Protokoll der Sitzung vom 11.10.2001

(Beifall bei der CDU)

Es liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor. Beantragt worden ist, diesen Antrag an den Haushalts- und Finanzausschuss und den Justizausschuss zu überweisen. Ich stimme als Erstes darüber ab. Wer der Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen? Danke schön. Das ist mit einer Mehrheit von Gegenstimmen abgelehnt. Wer der Überweisung an den Justizausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen, bitte. Das ist eine Mehrheit. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist auch mit einer Mehrheit die Überweisung an den Justizausschuss abgelehnt. Ich komme damit zur Abstimmung über den Antrag direkt. Wer dem Antrag der SPD-Fraktion in der Drucksache 3/1765 zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen? Danke schön, das ist eine Mehrheit. Gibt es Stimmenthaltungen? War das eine Stimmenthaltung? Ja und Herr Braasch, eine Stimmenthaltung? Sie haben sich so lange gemeldet, dass man das bei den Enthaltungen auch sehen konnte. Mit einer Stimmenthaltung und einer Mehrheit von Gegenstimmen ist dieser Antrag abgelehnt. Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 10.

Wir verlassen die reguläre Auflistung der Tagesordnungspunkte und kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 17

Fragestunde

Frau Wackernagel bittet mich gerade, Ihre Anfrage zu verschieben, weil Sie eine Vertretung hier oben braucht. Demzufolge rufe ich als Erstes in der Fragestunde die Anfrage in Drucksache 3/1794 des Abgeordneten Seela auf: "Linksextremistische Störaktionen während des feierlichen öffentlichen Gelöbnisses von Bundeswehrsoldaten in Jena".

Linksextremistische Störaktionen während des feierlichen öffentlichen Gelöbnisses von Bundeswehrsoldaten in Jena

Während des feierlichen öffentlichen Gelöbnisses von Bundeswehrsoldaten aus Gera, Dessau und Jena auf dem Marktplatz in Jena am 23. August dieses Jahres war es zu massiven Störaktionen und Angriffen von linksextremistischen Gruppen gekommen. Unter anderem sollen die jungen Rekruten, die an diesem Tag ihr feierliches Gelöbnis auf die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland und damit zum Schutz der demokratischen Grundrechte und Freiheiten unseres Volkes ablegten, mit dem Spruch "Soldaten sind Mörder" beleidigt worden sein. Außerdem wurde auch von tätlichen Angriffen der Extremisten gegenüber den Rekruten und den Einwohnern der Stadt Jena berichtet. So soll es zum Beispiel zu einigen Säureangriffen gekommen sein. Laut Polizeibericht habe die Polizei sogar Waffen bei den Störern des Gelöbnisses gefunden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Ausschreitungen gegen das Gelöbnis und Straftaten im Zusammenhang mit dem Gelöbnis gab es genau?

2. Welche politischen Gruppen bzw. Gruppierungen oder Parteien haben sich an den Ausschreitungen beteiligt?

3. Welche Person bzw. Personen hat bzw. haben die Gegendemonstrationen angemeldet?

4. Haben die Ausschreitungen polizeiliche bzw. strafrechtliche Konsequenzen für die verantwortlichen Täter und Organisatoren zur Folge gehabt?

Für die Landesregierung beantwortet Minister Köckert diese Anfrage.

Frau Präsidentin, Herr Kollege Seela, für die Landesregierung beantworte ich Ihre Frage wie folgt:

Zu Frage 1: Bereits im Vorfeld der Gelöbnisfeier wurden in der Innenstadt von Jena zahlreiche politisch-motivierte Sachbeschädigungen in thematisch eindeutigem Zusammenhang mit der Vereidigungsveranstaltung festgestellt. Mögliche Ausschreitungen gegen die Gelöbnisfeier selbst konnten von den Polizeikräften im Vorfeld unterbunden werden. So versuchten etwa Teilnehmer einer der beiden angemeldeten Gegenveranstaltungen in den Veranstaltungsraum der Gelöbnisfeier zu gelangen, ohne allerdings damit letztlich Erfolg zu haben. Des Weiteren störten jedoch Teilnehmer der zweiten Gegenkundgebung die Feier mit Trillerpfeifen und ablehnenden Rufen. Die Po

lizei nahm einen Angehörigen der autonomen Szene Jena wegen Störung der Gelöbnisfeier fest. Eine weitere Person nahm die Polizei wegen Besitzes einer Schreckschusspistole in vorläufigen Gewahrsam. Ein unbekannter Täter drohte telefonisch die Explosion einer Handgranate an. Unbekannte Täter warfen in Jena mit Buttersäure gefüllte Glasröhrchen, in deren Folge vier Rekruten der Bundeswehr wegen Übelkeit den Veranstaltungsraum vorzeitig verlassen mussten.

Zu Frage 2: Nach derzeitigem Ermittlungsstand handelt es sich um Gruppierungen und Personen aus dem linksextremistischen Spektrum, so ist eine der vorläufig in Gewahrsam genommenen Personen als Angehöriger der autonomen Szene Jenas bekannt.

Zu Frage 3: Eine Gegendemonstration wurde von dem PDS-Landtagsabgeordneten Steffen Dittes im Namen der Jugendaktionsprojektwerkstatt und anderen angemeldet, JAPS heißt die. Die andere Gegendemonstration wurde von einer "Initiative gegen das Gelöbnis 01" aus Jena angemeldet.

Zu Frage 4: Es wurde ein Ermittlungsverfahren gegen einen bekannten Täter und ein Ermittlungsverfahren gegen einen unbekannten Täter eingeleitet. Eine Person wurde vorläufig festgenommen. Bezüglich der überlauten Beschallung wurden die Verantwortlichen angesprochen und die Lautstärke wurde reduziert. Hinsichtlich der angesprochenen tätlichen Angriffe auf Bewohner der Stadt Jena liegen der Polizei keine Erkenntnisse vor. Der Spruch "Soldaten sind Mörder" ist nach herrschender Rechtsauffassung im dargestellten Fall keine Beleidigung. Eine Bewertung dieser Rechtsprechung mag jeder für sich selbst vornehmen.

Es gibt keine Nachfragen. Ich rufe als Nächstes die Frage in Drucksache 3/1781 der Frau Abgeordneten Wackernagel auf.

Umsetzung der Europäischen Wasserrichtlinie in Thüringen

Mit dem In-Kraft-Treten der Europäischen Wasserrichtlinie zum 22. Dezember 2000 erfolgte eine grundlegend neue Regelung der europäischen Gewässerschutzpolitik. Die Richtlinie fordert, dass in allen Gewässern der Mitgliedsstaaten bis Ende 2015 der gute ökologische und chemische Zustand erreicht wird und stellt somit hohe Anforderungen an den Gewässerschutz in Thüringen. Ferner soll die Gewässerbewirtschaftung der nationalen bzw. internationalen Flussgebiete künftig grenzübergreifend durch alle Staaten bzw. Bundesländer der Einzugsgebiete erfolgen. Gemäß eines Informationsbriefes des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt zur Wasserrichtlinie sind dazu erste wesentliche

Schritte bereits bis Ende 2004 zu verwirklichen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Erfordert die Europäische Wasserrichtlinie eine generelle Änderung der Gewässerschutzpolitik im Freistaat Thüringen?

2. Welche Schwerpunkte hinsichtlich Gewässerschutzmaßnahmen zeichnen sich bis 2015 ab und lassen sich die hohen Zielstellungen der Europäischen Wasserrichtlinie zeitlich und inhaltlich erreichen?

3. Mit welchen Kosten ist die Umsetzung der Europäischen Wasserrichtlinie in Thüringen verbunden und wie soll deren Finanzierung erfolgen?

4. Ist die thüringische Wasserwirtschaftsverwaltung auf die Umsetzung der Wasserrichtlinie vorbereitet und wie soll die Umsetzung erfolgen?

Für die Landesregierung antwortet Minister Dr. Sklenar.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Wackernagel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt.

Zu Frage 1: Nein, eine grundsätzliche Änderung ist nicht erforderlich, vielmehr wird es zu einer Fortsetzung der bisherigen erfolgreichen Gewässerschutzpolitik kommen, die darauf ausgerichtet war, langfristig und unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Mittel einen guten Zustand für die Gewässer im Freistaat zu erreichen. Die Wasserrahmenrichtlinie macht jedoch künftig eine noch stärkere Abstimmung der Gewässerbewirtschaftung mit den Nachbarländern, dem Bund und anderen Staaten erforderlich. Die Grundprinzipien bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Thüringen sind die 1:1-Umsetzung der europäischen Anforderungen in Landesrecht, die Nutzung der vorhandenen Spielräume unter Beachtung der konkreten Situation in Thüringen sowie die Umsetzung als offener transparenter Prozess mit Einbindung der betroffenen und interessierten Kreise.

Zu Frage 2: Ein wesentlicher Schwerpunkt ist weiterhin die Verbesserung der Abwasserentsorgung. Hierbei sind insbesondere die Erhöhung des Anschlussgrads an die kommunalen Kläranlagen und der Anschluss weiterer Teilortskanalisationen zu nennen. Dies sind wesentliche Grundvoraussetzungen, um einen guten Zustand, vor allem bei Oberflächengewässern, zu erreichen. Zusätzlich werden zukünftig insbesondere die Reduzierung diffuser Einträge im Grund- und Oberflächenwasser sowie die weitere

Verbesserung der Durchgängigkeit der Fließgewässer eine große Rolle spielen. Daneben wird auch die Verminderung der Einleitung von prioritären Stoffen aus gewerblichen Kläranlagen bzw. von gewerblichen Indirekteinleitern eine vordringliche Aufgabe darstellen. Generell ist davon auszugehen, dass die vollständige Zielerreichung bis Ende 2015 nicht realisiert werden kann. Bundesweite Pilotprojekte zur Wasserrahmenrichtlinie zeigen, dass ein erheblicher Anteil bei der ersten Bestandsaufnahme bis 2004 den guten Zustand verfehlen wird. Zeitliche und materielle Ausnahmeregelungen werden daher pragmatisch in Anspruch genommen werden müssen. Besonderes Augenmerk wird im ersten Maßnahmeprogramm auf Maßnahmen mit hoher Effizienz und Effektivität zu legen sein, um zeitnahe signifikante Verbesserungen zu gewährleisten.

Zu Frage 3: Die Gesamtkosten sind derzeit noch nicht konkret abschätzbar, da noch wesentliche Vorgaben zum Bewertungsverfahren fehlen. Eine erste Grobabschätzung zeigt jedoch, dass die Kosten bis 2027 vermutlich im dreistelligen Millionenbereich, aber in Euro, liegen. Für die erste Phase der Bestandsaufnahme bis Ende 2004 wird mit Kosten in Höhe von 1,2 Mio. Euro pro Jahr zu rechnen sein. Es ist geplant, die Finanzierung durch Mittelumschichtung und Ausrichtung der Förderprogramme der Wasserwirtschaft auf Problemgebiete der Wasserrahmenrichtlinien abzusichern. Eine Kofinanzierung durch die EU ist zurzeit nicht vorgesehen.

Zu Frage 4: Leitlinie der Politik war und ist die kooperative und intensive Zusammenarbeit mit allen Beteiligten. Wir haben daher bereits frühzeitig eine entsprechende Arbeitsgruppe, Arbeitsgruppenstruktur, unter Einbindung der gesamten Wasserwirtschaftsverwaltung, dem Thüringer Landkreistag und dem Thüringer Gemeinde- und Städtebund gegründet. Um den vorliegenden fachlichen Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie gerecht zu werden, werden die staatlichen Umweltämter als regionale federführende Koordinierungsstellen für die Bearbeitungsgebiete eingesetzt. Ihre Aufgabe wird vor allem in der Bestandsaufnahme sowie der Erarbeitung der Grundlagen für den Bewirtschaftungsplan liegen. Unterstützung in fachlicher und IT-technischer Hinsicht erhalten die staatlichen Umweltämter durch die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie. Circa 90 Prozent der Aufgaben bei der Umsetzung und Erfüllung der Wasserrahmenrichtlinie sind diesen beiden technischen Fachbehörden zuzuordnen und müssen dort erledigt werden. Das Thüringer Landesverwaltungsamt und die unteren Wasserbehörden werden vorwiegend erst im Rahmen des Vollzugs der Maßnahmenprogramme betroffen sein. Grundlegend neue Rechtsinstrumente sind zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie nicht vorgesehen. Mit unseren Nachbarländern haben wir bereits Festlegungen über die Bearbeitungsgebiete und die grenzüberschreitende Koordinierung getroffen. Bereits im Herbst dieses Jahres werden die ersten konkreten Arbeitsschritte beginnen.

Es gibt keine weiteren Fragen dazu. Ich rufe als Nächstes die Anfrage in Drucksache 3/1797 des Abgeordneten Dr. Pidde auf.

Umstrukturierung der Polizeiinspektionen im Landkreis Gotha

Im Bereich der Polizeiinspektionen werden durch das Innenministerium Umstrukturierungen geplant. Nach ersten Informationen soll zukünftig nur noch eine Polizeiinspektion pro Landkreis erhalten bleiben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Plant das Innenministerium im Zuge der Umstrukturierung die Auflösung der Polizeiinspektion Waltershausen und wenn ja, in welchem Zeitraum greifen die Umstrukturierungspläne für den Landkreis Gotha?

2. Sind mit der Umstrukturierung Veränderungen der Personalstärken in den beiden Polizeiinspektionen Gotha und Waltershausen verbunden und wenn ja, in welcher Größe?

3. Ist das im Bau befindliche neue Polizeigebäude in Waltershausen in die Umstrukturierungspläne einbezogen und wenn ja, mit welcher Zielstellung?

4. Mit welchen Einspareffekten rechnet das Innenministerium im Zuge der Umstrukturierungspläne für den Landkreis Gotha?

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Köckert.

Frau Präsidentin, Herr Kollege Dr. Pidde, für die Landesregierung beantworte ich Ihre Fragen wie folgt.

Zu 1.: Im Thüringer Innenministerium wurden unter Beteiligung der Polizeidirektionen in den vergangenen Monaten Möglichkeiten zur Optimierung der Polizeistrukturen in den Landkreisen geprüft. Hintergrund dieser Optimierungsmaßnahmen ist die Zielstellung, eine ständige Verbesserung der Effizienz der polizeilichen Arbeit zu erreichen. Nur beispielhaft weise ich auf die erheblichen Anstrengungen der Thüringer Polizei bei der Bekämpfung des Extremismus, aktuell bei der Terrorismusbekämpfung, der Bekämpfung der organisierten Kriminalität sowie bei der Verhütung schwerer Verkehrsunfälle hin. Die veränderte Sicherheitslage und die neuen Aufgaben ergeben die Notwendigkeit einer Optimierung der gesamten Struktur. Dabei werden die Kriminalitätsbelastung, die Zahl der zu betreuenden Einwohner, die Größe des

Zuständigkeitsbereichs sowie regionale Zuständigkeiten berücksichtigt. Ziel ist die Erhöhung oder Beibehaltung der Polizeipräsenz in der Fläche, die Konzentration des Führungspersonals und damit die stärkere Bereitstellung von Vollzugskräften vorwiegend des gehobenen Dienstes zur Bewältigung der eben genannten neuen und umfangreicheren Aufgaben. Wichtig ist nach unserer Auffassung, dass die Bürger die Gewissheit haben, dass die Polizei in ihrer Nähe ist. Und dazu tragen auch die verstärkt eingesetzten Kontaktbereichsbeamten bei. Für das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger spielt gerade keine Rolle, ob in einem Polizeigebäude neben den operativen Polizeikräften auch noch die Inspektionsverwaltung sitzt. Die Sichtweise kommunaler und anderer Funktionsträger mag hier eine andere sein. Das räume ich gern ein. Nur ist es eben nicht zutreffend, dass den Bürgern Sicherheit verloren geht, wenn wir neue Strukturen eröffnen. Das Gegenteil wird der Fall sein. Auch für den Bereich Gotha sind Veränderungen vorgesehen. Da vor allen Dingen aber mit den Verantwortlichen des Landkreises und der betroffenen Kommunen vorher noch Gespräche geführt werden müssen, will ich zu den einzelnen Maßnahmen heute nichts Weiteres sagen. Diese Gespräche werden in allerkürzester Zeit stattfinden.

Zu Frage 2: Das Ziel der Optimierungsbemühungen besteht gerade darin, Personal effektiver einzusetzen, um dadurch neue polizeiliche Aufgaben ohne Personalmehrung erfüllen zu können.

Die Frage 3: Zur Beantwortung der Frage 3 kann ich auf die Ausführungen zu Frage 1 verweisen.

Zu Frage 4: Wir sparen kein Personal ein bei der Polizei, aber wir werden frei werdende Polizeikräfte für andere Aufgaben einsetzen bzw. für Aufgaben, wo wir verstärkt Personal notwendig haben, verwenden.