b) auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: "Rechtsextremismus in Thüringen" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/1425
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir beschäftigen uns heute in der Aktuellen Stunde mit dem Thema "Rechtsextremismus in Thüringen". Die SPD-Fraktion hat diesen Antrag eingebracht und alle Fraktionen haben dem zugestimmt. Ich glaube, es ist wichtig und notwendig, dass wir dieses - ich sage mal Phänomen, was uns hier in den Ländern und nicht nur in Thüringen, in den gesamten Bundesländern ereilt, dass wir immer wieder mit allen Möglichkeiten, die uns dazu zur Verfügung stehen, gegen diesen Extremismus und hier in diesem speziellen Falle Rechtsextremismus ankämpfen.
Ich glaube, meine Damen und Herren, dass hier gemeinsam die Landesregierung und die Fraktionen dieses Hauses bisher, denke ich, doch einen guten Beitrag dazu geleistet haben. Es gibt natürlich unterschiedliche Meinungen, wie man das Ganze bewertet und wie man mit dem Ganzen umgeht. Ich glaube, die letzten Pressemeldungen, die uns zur Kenntnis gegeben wurden, dass hier Thüringen angeblich jetzt die Führungsspitze in den Statistiken einnimmt, die sollte man mit etwas Vorsicht betrachten. Wir wissen, und der Innenminister hat dieses ja auch schon ausgeführt und Sie wissen das auch, meine Damen und Herren hier im Hause, dass gerade seit dem Einrichten der Koordinierungsstelle Gewaltprävention schon viele Dinge eingeleitet wurden. Der Innenminister und wir haben damals schon darauf hingewiesen und er hat es ausdrücklich gesagt, wir werden in diesem Lande alle Dinge zählen, die in irgendeinem Zusammenhang mit Rechtsextremismus oder Extremismus stehen, das hat er gemacht. Er hat auch damals schon darauf hingewiesen, dass das natürlich auch automatisch dazu führt, dass mehr Taten hier mit aufgenommen und benannt werden und wenn man in die Richtung Mecklenburg-Vorpommern schaut, wurden dort bedeutend weniger Taten benannt, dann ist es dringendst notwendig, dass auch die Angleichung der Statistiken hier auf einem einheitlichen Level basiert. Ich will mich hier nicht in Richtung jetzt etwa nur Statistiken bewegen, sondern, meine Damen und Herren, auch Herr Innenminister a.D. Dewes, wir sollten da nicht einfach drüber lächeln. Sie wissen genauso gut wie ich, wie schnell das gehen kann, dass solche Dinge in einem Lande eskalieren. Ich glaube, dass wir bisher gemeinsam, ob die große Koalition oder die jetzige, mit allen Mitteln dagegen angegangen sind. Ich glaube, das Signal sollten wir weiterhin nach draußen bringen, wir werden keinen Extremisten - egal von welcher Seite hier Raum greifen lassen. Ich glaube, da sind wir in Übereinstimmung und ich kann mir nicht vorstellen, dass wir hier als Demokraten in diesem Landtag uns in irgendeine Ecke schieben lassen. Wir dürfen aber auch eins nicht machen, dass wir unseren Freistaat, unser Land hier - ich sage mal - selbst schlechtreden, sondern dass wir hier gerade sagen: Bei uns im Freistaat Thüringen setzen wir alle Möglichkeiten ein, die uns zur Verfügung stehen, alle Möglichkeiten, nicht nur Polizei, insbesondere in Richtung Bildung, Ausbildung. Es haben sich auch die Kammern dazu bekannt, dass hier mit allen Möglichkeiten und Mitteln dagegen gearbeitet wird. Wir müssen nur einfach aufpassen, dass wir uns nicht zu sehr in Richtungen treiben lassen, wie es der eine oder andere jetzt vielleicht macht. Ich weiß nicht, ob es der richtige Weg ist, dass man in Richtung, wenn jemand Springerstiefel anhat oder diese Bomberjacken, dass das dazu führen muss, dass man solche Leute in bestimmte Veranstaltungen nicht mehr lässt. Das erinnert mich sehr fatal an DDR-Zeiten, wer eine bestimmte Länge von Haaren hatte, was mit dem gemacht wurde, und man könnte viele Beispiele nennen. Ich glaube, das kann nicht der Weg sein, sondern wir müssen Aufklärung betreiben bei den Eltern, bei den Jugendlichen,
dass es uns gelingt, an die Wurzeln zu gehen, dass wir diesen Rattenfängern, die hier unterwegs sind, keinen Raum greifen lassen.
Ich denke, meine Damen und Herren, die Koordinierungsstelle, die hier angelaufen ist, muss erst einmal Daten sammeln, die muss Fakten sammeln, die muss wirksam werden. Ich möchte trotzdem noch mal darauf verweisen, dass jetzt alle Möglichkeiten, auch die der Bund anbietet, wenn der Bund entsprechende Programme auflegt mit 75 Mio. DM sind wir sehr dankbar und können nur alle Träger im Lande auffordern, die hier schon entsprechende Erfahrungen haben und entsprechend hier wirksam sind, dass dieses Geld eingesetzt wird, damit wir also diesen extremen Machenschaften entgegensteuern. Wir sollten auch die entsprechenden Möglichkeiten, die schon vom Land dazu bereitgestellt wurden, weiterhin nutzen und sie zielgerichtet, um diesen Dingen entgegenzuwirken, einsetzen.
Frau Präsidentin, Sie haben es vorhin großzügig gehandhabt, vielleicht darf ich noch zwei Sätze sagen.
Ich denke, wir sollten auch bei diesem Thema nicht in Aktionismus verfallen, sondern wir sollten zielgerichtet diese Dinge weiter so betreiben, wie wir das angesagt haben, und ich bitte auch meine Kollegen der SPD, dass wir nicht in Aktionismus verfallen, sondern dass wir hier gemeinsam den Weg weiterführen.
Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren, namens der PDS-Fraktion begrüße ich die Debatte zum Thema "Rechtsextremismus" - das können Sie sich sicherlich vorstellen - hier im Landtag. Wenn ich rede, können Sie mich hinterher dann auch wieder zitieren, aber bitte nicht aus den Zeitungen. Für die SPD-Fraktion bildeten die jüngsten Statistiken über die rechtsextremen Straftaten den Anlass für die heutige Aktuelle Stunde und diese gestellte Thematik. Bekanntlich ist aber, wenn wir jeden Vorfall im Land Thüringen zum Anlass nehmen würden für eine Aktuelle Stunde, dann reichten die Landtagssitzungen dafür nicht aus. Das ergibt sich schon allein aus der Anzahl der Straftaten, auch wenn es unterschiedliche Sichtweisen sowohl zwischen Bundesministerium des Innern, Herr Fiedler, und dem Thüringer
Innenministerium zu geben scheint. Bekanntlich wurden in den vergangenen Tagen ausländische Wissenschaftler in Jena bedroht; ein palästinensischer Flüchtling körperlich angegriffen und verletzt; es kam zu einem Übergriff gegen Jugendliche in Jena; im Januar wurde ein Obdachloser in Arnstadt schwer verletzt; zahlreiche gegen Rechts engagierte Bürgerinnen und Bürger erhielten Drohungen, ihre Fotos wurden im Internet veröffentlicht; Demonstration von Rechtsextremen am 03.03. in Sonneberg; in Eisenach planen Neonazis in der nächsten Woche eine Demonstration. Diese Aufzählung ließe sich bedauerlicherweise weiter fortführen und da geht es nicht in der Statistik um 10, 20 oder 30 Taten.
Immer wieder stellt sich für mich die Frage: Was macht die Landesregierung? Die TLZ berichtete am 13.03. dieses Jahres von 1.660 Straftaten im Jahr 2000 und das ist für Thüringen ein Anstieg um 50 Prozent; bundesweit verzeichnen die ostdeutschen Bundesländer einen Anstieg von 40 Prozent. Es ist schon richtig, Herr Fiedler, das ist kein Thüringer Problem, das ist ein Problem in Ostdeutschland. Aber die Situation in Thüringen
von der Höhe bitte -, in Ostdeutschland geschehen bekanntlich dreimal so viele rechtsextremistische Straftaten wie in den westlichen Bundesländern. Wenn Justizminister Birkmann vor der Überbewertung von Statistiken warnt - sicherlich auch zu Recht -, möchte ich weiterhin vor einer Verharmlosung der Situation warnen. Und eine Stigmatisierung Ostdeutschlands und insbesondere Thüringens, wie sie von der Thüringer CDU befürchtet wird, entsteht nicht, weil es rechte Straftaten gibt und diese überbewertet werden, sondern weil nur wenig dagegen getan wird bzw. die Art und Weise, wie in Thüringen mit diesem Problem umgegangen wird.
1.660 Straftaten, 66 antisemitische Straftaten - wir finden das nicht nur alarmierend, darüber besteht ja vermutlich Konsens, so habe ich auch Herrn Fiedler hier verstanden, sondern es müsste vor allem mobilisierend sein. Es müssten endlich breitere Maßnahmen ergriffen werden. Handeln erfordert eine schonungslose Einsicht in die Realität. Seit einem Jahr demonstrieren wir in Thüringen die angebliche Handlungsfähigkeit, Herr Köckert. Es gibt ein Extremismusbekämpfungskonzept, dessen Wirksamkeit für meine Begriffe etwas zu wünschen übrig lässt, aber Sie können mir gern in Ihrem Redebeitrag weiteren Erkenntnisgewinn zukommen lassen. Es muss doch beschämend sein, dass die Landesregierung sich von einem Jugendparlament darüber aufklären lassen muss, dass wir kein Problem mit irgendeinem Extremismus haben, sondern dass wir es mit Rechtsextremismus zu tun haben, denn bekanntlich lautet ja ein Antrag zum Jugendparlament "Rechtsextreme
Gewalt bekämpfen". Und, Herr von der Krone, ich hoffe inständig, die Landtagsverwaltung ist nicht kommunistischer Propaganda wieder erlegen gewesen
Herr Köckert, Sie können auch protestieren; die Landesregierung muss sich gefallen lassen, dass wir in diesem Zusammenhang sie beständig danach fragen, was sie tut, um Bundes- und Europaprogramme, die den Kampf gegen Neofaschismus unterstützen sollen, in Thüringen bekannt zu machen und Träger bei der Beantragung zu unterstützen. Ich meine hier vor allem die Programme "Xenos" und "Civitas". Und es ist doch auch ein Armutszeugnis, dass die lange geforderten mobilen Beratungsdienste erklären - und so lautet es ja in der Presseerklärung, die ich nicht erfunden habe - auch wegen der zögerlichen Politik der Landesregierung aktiv werden zu müssen.
Dass hier die jüdische und evangelische Landesgemeinde sowie der DGB in langer Arbeit ein gemeinsames Konzept erarbeitet haben, finden wir als PDS-Fraktion beispielhaft. Die Gründung des Vereins "Mobile Beratungsdienste in Thüringen" machte aber auch wiederum deutlich: Wer in Thüringen etwas gegen Rechtsextremismus tun will, der muss um Unterstützung schon beim Bund anfragen; von der Thüringer Landesregierung scheint wenig zu erwarten zu sein. Wir begrüßen die zivilgesellschaftlichen Initiativen der vergangenen Monate, ganz besonders konzeptionelle Entwicklungen wie Überlegungen zur Opferberatung und -unterstützung oder das Projekt "Courage", etliche Bündnisse gegen Rechts und die vielen kleinen lokalen Initiativen und antifaschistischen Demonstrationen vielerorts. Wir wiederholen es heute anlässlich der Aktuellen Stunde erneut: Thüringen braucht nach unserem Erachten ein Landesprogramm gegen Rassismus und für Demokratie.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist bedenklich, es ist schlimm, es ist beschämend, dass wir knapp ein halbes Jahr nachdem wir den ersten Zwischenbericht zum Stand der Bekämpfung von Extremismus
und politisch motivierter Gewalt in Thüringen im Landtag behandelt haben, uns erneut aus aktuellem Anlass mit diesem Thema beschäftigen müssen. "Wieder Überfall auf Ausländer", "Unsägliche Gewalt", "Stiefeltritte ins Gesicht", das waren die Schlagzeilen des vergangenen Wochenendes, die aus Thüringen in die Welt hinausgegangen sind. Gleichzeitig wurden aber auch die Thüringer Zahlen zum Rechtsextremismus und zur Fremdenfeindlichkeit bekannt. Es ist doch unbestritten, diese Zahlen zum Rechtsextremismus und zur Fremdenfeindlichkeit sind steil nach oben gegangen. Im ersten Halbjahr 2000 hatten wir 687 Straftaten, so standen wir am Ende des Jahres 2000 bei 1.660 Vorfällen. Das ist eine Steigerung von über 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr 1999. Damit haben wir einen Spitzenplatz innerhalb der Bundesländer. Fakt ist aber auch, das Bundeskriminalamt kann solche Zahlen nur veröffentlichen, wenn es diese Zahlen auch aus Thüringen erhält, und es hat sie aus Thüringen erhalten und so muss man sie auch bewerten. Es hat mich schon ein wenig verwundert, Herr Innenminister, dass wie in all den Jahren zuvor die Zahlen der Staatsschutzdelikte nicht zusammen mit der Kriminalitätsstatistik veröffentlicht wurden. Es drängt sich mir auch der Verdacht auf, dass eine gesellschaftliche Problemlage aus den Augen der Öffentlichkeit geschoben werden soll. Wer so handelt, ist nicht an einer Lösung mancher Probleme interessiert. Ein Schalk, wer Böses dabei denkt.
Fakt: Und nicht umsonst warnte ja auch der Verfassungsschutzpräsident Herr Sippel bereits am 29.01. dieses Jahres vor einem gefährlichen Trend im Zusammenhang mit dem Anwachsen der Zahl von Rechtsextremisten.
Meine Damen und Herren, für den Bürger ist es doch erst einmal egal, wie die Statistik in Thüringen errechnet wurde. Fakt ist, wir haben in den gleichen statistischen Methoden wie 1999 eine Zunahme von 50 Prozent. Und 50 Prozent, das ist der wunde Punkt. Ich habe kein Verständnis, wie jetzt über die Statistiken mit dem Bund gestritten wird, und ich finde es müßig, sich darüber zu unterhalten, wie viele rechtsextremistische Straftaten in Thüringen zu verzeichnen wären, hätte man gezählt wie in dem Bundesland X, Y, Z. Hier soll doch wohl der Eindruck erweckt werden, so schlimm ist es doch gar nicht und mit einer bereinigten Statistik könnte man das Image von Thüringen noch etwas aufpolieren. Das ist doch der falsche Ansatz. Wir können doch diesen Problemen nicht nur mit Zahlen, mit rechnerischen Dingen beikommen, sondern Lösungen können nur auf politischem Gebiet erreicht werden. Die neuen Zahlen belegen erneut, was schon lange bekannt ist: Thüringen hat ein Problem mit Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Dass wir selbstverständlich mit diesem Problem in Thüringen nicht allein stehen und dieses Problem bundesweit und europaweit besteht, ist unbestritten, aber verringert unser Problem nicht. Gemeinsames Handeln aber, meine Damen und Herren, ist angesagt. Wir haben im vergangenen
Jahr durch gemeinsames Handeln anlässlich dieses schlimmen Anschlags auf die Erfurter Synagoge Flagge gezeigt.
Fakt ist, die zunehmende Gewaltbereitschaft der rechten Kräfte führt in weiten Kreisen der Bevölkerung zur Verunsicherung. Thüringen als Land der Mitte braucht Sicherheit für ausländische Investoren, Sicherheit auch für ausländische Studenten und Arbeitnehmer. Was wir jetzt brauchen, ist keine Statistikbalanciererei, wie immer wieder aus dem Innenministerium zu hören ist, sondern schnelle, greifbare Lösungen. Nicht über Statistiken darf debattiert werden, es muss gehandelt werden.
Und ein Nachwort noch einmal, Kollege Fiedler: Nicht das Tragen von Kleidung bzw. Springerstiefeln ist hier das Entscheidende, entscheidend ist, und da hat ja gerade die Erfurter SPD-Fraktion
hier etwas gesagt, dass beispielsweise das Tragen von faschistischen Symbolen in Sportstätten verboten werden muss.
Herr Abgeordneter Pohl, ich entziehe Ihnen jetzt das Wort. Ich rufe als nächsten Redner den Abgeordneten Seela, CDU-Fraktion, auf.
Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, bevor ich auf den bildungspolitischen Aspekt des SPDAntrags abhebe, seien mir noch einige prinzipielle Bemerkungen gestattet. Trotz der Startschwierigkeiten des SPD-Antrags, denn gestern war er ja erst ein Antrag für die Aktuelle Stunde, dann wieder ein Antrag als Tagesordnungspunkt und dann wieder ein Antrag zur Aktuellen Stunde, hat man sich noch festlegen können, begrüßen wir natürlich als CDU-Fraktion, dass wir uns
mit der Thematik auseinander setzen, dass wir uns damit beschäftigen. Bei uns werden Sie immer offene Ohren finden und immer eine Bereitschaft zur Diskussion, zur Auseinandersetzung. Das als erstes Prinzip. Was wir aber ablehnen, meine Damen und Herren von der Opposition links und der rechten Seite hier, dass wir daraus politisches Kapital schlagen, dass wir versuchen, uns mit dieser brisanten Thematik zu profilieren in der Presse und auch hier im Plenum. Ich denke mal, das ist nicht die richtige Herangehensweise, ganz im Gegenteil, wir müssen hier zielorientiert und fundiert vorgehen, wir brauchen eine inhaltliche Auseinandersetzung. Auch der ehemalige Innenminister Herr Dr. Dewes hat einmal hier in dieser Richtung seine Bereitschaft signalisiert, als er nämlich noch Innenminister war und speziell das Projekt "Dialog statt Gewalt" auch gefördert hat und hier auch wirklich eine differenzierte inhaltliche Debatte geführt hat und sich nicht an den Zahlen aufgehangen hat. Ein weiteres Prinzip, was ich hier noch vortragen möchte, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, dass ich die beiden Straftaten, die in Jena und Suhl passiert sind, auch namens meiner Fraktion aufs Schärfste verurteile von dieser Stelle aus.
Ich denke, dass die Bestrafung auf dem Fuße folgen wird und auch sehr konsequent und hart sein wird. Das ist auch unser Standpunkt. Ein weiterer Standpunkt, den die CDU hier vertritt, ist natürlich, dass wir generell jede Gewalt gegenüber Individuen und die Einschränkung von demokratischen Grundregeln, die Einschränkung von individuellen Freiheiten ablehnen. Wer so vorgeht, ist unser erklärter Gegner und verdient natürlich unsere Verfolgung und unsere Verurteilung. Natürlich richtet sich hier unsere Kritik bzw. unser Vorgehen gegen jegliche Form von Gewalt, ob von der linken Seite oder von der rechtsextremistischen Seite. Ein weiteres Prinzip, und da bin ich dann auch am Ende mit meinen prinzipiellen Ausführungen, ist, dass wir es aufs Entschiedenste ablehnen den Vorwurf, Thüringen sei ein Aufmarschgebiet der rechtsextremen Gewalt, ein Hort der rechtsextremen Gewalt. Gehen Sie von den Zahlen aus 1.600 oder 1.500, ich denke, jede einzelne Gewalttat, jede einzelne Straftat ist eine Straftat zu viel. Man braucht diese Diskussion nicht an den Zahlen aufzumachen, aber im Vergleich zu 2,4 Mio. Thüringern ist das, so sehe ich es, eine geringe Zahl und Sie können gewiss sein, dass die absolute Mehrheit der Thüringer Bevölkerung diese Hand voll Spinner, wirklich, so will ich es hier bezeichnen, diese Leute - entschuldigen Sie, Frau Präsidentin - auf der rechtsextremistischen Seite aufs Schärfste verurteilt und den Kampf angesagt hat, was man ja im letzten Jahr wirklich hier sehen konnte im Land.
Aber, meine Damen und Herren, es ist für mich nicht auch nur ein ostdeutsches Problem, sondern ein gesamtdeutsches Problem, wie Kollege Fiedler hier schon gesagt hat. Wenn Sie dieses Thema so in dieser Richtung the
matisieren, denke ich mal, springen Sie auf den Zug auf von denjenigen, die meinen, das sei ein typisches ostdeutsches Problem. Ich erinnere an Bremen. Dort war auch ein Asylbewerberheim angesteckt worden. Ich erinnere an den Anschlag in Düsseldorf. Es ließen sich ebenso viele Anschläge in den alten Bundesländern aufführen. Ich erinnere auch an ein Phänomen, was hier noch nie erwähnt worden ist, nämlich den Extremismus-Tourismus gerade auch aus Bayern. Ich erinnere an die Vorfälle in Eisenach, wo die Straftäter zum Teil auch aus Bayern waren. Also ich denke mal, hier alles den Ostdeutschen in die Schuhe zu schieben, ist der falsche Ansatz. Abgesehen davon handelt es sich doch hierbei auch um ein europäisches, um ein globales Problem. Es lassen sich auch in anderen Ländern derartige Fälle aufzählen. Ich erinnere an die Wallonen, an die Flamen. Aber davon ist nun genug.
Erlauben Sie mir nun einige Bemerkungen zu dem bildungspolitischen Aspekt. Sie haben auch in dem Antrag eine Zahl genannt, nämlich 700 Gewaltdelikte, die Sie hier aufgeführt haben. Obwohl der Antrag ja "Rechtsextremismus in Thüringen" lautet, haben Sie hier, denke ich, meiner Meinung nach etwas durcheinander gehauen. Ich kenne andere Zahlen, nämlich die rechtsextremistischen Delikte an den Schulen. Auch, Herr Dewes, Sie kennen diese Zahlen, wir haben sie ja im Ausschuss des Öfteren und immer wieder besprochen. Es ist Ihnen bekannt, 1998 haben wir an den Thüringer Schulen 14 Straftaten gehabt; 1999 haben wir 25 Straftaten gehabt mit rechtsextremistischem Hintergrund und bis Herbst 2000 32 Straftaten. Dabei handelt es sich nicht um Gewaltstraftaten.