Protokoll der Sitzung vom 06.04.2001

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche strategischen, polizeitaktischen oder strukturellen Gründe gibt es für die Schließung der Polizeiinspektion Neuhaus am Rennweg?

2. Auf welche Weise, in welchem Umfang, zu welchem Zeitpunkt wurden das Landratsamt Sonneberg, die Stadt Neuhaus, die Gewerkschaften und Personalräte sowie die Polizisten selbst von dieser Maßnahme unterrichtet und welcher Zeitraum ist für den Modellversuch vorgesehen?

3. Mit welchem Besatz von Kontaktbereichsbeamten (KOBB) kann eine durchgehende Bestreifung der Region Neuhaus sichergestellt werden bzw. wie viele KOBB können eine Polizeiinspektion von vormals 34 Beamten ersetzen?

4. Welche baulichen Maßnahmen, mit welchem finanziellen Aufwand wurden zu welchem Zeitpunkt in und an der PI Neuhaus realisiert?

Bitte schön, Herr Staatssekretär Scherer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Anfrage beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Aufgabenbewältigung in Kleindienststellen, so eben auch in der Polizeiinspektion Neuhaus, ist durchgängig problematisch. In diesen Kleindienststellen ist, gemessen an den operativen Kräften, ein zahlenmäßig überproportionaler Führungs- und Funktionsbereich vorhanden. Demgegenüber fehlen operative Kräfte für die Sicherstellung des durchgängigen Schichtdienstes. Die Polizeiinspektion Neuhaus war häufig nicht in der Lage, mehr als einen oder zwei Funkstreifenwagen einzusetzen, und bei größeren Störungen sehr oft auf die Unterstützung der Polizeiinspektion Sonneberg angewiesen. Ausgehend von den Personaldefiziten in den Polizeiinspektionen Neuhaus und Sonneberg sowie den damit verbundenen Einschränkungen bei der Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben stellte die Polizeidirektion Saalfeld Organisationsüberlegungen an, wie personelle Ressourcen freigesetzt, personelle Defizite kompensiert und dabei vor allem die polizeiliche Präsenz im Bereich erhöht werden kann. Im Ergebnis schlug die Polizeidirektion Saalfeld zur effizienteren Gestaltung der Polizeistruktur im Landkreis Sonneberg vor, die polizeiliche Betreuung des gesamten Landkeises Sonneberg durch eine personell verstärkte Polizeiinspektion sicherzustellen. Die örtliche Polizeipräsenz in der Verwaltungsgemeinschaft Neuhaus soll durch die Einrichtung eines Kontaktbereichs mit vier Kontaktbereichsbeamten sowie durch den regelmäßigen Einsatz von Streifen der Polizeiinspektion Sonneberg gesichert werden. Dem Vorschlag der Polizeidirektion Saalfeld zur Errichtung eines Kontaktbereichs Neuhaus und Besetzung mit vier Kontaktbereichsbeamten stimmte das Innenministerium zu. Die Polizeidirektion Saalfeld erhielt den Auftrag, im Rahmen eines Modellversuchs die Zweckmäßigkeit ihres Organisationsvorschlages in der Praxis zu testen und hierzu einen Erfahrungsbericht zu fertigen, auf dessen Grundlage das Innenministerium anschließend eine endgültige Entscheidung treffen wird.

Zu Frage 2: Das Innenministerium gab am 18. Dezember 2000 die Zustimmung zur Durchführung des Modellversuchs; die Polizeidirektion Saalfeld informierte daraufhin telefonisch bereits am 19. Dezember 2000 die Leiter der Polizeiinspektionen Neuhaus und Sonneberg sowie den Vorsitzenden des örtlichen Personalrats. Mit Erlass vom 21. Dezember 2000 legte das Innenministerium die konkreten Rahmenbedingungen zur Durchführung des

Modellversuchs fest. Am gleichen Tag verständigte der Leiter der Polizeidirektion Saalfeld schriftlich den Landrat des Landkreises Sonneberg sowie die Bürgermeisterin der Stadt Neuhaus am Rennweg und den Vorsitzenden des örtlichen Personalrats. Ebenfalls am 21. Dezember 2000 wurde in einer Dienstbesprechung der Polizeidirektion Saalfeld, an der auch die Leiter der Polizeiinspektionen Neuhaus und Sonneberg sowie die Frauenbeauftragte und der Vorsitzende des örtlichen Personalrats teilnahmen, der weitere Verfahrensweg zur Vorbereitung und Durchführung des Modellversuchs beraten. Bereits am darauf folgenden 22. Dezember führte der Leiter der Polizeidirektion Saalfeld in der Polizeiinspektion Neuhaus eine Personalversammlung durch und informierte offiziell das Personal. Die Information des Personalbestands der Polizeidirektion Sonneberg erfolgte analog am 27. Dezember 2000. Am 19. Januar 2001 informierte der Innenminister in Sonneberg die kommunalen Mandatsträger über das Modellprojekt und stellte sich ihren Fragen. An dieser Besprechung nahmen neben Vertretern der Polizei und der Presse der Landrat des Landkreises Sonneberg, die Bürgermeister der Städte Neuhaus, Sonneberg, Lauscha und Steinheid und die Landtagsabgeordnete Frau Zitzmann teil. Zusätzlich zu diesen Maßnahmen wurde eine Vielzahl schriftlicher Anfragen beantwortet. Der Modellversuch ist vorerst für den Zeitraum vom 1. Februar bis 20. April 2001 befristet.

Zu Frage 3: Für den Schutz der Bürger vor Gefahren ist es nicht entscheidend, ob eine Dienststelle am Ort vorhanden ist, sondern wie viele Beamte im Bereich operativ tätig werden. Mit dem Modellversuch soll eine Polizeistruktur erprobt werden, von der sich das Innenministerium durch Abbau von Innendienstposten, bei gleichzeitiger Erhöhung der Präsenz auf der Straße, einen höheren Grad der unmittelbaren polizeilichen Betreuung verspricht. Den Kontaktbereichsbeamten wurde dabei nicht die Aufgabe übertragen, eine durchgehende Bestreifung der Region Neuhaus durchzuführen. Die durchgehende Bestreifung wird vielmehr durch die Dienstgruppen in der Polizeiinspektion Sonneberg, denen die Beamten des mittleren Polizeivollzugsdienstes der Polizeiinspektion Neuhaus zugewiesen wurden, sichergestellt. Dazu ist diese Region als durchgehend zu besetzender Streifenbereich in der Einsatzplanung der Polizeiinspektion Sonneberg ausgewiesen. Der Einsatz der Kontaktbereichsbeamten in Neuhaus dient der zusätzlichen Erhöhung der polizeilichen Präsenz und der weiteren Verbesserung der Bürgernähe unmittelbar vor Ort.

Zu Frage 4: In der Liegenschaft der Polizeiinspektion Neuhaus wurden folgende Baumaßnahmen durchgeführt: 1992 - Umgestaltung des Eingangsbereichs - Kosten ca. 75.000 DM; 1994 - Einrichtung von Gewahrsamsräumen - Kosten ca. 389.000 DM; 1997 - Sanierung der Fenster und der Fassade, der Toreinfahrt - Kosten ca. 520.000 DM; 1998 - Sanierung der Sanitäranlagen Kosten ca. 100.000 DM und im Jahre 2000 - zwei Maßnahmen, die Sanierung des Daches und der Fassade für

ca. 460.000 DM und eine strukturierte Verkabelung für ca. 70.000 DM. Für 2001 waren Instandsetzungsarbeiten am Gebäude in Höhe von 1,5 Mio DM vorgesehen, diese vorgesehenen Bauarbeiten wurden gestoppt. Ein großer Teil der vorgenannten Baumaßnahmen war, unabhängig von der polizeilichen Nutzung der Liegenschaft, zum Erhalt der Bausubstanz erforderlich und diente dem Werterhalt der Liegenschaft. Insoweit waren diese Ausgaben nicht zwingend an eine weitere Nutzung der Liegenschaft durch die Polizei gebunden.

Es gibt eine Nachfrage. Bitte Herr Abgeordneter Dewes.

Herr Staatssekretär, beabsichtigen Sie auch die Polizeiinspektionen in Artern, in Lobenstein, in Leinefelde aufzulösen, die in einer vergleichbaren

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: In Leine- felde gibt es keine.)

in Leinefelde befindet sich eine Polizeistation, Herr Böck beabsichtigen Sie, auch eine dieser Polizeiinspektionen, gegebenenfalls auch Schmölln, aufzulösen? Und die zweite Frage: Wenn sich das Modellprojekt Neuhaus/Sonneberg aus Ihrer Sicht rechnet, beabsichtigen Sie dann in jedem Landkreis bzw. jeder kreisfreien Stadt nur noch eine Polizeiinspektion vorzuhalten?

Dazu kann ich sagen, zuerst wird das Modellprojekt durchgeführt und anhand des Ergebnisses dieses Modellprojekts können erst Entscheidungen getroffen werden.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt keine weitere Möglichkeit der Fragen. In dem Fall, weil der Fragesteller nicht anwesend ist, ist nur die Möglichkeit, zwei Zusatzfragen zu stellen. Danke, Herr Staatssekretär Scherer. Wir kommen zur nächsten Frage des Abgeordneten Höhn, vorgetragen von Herrn Dr. Pidde, Drucksache 3/1477.

Hilfsprogramm für Nebengewerke der Landwirtschaft

Die BSE-Krise und die rasante Verbreitung der Maulund Klauenseuche in Europa hinterlassen tiefe Spuren in den Kassen der betroffenen Landwirte.

Daneben gibt es aber auch noch eine Reihe von Handwerksberufen und Gewerken, die unmittelbar von der

Existenz der Landwirte abhängen, so z.B. die Klauenpfleger, die Schafscherer, die Besamer, die Milchprüfer, sogar Tierärzte, sie alle sind in Zeiten der Gefahr von Maul- und Klauenseuche aus verständlichen Gründen am Betreten der Stallungen gehindert, somit an der Ausübung ihrer Tätigkeit und letztendlich in ihrer Existenzsicherung schuldlos gefährdet. Das Beispiel eines Klauenpflegers aus Südthüringen ist dafür exemplarisch.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist der Landesregierung diese spezifische Problematik bekannt?

2. Mit welchen Maßnahmen gedenkt die Landesregierung die Existenz der oben angeführten Gewerke zu sichern bzw. durch ein Landesprogramm die Einnahmeausfälle zu kompensieren?

Herr Minister Sklenar, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Höhn beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Der Landesregierung ist bekannt, dass durch die Maßnahmen zur Bekämpfung von BSE- und MKS-Erkrankungen nicht nur Landwirte, sondern auch eine Vielzahl anderer Berufe betroffen sind. Konkret ist der Fall eines Klauenpflegers aus Themar, der zu einem oberfränkisch-thüringischem Tierservice gehört und in Rinder haltenden Landwirtschaftsbetrieben Klauen schneidet.

Zu 2: Staatliche Unterstützung wegen entgangener Erlöse kann nicht vorgesehen werden. Sie würden dem Gleichbehandlungsprinzip widersprechen. Derartige Hilfsprogramme existieren für keine Branche. Auch wettbewerbsrechtlich bestehen äußerste Bedenken. Die betroffenen Unternehmen können jedoch grundsätzlich die bestehenden Förderinstrumente in Anspruch nehmen.

Ich sehe keine Nachfragen. Danke, Herr Minister. Es gibt eine nächste Frage in Drucksache 3/1481. Bitte, Frau Abgeordnete Wildauer.

Erlass einer Satzung im übertragenen Wirkungskreis

Nach § 19 der Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) können Gemeinden die Angelegenheiten des eigenen Wir

kungskreises durch Satzung regeln. Nach § 26 Abs. 2 Nr. 2 ThürKO liegt die Satzungskompetenz beim Gemeinderat.

Satzungen im Bereich der übertragenen Angelegenheiten sind vom Gesetz nicht angesprochen. Für derartige Satzungen bedarf es jedoch einer gesetzlichen Grundlage.

Auf der Grundlage des § 3 a des Thüringer Meldegesetzes (ThürMeldeG) und des § 11 des Thüringer Personalausweisgesetzes (ThürPAuswG) soll der Name des Ortsteils Bestandteil der Anschrift im Sinne des Melderechts sowie der Anschrift im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 des Gesetzes über Personalausweise sein, wenn die Gemeinde dies durch Satzung beschließt.

Der Bürgermeister der Stadt Moorbad Lobenstein hat eine diesbezügliche Satzung ohne Beteiligung des Stadtrates erlassen. Die Kommunalaufsicht des Saale-OrlaKreises hat diese Handlungsweise bestätigt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Auf Grundlage welcher gesetzlichen Bestimmungen können Gemeinden Satzungen in übertragenen Angelegenheiten erlassen?

2. Welches Organ der Gemeinde ist für den Erlass von gemeindlichen Satzungen in übertragenen Angelegenheiten zuständig?

3. Schließt die Regelung des § 26 Abs. 2 Nr. 2 ThürKO auch Satzungen in übertragenen Angelegenheiten ein?

4. Welche Rechtsauffassung vertritt die Landesregierung zur beschriebenen Handlungsweise des Bürgermeisters der Stadt Moorbad Lobenstein und zur diesbezüglichen rechtsaufsichtlichen Würdigung durch die Kommunalaufsicht des Saale-Orla-Kreises?

Herr Staatssekretär Scherer, bitte schön.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich beantworte die Anfrage für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Es gibt einige wenige Fälle. Das sind § 3 a Thüringer Meldegesetz, Ortsteilname kann als Bestandteil der Anschrift zugelassen werden; dann der § 11 Thüringer Personalausweisgesetz, der Ortsteilname kann als Bestandteil der Anschrift zugelassen werden; dann der § 49 Abs. 7 Satz 4 der Thüringer Bauordnung, da kann eine Stellplatzablösesatzung erlassen werden und der § 83 Abs. 3 Satz 1 der Thüringer Bauordnung, danach kann eine Gestaltungssatzung erlassen werden.

Zu Frage 2: Für die Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises der Gemeinde ist nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 ThürKO der Bürgermeister zuständig.

Zu Frage 3: Nein.

Zu Frage 4: Das Landratsamt Saale-Orla-Kreis hat als untere staatliche Verwaltungsbehörde in seinem an die PDS-Stadtratsfraktion der Stadt Lobenstein gerichteten Bescheid vom 20.03.2001 die Rechtslage zutreffend dargestellt.

Gibt es Nachfragen? Bitte, Frau Abgeordnete Wildauer.