Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

Der SPD-Vorschlag einer gemeinsamen Arbeitsgruppe aller drei Fraktionen unter der Moderation der Präsidentin kam nicht zu Stande, weil die CDU eine bestimmte Absicht verfolgte. Die CDU-Fraktion war nicht aus auf einen Kompromiss aller drei Fraktionen, sondern sie war aus auf das Durchsetzen der eigenen Ziele. Die CDU-Fraktion schneidert sich eine Geschäftsordnung nach Maß. Und schon 1999 haben Sie die Geschäftsordnung im Alleingang geändert, damals statt des Rangmaßzahlverfahrens das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt eingeführt, wodurch die stärkste Fraktion im Landtag bevorzugt wird und die kleinen Fraktionen benachteiligt werden. Nicht nur die Zahl der Sitze in den Ausschüssen und Gremien wurde günstiger für Sie, sondern auch was die Besetzung der Ausschussvorsitzenden, bis hin zu den Vorsitzenden von den Untersuchungsausschüssen angeht. Und so wie damals machen Sie es jetzt wieder. Sie setzen Ihre Belange durch auf Kosten der Opposition. Und ich frage Sie: Was sind die Aussagen des Ministerpräsidenten wert, der hier gesprochen hat von der großen Verantwortung einer allein regierenden Partei für Thüringen, und der gesprochen hat von der wichtigen Rolle, der noch wichtigeren Rolle der Opposition im Landtag bei einer allein regierenden Partei? Und dann beschneiden Sie die Rechte der Opposition radikal.

(Beifall bei der SPD)

Aber, meine Damen und Herren, es geht nicht nur um Rechte der Opposition, die eingeschränkt werden, es geht um die Rechte aller Abgeordneten. Hier ist es nicht nur eine Sache zwischen Regierungsfraktion und Opposition, sondern es ist ein Generalangriff auf die Rechte jedes Abgeordneten. Ich kann eigentlich nicht verstehen, dass sich alle CDU-Abgeordneten so in den parteipolitischen Würgegriff nehmen lassen,

(Heiterkeit bei der CDU)

wo doch vorher durchaus kritische Stimmen aus dem Mittelblock zu hören waren zu diesen Vorschlägen, die Sie unterbreitet haben.

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal darauf zurückkommen, dass Sie natürlich mit Ihrer Stimmenmehrheit die Änderung der Geschäftsordnung beschließen können, aber ich will auch darauf hinweisen, dass es keinesfalls gängige Praxis ist. In anderen Landtagen und im Bundestag werden Änderungen und Ergänzungen der Geschäftsordnung stets im Wege des Kompromisses gefunden. Und es gehört einfach zum politischen Fairplay, dass der Minderheit im Parlament Änderungen nicht einfach aufgezwungen werden, sondern dass man einvernehmliche Lösungen findet. Und ich will nicht schon wieder die Worte "Arroganz der Macht" verwenden, weil es so schlimm abgedroschen ist, aber aus manchen Aussagen und aus manchen Reaktionen, die hier kamen, nicht nur heute, sprach pure Überheblichkeit. Das muss ich Ihnen einmal sagen. Es bleibt wieder einmal der fade Beigeschmack, dass es hier bei uns in Thüringen eine Partei gibt, ich will nicht Einheitspartei sagen, aber eine Partei, die immer Recht hat. Und ich kann nur hoffen, dass dieser Stil des Umgangs zwischen den Parlamentariern, zwischen uns allen, nicht so fortgesetzt wird. Danke schön.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ja, es war die Frage des Abgeordneten Stauch, bitte.

Herr Dr. Pidde, könnten Sie mir denn zustimmen, dass gerade die Regelung zum Fragerecht, so wie sie jetzt vorgeschlagen wird, das verfassungsmäßig verbriefte Fragerecht des einzelnen Abgeordneten als subjektives Fragerecht gerade stärkt, weil nämlich dadurch wesentlich mehr Abgeordnete dieses Recht für sich erhalten können, als wenn, wie bisher, ein Abgeordneter mehrere Anfragen beantwortet bekommt und dafür viele andere Abgeordnete nicht einmal eine Frage beantwortet bekommen, und dass es richtig ist, dass jetzt, wenn also keine weiteren Einzelfragen vorliegen, auch weitere Fragen eines Abgeordneten nach wie vor beantwortet werden können?

Ich sehe in der Regelung, die jetzt getroffen werden soll, eine Einschränkung des Fragerechts.

(Beifall bei der SPD)

(Heiterkeit bei der CDU)

Herr Abgeordneter Dr. Pidde, auch Herr Schwäblein hat eine Nachfrage. Gestatten Sie die?

Ja, bitte.

Herr Kollege Pidde, finden Sie, dass das Rederecht eingeschränkt ist, wenn wir die gleiche Anzahl von Fragestunden wie bisher durchführen und wenn die Zeit, in der gefragt werden kann, genau gleich ist? Worin liegt dann die Einschränkung des Fragerechts, frage ich Sie?

Sie wissen doch selber, dass es oftmals vorkommt, dass man innerhalb von vier oder fünf Wochen - die Regel zwischen den Plenarsitzungen - nicht nur einen wichtigen Wunsch nach einer Anfrage hat, sondern auch nach einer zweiten.

(Zwischenruf Abg. Stauch, CDU: Was hat denn das damit zu tun?)

Und Sie müssen aber auch ein kleines bisschen die Möglichkeiten sehen, dass Abgeordnete der Regierungsfraktion Informationen erhalten auf direktem Wege, aus dem Ministerium; die sind wesentlich größer als bei der Opposition. Für die Opposition ist das Fragerecht wesentlich wichtiger.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Es gibt weitere Nachfragen, zunächst Frau Abgeordnete Nitzpon, dann Herr Abgeordneter Wolf, wenn Sie gestatten, Herr Dr. Pidde.

Ja, bitte.

Herr Pidde, um allen Abgeordneten gerecht zu werden, könnten Sie sich auch vorstellen, dann lieber eine Fragestunde mehr pro Sitzungstag zu machen, um alle Fragen beantworten zu können?

Darüber können wir uns im Ältestenrat verständigen.

Gut. Herr Abgeordneter Wolf.

Herr Kollege Pidde, Sie sprachen eben davon, dass die Abgeordneten doch mal ihre sehr wichtigen Fragen hier als Mündliche Anfragen vortragen. Haben Sie sich schon mal die Mühe gemacht, sich den Inhalt von einigen Mündlichen Anfragen anzusehen, um dann wirklich mal nachzuvollziehen, ob das wichtige Anfragen waren?

(Unruhe bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Endlich sagt mal jemand die Wahrheit.)

Also, es war eine Frage und Dr. Pidde wird sie beantworten.

Herr Abgeordneter Wolf, ich glaube, es steht keinem Abgeordneten zu, in der Öffentlichkeit den Inhalt von Fragen anderer Abgeordneter zu werten.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich selber stelle eine Anfrage nur dann, wenn wirklicher Wissensbedarf vorhanden ist und wenn ich auch eine fundierte Antwort haben möchte, und überlege mir sehr wohl, ob eine Kleine Anfrage ausreicht oder ob sich vielleicht die Möglichkeit der Nachfrage notwendig macht und ich diese hier als Mündliche Anfrage stelle.

Jetzt haben wir noch eine Frage des Abgeordneten Schröter. Herr Dr. Pidde, lassen Sie auch diese zu?

Die Letzte.

Herr Dr. Pidde, Sie haben davon gesprochen, dass es unterschiedliche Informationsflüsse geben würde. Ihren Ausführungen war dann zu entnehmen, dass Sie damit wohl das Fragerecht für verschiedene Fraktionen noch verschieden handhaben möchten?

Nein, darum geht es überhaupt nicht. Das Fragerecht, wie es bisher war, hat sich bewährt und ist gut und wir hätten dabei bleiben sollen und es beibehalten sollen.

(Beifall bei der SPD)

Ich wollte einfach nur darauf hinweisen, dass für die Abgeordneten der Oppositionsfraktionen das Fragerecht besonders wichtig ist, weil sich nämlich vieles auf dem kleinen Dienstweg für die Abgeordneten der Regierungsfraktion ich spreche aus eigener Erfahrung aus der letzten Legislaturperiode, dass man natürlich mit einem Minister aus der eigenen Partei manches auf dem Flur besprechen kann, wo es hier schwieriger ist, eine Antwort zu bekommen. Das ist meines Erachtens auch ganz normal.

(Beifall bei der SPD)

(Heiterkeit bei der CDU)

Das provoziert zu einer weiteren Frage. Sie werden ja mehr befragt als ein Regierungsmitglied, Herr Dr. Pidde. Bitte.

(Heiterkeit im Hause)

Entschuldigen Sie, ich werde jetzt keine weiteren Fragen beantworten.

(Beifall bei der SPD)

Also machen Sie das dann vielleicht auch auf dem kleinen Dienstweg. Jetzt haben wir eine weitere Meldung, und zwar Abgeordneter Wolf, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nach § 29 Abs. 1 unserer jetzt noch gültigen Geschäftsordnung, und der Paragraph wird auch weiterhin so gültig bleiben, stehen mir 20 Minuten Grundredezeit und 49 Minuten ergänzende Redezeit zur Verfügung, also insgesamt 69 Minuten. An diesem § 29 Abs. 1 wird sich auch in Zukunft nichts ändern, nur wenn der Ältestenrat mit Zweidrittelmehrheit abstimmt. Die CDU wird auch im Ältestenrat nicht allein die Redezeit verändern können, auch wenn es Frau Nitzpon hier so gern unterstellt hätte; die Redezeit wird sich auch in Zukunft nur mit zwei Dritteln ändern lassen. Ich will es noch einmal wiederholen. Uns liegen heute eine Reihe Drucksachen zur Beratung vor, als Erstes in der Drucksache der SPD die Änderungen der §§ 111 und 112. Das ist das Betretungsrecht für den Präsidenten des Landes

rechnungshofs zum Plenum und auch zu den AusschussSitzungen; ebenfalls die Regelung zum Datenschutz in § 112. Dies wird auch im Antrag der CDU zur Geschäftsordnung geregelt, deswegen gehe ich jetzt darauf nicht im Detail ein. In der Drucksache 3/1581 liegen noch einmal alle Anträge der PDS vor, die im Ausschuss schon gestellt wurden, so dass jeder auch hier noch einmal nachlesen kann, was von Seiten der PDS im Ausschuss vorgetragen wurde. Uns liegt der gemeinsame Änderungsantrag von SPD und PDS in der Drucksache 3/1563 zum Rederecht der Bürgerinitiative sowohl im Plenum als auch im Ausschuss vor. Ich gehe auf all diese Punkte nachher im Einzelnen noch einmal ein.

Vielleicht noch einmal grundsätzlich zum Verfahren selber: Seit 1994 ist die jetzt gültige Geschäftsordnung bis auf die Änderung zu Beginn der jetzigen Legislaturperiode unverändert gültig. In dieser Zeit konnten wir eine Menge Erfahrungen mit der Anwendung der Geschäftsordnung sammeln. Daraus haben sich einige notwendige Änderungen und Klarstellungen ergeben. Es machen sich auch einige Ergänzungen notwendig. Zum Beispiel haben wir hier im Thüringer Landtag ein Gesetz zum Bürgerbeauftragten beschlossen. Dazu muss auch eine Änderung in die Geschäftsordnung eingearbeitet werden. Oder wir haben die Erfahrung gemacht, dass es auch die Form einer Massenpetition gibt. Auch dazu machen sich Änderungen in der Geschäftsordnung notwendig. Des Weiteren haben wir bemerkt, es gibt die eine oder andere Unklarheit in der Geschäftsordnung. Beispiel ist, dass Anträge grundsätzlich schriftlich vorliegen müssen. Wenn ein Antrag, der nicht schriftlich vorlag, also nur verlesen wurde, trotzdem beschlossen wurde, besteht nach der jetzt gültigen Geschäftsordnung die Möglichkeit, dass ein Abgeordneter, ohne dass dort eine Frist in der Geschäftsordnung steht, diesem Beschluss widerspricht; dann müsste neu zu beschließen sein. Das ist natürlich auf Dauer so nicht haltbar. Wir haben es zum Glück nie angewendet, aber wenn man so einen Fehler bemerkt, ist es durchaus sinnvoll, ihn dann auch entsprechend zu beseitigen.

Wir haben immer die Teilung der Aktuellen Stunden in zwei gleich große - jeweils also eine halbe Stunde - Teile angewendet. Ich habe erlebt, dass dann im Ausschuss gesagt wurde, man hätte es auch anders machen können, man hätte also durchaus einmal 40 Minuten für den einen Teil und 20 Minuten für den anderen Teil verwenden können. Das haben wir nie gemacht. Wir haben uns auch darauf geeinigt, nicht mehr als zwei Aktuelle Stunden zuzulassen. Warum soll man dann diese Regelung nicht auch bindend in die Geschäftsordnung schreiben?

Dann waren auch Neuregelungen angedacht, die sich aus der Erfahrung heraus ergeben haben, z.B. zur Redezeit. Es ist in anderen Parlamenten möglich, dass man sehr genau und sehr detailliert in der Tagesordnung die Redezeit angibt, die für den einzelnen Tagesordnungspunkt vorgesehen ist, und es ist auch möglich, dass dann der einzelne Redner weiß, wie viel Zeit habe ich zur Vorbe