden Fraktion, mit diesen Veränderungen würden Sie der Realität in der Nutzung, der Erschließung weiterer Fahrgastpotenziale und vor allem der finanziellen Möglichkeit besser entsprechen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat jetzt Herr Minister Schuster.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, zunächst begrüße ich namens der Landesregierung den vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion zu einem Thema, das uns alle bewegt,

(Zwischenruf Abg. Zimmer, PDS: Das hätten wir uns gar nicht vorstellen können.)

Ausbau und Sicherung der Schieneninfrastruktur.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, dass die Situation der Bahn dramatisch ist, darüber brauchen wir nicht weiter zu reden. Dass wir nicht weiterkommen mit Mätzchen, Herr Lippmann, darüber sollten wir uns auch einig sein. Es geht darum, gemeinsam zwischen Bahn, Bund und Ländern dafür zu sorgen, dass die Bahn aus der derzeitigen Situation herauskommt und wieder in die Lage versetzt wird, ihre Aufgaben wahrzunehmen. Meine Damen und Herren, es ist sehr leicht, Defizite im Bereich der Bahn zu markieren. Unsere Aufgabe geht darüber hinaus, unsere Aufgabe umfasst auch die, mit der Bahn gemeinsam gangbare Wege zu beschreiten und diesem Ziel diente auch die Verhandlung von gestern Abend. Wir haben über die verbesserte Anbindung von Ostthüringen und über den Ausbau der MitteDeutschland-Schienenverbindung gesprochen. Wir haben über den Weiterbau der ICE-Strecken, über den Erhalt des Regionalnetzes, über die weitere Modernisierung des Fahrzeugparks, auch über die Hilfen des Landes beim Ausbau der Infrastruktur, was Schiene und Bahnhöfe anlangt, gesprochen. Und nicht zuletzt haben wir auch über das Thema Arbeitsplätze bei der DB AG gesprochen. Dazu ist wahrhaft Anlass gegeben, aber es ist auch klar, dass wir diese Arbeitsplätze erhalten und sichern können, nicht gegen den technischen Fortschritt, sondern nur mit dem technischen Fortschritt. Wir müssen die Möglichkeiten der Technik nutzen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen, dort wo eben alte Arbeitsplätze wegfallen müssen. Im Vordergrund der Unterhaltung stand die Frage, wie man sicherstellen kann, was schon bei den Verhandlungen in Hannover zugesagt war, nämlich Gera nicht vom Fernverkehr abzukoppeln. Es wurde diskutiert über die Probleme der Bahn im Bereich des Fernverkehrs, insbesondere mit dem Interregio. Diese Linie bereitet bundesweit Probleme. Die große Streckenlänge führt laufend zu Verzögerungen, Verspätungen und Ausfällen. Klärungsbedürftig ist die Frage, ob diese Probleme durch mehr Interregiozüge oder durch mehr Regionalverkehrszüge gelöst werden sollten.

Es ist deutschlandweit, denke ich, die generelle Strategie der Bahn, verstärkt Regionalstrecken einzurichten, um über das Regionalstreckennetz einen schnellen Zugang zu den Fernverkehrsstrecken zu erreichen, um zu erreichen, dass man schnell Anschluss an die schnellen Verkehrssysteme findet. Darum ging es uns auch im Falle von Gera. Notwen

dig ist ein schneller Anschluss an die Hochgeschwindigkeitssysteme.

Zum Zweiten geht es uns darum, sicherzustellen, dass die Oberzentren unseres Landes über schnelle Verkehrssysteme in optimaler Weise miteinander vernetzt werden. Wir haben uns entschlossen, Gera zu einem Knotenpunkt auszubauen, nicht nur für den Nahverkehr, sondern für den Regionalverkehr. Wir haben uns entschlossen, zwei Regionalexpresslinien einzurichten. Die eine ist schon eingerichtet, die andere wird noch eingerichtet, um Gera an den schnellen Verkehr einerseits und andererseits an die Oberzentren anzubinden, und zwar durch Verbindungen im Stundentakt. Nicht im Zweistundentakt, im Stundentakt soll Gera an die Oberzentren einerseits bzw. an die schnellen Verkehrsverbindungen andererseits angebunden sein. Die zwei Regionalexpresslinien beziehen sich auf die Strecke von GöttingenErfurt-Gera-Zwickau einerseits und dann haben wir noch eine weitere Linie im Auge, die möglichst von Greiz nach Gera und von dort über Erfurt nach Würzburg führt. Auf die Weise können wir sicherstellen, dass Gera an die Oberzentren angebunden ist - ich sagte es schon - in Göttingen, in Erfurt, in Würzburg, eben auch an die ganzen übrigen schnellen Verkehrssysteme. Wir haben natürlich nicht nur die Ost-West-Verbindung, sondern auch Nord-Süd zu betrachten, das wäre noch zu ergänzen. Ich denke, mit dieser Vereinbarung, die wir gestern getroffen haben, sind wir in dem Bemühen, Gera optimal anzubinden, weitergekommen.

Meine Damen und Herren, es ist natürlich auch über den Ausbau der Infrastruktur Mitte-Deutschland-Verbindung gesprochen worden. Es ist noch einmal bekräftigt worden, was schon vereinbart ist: die Beseitigung der Altlasten auf dem Streckenabschnitt Weimar-Gera-Glauchau, den Ausbau der Strecke für die Geschwindigkeiten bis zu 140 Stundenkilometer mit Neigetechnik-Fahrzeugen voranzutreiben, den Bau eines elektronischen Stellenwerks in Gera und die Modernisierung der Signal- und Sicherungstechnik voranzubringen. Wir haben noch einmal bekräftigt, in drei Teilabschnitten zweigleisig auszubauen.

Natürlich hat der Freistaat Thüringen erklärt, dass unser eigentliches Ziel lautet, durchgängig zweigleisig und durchgängig elektrifiziert auszubauen. Es ist von uns allerdings hinzunehmen, dass der Bund derzeit sich nicht in der Lage sieht, zusätzlich 1,2 Mrd. DM aufzubringen.

Herr Lippmann, nur Geschichtsklitterei sollten wir hier nicht betreiben. Was für die Mitte-Deutschland-Verbindung zugesagt wurde, sind eben diese 665 Mio. DM, die schon die alte Bundesregierung zugesagt hat.

(Beifall bei der CDU)

Die neue Bundesregierung ist um keine Mark über diese Zusage hinausgegangen, obwohl sie uns die Mitte-Deutschland-Verbindung immer als Alternative zur ICE-Trasse angeboten hat.

(Beifall bei der CDU)

Diese 665 Mio. DM stehen auch noch nicht in Gänze zur Verfügung. Konkret vereinbart ist für 1999 bis 2002 eine Finanzierungsregelung, die vorsieht, dass aus EFRE-Mitteln 53 Mio. DM eingebracht werden, dass der Freistaat Thüringen 35 Mio. DM einbringt und der Bund zusammen mit dem Eigenanteil der Bahn 282 Mio. DM einbringt. Das ist die Vereinbarung. Über das ist der Bund mit Sicherheit nicht hinausgegangen. Das ist auch keine besondere Leistung des Bundes, wie gesagt, die alte Bundesregierung hatte dies schon sichergestellt.

Was nun den Ausbau der ICE-Strecke anlangt, Sie wissen, die Baumaßnahmen sind ja im Gange. Es ist der Ausbau der Motzstraße Einfahrt Erfurt, es ist der Ausbau eines Tunnels, es ist der Ausbau der Strecke konkret von Arnstadt bis auf die Höhe von Ilmenau-Wolfsberg im Gange.

Meine Damen und Herren, es verbleiben dann noch rund 70 km, die zu schließen wären. Lückenschluss ist angesagt 70 km. Wir haben auf diesen 70 km durchgängig Baurecht, im Thüringer Wald, auch im Abschnitt Sonneberg bis 2005. Der Bund hat angekündigt, dieses Baurecht erhalten zu wollen. Herr Mehdorn hat noch vor wenigen Tagen davon gesprochen, dass man notfalls Schritte einleiten müsse, dieses Baurecht über den Zeitraum hinaus zu verlängern. Die Frage ist die, welche Schritte könnten es sein, um das Baurecht über 2005 hinaus zu verlängern. Antwort: Es könnten ja auch bauliche Maßnahmen sein, um das Baurecht zu verlängern, indem man nämlich gezielt auf diesen 70 km mit dem Bau anfängt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch klar sagen, die Landesregierung wird in Sachen ICE-Trasse nicht ruhen, bis auf den neuen Trassen 8.1 und 8.2 der ICE pünktlich und in dem dafür vorgesehenen neu gestalteten bzw. neu gebauten ICE-Bahnhof Erfurt einrollt.

(Beifall bei der CDU)

Große Probleme haben wir auch im Bereich des regionalen Schienennetzes der Bahn. 10 Prozent unseres Netzes sind derzeit gesperrt. Hinzu kommen Langsamfahrstellen und hinzu kommen unsere Forderungen, alsbald dafür zu sorgen, dass z.B. das Sonneberger Netz wieder durch die Bahn bedient wird,

(Beifall Abg. Kallenbach, Abg. Wunderlich, CDU)

und dies nicht zuletzt mit Blick auf den Bau der Talsperre Leibis, meine Damen und Herren. Hier tut sich die Bahn schwer, sie weist auf ihre Finanzprobleme hin und darauf, dass die geringe Auslastung von Teilstrecken dazu führt, dass das Defizit entsprechend in die Höhe geht.

Meine Damen und Herren, um es ganz klar zu sagen, wir werden nicht umhinkommen, Stilllegungen zu akzeptieren bzw. weitere Abbestellungen vorzunehmen. Wer verspricht, dies zu verhindern, der verspricht etwas, was er nicht halten kann. Es ist im nächsten Jahr, zum kommenden Fahrplanwechsel, davon auszugehen, dass auf etwa weiteren 84 km SPNV-Leistungen abbestellt werden müssen. Aber es ist auch klar, dass der Freistaat Thüringen alles tun wird, um den Rückzug der Bahn aus der Fläche zu verhindern. Wir haben gestern Abend vereinbart, streckenweise Konzepte zu entwickeln, wie man erhalten kann oder wie man jedenfalls entscheiden kann. Es war immer klar, dass der Freistaat Thüringen seine Regionalisierungsmittel genutzt hat und weiterhin nutzen wird, um das Regionalnetz bestandskräftig und bestandsfähig zu erhalten. Wir haben investiert, nicht nur in Strecken. Wir haben investiert vor allem in den Fahrzeugpark, wir haben investiert in die Bahnhöfe. Wir haben investiert, um den Schienenverkehr weiterhin attraktiv zu erhalten. Nur, meine Damen und Herren, die Länder können die Aufgaben des Bundes in dem Bereich sicher nicht übernehmen. Ganz klar muss festgestellt werden, dass der Bund seiner infrastrukturellen Gemeinwohlverpflichtung im Sinne des Artikel 87 Grundgesetz derzeit nicht nachkommt. Da sind sich alle Verkehrsminister, egal ob A-Länder oder B-Länder, einig.