Protokoll der Sitzung vom 14.12.2000

Lassen Sie bitte Abgeordneten Schwäblein reden.

Ich bleibe dabei, dass gerade im künstlerischen Bereich der Wechsel über die Regionen, der Wechsel über die Länder sehr, sehr Frucht bringend war und auch bleiben wird. Das war in den letzten Jahrhunderten so. Und wegen des Bedauerns machen wir noch einmal mit Herrn Döring eine Aktuelle Stunde über den Weggang von Johann-Sebastian Bach aus Weimar. Das können wir heute auch noch alle bedauern,

(Beifall bei der CDU)

aber das ist nun einmal so. In der gleichen Dimension kann man das natürlich mit Herrn Kauffmann sehen. Sein Wirken für Thüringen bleibt unbestritten positiv, bei all den Begleiterscheinungen, die damit auch verbunden waren. Das lasse ich mir auch nicht nachsagen, dass ich damit möglicherweise ihn hier schlechtgeredet hätte. Ich bringe noch einmal den Bezug zu Ihrem Kulturstaatsminister, der sich nach einem Jahr Dienstzeit aus dem Amt gemacht hat. Hier geht es um eine ganz andere Wirkungszeit bei Herrn Kauffmann in Thüringen. Ich bitte Sie wirklich noch einmal, Herr Döring, sich mit der Vita von Herrn Kauffmann zu befassen, da werden Sie ihn vielleicht ein Stück besser verstehen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt gibt es tatsächlich keine Wortmeldung mehr, die Redezeit ist wohl auch soweit erschöpft. Damit schließe ich die Aktuelle Stunde in ihrem zweiten Teil.

Wir kehren zurück zur laufenden Tagesordnung. Da sind wir jetzt bei dem Aufruf des Tagesordnungspunkts 4 angelangt, und zwar

Viertes Gesetz zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1013 dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/1180 ZWEITE BERATUNG

Zum Berichterstatter wurde Herr Abgeordneter Mohring bestimmt. Ich bitte Herrn Abgeordneten Mohring um die Berichterstattung.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wie Sie wissen, hat der Landtag durch Beschluss am 12. Oktober 2000 den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 3/1013 zum "Vierten Gesetz zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes" an den Innenausschuss federführend und an den Haushalts- und Finanzausschuss zur Mitberatung überwiesen. Daraufhin hat der Innenausschuss den Gesetzentwurf in seiner 20. Sitzung am 8. Dezember beraten und dazu eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände durchgeführt. Der Haushalts- und Finanzausschuss, der zur Mitberatung durch Beschluss des Landtags aufgefordert wurde, hat dazu in seiner 20. Sitzung am 12. Dezember beraten und zur Vorlage des Innenausschusses 3/580 vom Haushalts- und Finanzausschuss abschließend Stellung genommen. Aufgrund dieser Stellungnahme des Haushalts- und Finanzausschusses und der damit beschlossenen Änderungen zur Vorlage hat der federführende Innenausschuss heute in doppelter Sitzung den Gesetzentwurf gemäß § 81 Abs. 3 der Geschäftsordnung in seiner 21. und offensichtlich auch folgenden 22. Sitzung am heutigen Tag erneut beraten und schlägt folgende Änderungen zum Gesetzentwurf vor, und zwar:

Zu Artikel 1 Nr. 1 Buchst. b (zu § 3 Abs. 3) wird folgende Änderung vorgeschlagen:

a) Die Sätze 1 und 2 erhalten folgende Fassung:

"Die Finanzausgleichsmasse beträgt im Ausgleichsjahr 2001 3.731,6 Mio. Deutsche Mark. In der Finanzausgleichsmasse 2001 sind Zuführungen aus dem Landeshaushalt in Höhe von 546,1 Mio. Deutsche Mark enthalten."

b) Folgender neuer Satz 5 soll angefügt werden:

"Die im Jahre 2001 vorgenommene Erhöhung um 20 Mio. Deutsche Mark aus dem Landeshaushalt wird unabhängig von Satz 3 und 4 im Ausgleichsjahr 2002 verrechnet."

Abschließend empfiehlt der Innenausschuss mit den vorgeschlagenen Änderungen die Zustimmung zur Drucksache 3/1013. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Damit kommen wir zur Aussprache. Als Erster hat Abgeordneter Schemmel, SPD-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Abgeordnete, ich ermuntere Sie, etwas aus dieser Lethargie herauszukommen. Wir beginnen nämlich jetzt

mit den Haushaltsberatungen und nicht erst, wie fälschlicherweise angekündigt, in der nächsten Woche. Es geht jetzt um vier Milliarden, die in der nächsten Stunde hier über den Tisch gehen werden, um nahezu vier Milliarden und wir sollten uns wirklich jetzt auf diese Sache konzentrieren. Wie gesagt, die Haushaltsberatungen finden nicht in der nächsten Woche statt, sondern - ich habe das ausgerechnet - zu 22 Prozent schon in dieser Woche. Also bitte Aufmerksamkeit! Da ich weiß, dass Frau Dr. Wildauer, ich muss sie immer wieder erwähnen zu Beginn meiner Reden, nach mir spricht und sicher in gewohnter komplexer und die Aufmerksamkeit nahezu erzwingender Art und Weise, kann ich mich bei dem Zahlenwerk

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Ironisch gemeint...)

Herr Böck, unterbrechen Sie mich doch nicht laufend etwas zurückhalten und kann mich darauf verlassen, dass Frau Dr. Wildauer dies alles vortragen wird, auch auf die ungleiche Lastenverteilung hinweisen wird, auch auf die falsche Einordnung der Auftragskostenpauschale hinweisen wird, auch auf die so genannte Doppelbegünstigung der Kommunen durch Feuerschutzsteuern und Ähnliches. Ich werde versuchen einige grundsätzliche Worte zum Kommunalen Finanzausgleich und zum Finanzausgleichsgesetz zu sagen.

Einen Moment bitte. Der Lärmpegel erhöht sich zunehmend. Ich bitte doch etwas Ruhe zu halten, damit man den Redner besser versteht.

Und ich beginne mit einem Satz, der einerseits eine Binsenwahrheit ist, auf der anderen Seite natürlich in diesem Punkt den Stein der Weisen darstellt. Kommunale Selbstverwaltung funktioniert nur bei ausreichender finanzieller Ausstattung der Kommunen und bei tatsächlicher Verfügungsgewalt der Kommunen über ihre Haushaltsmittel. Wie gesagt, doppeldeutig, das weiß jeder. Das sagt auch in jeder Sonntagsrede jeder, aber die Rückkopplung, die Beherzigung dessen im Parlament und im Haushaltsentwurf der Landesregierung, die habe ich in dieser Form nicht gefunden. Wir hatten ja innerhalb der letzten zehn Jahre einen Zustand erreicht, wo man, ich sage mal, bei der jeweiligen Festschreibung des Finanzausgleichsgesetzes bei den Kommunen zwar nicht Zufriedenheit erreicht, das kann es nicht geben, aber immer eine gewisse Stabilität, immer eine gewisse Konstanz für die Ausgaben in den nächsten Jahren.

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Das wird auch so bleiben.)

Dies scheint nun Geschichte zu sein. Für die nächsten zwei Jahre ist mit diesem FAG eine Durststrecke für die Kommunen vorprogrammiert. Das wird niemand bestreiten können. Viele Kommunen, mit denen man jetzt spricht, viele Kämmerer wissen nicht, wie sie ihre Haushalte ausgleichen können. Letztendlich wird es zu einem drastischen Rückgang der kommunalen Investitionen kommen, und wer mit diesem drastischen Rückgang der kommunalen Investitionen getroffen wird, das brauche ich den Kollegen der CDU, die ja ansonsten diese örtliche Wirtschaft immer so fördern wollen, so ins Auge gefasst haben, nicht zu sagen, wer der Leidtragende des Rückgangs der kommunalen Investitionen ist - nicht nur die Kommunen selbst, weil sie nichts schaffen können, sondern natürlich auch das örtliche Handwerk und Gewerbe.

Meine Damen und Herren, ein Haushalt von dieser Größenordnung, wie wir ihn im Land Thüringen haben, der wird entschieden bei seiner Festsetzung. Vom Parlament jetzt zu verlangen oder dem Parlament nahe zu legen, dass dieser dreistellig fehlende Millionenbetrag, um den es sich hier handelt, live im Parlament in einer einstündigen Beratung oder in den Hauruckberatungen im Innenausschuss, die es zu diesem Thema gegeben hat,

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Ad hoc.)

dass man weit über einhundert Millionen live umschichten könnte, das wird niemand für möglich halten. Bei der Erstellung des Haushalts wäre es die Pflicht der Landesregierung gewesen, die Messlatte auf die richtige Höhe zu legen und wenn es nur die Höhe gewesen wäre, die einer proportionalen Einsparung des Landeshaushalts, die berühmten ein Prozent, entsprochen hätte, selbst wenn es nur diese Justierung der Messlatte gewesen wäre, aber die Regierung hat diese Justierung unterlassen und der Kommunalminister, der Innenminister Herr Köckert, hat dieses nicht verhindert. Wenn wir wohlwollend sind, werden wir sagen: Er hat es nicht verhindern können. Welche Bewertung für den Innenminister die glücklichere ist, weiß ich an dieser Stelle leider nicht. So wird nun dieses gesamte Paket, FAG genannt, den Kommunen heute hier an dieser Stelle mit den Stimmen der CDU-Fraktion aufgebürdet, und dies sehenden Auges angesichts der Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände, der Kommunen selbst. Unzählige Briefe von kommunalen Vertretern haben uns in den letzten Tagen dazu erreicht. Sehenden Auges wird also den Kommunen jetzt dieser Haushalt so aufgebürdet. Angesichts dieser Lage, die wohl jetzt hier nicht mehr zu ändern ist, fordere ich die Landesregierung und die CDU-Fraktion auf, die Kommunen in den nächsten zwei Jahren - solange dauert ja dieser Haushalt - nicht im Regen stehen zu lassen, sondern z.B. bei steigenden Steuereinnahmen, auch im Haushaltsvollzug, den Kommunen Unterstützung angedeihen zu lassen. Die SPD wird in die Haushaltsberatung nächste Woche, wo es sich um Tatsachen außerhalb des FAG handelt, einen entsprechenden Antrag einbringen. Ich fordere, das er

scheint mir noch viel wichtiger, die Landesregierung und die CDU-Fraktion auf, die Zeit bis zur nächsten Festschreibung des FAG, und zwar ab sofort, zu einer Überprüfung der Mechanismen des FAG zu nutzen. Unsere konstruktive Mitwirkung kann ich Ihnen dabei sofort zusichern. Ich nenne drei Beispiele, wo mir die Mechanismen des Kommunalen Finanzausgleichs überprüfbar erscheinen bzw. überprüft werden müssen. Ich meine, das Land Thüringen hat sich ja entwickelt - hier zum Positiven, da zum Negativen in den zehn Jahren - und dieser Entwicklung muss natürlich auch Rechnung getragen werden.

Ich meine als erstes Beispiel den Umgang mit und die Beziehung zu den so genannten kleineren kreisfreien Städten. Hier müssen wir über Regelungen nachdenken, denn wenn wir dort etwas regeln in diesem Bereich, hätte das natürlich auch sofort Auswirkungen z.B. auf eine Umverteilung der Schlüsselzuweisungen oder auch auf die Umverteilung der Auftragskostenpauschale. Des Weiteren müssen wir die Bevölkerungswanderung untersuchen, die passiert, und da meine ich an dieser Stelle nicht die von Thüringen in die alten Bundesländer, die ist ja auch da, leider, aber die hat mit dem Kommunalen Finanzausgleich ja nur indirekt zu tun, sondern die Bevölkerungswanderung innerhalb Thüringens, und zwar besonders die Bevölkerungswanderungen im Umfeld z.B. der großen kreisangehörigen Städte. Dort kommt es, ich weiß das von Altenburg als großer kreisangehöriger Stadt, zu einer Abwanderung von Tausenden von Einwohnern in das Umfeld, ohne dass die große kreisangehörige Stadt ihre Leistungen dabei einschränken kann proportional zum Einwohnerschwund. Ich kann ja nicht eine Buslinie einstellen, wenn ich zehn Einwohner weniger habe. Ich muss alle Leistungen weiter beibehalten. Eine neue leistungsgerechte Verteilung der Schlüsselzuweisungen müssen wir anstreben. Da sind natürlich dann inklusive zu betrachten auch die fachlichen Einzelzuweisungen innerhalb des KFA, auch die Hauptansatzstaffeln und die Vorwegschlüsselzuweisungen. Ich weiß, dass das alles in diesen Zusammenhang der leistungsgerechten Bewertung hineinpasst. Diesen Komplex müssen wir überprüfen und das können wir nicht erst tun, wenn hier das nächste FAG zur Debatte steht, sondern damit müssen wir jetzt beginnen. Und den dritten Punkt wollte ich noch nennen. Die jährliche Steuerkraft dient als Grundlage für die Festsetzung der Schlüsselzuweisungen. Hier kann man einem nicht etwa von mir stammenden, sondern sich schon lang bemerkbar gemachten Begehren von vielen Seiten, vielleicht endlich mal zur Umsetzung verhelfen, dass man diese jährliche Steuerkraft nicht mehr zur Grundlage macht, sondern eine durchschnittliche Steuerkraft der vergangenen Jahre annimmt, um sprunghafte Veränderungen auszugleichen. Das waren nur drei Beispiele, ich könnte noch mehr darstellen, wo wir prinzipiell die Kriterien und Steuermechanismen des Kommunalen Finanzausgleichs unter die Lupe nehmen müssen, wenn wir schon an dem diesjährigen Finanzausgleichsgesetz nichts mehr ändern können, ohne natürlich dabei die tatsächliche und absolute Fi

nanzausgleichsmasse des jeweiligen Jahres aus dem Auge zu verlieren. Es darf meiner Meinung nach nicht wieder vorkommen, dass diese - wie in diesem Jahr - abgekoppelt wird von der Entwicklung des Landeshaushalts. Dies ist dieses Jahr geschehen, sonst wäre die Senkung der Masse nur um ein Prozent und nicht um weit über ein Prozent ausgefallen.

Letztlich nur einige Worte zu diesem Änderungsantrag der CDU, der jetzt hier zur Abstimmung kommen soll. Er bestätigt mich nur in meiner Einschätzung, dass die Finanzausgleichsmasse unproportional zur Absenkung des Landeshaushalts vorgenommen worden ist und deshalb, so sieht es natürlich auch die CDU, einer gewissen Korrektur bedarf. Und als letztlich eine Reaktion auf die Forderung der Kommunen, der Spitzenverbände, der Oppositionsparteien das zusätzlich geschaffene Ungleichgewicht zwischen den Ansätzen 2001 und 2002 auszugleichen und dieser vernünftigen von allen aufgestellten Forderung nunmehr an dieser Stelle ein kleines CDU-Fähnchen aufzupflanzen und er ist ein großes Stück lang eine Mogelpackung, indem er zulasten der den Kommunen sowieso zustehenden Investitionsmittel die Schlüsselzuweisung ausgleicht. Das ist Wirtschaft nach CDU-Weltmeistermanier, aus der linken Tasche der Kommunen heraus und in die rechte Tasche der Kommunen hineingesteckt

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Das ist eben ganz vernünftig.)

und die sollen sich dafür auch noch bedanken. Ein letztes Wort, um nicht noch die weitere Empörung des wohl gemeinten Kollegen Herrn Böck hervorzurufen, eine letzte Bemerkung zum Gesetz in toto, diesen Finanzausgleich lehnen wir selbstverständlich ab.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Dr. Wildauer, PDSFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Schemmel, ich gebe Ihnen Recht, dass die Debatte zur Beschlussfassung über das Vierte Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes nicht zu trennen ist von der Haushaltsdebatte 2001/2002 und dass wir mit dem Finanzausgleichsgesetz mittendrin stehen, aber Ihre hellseherische Fähigkeit in allen Ehren, bloß falls ich Ihren Erwartungen nicht entspreche, können Sie ja noch nachfragen mit den Zahlen.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Enttäu- schen Sie mich nicht, Frau Dr. Wildauer.)

Der vorliegende Gesetzentwurf ist nicht die innovative Antwort auf neue Entwicklungen und Erkenntnisse in der kommunalen Finanzausgleichspolitik, sondern ausschließlich die Folge der konzeptionslosen Haushaltspolitik der Landesregierung und der CDU-Mehrheit im Landtag. Sie nennen Ihre Politik Haushaltskonsolidierung; in Wahrheit reagieren Sie nur auf eine aktuelle Haushaltssituation des Landes. Sie kürzen Landesausgaben und beziehen dabei die kommunale Ebene in nicht zu akzeptierender Art und Weise überproportional ein. Seit 1995 müssen im Wesentlichen die Kommunen für die so genannte Konsolidierung der Landesfinanzen aufkommen. Entschuldigend könnte man darauf verweisen, dass dies in den neuen Ländern eine weit verbreitete Praxis der Landesregierungen ist. Dieses Argument zeugt aber mehr von Hilflosigkeit als von verantwortungsvoller Landespolitik. Verfassungsrechtlich trägt das Land für eine ausreichende Finanzausstattung der Kommunen die Verantwortung. Für unsere Fraktion wäre es selbstverständlich besser, wenn die Kommunen ausreichend eigene Steuereinnahmen hätten - wir haben das eben auch schon gehört - und somit der Kommunale Finanzausgleich tatsächlich nur Steuerkraftunterschiede zwischen den Kommunen ausgleichen würde. Doch die Praxis sieht leider anders aus. Die Thüringer Kommunen haben mit knapp über 500 DM pro Einwohner und Jahr eine Steuerquote, die nicht einmal 20 Prozent ihrer Ausgaben deckt. Daran - das wissen wir nun inzwischen - wird sich auch mittelfristig nichts ändern. Die Kommunen selbst können aber nur bedingt die Höhe ihrer eigenen Steuereinnahmen beeinflussen. Aus dieser Situation heraus resultiert die große Bedeutung des Finanzausgleichs. Nahezu 60 Prozent aller kommunalen Einnahmen kommen aus diesem Kommunalen Finanzausgleich. Um die kommunale Entwicklung auch zukünftig gestalten zu können, brauchen die Gemeinden Planungssicherheit, gerade auch beim Kommunalen Finanzausgleich. Sie ersetzen doch das Prinzip der Planmäßigkeit, meine Damen und Herren, durch das Prinzip der Willkür und Beliebigkeit. Die jetzigen Finanzausgleichsmechanismen gelten gerade einmal zwei Jahre. Die Kommunen konnten auf diese Regelung vertrauen und hatten sich darauf eingestellt. Die PDS hat die bestehende Kopplung der Finanzausgleichsmasse an die Entwicklung der Landeseinnahmen begrüßt. Kritisiert hatten wir 1997 nur, dass die Ausgangsdotierung der Finanzausgleichsmasse die seit 1995 bestehende Schieflage zulasten der Kommunen nicht ausgeglichen hat. Jetzt ändern Sie die Ausgleichsmechanismen insbesondere erneut bei der Dotierung der Finanzausgleichsmasse. Sie bringen damit alle kommunalen Planungen durcheinander und, was noch bedenklicher ist, das wenige Vertrauen der Kommunen in die Landespolitik verschwindet weiter.

Meine Damen und Herren, Politik funktioniert nur dann, wenn auch Vertrauen besteht. Sie selbst sorgen dafür, dass Landespolitik vertrauensunwürdig wird. Ihre jetzige Erklärung, dass man ab 2002 wieder zu den bewährten Ausgleichsmechanismen im Finanzausgleich zurückkehrt, steht zwar auf dem Papier, ob sie aber Bestand haben wird,

werden wir abwarten müssen. Wenn Sie es für notwendig erachten, werden Sie wieder und wieder das Finanzausgleichsgesetz ändern. So darf man als Land mit seinen Kommunen nicht umgehen. Zutreffend hat der Deutsche Städtetag im Gemeindefinanzbericht die Thüringer Landespolitik in Bezug auf die Kommunen als stiefmütterlich bezeichnet.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung tut so, als würden die Kommunen nach bisheriger Rechtslage keinen Beitrag zur so genannten Konsolidierung des Landeshaushalts leisten. Dabei verschleiert die Landesregierung bewusst, dass durch die gegenwärtigen Regelungen die Kommunen sehr wohl einen Sparbeitrag für das Land leisten. Aufgrund der Reduzierung der Landeseinnahmen müssten die Kommunen mit 42 Mio. DM weniger aus dem Finanzausgleich rechnen als in diesem Jahr. Die im Entwurf des Landeshaushalts und im Gesetzentwurf vorgesehene Reduzierung der Finanzausgleichsmasse von 133 Mio. DM ist willkürlich, ausgleichspolitisch nicht begründbar und ist für die Kommunen ein Schlag ins Gesicht. Die Landesregierung verliert kein Wort darüber, dass die Kommunen auch Mindereinnahmen bei den eigenen Steuereinnahmen zu verkraften haben. Also werden die Kommunen 2001 mehrfach belastet. Der Änderungsantrag der CDU, der eine Vorziehung der prognostizierten Erhöhungen aus 2002 in das Jahr 2001 von 20 Mio. DM vorsieht, ist in dieser Situation sicher hilfreich, auch die Umschichtung der 30 Mio. DM aus der Investitionspauschale in die Schlüsselzuweisung, also das kann man machen, aber sie sind nach meinem Dafürhalten alles andere als ein Erfolg zu werten. Die Landesregierung kostet das null DM, ich meine jetzt die 30 Mio. DM. Also letztendlich, wie Kollege Schemmel aussagte, ich sage es so: ein Taschenspielertrick.

(Beifall bei der PDS)

Für 2001 bedeutet der CDU-Vorschlag keine Erhöhung der Finanzausgleichsmasse. Diese Reduzierung beträgt nur noch 113 Mio. DM anstelle 133 Mio. DM und liegt damit weiterhin jenseits der 42 Mio. DM Kürzungen, die gerechtfertigt gewesen wären. Das hatte ich an der Stelle schon einmal gesagt. Die nunmehrigen Kürzungen von 113 Mio. DM sind auch noch nicht die ganze Wahrheit. Dadurch, dass die Auftragskostenpauschale von 85 Mio. DM auf rund 143 Mio. DM erhöht wird, was einerseits richtig ist, andererseits aber binden Sie Mittel der Kommunen, die für andere Aufgaben nicht mehr zur Verfügung stehen. Dies kommt einer Kürzung gleich. Und schließlich sind nicht die Kommunen, sondern das Land verpflichtet, die Auftragsverwaltung zu tragen. Der Thüringer Gemeinde- und Städtebund hat Recht, wenn er von Reduzierungen im Bereich von 200 Mio. DM spricht. Wir fordern hier endlich systematische Klarheit. Nehmen Sie die Auftragskostenpauschale aus dem Finanzausgleich heraus. Dies fordern auch die beiden kommunalen Spitzenverbände und selbst der Innenminister hat zur öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf am 8. De

zember erklärt, dass er die Herausnahme der Auftragskostenpauschale aus dem Finanzausgleich für sinnvoll erachtet. Aber offenbar kann sich der Herr Minister im Kabinett und in der CDU-Fraktion nicht durchsetzen und die Kommunen bekommen es bedauerlicherweise zu spüren. Bisher waren solche Wirkungsweisen eigentlich immer nur einer Monarchie eigen. Ich wünsche, Herr Innenminister Köckert, dass Sie sich endlich durchsetzen und endlich wirklich auch der Kommunalminister werden, den man von Ihnen erwartet.

(Beifall Abg. Nitzpon, PDS)

Meine Damen und Herren, mit dem Gesetzentwurf benachteiligen Sie nicht nur die Kommunen insgesamt, sondern schaffen gleichzeitig neues Konfliktpotenzial in der kommunalen Ebene. Auch hier sagen wir, dass Sie dies bewusst machen, um die Kommunen zu entzweien und damit zu schwächen. "Teile und herrsche", dies ist Ihr Handlungsmotiv. Wir halten eine solche Politik für höchst unanständig und lehnen sie ab. Die Probleme der Kreisumlage löst man nicht dadurch, dass man die Genehmigungsfreigrenzen um 2 Prozent reduziert. Fahren unter Alkohol verhindert man auch nicht durch die Reduzierung der Promillegrenze. Das Problem Kreisumlage ist nur durch eine völlig neue

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Mein Gott, das ist ja schlimmer als Stammtisch.)

Ausrichtung und Strukturierung

Darf ich um Ruhe bitten.