Das heißt, die Träger brauchen vor Ort die Unterstützung, ja, hier brauchen wir politische Bildung auch mit den Parteien, die zuallererst demokratisch in den Landtag gewählt sind, und das ist noch nicht vorhanden. Und deshalb unser Plädoyer für diese auswärtigen Teams, die diese Impulse vor Ort geben können.
Das zweite Thema, was ich dabei noch ansprechen möchte: Wir haben uns über die Jugendpauschale seit langem verständigt, aber nach wie vor ist es so, dass viele freie Träger von ABM und SAM abhängig sind. Da sind Leute, die zu 80 Prozent fachfremd reinkommen und die wissen oftmals nicht und brauchen genau diese Sicherheit, nicht bloß bei den großen Fragen, über die wir uns hier verständigen, sondern auch bei den ganz praktischen Fragen. Was sind verfassungswidrige Kennzeichen? Wo sind die Grauzonen? Aber auch bis dahin kann ich in einem Jugendclub eine Hausordnung schreiben, um stadtbekannte
Neonazis und Führer der NPD, die versuchen, in den Jugendclubs Fuß zu fassen, zumindest rauszuhalten. In diesen ganzen praktischen Fragen brauchen wir fachkundige Hilfe von außen. Und, meine Damen und Herren, ich finde es ja positiv, dass in den großen Städten, wie mir bekannt ist, Stadtprogramme erarbeitet werden. Überall in diesen Stadtprogrammen kann ich im Text lesen, dass die Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle im Land angestrebt wird. Das finde ich sehr positiv. Im Zusammenhang mit unserem Antrag geht es aber wirklich darum, dass die Landesebene Signale setzt, diese Leute ermuntert, die Zivilgesellschaft, die wir immer einklagen, die wir immer fordern von den Bürgern. Dieses Engagement muss durch das Land untersetzt werden und das kostet dann hin und wieder auch mal Geld und deswegen kann ich es nicht verstehen, wie Sie sich über die 800.000 DM des SPD-Antrags und über die Million von uns hier so echauffieren. Es geht um dieses Signal an die Leute, die sich in erster Linie als Anständige verstehen und jetzt aufstehen. Meine Damen und Herren, ich werde einen Eindruck nicht los, bei allen Dingen, die Sie ansprechen - obwohl ich denke, Sie formulieren das vielleicht nur etwas unglücklich, denn ein bisschen guter Wille ist ja doch dabei -, mein Gesamteindruck bleibt nach wie vor, dass man beim Thema "Rechtsextremismus" die CDU treiben muss, dass sie ungern von sich aus mal einen Schritt geht und sagt, wir machen das mal jetzt, auch mal eher als der Bund, sondern dass sie ständig nach Begründungen sucht, zu verzögern und Lappalien daraus zu machen. Schönen Dank!
Aber wenn ich Ihnen noch einen Satz dazu sagen kann: Es wird sich natürlich auch keiner hinstellen und sagen, wir haben gleichermaßen ein Problem von Links- und Rechtsextremismus, wo die ganze Welt draußen andere Erfahrungen macht. In den Kommunen machen die Leute andere Erfahrungen und die polizeiliche Statistik, die ich als kleines My anführen würde, weist genau nichts anderes aus.
Ich frage jetzt: Gibt es noch weitere Wortmeldungen aus der Mitte des Hauses? Das ist erkennbar nicht der Fall. Die Landesregierung möchte noch sprechen. Herr Minister Köckert.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung sieht eine ihrer wesentlichen Aufgaben in der Bekämpfung des politischen Extremismus. Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Landesregierung bereit, mit allen demokratischen Kräften eng zusammenzuarbeiten. Mehrfach habe ich dieses Podium hier bereits genutzt, um sowohl Sie als Vertreter dieses Hauses als auch die Bevölkerung zur konstruktiven Mitarbeit bei der Bekämpfung der extremistischen, insbesondere der rechtsextremistischen Umtriebe aufzurufen. Und ebenso habe ich darum gebeten, bei einer so grundsätzlichen Angelegenheit wie der Sicherung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung auf Schaukämpfe und populistische Ränkespiele zu verzichten.
Diese Bitte, meine Damen und Herren, ist offensichtlich nicht von allen Mitgliedern dieses Hauses verstanden worden. Herr Dittes, in Ihrer Rede, die man sich schon durchaus noch einmal im Protokoll genauer ansehen sollte, weil in Ihrer Rede immer ein paar Dinge sehr deutlich werden, haben Sie die Katze auch aus dem Sack gelassen.
Wer so argumentiert, dass man von den Konservativen zu den Rechtskonservativen kommt und dann zu den Rechtsradikalen und dann zu den Rechtsextremisten, der weiß, welche Absicht Sie
mit dem Betreiben dieses Themas eigentlich haben: All diejenigen, die rechts von Ihnen stehen, und sei es in der Mitte der Gesellschaft, schon halb zu kriminalisieren und an den Rechtsextremismus heranzurücken. Und das werden wir Ihnen nicht erlauben.
Meine Damen und Herren, für ebenso wenig zielführend halte ich es, wenn Fraktionen dieses Hauses glauben, uns fortwährend neue Anträge zum Thema "Rechtsextremismus" stellen zu müssen. So wichtig grundsätzliche Debatten zu diesem Thema auch hier in diesem Hause sind und ich habe die Debatte im Rahmen der Aktuellen Stunde in der vergangenen Plenarsitzung als eine solche Ausspra
che verstanden -, so wenig hilfreich ist es aber, wenn sich das Parlament mit einem ähnlichen Thema in der darauf folgenden Sitzung erneut befasst. Denn wen bringt das weiter, frage ich Sie? Und auch hier ist Ihre Rede, Herr Dittes, sehr aufschlussreich, und zwar Ihre Aussagen, die Sie zur Staatsschutzstatistik präsentierten. Sie war Ihnen zu lang. Wenn sie kürzer gewesen wäre, dann wäre sie Ihnen nicht ernsthaft genug gewesen und man hätte sich den Vorwurf der Verharmlosung von Ihnen gefallen lassen müssen.
Jetzt, wo sie überhaupt das erste Mal separat ausführlich vorgestellt worden ist, da war sie Ihnen zu lang und auch das war Ihnen nicht ernsthaft genug, denn sie diente wegen ihrer Länge zur Verschleierung der eigentlichen Tatsachen. So haben Sie es gesagt.
Das kann er sich alles für den Schluss aufheben, er wird sicher noch öfter Gelegenheit haben, mich zu fragen.
Man kann also bei Ihnen machen, was man will - ob kurz oder lang, ob ausführlich oder knapp -, einmal verharmlost, das andere Mal verschleiert man. Sie unterstellen von vornherein, dass man sich mit diesem Thema nicht ernsthaft beschäftigt. Das weise ich für diese Landesregierung ausdrücklich zurück.
Wir beschäftigen uns heute erneut mit zwei Anträgen der Opposition auf Schaffung neuer Präventionsprogramme. Zum einen handelt es sich dabei um ein so genanntes Landesprogramm, welches die SPD nunmehr mit Vehemenz seit einem Dreivierteljahr fordert
und zum anderen fordert die PDS, dass das Bundesprogramm CIVITAS durch ein entsprechendes Landesprogramm unterlegt werden soll.
Lassen Sie mich an dieser Stelle, meine Damen und Herren, einige grundsätzliche Aussagen treffen, bevor ich auf die Inhalte der neuerlichen Forderungen eingehe.
Das Innenministerium hat seit dieser Legislatur, und auch im Rahmen ihrer Kompetenz alle anderen Ressorts, die notwendigen und erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um den Extremismus wirksam bekämpfen zu können. Diese Maßnahmen betreffen sowohl den repressiven als auch den präventiven Bereich. Die zu diesem Zweck von der Landesregierung eingerichtete Koordinierungsstelle "Gewaltprävention" hat die Aufgabe, alle Präventionsaktivitäten des Landes zu bündeln und die diesbezüglichen Bemühungen der Kommunen sowie Einzelinitiativen zu unterstützen. Die Einführung ständig neuer Programme hebt diese Aktivitäten nicht etwa auf eine neue Qualität, sondern erschwert eher eine effiziente Präventionsarbeit, meine Damen und Herren. Wie ich bereits mehrfach ausgeführt habe, kann es beim Problemfeld "Rechtsextremismus" nicht um kurzfristige Erfolge gehen. Sie können sich entsinnen, ich habe gesagt, es wird ein langer Weg sein, um hier erfolgreich sein zu können, denn es geht um langfristige und dauerhafte Lösungen der bestehenden Probleme. Aus diesem Grund muss man begonnenen Programmen, deren Richtigkeit und Wirksamkeit unbestritten ist, auch Zeit zum Wirken lassen. Jeder Vorschlag, der keinen neuen, sachlichen Ansatz in sich trägt und nur der parteipolitischen Profilierung dienen soll, raubt uns allen, vor allem aber den Mitarbeitern meines Hauses, die diese Vorschläge wiederum bewerten müssen, die Zeit, sich um die tatsächliche Präventionsarbeit zu kümmern. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf einen hier nicht näher zu nennenden Abgeordneten, der sich die Bekämpfung des Rechtsextremismus zwar auf die Fahne geschrieben hat, durch die Vielzahl seiner parlamentarischen Anfragen zu diesem Thema, die sein gutes Recht sind, und das Recht will ich ihm gar nicht bestreiten, aber durch die Vielzahl dieser Anfragen zu diesem Thema - offensichtlich sehr bewusst - ganze Bereiche des polizeilichen Staatsschutzes blockiert und an ihrer eigentlichen Arbeit hindert.
Da ich aber immer noch glaube, dass es alle in diesem Haus mit der Bekämpfung des Rechtsextremismus ernst meinen, möchte ich Ihnen meine Überlegungen zu den von Ihnen unterbreiteten Vorschlägen darlegen und mit dem Antrag der SPD beginnen.
Die SPD-Fraktion fordert die Landesregierung auf, bis Juli 2001 ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt in Thüringen zu erarbeiten. Diese Forderung, die ja schon seit längerem immer wieder erhoben wird, wird nicht dadurch sinnvoller, weil Sie sie äußern, wo immer Sie nur können. Und ich will nicht so weit gehen, Ihnen zu unterstellen, dass es an Themenarmut liegt. Die Schwerpunkte sollen bei dem von Ihnen geforderten Landesprogramm zum einen die Einrichtung von mindestens vier regionalen Zentren für Demokratie, Kultur und Bildung unter Betreuung einer Landesgeschäftsstelle und zum anderen die Unterstützung von Opfern rechtsextremer Gewalt sein. Im Beiwerk des
Antrags - Ausgangspunkt, Handlungskonzept usw. - werden eine ganze Reihe von allgemein gültigen Forderungen gestellt, die man in ihrer Unverbindlichkeit nicht bewerten kann, denen aber der Ruch des Populistischen anhaftet.
Neben den oben bereits dargestellten Forderungen fehlen dem Vorschlag neue, konkrete Inhalte. Und meines Erachtens besteht das größte Manko darin, dass Beratungsinhalte nicht aufgezeigt werden, sondern lediglich methodische Hinweise dargestellt sind. Zum Einzelnen - die Einrichtung von mindestens vier regionalen Zentren: Diese von der SPD-Fraktion geforderte Koordinierung, Bündelung und Vernetzung von Initiativen gegen Rechtsextremismus in Form mobiler Beratungsteams wurde in Thüringen durch die Landesregierung bereits im letzten Jahr in der Aufgabenbeschreibung der Koodinierungsstelle Gewaltprävention verankert. Mit der Gründung der Koordinierungsstelle macht die Landesregierung außerdem deutlich, dass es ihr um die Entwicklung nachhaltiger Konzepte zur Gewaltprävention geht, und zwar unter Berücksichtigung bereits vorhandener Strukturen sowohl auf der Landes- als auch auf der kommunalen Ebene.
Ich möchte an dieser Stelle erneut unterstreichen, dass die Landesregierung, anders wahrscheinlich als die Kollegen der SPD-Fraktion, keine neuen Substrukturen für die Bekämpfung der Gewalt aufbauen möchte. Sie möchte vielmehr, dass den verschiedenen Akteuren auf den verschiedenen Ebenen eine effizientere Zusammenarbeit ermöglicht wird und dass durch die offensive Auseinandersetzung mit dieser Thematik in der Öffentlichkeit ein Prozess in Gang gesetzt wird, der weite Teile der Gesellschaft zu einer aktiven Einstellung gegen Gewalt in ihren unterschiedlichsten Spielarten führt. Und das, meine Damen und Herren, erscheint uns der mittel- und langfristig erfolgreichere Weg zu sein.
Ich gehe davon aus, dass die Nachhaltigkeit der Gewaltprävention gestärkt wird, wenn wir die vorhandenen und schon arbeitenden Strukturen weiterentwickeln und wenn wir vor Ort den Akteuren die Strukturhilfen auch an die Hand geben. Der Landesregierung geht es um die Vernetzung und Stärkung vorhandener regionaler Strukturen und dort, wo diese Strukturen noch nicht vorhanden sind, wollen wir behilflich sein, dass sich dort Netzwerke errichten können. Genau dies wird durch die Arbeit der Koordinierungsstelle Gewaltprävention befördert werden müssen.
Zum zweiten Teil des Antrags, zur Unterstützung von Opfern rechtsextremer Gewalt: Wissen Sie, dass durch das Haushaltgesetz 2001 im Haushalt des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof 10 Mio. DM zur Zahlung von Härteleistungen für Opfer rechtsextremistischer Übergriffe eingestellt worden sind? Vom Innenministerium wurde sichergestellt, dass potenzielle Empfänger schon bei der
Anzeigeerstattung auf die Möglichkeit zur Antragstellung hingewiesen werden. Insofern ist eine eigenständige finanzielle Unterstützung aus Landesmitteln gegenwärtig überhaupt erst einmal entbehrlich. Und nach meinem Dafürhalten wäre es sogar schädlich, eine Vielzahl von finanziellen Hilfsprogrammen jetzt aufzulegen und die Opfer rechter Gewalt eventuell noch durch einen Behördendschungel zu schicken.
Auch hier, meine Damen und Herren, gilt das eingangs Gesagte. Das Programm der Bundesregierung ist erst angelaufen und sollte sich dann herausstellen, dass die Wirksamkeit des oben genannten Programms nicht gegeben ist, etwa weil die Summe zu gering ist oder andere Schwierigkeiten auftreten, dann sollten wir hier auch über ergänzende Thüringer Aktivitäten erneut nachdenken. Wir werden es jedenfalls tun, meine Damen und Herren.
Ich lehne ein solches Programm nicht deshalb ab, weil es aus dem anderen politischen Lager kommt. Das ist eine Unterstellung, die sowohl Herr Dittes als auch Herr Döring immer wieder meinen laut werden lassen zu müssen - im Übrigen immer mit dem Unterton, die gesellschaftlichen Kräfte des Landes fordern es ja. Als ob Sie, Herr Dittes und Herr Döring, die SPD oder die PDS, nun die alleinigen Vertreter dieser gesellschaftlichen Kräfte des Landes wären.
Es ist gleichsam lächerlich, wie Sie sich bisweilen in die Brust werfen und so tun, als würden Sie die Bürgerinnen und Bürger des Landes hier allein vertreten, als wären Sie allein dazu in der Lage. Das sind wir auch und auch wir hören auf die Bürgerinnen und Bürger des Landes