Das sollten wir als Chance nutzen und sollten darauf aufbauen und sehen, dass sich daraus weiterhin für beide Seiten fruchtbare Beziehungen entwickeln.
Meine Damen und Herren, es ist richtig, was der Ministerpräsident sagte, gerade die Thüringer können diese gemeinsame oder ähnliche Vergangenheit besonders gut beurteilen, weil wir sie gemeinsam erlebt und auch durchlitten haben. Darauf aufbauend können wir natürlich besonders nachvollziehbar und effizient Hilfe beim Staatsaufbau, bei den Strukturen in diesem Transformationsprozess leisten. Es ist, glaube ich, auch eine Aufgabe für uns. Denn wir haben die Transformationsmittel aus dem Bundeshaushalt aus den alten Bundesländern und wir haben europäische Mittel, über die wir Gott sei Dank reichlich verfügen können. Diese Mittel in diesem Umfang hat Litauen natürlich nicht.
Na gut, es ist natürlich bei weitem nicht genug, richtig, Kollege Bergemann, aber wenn man das mit dem Niveau der Unterstützung dort für dieses Land vergleicht, dann ist das eine ganz andere Ebene. Litauen ist ein Staat, wir sind ein Bundesland, aber der Haushalt von Litauen ist kleiner vom Umfang als unser Landeshaushalt. Das muss man sich vor Augen führen und daran sieht man auch, welche Probleme damit verbunden sind für den Aufbau des Landes. Da ist es gut, dass wir dort diese Kontakte pflegen und beim Aufbau Unterstützung leisten. Deswegen steht auch als Punkt 1 unserer Erklärung, dass wir den EU-Beitritt unterstützen und befördern wollen im Rahmen unserer Möglichkeiten.
Ich kann Ihnen sagen, dass das litauische Außenministerium uns auf Nachfrage heute mitgeteilt hat, dass 15 Themenkreise bei den Beitrittsverhandlungen inzwischen erfolgreich abgeschlossen worden sind. Damit haben sie gleichgezogen mit Polen, sie haben also aufgeholt, den Anschluss gefunden und erhoffen damit auch zum gleichen Zeitpunkt in die EU aufgenommen zu werden. So ist also der aktuelle Stand.
Jetzt möchte ich auf unseren Besuch Anfang März in Litauen zu sprechen kommen. Meine Damen und Herren, das war schon eindrücklich, dass wir an der Feierstunde zum 11. Jahrestag der Unabhängigkeit Litauens teilnehmen
konnten und dass unserer Landtagspräsidentin dort das Rederecht eingeräumt wurde, dass sie nach dem Staatspräsidenten und vor dem Kardinal von Litauen sprechen konnte und die Rede auch mit sehr viel Aufmerksamkeit und Beifall bedacht wurde. Vor dem gesamten hohen Haus und vor der Öffentlichkeit wurde live in Rundfunk und Fernsehen übertragen. Wir wurden verschiedentlich auch in den nachfolgenden Tagen daraufhin angesprochen. Auch bezüglich des Rangs unserer Gesprächspartner wurde deutlich, welche Bedeutung man unserem Besuch beigemessen hat. An der Stelle herzlichen Dank auch noch mal der Landtagspräsidentin, dass sie mitgefahren ist und unseren Besuch so erfolgreich begleitet hat.
Aber es ist so, dass es natürlich - und das sagte der Ministerpräsident und auch Kollege Döring zu Recht - nicht nur und zuallerletzt auf die Besuche von Politikern ankommt, sondern es kommt darauf an, welche Breite solche Partnerschaften bekommen in der Bevölkerung. Da sind natürlich in allererster Linie kommunale Partnerschaften zu nennen. Ich darf an der Stelle sagen, dass gerade ein Video unterwegs ist von dem Landkreis Kelme in Litauen an den Wartburgkreis, um diesen Landkreis vorzustellen mit dem Ziel, möglichst in naher Zukunft eine Partnerschaft zwischen diesen beiden Landkreisen anzubahnen. Ich halte das für eine gelungene neue Aktivität.
Ich darf vielleicht einmal ein paar Stichworte nennen, was in den nächsten Monaten zwischen den Partnerstädten Erfurt und Vilnius auf dem Programm steht: Zum Citylauf im Juni im nächsten Monat werden Vilniuser mit teilnehmen, zum Familienschach sind Litauer mit angemeldet, es wird ein Juniorenfußballmannschaftstreffen im Sommer im Juni geben, da wird eine Mannschaft aus Vilnius teilnehmen. Zwei Audi 100 wurden kürzlich an die Stadtverwaltung Vilnius übergeben, ein europäisches Umweltprojekt mit mehreren Teilnehmern aus verschiedenen Ländern wird im Frühjahr kommenden Jahres in Erfurt stattfinden auch unter Teilnahme des Vilniuser Umweltamtes. Ich darf hier sagen, dass vor wenigen Tagen eine neue Schulpartnerschaft zwischen einer Vilniuser und einer Erfurter Schule vereinbart wurde. Eine Mädchenband kommt im Sommer und wird hier verschiedene Auftritte haben, ein Jugendtreffen, ein Workshop für junge Musiker wird stattfinden und die Amateuertheater, die Jugendtheater zwischen beiden Städten werden in naher Zukunft zusammenkommen.
Das Stichwort "Schulpartnerschaft" habe ich bereits genannt. Wir haben bei unserem Besuch eine Liste von mehreren Schulpartnerschaftswünschen Thüringer Schulen übergeben. Offenbar ist diese kürzlich vereinbarte Schulpartnerschaft bereits ein Rücklauf von diesen Wünschen. Auf kulturellem, sportlichen Gebiet gibt es eine Reihe von Aktivitäten. An der Stelle möchte ich hervorheben, dass auf dieser bereits bestehenden Basis es sicherlich ein Höhepunkt werden wird, wenn im kommenden Früh
jahr litauische Kulturtage in Erfurt, in Thüringen stattfinden werden, eine Anregung von unserer Landtagspräsidentin, die sehr auf fruchtbaren Boden in Vilnius gefallen ist.
Es ist so, dass natürlich die wirtschaftlichen Kontakte einen breiten Raum einnehmen. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch Jointventures haben sich gebildet. Ich möchte hier nur hervorheben, der TÜV Thüringen hat eine Tochtergesellschaft in Litauen gegründet, sie sind dort aber zu 50 Prozent beteiligt und 50 Prozent haben litauische Gesellschafter. Das macht deutlich, dass man auf Partnerschaft, auf Einigung angewiesen ist. Wir haben uns davon überzeugen können, dass das Unternehmen sehr erfolgreich dort arbeitet. Thüringen war das erste Land, was ein Büro der Wirtschaft in Litauen hatte, das Thüringer Büro für wirtschaftliche Beziehungen unter Trägerschaft der TAF. Inzwischen ist das Büro der Grundstock geworden für ein Büro der deutschen Wirtschaft. Da hat Thüringen also auch wieder Schrittmacherdienste geleistet.
Praktika für Fach- und Führungskräfte haben stattgefunden und sollen ausgebaut werden, wir haben das dankbar heute vom Ministerpräsidenten zur Kenntnis genommen. Tourismus ist ebenfalls ausbaufähig. Aber nicht zuletzt, meine Damen und Herren, möchte ich auch private Kontakte und Kontakte von Vereinen hier anführen und nennen. Das ist etwas, was im Verborgenen stattfindet, aber umso mehr Anerkennung verdient. Ich glaube, dass wir das in Zukunft noch mehr unterstützen sollten.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich sagen, dass wir uns erlaubt haben, die litauischen Kolleginnen und Kollegen zu einem Gegenbesuch einzuladen zum Tag der Deutschen Einheit, der ja wieder in zeitlicher Nähe mit dem Thüringentag stattfindet. Das wäre eine willkommene Gelegenheit, hier unsere partnerschaftlichen Kontakte weiter zu pflegen und auszubauen. Ich bitte das hohe Haus um Unterstützung unserer Arbeit als parlamentarischer Freundeskreis auch in Zukunft, und ich beantrage die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten. Vielen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, soll man hier ans Rednerpult treten, wenn die Vorredner schon alles richtig beschrieben haben? Ich kann nur ausdrücklich sagen, der Vorsitzende des Freundeskreises hat es für uns als Freundeskreis insgesamt dargestellt und der Kollege Döring hat eine inhaltliche Positionierung vorgenommen, der ich
mich nur voll inhaltlich anschließen kann. Deswegen an dieser Stelle auch von mir mein Dank an Frau Lieberknecht für ihr Auftreten in Litauen und mein Dank an den Freundeskreis unter der Leitung vom Kollegen Kallenbach, weil ich glaube, hier ist etwas ganz Besonderes, das ich einfach unterstreichen möchte, die Zusammenarbeit von Parlamentariern zu einem Parlament in Osteuropa, wo große Erwartungen an die Bundesrepublik, große Erwartungen an Deutschland herrschen. Ich muss als, ja ich muss fast sagen, ehemaliger Westdeutscher, sagen, für mich war Litauen ferner Osten. Es war gut und für mich eine sehr eindrucksvolle Reise, festzustellen, wie deutschfreundlich dort in Litauen wir aufgenommen worden sind, wie viele Menschen dort deutsch sprechen. Es hat mich so daran erinnert, wie wenig eigentlich bei uns hier bekannt ist über Litauen oder über den baltischen Raum und wie wenig mir als Westdeutschem überhaupt bekannt ist darüber. Es ist eine völlig vergessene Geschichte, von der ich irgendwann mal von meinen Großeltern irgendwas gehört habe. Alles das ist bei mir in Erinnerung gekommen, als wir auf der Fahrt dort waren. Ich glaube, es ist für dieses Parlament sehr gut, dass es in der Vergangenheit immer wieder diese Beschlüsse gefasst hat, die Freundschaft zum Seimas zum Ausdruck gebracht hat, aber, ich glaube, es ist auch für uns als Freistaat Thüringen eine Chance, Litauen zu begleiten auf dem Weg nach Europa, weil wir in Thüringen die Schnittstelle sind in der Bundesrepublik, die ehemalige Trennlinie im Kalten Krieg, diejenigen, die ein Stück weit Verständnis auch in Westdeutschland schaffen könnten für die Probleme in Osteuropa und im Baltikum. Von daher wäre ich sehr froh, wenn wir es schaffen würden, über die einzelnen Schritte hinaus, die im Gruppenantrag beschrieben sind, ein Bewusstsein zu erzeugen im ganzen Freistaat, in den Ministerien, hier im hohen Haus, in den Kommunen weiter den Weg zu gehen, diese Freundschaft auszubauen. Da kommt der Städtepartnerschaft Erfurt-Vilnius eine besondere Bedeutung zu, weil ich das Gefühl hatte, es war mein Eindruck, dass viele Menschen, die wir dort in den Ministerien getroffen haben, alle erzählt haben, wann sie mal in Thüringen waren, wann sie mal in Erfurt waren und die hervorragende Kenntnisse über Thüringen und die Thüringer Verhältnisse hatten. Es wäre geradezu sträflich, wenn wir diese Chance als Freistaat Thüringen nicht nutzen würden. Es ist eben nicht nur eine touristische Frage, ob ein paar Parlamentarier irgendwohin fahren und sich eine nette Reise machen. Ich muss sagen, es war eine sehr gute Reise, es war auch vom Klima her untereinander eine sehr gute Reise. Insoweit war der Hinweis, Herr Ministerpräsident, auf Jaschke, Ramelow und Genossen, ein sehr spaßiger, aber auch sehr guter, weil wir uns in diesem Fall gut vertragen haben, weil wir gemeinsam einfach gemerkt haben, es gibt einen ungeheuren Erwartungsdruck in Litauen.
Ich glaube, wir sollten die Chance nutzen, weil ich auch denke, wir haben etwas zu vermitteln. Als, Kollege Kallenbach hat davon gesprochen, vor dem Seimas die Bevölkerung von Litauen ihre Demokratie mit ihren eige
nen Körpern verteidigt hat, das ist schon eine eindrucksvolle Geschichte, bei der es sich lohnt, an solchen Stellen zu stehen und zu sagen: Was heißt eigentlich Parlamentarismus und was heißt eigentlich Demokratie und in welcher Verpflichtung, in welcher Rolle stehen wir? Eine andere Sache, die mir aufgefallen ist: Ich fände es sehr gut, wenn man auf solchen Reisen feststellt, wie weit Thüringen gekommen ist mit den Geldern, auf die Kollege Kallenbach hingewiesen hat, mit dem innerdeutschen Finanztransfer. Das fehlt den osteuropäischen Ländern und dem Baltikum und ich glaube, dann sieht man eben, dass wir hier an ganz vielen Stellen weiter gekommen sind, auch wenn es Dinge gibt, die wir zu kritisieren haben in der Binnendebatte. Aber so eint es uns doch, wenn wir in einem solchen Land sind, zu sagen: Lasst uns gemeinsam den Weg mit Litauen gehen in die Europäische Union. Es wäre gut, wenn wir tatsächlich das Signal nach Litauen geben könnten, dass wir Litauen nicht in der offenen Tür warten lassen bis die erkrankt sind, sondern dass wir Litauen aus der offenen Tür herausnehmen, mit hineinnehmen in die Europäische Union. In diesem Sinne meinen Dank an die litauische Freundschaftsgruppe und an die Arbeit, die hier geleistet wird.
Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor. So kann ich zunächst feststellen, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist, falls dem nicht widersprochen wird. Es wird nicht widersprochen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 3/1548, das ist also der Antrag, der eben von mehreren Rednern als Antrag von Genossen Jaschke, nein Herrn Jaschke und Genossen...
(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Das ver- bitte ich mir jetzt aber, wie Sie das gesagt haben! Das steht Ihnen nicht zu! Jetzt hätten Sie auch einen Ordnungsruf verdient!)
Ich wollte nur noch einmal darauf hinweisen, dass es nicht mehr der zum Berichtsersuchen ist. Es war die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten beantragt worden. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall und einstimmig wird fortberaten.
Einwilligung des Landtags gemäß § 64 Abs. 2 der Thüringer Landeshaushaltsordnung in Verbindung mit § 13 Abs. 3 des Thüringer Haushaltsgesetzes 2001/2002 zur Investiven Gütlichen Einigung zwischen dem Freistaat Thüringen und der Herzog von Sachsen Coburg und Gotha'schen Stiftung für Kunst und Wissenschaft sowie der Stiftung der Herzog von Sachsen Coburg und Gotha'schen Familie Antrag der Landesregierung - Drucksache 3/1466 dazu: Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses - Drucksache 3/1574
Als Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Lehmann benannt und Frau Abgeordnete, ich bitte um die Berichterstattung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 6. April 2001 ist der soeben genannte Antrag in Drucksache 3/1466 an den Haushaltsund Finanzausschuss zur Beratung überwiesen worden. In dessen 25. Sitzung am 11. Mai dieses Jahres wurde der Antrag dann ausgiebig beraten. Im Vorfeld wurde mit Schreiben des Finanzministers vom 8. Mai 2001 den Abgeordneten die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Unterlagen zur investiven gütlichen Einigung gegeben. Dieses Angebot wurde auch von einigen Abgeordneten wahrgenommen. Schwerpunkte der Diskussion in unserem Ausschuss waren beispielsweise die Anwendung des Bestandswerteverfahrens zur Ermittlung des Gesamtwerts der ca. 802 Hektar Staatsforst, die Einbeziehung der Stadt Gotha in die Verhandlungen und die Frage der Auswirkungen auf die vorhandene Struktur der Forstämter. Während der Beratung im Ausschuss kam zum Ausdruck, dass der ausgehandelte Vertrag fraktionsübergreifend überwiegend positiv bewertet wird, insbesondere im Hinblick darauf, dass eine langwierige Angelegenheit somit nun zu einer einvernehmlichen Klärung und Lösung geführt wird. Weiterhin wurde die Thematik auch im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst bereits am 9. März 2001 intensiv erörtert, jedoch natürlich ohne vorherige Ausschussüberweisung.
Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt dem Landtag im Ergebnis mehrheitlich ohne Gegenstimme die Annahme des Antrags der Landesregierung in der Drucksache 3/1466 in Verbindung mit der Vorlage 3/781. Die Beschlussempfehlung unseres Ausschusses liegt Ihnen dazu in der Drucksache 3/1574 vor. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hätte es eigentlich gar nicht für möglich gehalten, dass dieser Sachverhalt, dieser anstehende Tagesordnungspunkt in unserer Fraktion, der SPD, doch eine solch spannungsgeladene, emotionsgeladene Debatte hervorgerufen hat, wie es denn dann geschehen ist. Das Spektrum der Meinungen und Äußerungen ging sehr weit auseinander. Der Grad der Emotionen war zum Teil sehr hoch, kurzum, ein weites Spannungsfeld war bei der Diskussion dieses Sachverhalts maßgebend. Worum geht es? Zunächst einmal drängen sich bei näherer Betrachtung doch schon noch einige Fragen auf. Ist die gütliche Einigung mit den Fürstenhäusern Sachsen Gotha und Sachsen Coburg vor dem Hintergrund der Rechtslage des Entschädigungsausgleichsleistungsgesetzes und eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts auf Rückgabe der beweglichen Kulturgüter zum Preis des Kulturgutes Wald ein gutes Geschäft für das Land Thüringen? Musste man 14 Jahre vor Ablauf einer Frist, nach der ein quasi automatischer Rückgabemechanismus in Gang gesetzt wird, diesen Deal überhaupt jetzt schon in Angriff nehmen? Musste es ausgerechnet der Wald sein, zu dem mehr Menschen, als man gemeinhin glauben mag, eine wahrhaft emotionale Verbundenheit haben, oder hätten die Fürstenhäuser ganz nobel nach so vielen Jahren nicht auch verzichten können? Diese Fragen beschreiben ein Spannungsfeld, dem selbstverständlich auch die Mitglieder meiner Fraktion ausgesetzt sind und die mit einer besonderen, ich erwähnte es schon, Leidenschaft diskutiert worden sind, wie ich es bisher selten erlebt habe. Die Rechtslage ist klar, die brauche ich, so denke ich, hier nicht noch einmal darzustellen. Doch weil die Rechtslage so ist, ist es legitim und auch angezeigt, dass die Landesregierung Bemühungen unternimmt, damit die wertvollen Kunst- und Kulturgüter auch weiterhin einer breiten Thüringer Öffentlichkeit zugänglich bleiben können. Man musste sich also einigen, es gab keine Alternative, so die Auffassung der Befürworter dieser gütlichen Einigung, denn es gibt noch einen anderen Hintergrund. Die Einigung mit den Häusern Sachsen Coburg und Sachsen Gotha mit dem Inventar von Schloss Elisabethenburg und Schloss Friedenstein in Gotha ist ja nur ein Bruchteil dessen, was noch an Kulturgütern z.B. in der Stiftung Weimarer Klassik mit dem Hause Sachsen Weimar verhandelt werden muss. Je mehr Jahre ins Land ziehen, so die Argumente der Befürworter dieser gütlichen Einigung, umso mehr sinkt die Bereitschaft der Fürstenhäuser, überhaupt noch eine freiwillige Lösung anzustreben. Das klingt logisch. Wenn das aber so ist, dann ist auch jetzt der richtige Zeitpunkt, so die Befürworter. Soweit, so gut. Wenn es
aber um die Frage des Äquivalents geht, das heißt, des Preises für diesen Deal, dann halten sich die Befürworter auffallend zurück. Sie fragen weniger nach dem Preis, ihnen geht es ausschließlich um die Regelung des Sachverhalts. Das kritisiere ich ausdrücklich nicht, das ist auch durchaus legitim. Legitim ist es aber auch, gerade diesen Aspekt, nämlich die Frage des Preises, etwas näher zu beleuchten, und schon, meine Damen und Herren, befinden wir uns am anderen Pol dieses Spannungsfeldes. Rund 800 Hektar in den Gemarkungen Luisenthal und Crawinkel wechseln also den Besitzer. Der rein fiskalische Gegenwert zu den angegebenen rund 500 Mio. DM des Wertes der Kulturgüter beträgt rund 15 Mio. DM. Auch ich gehörte zu denen, die zunächst diesen Gegenwert angezweifelt und hinterfragt haben. Für einen Haushälter, denke ich, durchaus legitim, so nebenbei bemerkt. Und im Ausschuss, auch das muss gesagt werden, wurden meine Fragen diesbezüglich hinreichend erklärt und auch beantwortet.
Dennoch gibt es Kolleginnen und Kollegen in meiner Fraktion, die sich damit nicht abfinden wollen und können, abgesehen davon, dass die Vorgabe des Waldgesetzes, wonach Landeswaldflächen nach § 31 Abs. 4 erhalten und gemehrt werden sollen, mit keinem Ansatz bisher erfüllt worden ist, spielt ein anderes nicht zu unterschätzendes Argument für viele, und nicht nur innerhalb unserer Fraktion, eine entscheidende Rolle. Wald ist auch ein Kulturgut, und zwar für Thüringen ein nicht unerhebliches, denn es gibt eine sehr starke emotionale Bindung der Thüringer zu ihrem Wald.
Ich könnte Ihnen jetzt das Beispiel einer Geschichte aus gerade diesem Raum Crawinkel, Luisenthal, Lütsche aus dem vorletzten Jahrhundert darlegen. Ich verzichte an dieser Stelle darauf, weil ich nicht möchte, dass die Emotionen unnötig hier noch einmal hochkommen, aber es dokumentiert sich damit, dass es sehr wohl eine sehr starke emotionale Bindung zum Kulturgut Wald in Thüringen gibt.
Jetzt also unser Wald gegen deren Kulturgüter. Ich sage Ihnen, das verstehen wirklich nur die Experten. Die haben aber - da bin ich jetzt so mutig und unterstelle das nicht die leiseste Ahnung, was Wald für die bedeutet, die an ihm, um ihn und in ihm leben. Die Leute - und da bin ich auch so frei, das zu behaupten -, auch die Mehrzahl der Bürger in diesem Lande, die können Sie nicht überzeugen, dass dies ein gutes Geschäft für Thüringen sei. Und wenn man sich schon hat einigen müssen, hätte es auch ein anderer Preis getan, aber nein, die Damen und Herren von und zu, die wollten gar kein anderes Äquivalent, die wollten von vornherein den Wald und auch nur deshalb ist dieser Tausch so zustande gekommen. Und wissen Sie, warum? Weil auch die eine von jeher emotionale Bindung an den Wald haben, aber selbstverständlich aus ganz anderen Beweggründen. Waldbesitz und das Privileg der Jagd waren von jeher ein Ausdruck herrschaftlichen Wirkens, aber auch ebenso von jeher immer auf
Kosten der einfachen Menschen. Ich könnte jetzt wieder auf diese Legende verweisen aus dem Crawinkler Raum, ich tue es ausdrücklich nicht. Und das ist das, wogegen die Leute Vorbehalte haben: Hoch lebe der Adel - koste es, was es wolle! Und deshalb, auch aus diesen Gründen, gibt es nicht nur Zustimmung - die gibt es auch, das erwähnte ich -, sondern auch in unserer Fraktion partielle Ablehnung zu diesem Thema.
Meine Damen und Herren, dann gibt es noch einen weiteren Teil der SPD-Fraktion, der steht nicht an diesen von mir beschriebenen Polen des Spannungsfeldes in der Auseinandersetzung, sondern er steht mittendrin. Und wer sich ein klein wenig mit der Elektrizitätslehre auskennt, der weiß, die werden dann zwischen den Polen hin- und hergerissen. Einerseits die Anerkenntnis der Fakten und der Rechtslage, die eine Ablehnung der Gütlichen Einigung schier unmöglich erscheinen lässt, und andererseits aber eine starke innere Abneigung all dem gegenüber, was geeignet wäre, das Rad der Geschichte zurückzudrehen.
Ich offenbare hier, auch ich gehöre zu dieser Kategorie, die sich deshalb in Enthaltung üben. Und bei manchen spielt auch die Enttäuschung darüber eine Rolle, dass nicht mehr der so genannten besseren Gesellschaft dem von der gleichen noblesse oblige gefolgten Prinzip wie beispielsweise der Familie von Arnim gefolgt sind, die auf wesentliche Teile ihres zustehenden Erbes zugunsten der Allgemeinheit verzichtet haben.
Das ist wahre Größe. Im Hinblick auf die Häuser Sachsen Coburg und Sachsen Gotha kann man nur sagen: Adel verpflichtet eben doch - fragt sich allerdings, wem?
Liebe Kolleginnen und Kollegen hier vor mir im Plenum, wundern Sie sich also nicht, wenn bei der anschließenden Abstimmung unsere Fraktion hier ein uneinheitliches Bild aus dem von mir geschilderten Spannungsbogen gibt.
Und, meine Damen und Herren auf der Tribüne, hier passiert etwas, was Sie uns Abgeordneten ohnehin unterstellen - ich hoffe es jedenfalls, dass Sie es uns unterstellen -, in unserer Fraktion entscheidet diesen Punkt jeder nach seinem Gewissen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU-Fraktion wird dem Anliegen der Landesregierung folgen und dieser Gütlichen Einigung zustimmen, auch weil wir