Protokoll der Sitzung vom 23.02.2001

Nun zu den Ergebnissen der Abschlussberatungen. Zu Drucksache 3/717, Antrag der Fraktion der CDU, Wanderfischprogramm, möchte ich sagen, dass in diesem Antrag von beiden Fachausschüssen in unveränderter Fassung eine einstimmige Annahme getroffen wurde. Die Landesregierung wird gebeten, im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten durch entsprechende Förderungen die Durchgängigkeit der Thüringer Gewässer zu verbessern. Das beinhaltet eine Bündelung bestehender Programme. Meine Damen und Herren, ich würde Sie Ihnen gern aufführen, aber, ich denke, ich könnte es auch etwas zusammenfassen. Es soll um die weitere Verbesserung der Gewässerqualität und Ökologie und eine weitere Zunahme der Fischpopulation gehen. Im Zusammenhang mit durchzuführenden Instandsetzungen und Erneuerungen sollen insbesondere an kleinen Wasserhindernissen durch Fischwanderhilfen Situationsverbesserungen erreicht werden. Aufgrund der Komplexität des Beratungsgegenstands und der Fülle der Anregungen aus der Anhörung hat sich der federführende Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf eine begleitende Empfehlung an die Landesregierung zur Umsetzung eines Wanderfischprogramms in Thüringen verständigt.

Ich möchte Ihnen kurz noch einige wichtige Anmerkungen daraus zitieren: "Von allen Anzuhörenden wird der Antrag zur Schaffung eines langfristig angelegten Fischwanderprogramms begrüßt. Ziel sollte die Herstellung der Passierbarkeit und die in diesem Rahmen notwendige Renaturierung der Thüringer Fließgewässer sein. Mit Umsetzung der EU-Wasserrichtlinie soll die Durchgängigkeit der Thüringer Fließgewässer gesichert werden. Das Wanderfischprogramm ist als Bestandteil dieses Programms zur Wasserdurchgängigkeit zu werten. Auf der Basis der Strukturgütekategorierung sollte ein ressortübergreifendes Konzept zum Fließgewässerschutz in Thüringen, in dem die Wiederherstellung der Passierbarkeit eingebettet ist, erarbeitet werden. Für jedes Einzugsgebiet ist ein Gewässerentwicklungskonzept zu schaffen. Ausgangspunkt dazu ist die Erstellung eines Minimalnetzes und die Festlegung von Schwerpunkten. In Auswertung der Anhörung soll aus dem Gesamtprogramm das Werra-Weser-Fließsystem als Projektteil vorrangig behandelt werden."

Meine Damen und Herren, daher regt der Ausschuss an, im Rahmen des Landesfischereibeirats die Verbände bei der Mitarbeit zu aktivieren, um im Vorfeld Konflikte zu vermeiden bzw. abzubauen. Es geht nicht um Fischdurchlässigkeit oder Energiegewinnung, sondern vielmehr darum, die zukünftige Rekonstruktion von Wasserkraftanlagen mit einer fischereibiologischen Stellungnahme zu begleiten und den Neubau von Anlagen wie bisher nur in Ausnahmefällen und mit den entsprechenden Auflagen zur Passierbarkeit, zur Sicherung der standortbezogenen und ökologisch notwendigen Mindestabflüsse sowie aus

Gründen des Hochwasserschutzes zu genehmigen. Das Landesprogramm ist mit den Anrainerländern im Rahmen ihrer Programme abzustimmen. Dem Ausschuss ist nach Vorlage des Konzepts Bericht zu erstatten.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch darauf hinweisen, dass dies ein Beispiel ist, wie man auch in diesem Rahmen zueinander kommen kann, um alles gut miteinander zu vereinbaren. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank für den Bericht. Ich wollte nur sagen, die freie Rede bezieht sich auf die parlamentarische Debatte. Bei den Berichten ist es allerdings auch empfehlenswert, sie in flüssiger Rede vorzutragen, wenn man entsprechend den Text dann auch lesen kann.

Jetzt kommen wir zur Aussprache. Als Erster hat sich der Abgeordnete Kummer, PDS-Fraktion, gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zuerst möchte ich einmal erklären, warum ich heute den Fisch nicht am Jackett trage: Wir wollen ja nicht mit nonverbalen Zeichen arbeiten. Die Kollegin Wackernagel hat eben einen sicherlich recht trockenen Stoff vortragen müssen. Sie hat das sehr umfangreich gemacht. Ich möchte aber, dem Thema angemessen, im Weiteren etwas feuchter werden,

(Heiterkeit im Hause)

sagen wir es einmal so. Ich fange einmal an wie im Märchen: Es war einmal vor langer, langer Zeit, da kämpften auch in unserem Land Angestellte oder Bedienstete dagegen, dass sie täglich Lachs essen müssen. In einigen Chroniken ist es auch noch festgehalten, dass Bedienstete einen Tag in der Woche ohne Lachs sein dürften vom Mittagessen her. Heute geraten manche unter uns schon in Begeisterung, wenn sie rot gefärbtes Fleisch von Dorschartigen sehen, das mit dem Handelsnamen Seelachs versehen wurde, weil sie denken, dass sie es da mit Lachs zu tun haben.

Früher kannten die meisten Thüringer aus dem täglichen Erleben die einheimischen Lachsartigen und heute fragen sich viele von uns, wenn der Begriff "Salmoniden" fällt, was ja für Lachsartige steht, ob es sich dabei um eine bösartige Erkrankung handelt. Früher wusste in Thüringen jeder Koch, der ab und zu einmal Fisch zubereitete, dass Barbenrogen und Barbenleber nur für ungeliebte Gäste zuzubereiten sind, weil diese Teile giftig sind, und heutzutage, wenn der Name Barbe fällt, denken die meisten nur an bunte Aquarienfische aus tropischen Gegenden. Das sagt eigentlich schon einiges aus zur Situation

der Bewohner unserer Fließgewässer heute. Ich möchte es trotzdem noch einmal mit ein paar Zahlen untersetzen.

Meine Damen und Herren, ein Drittel der ursprünglich in Thüringen beheimateten Fischarten gelten heute als ausgestorben. Ich möchte hier einmal kurz auf die "rote Liste" eingehen. Ich zitiere aus "Fische in Thüringen" aus dem Jahr 1996 - ich denke mal, das dürfte das aktuellste sein -, ausgestorben in Thüringen: das Flussneunauge

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt)

- stand dort drin, Herr Minister, Sie können mich auf den aktuellen Stand bringen, da bin ich Ihnen dankbar der europäische Stör, der Maifisch, der Lachs, die Meerforelle, der Aland, der Rapfen, der Schneider, die Zährte, die Nase, der Bitterling, der europäische Wels, der Schlammpeizger, der Steinbeißer. Vom Aussterben bedroht: das Bachneunauge, die Quappe, außerdem auch noch so bekannte andere aquatische Lebewesen wie der Steinkrebs, die Flussperlmuschel, die Bachmuschel, die gemeine Malermuschel, die flache Teichmuschel. Stark gefährdet sind Barbe, Aal, Groppe und auch der Edelkrebs. Und zum Thema "gefährdet" - selbst so bekannte Arten wie die Äsche, die Bachforelle und der Hecht zählen hier mit dazu. Auch der Aal, als letzter in Thüringen noch beheimateter Langdistanzwanderfisch, der zwischen Meer und Thüringer Gewässern pendelt, gilt als stark gefährdet.

Meine Damen und Herren, was sagt uns das? Fische sind in dieser Hinsicht scheinbar Spitze. Sie werden bedroht durch den Verlust an genetischer Vielfalt. Die Ursachen dafür wollen wir mit diesem Wanderfischprogramm bekämpfen. Sie werden bedroht durch Gewässerverunreinigung, durch die Zerstörung ihres Lebensraums und durch Fehlentwicklungen in der Natur, durch Eingriff des Menschen wie z.B. beim Kormoranproblem. Die meisten Menschen wissen nicht, was ein Ichthyologe ist heutzutage, also jemand, der sich mit Fischen beschäftigt. Eher interessieren sie sich für Pandas, Elefanten und Wale, die in ziemlich weiter Entfernung von uns leben und bedroht sind. Aber das Bachneunauge, das eigentlich auch niedlich ist mit seinem Knutschmäulchen, wie es die BILD-Zeitung mal schrieb, das in unseren Gewässern lebt und mit unserem täglichen Abwasser zu kämpfen hat, mit den Rückständen von Haarfärbemitteln, von neuem Fleckentferner u.ä., das ist eigentlich für die meisten relativ unbekannt. Der Ausschuss für Naturschutz und Umwelt hat sich in einer auswärtigen Sitzung mit dem Thema Bachneunauge beschäftigt; es ging damals um Saalfeld. Ich denke, hiermit ist schon eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Probleme der Tiere erreicht worden, die meist so lautlos und unauffällig sterben. Das Verschwinden von Fischarten wird von uns meist nur durch eine Verarmung der Speisekarte bemerkt.

Meine Damen und Herren, auf der diesjährigen Messe "Reiten, Jagen und Fischen", die am vorigen Freitag stattgefunden hat, hat Herr Minister Sklenar eine viel beachtete Eröffnungsrede gehalten. Im Anschluss daran saß ich mit Vertretern der Angelverbände und des Fischereiverbandes zusammen und wir haben das letzte Jahr mal so Revue passieren lassen. Wir haben festgestellt, dass sich in Thüringen im letzten Jahr eine wesentliche Entwicklung vollzogen hat, was die Sensibilisierung für Fragen der Probleme der Gewässer und der Fische anbelangt. Ich möchte nur daran erinnern, dass es vor einem Jahr noch die Aussage der Regierung und auch der CDU gab, dass es kein Lachsprogramm in Thüringen geben wird. Ich möchte sagen: noch nicht mal ein Lachsprogramm. Heute haben wir es dankenswerterweise mit einem Antrag zu einem Wanderfischprogramm, das wesentlich weiter gehend ist, zu tun. Am 8. Juni wurde der Antrag der CDU-Fraktion eingereicht. Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat sich, wie Frau Wackernagel ja auch schon sagte, in sechs Sitzungen mit dem Thema intensiv beschäftigt. Wir erhielten sehr viele Zuschriften, hatten 12 Anzuhörende da, eine kontroverse Diskussion, die den Bogen spannte von den Problemen, die es gibt zwischen Anglern und Wasserkraftwerkern, bis hin zu einem Ausblick, wo uns Dias gezeigt wurden von Lachsen im Lahnbereich, der eigentlich auch Visionen ermöglichte, Visionen, dass sich Fernwanderfische in Thüringen bald wieder einstellen könnten. Ich möchte diesen Rahmen nutzen und denjenigen, die uns diese hervorragenden Zuarbeiten geliefert haben, die uns auch einen Überblick über die Situation in Thüringer Gewässern ermöglichten, einen herzlichen Dank sagen. Ich muss auch dazu sagen, dass ich die Zusammenarbeit der drei Fraktionen im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sehr lobenswert fand. Wir haben parteipolitische Polemik ausnahmsweise mal beiseite gelassen und uns wirklich inhaltlich mit der Frage beschäftigt, im Gegensatz zu der Geschichte BSE, auf die wir nachher noch zu sprechen kommen werden. Mit den Diskussionen im Ausschuss wurden die Vorstellungen vom Wanderfischprogramm konkretisiert und wir hatten auch positive Auswirkungen. Es gibt inzwischen ein besseres Verhältnis, meiner Ansicht nach, zwischen Wasserkraftwerkern und Fischerei und ich denke, es ist klar, dass alle Beteiligten in das Wanderfischprogramm einbezogen werden, dass wir gemeinsam versuchen werden, hier etwas zu tun. Nach letzten Gesprächen mit Wasserkraftwerkern muss ich sagen, dass es diesen Herstellern einer umweltfreundlichen Elektroenergie eigentlich klar ist, dass dazu auch mehr gehört, nämlich auch, dass die Interessen der Gewässer berücksichtigt werden, an denen sie arbeiten.

Meine Damen und Herren, die Anhörungen waren auch ein Beitrag zu einer besseren Zusammenarbeit der Angelverbände untereinander und mit dem Verband der Berufsfischer in Thüringen, so dass ich die Hoffnung äußern kann, dass wir in Bälde in Thüringen einen schlagkräftigen Fischereiverband haben werden.

Heute kommen wir nun zur Abstimmung über den Antrag. Die Beschlussempfehlung, die der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vorgelegt hat, ist akzeptabel, nachdem Renaturierung und ökologisch notwendiger Mindestabfluss auf Antrag der PDS reingenommen wurden. Aber mit der Zustimmung zu diesem Antrag, bei der ich mir sicher bin, dass sie heute im hohen Hause zustande kommen wird, ist es nicht getan. Wir stellen auch Erwartungen an die Umsetzung. Sicherlich wird das Wanderfischprogramm als Bestandteil zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in Zukunft eine große Bedeutung haben. Wichtig ist aber auch, dass das Wanderfischprogramm nicht sporadisch umgesetzt wird, sondern mit wissenschaftlichem Konzept. Wichtig ist, dass nicht Prestigeobjekte bedient werden, sondern dass es schrittweise für ganz Thüringen umgesetzt wird. Das Ziel müssen strukturreiche Gewässer sein, die allen darin natürlich vorkommenden Arten einen guten und geeigneten Lebensraum bieten. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Als nächster Redner hat sich Abgeordneter Wunderlich, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, als die CDU-Fraktion vor einigen Monaten - Herr Kummer hat es angesprochen, es ist ja fast ein Dreivierteljahr her - diesen Antrag eingebracht hat, gab es allgemeines Schmunzeln hier im Saal und auch heute, als der Punkt aufgerufen wurde, ist auch wieder geschmunzelt worden. Wanderfischprogramm - da denkt man eventuell an Tourismus oder irgendwas. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, die letzten Monate haben es gezeigt, Herr Kummer hat es angesprochen, dass man mit diesem Problem schon in einer gewissen Ernsthaftigkeit umgehen muss, weil es aus ökologischer Sicht ein sehr sensibles Problem ist. Ich muss Ihnen auch ganz ehrlich sagen, ich habe einen entsprechenden Respekt und Anerkennung gegenüber denjenigen gefunden, die sich mit diesem außerordentlich komplexen Ökosystem Fließgewässer auseinander setzen, und das sind die Angler, die Fischer, Naturschützer, es sind eigentlich sehr viele freiwillige Helfer, die sich damit beschäftigen. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, es sind Angler und Fischer, in Thüringen sind es an die 20.000 Menschen, die sich mit dieser Natur beschäftigen.

Herr Kummer, Sie haben das richtig angesprochen, bei der Anhörung hat man das Engagement der Verbände gespürt, die sich damit auseinander setzen. Gerade die Anhörung hat gezeigt, dass die Politik darauf angewiesen ist, von diesen Verbänden nicht nur das fachlich-theoretisch Fundierte zu erhalten, sondern auf die praktische Erfahrung von den Fischern und von den Anglern angewiesen ist.

Ich glaube, das ist für uns in der Politik unentbehrlich, auf diese Erfahrungen bei den Entscheidungen zurückzugreifen. Aber die Anhörung und die Diskussion haben gezeigt, dass wir in Thüringen nicht bei null angefangen haben, so ehrlich müssen wir sein. Es sind in den letzten Jahren verschiedene Maßnahmen durchgeführt worden, denn Thüringen hatte ja, Herr Minister, zwischen 1997 und 1999 den Vorsitz in der Arbeitsgemeinschaft "Reinhaltung der Weser". Hier sind ja schon entsprechende Arbeiten hinsichtlich Gewässerschutz und auch hinsichtlich der Wiederansiedlung von Wanderfischen erarbeitet worden.

Herr Kummer, wir haben ganz bewusst kein Lachsprogramm aufgelegt. Ich glaube, das ist auch so von den Angler- und Fischereiverbänden verstanden worden. Ich glaube, das Wanderfischprogramm ist wesentlich komplexer, ist auch wesentlich komplizierter. Wir sollten uns auch nicht auf eine Fischart, sondern auf das gesamte Ökosystem, wie Sie das ja auch richtig angesprochen haben, konzentrieren. Unter dem Vorsitz von Thüringen ist 1999 das Aktionsprogramm "Flussgebiet Weser 2000 bis 2010" ausgearbeitet worden. Ich glaube, mit diesem Wanderfischprogramm haben wir eine neue Qualität, eine neue Stufe auf dem Gebiet erreicht. Es ist ja von der Kollegin Wackernagel angesprochen worden, das Ziel ist, bestehende Programme zu bündeln und zu nutzen. Ich denke hier auch an die Ausgleichsabgabe nach dem Thüringer Naturschutzgesetz und an die Fischereiabgabe. Wenn ich an die Fischereiabgabe denke, glaube ich, hier besteht ein großes Engagement der Fischer und der Angler, die sich in dieses Programm dann einbinden. Mittel zur Gewässerunterhaltung werden gemäß dem Landeshaushalt eingesetzt, das hat der Doppelhaushalt 2001/2002 gezeigt.

Es ist von der Kollegin Wackernagel auch schon ein ressortübergreifendes Konzept auf der Basis der Strukturgüterkartierung hinsichtlich Fließgewässerschutz angesprochen worden. Der Schwerpunkt dieses ressortübergreifenden Konzepts ist ja dieses Werra-Weser-Fließsystem. Das haben ja auch die Anhörungen gezeigt. Ich glaube, hier haben wir die ersten und die größeren Chancen zur Wiederansiedlung von Wanderfischen.

Herr Kummer, Sie haben das auch richtig angesprochen, hilfreich für die Umsetzung dieses Wanderfischprogramms sind die europäischen Wasserrahmenrichtlinien, die 2000 in Kraft getreten sind. Wir müssen ganz ehrlich sein, wir waren ja beide zur Mitgliederversammlung des Verbandes Angeln und Naturschutz am 27. Januar und ich glaube, da haben wir beide mit Genugtuung aufgenommen, dass sich der Verband sehr wohlwollend gegenüber der Landesregierung ausgesprochen hat, dass Thüringen bei der Umsetzung der europäischen Wasserrichtlinien, die in Thüringen seit Januar gelten, in der Bundesrepublik Deutschland an der Spitze der Bewegung steht. Ich glaube, darüber haben wir uns alle beide gefreut.

Die Anhörung und auch die Diskussion mit den Verbänden hat gezeigt, dass es immer noch einen Hauptkonfliktpunkt gibt, das sind die Wasserkraftanlagen. Aber es ist ja schon angesprochen worden, es gibt einen sehr großen Dialog und eine Konsensbereitschaft. Ich glaube, es ist empfehlenswert, dass im Vorfeld von Entscheidungen frühzeitig der Dialog gesucht werden muss. Wir empfehlen hier: das könnte eventuell der Landesfischereibeirat sein. Bei der Genehmigung von Wasserkraftanlagen ist eine fischereibiologische Stellungnahme zwingend erforderlich. Ich glaube, bei der Genehmigung ist eine Auflage der Passierbarkeit dieser Anlagen mehr als erforderlich.

Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind mit diesem Wanderfischprogramm auf einem sehr guten Weg, das haben die Diskussionen der letzten Monate gezeigt. Deswegen empfehle ich, der Beschlussempfehlung und diesem Antrag zuzustimmen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Dr. Klaus, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nach den vielen positiven Worten, die hier gesprochen wurden, könnte man fast der Meinung sein, das ist alles in Butter. Dem ist aber nicht so. Wir stehen am Anfang eines Prozesses und das muss man hier noch einmal ausdrücklich betonen.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Wir sind schon ein paar Jahre dabei.)

Eines meiner deprimierendsten Erlebnisse vor der Wende war mein täglicher Gang durch das Jenaer so genannte Paradies, bekannt durch den jetzt fehlenden Bahnhof. An dieser Stelle hat er ja eine gewisse Popularität erreicht. Wenn man dort die Saale gesehen hat, dann hat man über die Jahre feststellen müssen, dass die Saale immer mehr zum Abwasserkanal verkommen ist und immer weniger den ökologischen Anforderungen an einen Fluss entsprach. Es ist sicherlich richtig, dass der Fischbesatz in den Gewässern eigentlich nur von den Fachleuten bzw. den Leuten, die sich in ihrer Freizeit mit diesem Thema näher beschäftigen, wahrgenommen wird, aber was jeder gemerkt und gesehen hat, ist, dass sich unsere Gewässer immer weiter Schritt für Schritt von ihrem ursprünglichen Zustand entfernt haben. Wir können heute konstatieren, dass sich in den vergangenen zehn Jahren aus verschiedensten Gründen heraus natürlich diese Situation zunächst erst einmal wesentlich gebessert hat. Das muss man hier an dieser Stelle einfach sagen.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Aus der Anhörung waren für mich einige ganz wesentliche Punkte deutlich. Das Erste: Es gibt natürlich zuhauf nach wie vor, und das darf man nicht verkennen, Konflikte an unseren Gewässern. Das muss man hier sagen. Das Positive aber war, dass ich von vielen der Anzuhörenden gehört habe, und das können wir hier als Parlament auch nicht verordnen, dass sie bereit sind, miteinander zu reden, um die Konflikte vor Ort doch zu minimieren, wenn nicht gar aus der Welt zu schaffen. Da können wir uns also hier als Parlament sicherlich nur in der Form eines Katalysators betätigen, vor Ort müssen dann die Einzelgespräche geführt werden.

Ein weiterer Umstand war klar und trat immer wieder deutlich zutage, nämlich dass hier das Angebot steht und in der Vergangenheit auch schon wahr gemacht wurde, mit Hilfe vieler, vieler Stunden ehrenamtlicher Arbeit unsere Gewässer in einen besseren Zustand zu versetzen, also ein Hobby, das nicht nur Freude macht, sondern letztendlich auch den Bürgern einer Gemeinde nahe bringt, dass ihre Gewässer wieder ganz anders aussehen, ist etwas, was wir unbedingt unterstützen sollten. Ich denke, deswegen hat auch die Anhörung so einen großen Anklang gefunden.

Ich glaube - das ist auch im Ausschuss noch einmal untersetzt worden -, dass der ursprüngliche Antrag doch etwas zu kurz gegriffen war. Letztendlich geht es bei einem Wanderfischprogramm auch irgendwo um einen Indikator für Gewässerrenaturierung. Deswegen muss man sagen, dass hier breite Diskussionen zwischen allen Beteiligten bis hin zu den Kommunen und natürlich auch der Landwirtschaft erforderlich sind, denn es ist vollkommen zu Recht angesprochen worden, dass man natürlich, wenn man Wanderfische will, auch über die Gewässer zweiter Ordnung, insbesondere über die Seitengewässer reden muss, wo zum Teil noch sehr problematische Zustände sind, was z.B. Verrohrung betrifft. Auch hier muss in dieser Richtung etwas getan werden.

(Beifall Abg. Kummer, PDS)

Ich denke, es ist wichtig, dass ein Wanderfischprogramm auch Schwerpunkte setzen muss. Es wird jedem klar sein, dass wir nicht flächendeckend im ganzen Land gleichzeitig hervorragende Zustände erreichen können. Das wird nicht gehen, aber ich glaube, dieses Programm muss an den Schwerpunkten ansetzen zusammen mit denjenigen, die ihre Mitwirkung angeboten haben und die wir immer wieder einfordern sollten, vor Ort etwas zu tun. Wenn man sagt, dieses Programm ist ein Indikator für intakte Umwelt und darauf hinzielt, in der Renaturierung unserer Gewässer voranzukommen, dann sollte man unter anderem auch auf die im Ministerium schon eine ganze Weile vorliegenden Grundlagen, z.B. die Arbeiten von Schorscht und Jost Herr Minister wird sicherlich wissen, was damit gemeint ist, zurückgreifen, wo Teile davon ja schon umgesetzt wurden. Das Programm existiert seit 1994 und sollte hier nun tatsächlich mit Leben erfüllt und umgesetzt werden.

Der Gesprächsbedarf wird nach wie vor hoch bleiben. Ich denke, wir schaffen eine Vereinbarung zwischen den Zielen gewässernaher Ausbau unserer Gewässer erster und zweiter Ordnung und dem Ziel regenerativer Energiegewinnung nur, wenn wir auch der Frage nachgehen, wie soll denn das Talsperrenmanagement in Thüringen sein. Ich denke, hier liegt eine Ursache für den Konflikt, das hat die Anhörung in Obernitz gezeigt. Es ist noch nicht gelungen, dort eine verbindliche Vereinbarung mit der VEAG zu erreichen, aber guter Wille, wie gesagt, wurde von allen Seiten signalisiert. Auch hier muss ein Beitrag geleistet werden, um die Situation in den Gewässern zu entschärfen und weitere Fortschritte auf diesem Gebiet zu ermöglichen. Ich finde es gut, dass es in einer angemessenen Frist einen Bericht geben wird, denn es darf nicht passieren, dass wir so viele Leute aktiviert haben, die ja für ein großes Potenzial an Menschen in unserem Lande stehen und letztendlich keine abrechenbaren, vorzeigbaren Ergebnisse haben. In dem Sinne wünsche ich dem Programm, dass es keine Eintagsfliege ist und auch nicht dann irgendwann mangels Geld oder sonstiger Dinge im Keller verschwindet, sondern dass es tatsächlich zu einem Fortschritt in Thüringen im Gewässerschutz führt. Ich hoffe, dass auch die Ergebnisse, die aus dem Ausschuss für Naturschutz und Umwelt bezüglich Gewässer zweiter Ordnung zu erwarten sind, in diesem Programm mit Aufnahme und Beachtung finden. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

In der Aussprache liegen aus den Reihen der Abgeordneten keine weiteren Redemeldungen vor. Signalisiert die Landesregierung noch eine Redemeldung? Bitte, Herr Minister Sklenar.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, herzlichen Dank dem Ausschuss, vor allen Dingen für die öffentliche Anhörung zu dieser Thematik. Ich denke, durch die unterschiedlichen Meinungen und die unterschiedlichen Dinge, die dort zur Sprache gekommen sind, haben wir die Chance eines gemeinsamen Vorgehens doch erreicht. Und, was auch sehr wichtig ist, es haben sich eine ganze Reihe von Erkenntnissen, neue Erfahrungen für die weitere Aus- und Bewertung, aber auch für die Verwaltungspraxis für die Landesregierung ergeben, die wir jetzt in unser Handeln und Tun mit einfließen lassen werden.

Die an die Landesregierung gerichtete Empfehlung, ein Fließgewässerschutzkonzept zu erstellen, wird gern aufgegriffen. Dazu bedarf es auch keiner neuen gesetzlichen Regelung. Nach einer ersten Einschätzung kann dabei sogar weitestgehend auch auf ansatzweise geleistete und perspektivisch konzipierte Handlungsaktivitäten zurückge

griffen werden.

Sehr verehrten Damen und Herren, worauf stützt sich nun mein Optimismus? In den vergangenen zehn Jahren ist durch eine Vielzahl von Maßnahmen der Abwasserreinigung eine erhebliche Verbesserung der Gewässergüte eingetreten und wenn Sie sich die aktuelle biologische Gewässerkarte des Freistaats mal anschauen, da sehen Sie die Ergebnisse einer sehr erfolgreichen und effizienten Umweltpolitik. Bereits mehr als 91 Prozent der Fließgewässer kann derzeit eine gute bis befriedigende Wasserqualität attestiert werden mit der Tendenz zur weiteren Verbesserung. Damit sind grundlegende Voraussetzungen geschaffen worden, dass der Erhalt, die Ausbreitung bzw. die Wiederansiedlung einer artenreichen und standortgerechten Gewässerflora und -fauna ermöglicht wird.

Sehr geehrter Herr Kummer, ich bin nicht ganz so pessimistisch wie Sie, wie Sie das hier vorgetragen haben. Ich glaube schon, dass durch die Reinigung und Verbesserung der Gewässergüte eine Vielzahl von Fischarten sich wieder angesiedelt hat. Das merken wir ja besonders, wenn durch Unachtsamkeiten oder durch irgendwelche anderen Dinge hier irgendwas in unsere Gewässer gelangt und dann die Fische mit dem Bauch nach oben schwimmen. Andererseits, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist auch bekannt, dass eine gute Gewässergüte nur ein Teilschritt zu gewässerökologisch intakten und artenreichen Gewässern ist. Deshalb sind im Zuge einer bundeseinheitlich durchgeführten Strukturgütekartierung in den letzten Monaten entsprechende Erhebungen auch in Thüringen durchgeführt worden. Die Ergebnisse, auch wenn ein Vergleich mit anderen Bundesländern nicht gescheut werden muss, können noch nicht befriedigen. Insbesondere die natürliche Vernetzung der Fließgewässer ist nach wie vor durch eine große Anzahl an Wehrbauwerken, Kanalisierungen oder Verrohrungen so stark beeinträchtigt, dass trotz vorhandener Wasserqualität die notwendige Wanderung vieler Arten der Fischfauna und weiterer Wirbelloser nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Es müssen deshalb, aber nicht zwingend, alle Querbauwerke entfernt werden. Im Bedarfsfall sollten bei der Nutzung durch Wasserkraftbetreiber geeignete Fischaufstiegshilfen zur Verfügung stehen und/oder Wehre in Solgleiten umgewandelt werden. Im Rahmen der Gewässerunterhaltung sind in den Jahren 1991 bis 1994 41 Solgleiten, Solrampen sowie zwölf Fischaufstiege im Zuge der Sanierung wasserwirtschaftlicher Anlagen entstanden, weitere zehn Anlagen sind im Jahre 2000 durch das Land an Gewässern erster Ordnung umgebaut worden. In den bisherigen Planungen bis 2005 sollen weitere 27 Wehranlagen, Solabstürze, die zumeist in desolatem Zustand sind, durchgängig gestaltet werden. Aber, eine Vielzahl von Anlagen liegen nicht in der öffentlichen Hand und viele Privateigentümer konnten hierzu bisher nicht motiviert werden. Die Frage der Schaffung der Durchgängigkeit ist nicht nur ein Stück moderner Umweltpolitik, sondern dient zugleich der Erfüllung der von der Europäischen Union verabschiedeten Wasserrahmen

richtlinie. Dabei sollten die geforderten Gewässerentwicklungspläne Teil des Maßnahmeprogramms zur Erreichung dieser Zielstellung sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Abgeordnete, ich darf mich recht herzlich bedanken für das konstruktive Zusammenwirken im Zuge des gesamten Verfahrens.