Protokoll der Sitzung vom 18.05.2001

Und, Herr Kummer, deswegen habe ich gesagt, Sie schütten das Kind mit dem Bade aus. Wenn Sie richtigerweise, denn Sie wollen ja, ich habe es ja gesagt, die Produkte, die ihren Gebrauchswert verloren haben, nicht auf der Müllkippe wieder finden, sondern Sie wollen das, sagen wir mal in die Produktion, in den Kreislauf wieder zurückführen, recyclen wie man das heute auf neudeutsch sagt. Da wäre es aus unserer beider Sicht, sage ich mal, sinnvoller gewesen, und die Gedanken sind ja nicht neu, das ist ja auch schon mal diskutiert worden vor Jahren, dass Sie den Preisunterschied zwischen dem Primärrohstoff und dem Sekundärrohstoff novellieren, weil sich dann Ihr Problem von ganz allein löst. Das sehen Sie beim Altpapier. Mittlerweile ist es beim Altpapier so, und da können Sie sich mit der Industriebranche unterhalten, dass das Altpapieraufkommen, also das Wiedereinsammeln, so gründlich geschieht, dass sich die Primärproduzenten mitunter schon Sorgen machen, wie sie ihr Holz auf dem Papiermarkt loskriegen. Das betrifft das Aluminium genauso. Es gibt in der Branche kaum Probleme mit dem Recyclen von Aluminium, weil das wieder eingesammelt wird, es ist eben wertvoll. Das trifft auf Stahl mittlerweile wieder zu, denn die Schrottkrise in den frühen 90er Jahren ist, Gott sei Dank, aus Sicht der Schrotthändler überwunden. Alles, ich habe es erklärt, liegt daran, dass der Sekundärrohstoff einen Wert hat.

Und Herr Kummer, was diese Kassandrarufe betreffen: Ich war am Mittwoch in Dresden zu einer Fachtagung, da hat der Geschäftsführer der Stadtwerke Dresden stolz berichtet, dass das Konzept, was Dresden verfolgt, zu null, ich betone zu null, Reststoffen führen wird, weil Dresden nun mal über keine Deponie, die TASi-gerecht ist, verfügen wird, sie wird dieses Jahr geschlossen, so dass sie sich vor 2005 bereits einem Konzept angeschlossen haben, was dieses ermöglicht. Ich denke, Herr Kummer, Sie werden mir bestimmt Recht geben, dass das nicht der schlechteste Weg ist, den Dresden da gegangen ist.

Meine Damen, meine Herren, der grüne Punkt ist erwähnt worden. Nun haben wir uns über den grünen Punkt nicht erst seit gestern oder seit vorgestern unterhalten, sondern es ist ein Reizthema, da gibt es die verschiedensten Fachtheoretiker und die verschiedensten Praktiker, die ihre Meinung dazu geäußert haben. Herr Kummer, für die Zeit, als es um die Einführung dieses grünen Punktes ging, war das Konzept gut. Das ist aber mittlerweile zehn Jahre her. Es gibt wenig Konzepte, denen man nach zehn Jahren noch nachsagen kann, dass sie unveränderbar gut sind, auch beim grünen Punkt lässt sich sicher das eine oder andere verbessern und, ich denke mal, das sollten wir angehen. Nur, der grüne Punkt ist genauso eine Facette, es ist nicht übertragbar auf die gesamte Produktion der Volkswirtschaft, wie Sie das in Ihrer Bundesratsinitiative vorhaben.

Dann noch ein letzter Punkt, Herr Kummer, die Prognose und Schärfe für die Mengenbestimmung, die Sie angesprochen haben: Glauben Sie ernsthaft, meine Damen, meine Herren, dass über eine Bundesratsinitiative, die letztlich dann in die EU hineinwirken soll, die Zeitspanne, die wir nur noch haben - Herr Kummer, Sie haben es ja erwähnt, die Ausschreibung für die Anlagen, die wir in Thüringen bauen oder weiß der Kuckuck wo bauen werden, die Ausschreibungen laufen dieses Jahr, das Zeitfenster ist noch bis frühestens Mitte des nächsten Jahres offen -, wenn Sie den Werdegang einer Bundesratsinitiative betrachten und den Werdegang einer EU-Initiative betrachten, glauben Sie denn wirklich, dass Sie bis Mitte nächsten Jahres zu Ergebnissen kommen werden? Ich danke Ihnen.

Herr Abgeordneter Sonntag, Sie hatten gestattet, dass Ihnen Frau Becker eine Frage stellt.

Entschuldigung, Frau Becker, das hatte ich jetzt fast vergessen.

Herr Abgeordneter Sonntag, ich weiß ja, dass Sie auch aus einem technischen Beruf kommen und immer ganz stolz darauf sind, Sie wissen doch, dass es beim Dosenpfand nicht nur geht, die Dosen wieder einzusammeln und den Müll aus der Landschaft zu bekommen, sondern auch um Energieeinsparung, dass die Dose bei der Herstellung einen besonders hohen Wert an Energie verbraucht. Das ist Ihnen doch bekannt und dass Herr Töpfer deshalb 1992 die Verpackungsverordnung angestrebt und auch umgesetzt hat.

Was ist die Frage, Frau Becker?

Ob Sie Bescheid wissen?

(Heiterkeit im Hause)

Frau Kollegin Becker, ich müsste eigentlich jetzt, wenn ich mich exakt an Ihre Formulierung hielte mit Nein antworten, denn das, was Sie mir vorgetragen haben, stimmt so leider nicht. Wenn Sie den Vergleich ziehen in der Herstellung von Blechdosen zu Glasflaschen, so ist der Energieaufwand dafür, ich will es jetzt nicht ad hoc entscheiden, aber, ich denke mal, es wird sich nicht viel nehmen. Was dann noch dazu kommt, der Distributionsaufwand, also der Aufwand für die Verteilung, ist bei Glasflaschen aufgrund ihres spezifischen Gewichts wesentlich höher. Dann kommt noch dazu, dass die Umlaufzahl bei Pfandglasflaschen bei weitem nicht so hoch ist, wie das seinerzeit, als wir den grünen Punkt einführten, mal gedacht war, wo er deutlich niedriger liegt. Wir könnten jetzt weiterdiskutieren, das machen wir aber gerne mal bilateral, da kommt nämlich noch eine ganze Reihe von Fachspezifika dazu, aber das wollen die Kollegen jetzt sicherlich nicht hören.

Herr Abgeordneter Sonntag, gestatten Sie eine weitere Anfrage?

Herr Kollege, Sie merken ja, das Haus ist nicht mehr so aufnahmefähig, wir machen es bilateral.

Für die Landesregierung hat sich Minister Sklenar zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, es liegt uns ein Antrag vor zu einer Bundesratsinitiative der PDS-Fraktion als Beitrag zur Abfallvermeidung. Wenn man sich diesen Antrag hier durchliest, muss ich sagen, in Ordnung.

(Beifall bei der PDS, SPD)

In Ordnung, aber - Moment, ich bin noch lange nicht fertig

(Heiterkeit im Hause)

nachdem ich die Beiträge hier, vor allen Dingen von der Frau Becker und von Herrn Kummer, gehört habe, frage ich mich, was das mit dieser Aufforderung zu tun hat. Herr Sonntag hat es schon gesagt, wir sollen Einfluss nehmen, die Landesregierung soll eine Bundesratsinitiative starten und soll Einfluss nehmen, dass eine gesetzliche Grundlage geschaffen wird, die eine Umlegung der Kosten für die Entsorgung technischer Produkte auf den Produktpreis ermöglicht. Die Frau Becker hat vor uns hier vorn von dem Pult verkündet, dass ich eigentlich gar nicht so richtig dafür zuständig bin und gar nicht die Lust habe, Umweltsachen zu machen.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Das hat sie gesagt.)

Dann muss ich sagen, Herr Kummer, wäre es doch besser gewesen, Sie hätten sich eine andere Landesregierung ausgesucht innerhalb von Deutschland und hätten dort diese Initiative gestartet,

(Beifall bei der PDS)

denn wir haben ja solche Dinge bereits in der Vergangenheit erlebt. Denn dann wäre,

(Unruhe bei der PDS)

lieber Herr Kummer, Sie haben selber gesagt, wenn diese Bundesratsinitiative von der CDU gekommen wäre, hätte sie vielleicht mehr Erfolg für die ganze Geschichte, wenn sie diese Bundesratsinitiative jetzt nach Mecklenburg-Vorpommern gegeben hätten z.B. hätte die sicher mehr Erfolg als hier in Thüringen. Aber, so muss ich leider sagen, das, was Sie hier von uns verlangen und hier von uns fordern, da wird im Bund keiner auf Thüringen hören, das ist vergebene Liebesmüh. Ich werde mich hüten, in Berlin mit Bundesratsinitiativen aufzuwarten, von denen ich von vornherein weiß, dass wir abgebügelt werden,

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Probie- ren Sie es doch mal!)

zumal eine ganze Reihe der Forderungen, die hier gestellt werden, ja bereits erledigt bzw. in Vorbereitung sind.

(Beifall bei der CDU)

Das, was hier schon gesagt worden ist, die Fragen der Umlegung der Kosten für die Entsorgung von Produkten auf den Produktpreis, ist ja eine Möglichkeit zur rechtlichen Ausgestaltung der Produktverantwortung, und das haben wir schon. Es ist hier genannt worden die Batterieverordnung; hier wird bereits diese Produktverantwortung umgesetzt. Wenn wir uns den Bereich der technischen Produkte anschauen, da gibt es seit dem 18. September 2000, das ist vielleicht dem einen oder anderen nicht mehr bekannt, die europäische Richtlinie für Altfahr

zeuge, wo auch bereits auf dem Gebiet Rechnung getragen wird. Die Altautorichtlinie sieht die kostenlose Rückgabemöglichkeit für den Letztbesitzer vor, Hersteller und Importeure müssen die Entsorgungskosten für Fahrzeuge, die ab 2002 erstmals zugelassen werden und für alle Altautos ab 2007 übernehmen. Die Richtlinie ist durch die Bundesregierung 18 Monate nach ihrem In-Kraft-Treten in nationales Recht umzusetzen und nun haben wir ja eine rotgrüne Bundesregierung, vor allen Dingen einen grünen Umweltminister, der sich immer gerne damit schmückt, dass er der größte Umweltschützer ist und alles schnell und zügig in die Wege leitet. Nun bin ich ja mal gespannt, wie schnell und zügig das geht.

Aber ich weiß, ich will hier niemandem Unrecht tun, dass diese Verordnung bereits beim Bundesumweltministerium in Arbeit ist. Für den Bereich des Elektro- und Elektronikschrotts hat die Europäische Kommission am 13. Juni 2000 einen Vorschlag für eine Richtlinie über Elektronik- und Elektronikaltgeräte sowie für eine Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in elektrischen und elektronischen Geräten vorgelegt. Dieser Entwurf sieht ebenfalls die Übernahme der Entstehungskosten für die Altgeräte durch den Hersteller vor. Der Bundesrat hat sich bereits am 1. Dezember 2000 zu diesem Entwurf positioniert. Nun frage ich Sie: Was sollen wir da noch für eine Bundesratsinitiative starten, worauf, auf welche ganz konkreten Dinge?

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Den Rest!)

Hier ist bereits eine ganze Menge in dieser Richtung auf den Weg gebracht worden. Wir sind uns zwar einig im Ziel, voll und ganz, und nach wie vor ist auch unser oberstes Prinzip der Abfallvermeidung in dieser Richtung, aber diese Bundesratsinitiative ist beim Stand der Dinge zurzeit nicht mehr erforderlich, so dass wir sie ablehnen müssen.

Zum Schluss, Frau Becker, noch ein Wort zu der Dosengeschichte. Es geht bei der Abstimmung im Bundesrat ja nicht um diese Verordnung, die von Töpfer aus 1991 ist, sondern es geht um den Vorschlag des Herrn Trittin und Trittin hat seine Hausaufgaben nicht gemacht.

(Beifall Abg. Becker, SPD)

Das haben bereits auch rotgrüne Regierungen festgestellt, so dass noch nicht sicher ist, dass dieser Entwurf, der heute im Bundestag verabschiedet worden ist, auch dementsprechend durchgeht. Ich bin schon dafür, Hausaufgaben muss jeder machen und es muss erstmal nachgewiesen werden, ob tatsächlich diese ökonomischen Vorteile und diese ökologischen Vorteile, wie sie immer von dem Bundesumweltministerium hier herausgestrichen worden sind, auch tatsächlich so eintreten, wie man das immer wieder gesagt hat.

Herr Minister, zwei Abgeordnete möchten Ihnen gern eine Frage stellen. Gestatten Sie das?

Aber selbstverständlich.

Dann als Erster Herr Abgeordneter Kummer und dann Frau Abgeordnete Becker.

Herr Minister, Sie führten gerade aus, Ihnen fallen gar keine Produkte mehr ein, für die diese Bundesratsinitiative gelten könnte. Ich frage Sie, wofür bauen dann unsere Restabfallzweckverbände Müllbehandlungsanlagen, wenn dann nach Rücknahme aller anderen technischen Produkte ja gar nichts mehr übrig bleibt?

Also mein lieber Herr Kummer,

(Heiterkeit bei der PDS)

Sie glauben doch nicht, dass Altautos, dass Elektronikoder Elektroschrott als Restabfall auf eine Mülldeponie kommen? Das glauben Sie doch selber nicht und auch nicht, dass die dort behandelt werden. Das ist ja der Witz der Saison, sage ich Ihnen, Entschuldigung, wenn ich das so sage.

(Beifall bei der CDU)

Also darüber dürften wir uns einig sein, dass es sich um ganz andere Stoffe dreht, als um die es hier geht und die, die Sie hier auch als Bundesratsinitiative angesprochen haben.

(Heiterkeit bei der PDS)

Frau Abgeordnete Becker, und Herr Minister, ich frage gleich, gestatten Sie dann noch eine weitere Anfrage.

Naja, es ist schon ganz schön spät, aber...

(Heiterkeit im Hause)

Dann Herr Abgeordneter Schugens nach Frau Becker.

Mir geht es noch mal um das Dosenpfand. Herr Minister, Sie geben mir aber Recht, dass, wenn die Novellierung, die jetzt Herr Trittin vorbereitet hat, nicht kommt, die eigentlich kommt, dass das Dosenpfand für Colaflaschen zwar nicht zählt, aber für Weinflaschen und die anderen Dosen, das kommt ja automatisch. Und nur wenn eine Novellierung kommt, können wir das abändern, das ist doch richtig?