Protokoll der Sitzung vom 07.09.2001

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie allein erziehende Mütter mit Kleinkindern hier als Risikogruppe ansprechen, das stimmt, da haben wir eine große Sozialhilfequote. Nur, meine Damen und Herren, in der Kombination von Erziehungsgeld und Sozialhilfe können allein erziehende Mütter keineswegs Reichtümer sammeln, das will ich hier gar nicht behaupten. Aber sie können auskommen und sie haben die Gelegenheit, sich selbst um ihr Kind und um dessen Erziehung zu kümmern, wenn es noch sehr klein ist. Auch das ist eine positive Entwicklung unseres Sozialstaates hier. Und das muss, denke ich, hier auch noch mal dazu gesagt werden, inwieweit wir diesen Müttern unter die Arme greifen müssen, damit sie wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden können. Das ist eine ganz andere Sache. Wenn ich bei diesem Reichtums- und Armutsbericht auch noch mal bin, es hat ein Gutachtergremium gegeben von dreißig Leuten, ein Einziger war dabei aus Ostdeutschland, das ist rotgrüne Politik, meine Damen und Herren. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Pelke, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Arenhövel, das, was Sie hier teilweise erzählt haben, ist wirklich an Peinlichkeit nicht zu überbieten.

(Beifall bei der PDS, SPD)

(Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU: Das ist aber so.)

Sich hierherzustellen, wenn es um die Frage Armut in Deutschland geht, wenn man als Vertreter der christlichdemokratischen Partei mit dem großen "C" im Namen, ansonsten immer so tut, als ginge ihnen der Bereich Familie, Kinder über alles, sich dann hierherzustellen und zu sagen, wir müssen mal über den Tellerrand hinausgucken. Vergleichen wir mal die Bundesrepublik mit Rumänien und dann sehen wir schon mal, dass es uns gut geht, das finde ich ganz schrecklich.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Frau Arenhövel, ich habe zwei Hilfstransporte begleitet nach Bulgarien und ich weiß, wie es dort in Kindereinrichtungen, Senioreneinrichtungen usw. aussieht. Aber, dass ich mich hierherstelle und sage, das ist ein Maßstab im Vergleich, das ist es eben nicht. Das kann es nicht sein.

(Beifall bei der PDS, SPD)

(Unruhe bei der CDU)

In diesem ersten Bericht der Bundesregierung, es ist ganz schrecklich, es ist nun einmal eine rotgrüne Bundesregierung, Sie werden sich in der Zeit nicht dran gewöhnen und es wird Sie immer noch treffen, aber da müssen Sie nun mal durch.

(Beifall bei der SPD)

Diese Regierung hat einen ersten Bericht auf den Tisch gelegt. Meine Damen und Herren, dieser Bericht ist in keiner Weise geschönt. Er stellt Fakten fest. Aus diesen Fakten werden auch Schlussfolgerungen gezogen. Da geht es um 7.000 Kinder in Deutschland, die auf der Straße leben. Erhebungen dieser Art haben wir leider in Thüringen noch nicht, weil das kann man nicht feststellen. Letztendlich wissen auch wir, dass es hier in Thüringen Kinder gibt, die auf der Straße leben. Und das ist ein Punkt, wo wir hier Konsequenzen daraus ziehen müssen. Wir müssen uns darum kümmern. Einfach zu sagen, es ist nur eine Feststellung von Fakten, Herr Panse, was soll es zunächst mal sonst sein. Wenn die vorhergehenden Bundesregierungen sich um dieses Thema schon gekümmert hätten, hätte man vielleicht was gehabt, wo man drauf aufbauen kann.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Und dann so abzutun, was hat denn diese Bundesregierung gemacht, das bisschen mit dem Kindergeld und das bisschen mit dem Erziehungsurlaub und, und, und. Ja, mein Gott, vorher ist nichts passiert. Endlich ist was auf den Tisch gekommen, was Familien an diesem Punkt hilft.

(Beifall bei der PDS, SPD)

(Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU: Das ist ja gar nicht wahr.)

(Unruhe bei der CDU)

Und dann können Sie ja noch sagen, das war ein Gerichtsurteil.

Das ist überhaupt nicht das Problem. Gestern haben Sie sich hierhergestellt und haben gesagt, wir müssen immer abwarten bis Gerichte entscheiden. Jawohl, das hat die Bundesregierung auch gemacht und dann hat sie gehandelt. Also, was ist daran zu kritisieren?

(Beifall bei der SPD)

Wir müssten aus diesem Bericht über Lebenslagen in Deutschland, und ich sage das ausdrücklich im Hinblick auf junge Menschen, auf allein Erziehende und insbesondere hinsichtlich von Kindern, noch eine ganze Menge tun. Genau das sagt dieser Bericht aus. Da müssen auch Konsequenzen gerade in den neuen Ländern und gerade für uns hier in Thüringen gezogen werden. Da muss ich schon mal sagen, wenn wir hier Regierungserklärungen

gehört haben über die Situation von Familien, das was diese Landesregierung alles tut. Wir gehören als SPDFraktion nicht dazu, dass wir immer sagen, es wird nichts getan. Das habe ich gestern im Übrigen auch bei der Frage Ausbildungssituation gesagt, dass in dieser Landesregierung das eine oder andere gemacht worden ist an Programmen zur Bereinigung der Ausbildungssituation. Aber lassen Sie uns doch, wenn man so einen Bericht vorliegen hat, einfach feststellen, dass noch nicht genug getan wird, das muss man doch erkennen. Daraus muss man die Konsequenzen ziehen. Wenn dann hier in diesem Land, ich habe es gestern kurz angesprochen, Familienpolitik und die Frage von Betreuungsmöglichkeiten für Kinder so entschieden wird, dass ein gutes Kindertagesstättengesetz verändert wird, meine Damen und Herren, dann kriege ich das nicht mehr so richtig auf die Reihe.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Der zweite Punkt und das kann ja dann vielleicht der Herr Minister, wenn er sich noch zu Wort meldet, ein Stückchen erläutern: Wenn Familienpolitik sich daran festmacht, dass das Sozialministerium bzw. der verantwortliche Minister eine Familienoffensive in diesem Land startet, die aber erst mal nachgefragt wird bei den Bürgern - nachdem man beim Kindertagesstättengesetz Veränderungen und Erhöhungen vorgenommen hat, da hat man nicht nachgefragt, da mussten wir hier erst einmal drauf verweisen, dass man mit den Betroffenen redet -, aber jetzt gibt es eine familienpolitische Offensive und da fragt dann der Minister die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, was sie denn gern hätten. Was haben die damals gesagt? 5.000 Leute hier vor dem Landtag haben gesagt, keine Veränderungen im Kindertagesstättengesetz. Das hat man nicht ernst genommen.

(Unruhe bei der CDU)

Jetzt fragt man nach. Wissen Sie, was das für mich bedeutet? Das bedeutet für mich, dass man einfach kein Konzept hat. Man hat kein Konzept in dieser Richtung. So ganz logisch ist das nicht, meine Damen und Herren. Ich weiß ja nicht, wie oft Sie mit Ihren Bundestagsabgeordneten kommunizieren und die Interviews haben Frau Arenhövel und ich zusammen gemacht.

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Die sind ja nie da.)

Erst eine solche Veränderung und dann drüber reden, ob man nicht vielleicht Kindertagesstättenplätze kostenlos zur Verfügung stellt, das finde ich ein bisschen albern. Darüber hätten wir vorher reden müssen. Die Konsequenz daraus, dass man sagt, wenn man jetzt drüber redet, ob man solche Einrichtungen kostenlos zur Verfügung stellt, dann wäre das eine günstige Variante, weil, wir hätten ja eine Bundesregierung, die kann es dann übernehmen, 60 Milliarden wurden hochgerechnet. Wissen Sie, das ist konzeptionslos. Wer Familienpolitik ernst meint, meine Damen

und Herren, der muss aus einem solchen Bericht Konsequenzen ziehen, Konsequenzen ziehen in aller Deutlichkeit. Da hätten wir diese polemischen Redebeiträge von Ihnen, die wirklich teilweise unter der Gürtellinie waren, nicht gebraucht. Das ist nicht notwendig und das kann nicht Grundlage für eine vernünftige Diskussion sein. Gehen Sie mit dieser Situation im Land, nicht nur in Thüringen, in der Bundesrepublik, was arme Jugendliche, arme Kinder, arme Familien, arme allein Erziehende angeht, so um, wie es einer christlichen Partei gebührt. Danke schön.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Es hat jetzt das Wort die Landesregierung, Herr Minister Dr. Pietzsch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat ja erklärt, dass sie keinen Sofortbericht gibt. Aber ich werde etwas dazu sagen, auch zu dem, was hier diskutiert worden ist.

Meine Damen und Herren, es ist schon peinlich, wenn Frau Pelke auffordert, keine Polemik in dieser Sache und dann eine Brandrede hält, die nur gespickt ist von Polemik. Ja, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der CDU)

wollen wir Polemik oder wollen wir sie nicht. Ich habe ja gar nichts dagegen, dass Polemik stattfindet, aber dann rufen Sie nicht dazu auf, moderat zu sein.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Es waren fünf Redner, drei haben vorher angefangen.)

Da muss ich Ihnen sagen, liebe Frau Pelke, verehrte Frau Abgeordnete, die CDU braucht sich von Ihnen nicht sagen zu lassen, welches soziale Leistungen sind. Die wesentlichen sozialen Leistungen dieser Bundesrepublik Deutschland sind unter CDU-Regierung geschaffen worden.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Ja, meine Damen und Herren von der SPD, wenn Sie darüber lachen, dann hört sich das eher an wie das Pfeifen im dunklen Walde. Denn was bisher geleistet worden ist unter Rotgrün, das ist eigentlich ein Skandal und das hat die soziale Komponente in unserem Land ins Wanken gebracht, wenn ich an die Rentenreform denke, wenn ich an die Gesundheitsreform denke. Die Pflegeversicherung ist von Norbert Blüm gemacht worden, Seehofers Gesundheitsreform von 1992 hat gehalten und auch die Rentenreform von Norbert Blüm 1998 ist sozialer ge

wesen, als das, was jetzt von Riester auf den Tisch gelegt worden ist.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Frau Thierbach, eine Lehrstunde in sozialistischer Dialektik, was Sie hier abgeliefert haben.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Genau das ist Ihr hilfloses Niveau. Es gab und gibt keine sozialistische Dialektik.)

Bloß der Unterschied, Frau Thierbach, zu früher, als Sie dieses noch an der Medizinischen Akademie Erfurt gemacht haben, es gibt heute keinen mehr, der uns zwingen will, dieses zu glauben, was Sie von sich geben.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie versuchen, hier Differenzen zwischen dem Ministerpräsidenten und dem Sozialminister zu schüren oder hineinzuinterpretieren, da will ich Ihnen sagen, was ich darauf geantwortet habe, als man mich zu dem Konzept von Ministerpräsident Koch gefragt hat. Ich habe gesagt, ich kenne dieses Konzept noch nicht, aber wir arbeiten auch auf Bundesebene, die CDU-Länder, daran, um beispielsweise Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzuführen, aus einer Hand zu zahlen. Es kommt nicht darauf an zu kürzen in erster Linie, sondern es kommt darauf an, Sozialhilfeempfänger auch wieder in die Arbeitswelt zurückzuführen und ihnen Angebote zu machen.

(Beifall bei der CDU)