Als erste Rednerin hat Frau Abgeordnete Arenhövel das Wort. Entschuldigung, das habe ich nicht gesehen, bitte schön, Herr Minister.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, so manche Aktuelle Stunde, die in diesem Haus durchgeführt worden ist, ist nicht so ganz aktuell gewesen. Ich glaube, es gab keine aktuellere Stunde als die heutige Aktuelle Stunde, denn gestern ist im Vermittlungsausschuss zu dieser Frage eine wichtige Weichenstellung für die neuen Bundesländer erfolgt.
Meine Damen und Herren, Sie können sich sicherlich entsinnen, dass wir vor etwa zwei Monaten, vor vier Wochen, in diesem Plenarsaal uns bereits einmal über die Situation der ambulanten ärztlichen Versorgung unterhalten haben. Anlass war zu diesem Zeitpunkt die Aufforderung der Damen und Herren Abgeordneten der Fraktion der SPD dem Gesetz zur Einführung des Wohnortprinzips für Ärzte und Zahnärzte zügig und unmittelbar zuzustimmen. Dem Wohnortprinzip, nur dem Wohnortprinzip, Frau Abgeordnete Heß, Sie können sich sicherlich entsinnen, es war keine Sternstunde Ihrer parlamentarischen Karriere und das Ergebnis war für mich, dass ich gesagt habe, nicht wegen Ihres Antrags, wir müssen weiter dafür kämpfen, dass wir zwar das Wohnortprinzip durchsetzen, aber dass dennoch eine Honorarverbesserung für die Ärzte in den neuen Bundesländern dabei herausspringt. Denn das Problem der ambulanten medizinischen Versorgung der ärztlichen Niederlassungen habe ich vor vier Wochen ernst genommen, ich nehme es heute ernst und ich werde es in Zukunft ernst nehmen.
Meine Damen und Herren, die gegenwärtige Honorarsituation und die Honorarentwicklung steht für den weitaus größten Teil der Ärzte in den neuen Bundesländern in keinem realistischen Verhältnis mehr zu dem wirtschaftlichen Risiko. Es ist keine Angabe der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen oder der Kassenärztlichen Vereinigung der neuen Bundesländer, es ist eine Angabe des Bundesgesundheitsministeriums, dass die Höhe der Vergütung der niedergelassenen Ärzte in den neuen Bundesländern zu den Vergütungen in den alten Bundesländern bei 76,5 Prozent liegt. Einige Beispiele: Für eine echokardiografische Untersuchung erhält ein Thüringer Arzt von der AOK eine Vergütung in Höhe von 37,62 DM, in Bayern von 60,72 DM, in Schleswig-Holstein von 66,83 DM. Bei einer insgesamt niedrigeren Vergütung müssen die Ärzte in Thüringen aber mehr Patienten betreuen, das heißt, die Arztdichte ist deutlich geringer. Ein Kassenarzt in Thüringen betreut durchschnittlich 722 gesetzlich Krankenversicherte, das sind 12 Prozent mehr als in den alten Bundesländern.
Meine Damen und Herren, ein Problem ist das Alter unserer niedergelassenen Ärzte. Das Durchschnittsalter aller niedergelassenen Ärzte beträgt in Thüringen annähernd 51 Jahre, davon sind bei den Allgemeinmedizinern 45 Prozent älter als 55 Jahre und immerhin 23 Prozent älter als 60 Jahre. Sie wissen, dass man mit 68 Jahren seine Niederlassung aufgeben muss. Es finden sich nicht genügend Nachfolger nach dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse, die eine Praxis übernehmen, und es gibt nicht genügend, die bereit sind, in die Ausbildung für Allgemeinmedizin zu gehen. Das ist eine Frage der Versorgung. Aber es ist auch für die jetzt tätigen niedergelassenen Ärzte eine Frage ihrer Altersabsicherung. Denn sie haben die Praxis eingerichtet in der Hoffnung darauf, dass sie irgendwann einmal diese Praxis weitergeben können, sozusagen ver
kaufen können. Wenn sie keinen Nachfolger haben, kommt ihre Altersversicherung nicht rein, sondern sie bleiben lediglich auf den Kosten, auf den Schulden, die sie gemacht haben, sitzen. Diese Situation, meine Damen und Herren, hat auch etwas mit der Wettbewerbsverwerfung durch die so genannten virtuellen Betriebskrankenkassen zu tun. Wir haben uns hier bereits darüber unterhalten.
Meine Damen und Herren, sicher, durch das Wohnortprinzip kommt mehr in den Honorartopf der Kassenärztlichen Vereinigung. Aber, meine Damen und Herren, und hier beginnt eine Milchmädchenrechnung, auch des Bundesgesundheitsministeriums. Das sage ich ganz deutlich: Was zusätzlich in den Topf hineinkommt, das ist in den zurückliegenden Jahren durch die Abwanderung von Beitragszahlern aus der gesetzlichen Krankenversicherung in die virtuellen Betriebskrankenkassen erst einmal aus dem Topf abgewandert. Wenn mir beim Bundesgesundheitsministerium vorgerechnet wird, dass auf der Basis der Hochrechnung für 2001 170 Mio. DM in den Budgettopf mehr hineinfließen und im Jahr 2002 bereits 205 Mio. DM reinfließen, meine Damen und Herren, dann fließt das Geld erst einmal aus dem Budgettopf raus, bevor es wieder zurückfließt. Diese Rechnung ist eine Scheinheiligkeit, meine Damen und Herren, das ist keine wirkliche Zuführung. Deswegen sind wir der Meinung gewesen, es muss im Rahmen einer Angleichung der Budgets Ost und West zusätzlich über die Grundlohnsummenentwicklung eine Verbesserung erfolgen. Ich bin sehr froh, dass dieses Gesetz über das Wohnortprinzip den Bundesrat nicht einfach passiert hat, sondern dass wir es geschafft haben, dieses Gesetz in den Vermittlungsausschuss des Bundesrats zu überweisen. Es hat vieler intensiver Beratungen im Vermittlungsausschuss - und ich danke unserem Vertreter, Herrn Minister Birkmann, für seine Arbeit dort -, aber auch vieler Gespräche in einer gebildeten Arbeitsgruppe, in der Thüringen durch mich vertreten war, und es hat weitere Gespräche zwischen den Ministern der neuen Bundesländer bedurft, bis wir es endlich erreicht haben, dass eine Honorarsteigerung über die Grundlohnsummenentwicklung in den nächsten drei Jahren von insgesamt 6 Prozent angestrebt wird, meine Damen und Herren, mit aller Vorsicht, angestrebt wird. Es heißt, es soll diese 6 Prozent geben, so steht es im Gesetz, und soll ist eine relativ verbindliche Formulierung. Das Problem ist, dass diese Mehrausgaben bei der gesetzlichen Krankenversicherung in anderen Bereichen der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung eingespart werden müssen. Aber auch hier haben wir erreicht - ursprünglich war uns nämlich angeboten, das im Rahmen der ärztlichen Leistungen einzusparen, ich habe gesagt, da mache ich nicht mit, die Ärzte können sich nicht, indem sie beim Patienten sparen, ihr Honorar aufbessern -, dass es im Rahmen der gesamten Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung eingespart werden muss. Wir haben dies zwischen den Ländern Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg mit dem Bundesgesundheitsministerium vereinbart und gestern ist dann schließlich auch vom Vermittlungsausschuss dafür wohl grünes Licht gegeben worden. Ich denke, meine
Damen und Herren, das ist ein Erfolg, der nicht zuletzt durch Thüringens Beharrlichkeit - ich will nicht sagen Sturheit, aber Beharrlichkeit - erreicht worden ist. Es ist ein Erfolg. Ein zweiter Erfolg - den habe ich ja hier auch verkündet und da bin ich sehr froh - das ist ein reiner Thüringer, dass wir einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin in Thüringen an der Friedrich-Schiller-Universität einrichten.
Meine Damen und Herren, ich werde dieses Problem auch weiterhin im Auge behalten. Nicht um den niedergelassenen Ärzten eine Freude zu machen, sondern um die medizinische Versorgung unserer Bevölkerung sicherzustellen. Danke sehr.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Gesundheitspolitik kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Beitragssatzsteigerungen für gesetzlich und privat Krankenversicherte, mit wissenschaftlicher Akribie festgestellte und nachgewiesene Qualitätsmängel in nahezu allen Versorgungsbereichen, Behandlungseinschränkungen und immer dreister vorgetragene Zahlungsaufforderungen von Leistungserbringern an die Patienten kennzeichnen die Situation im bundesdeutschen Gesundheitswesen, das noch nach der Wende in der DDR als großes Vorbild galt.
Der Ruf nach zunehmender Eigenverantwortung, was immer das auch heißen mag, meine Damen und Herren, nach Grund- und Wahlleistungen wird immer lauter. Das Ziel besteht in der Aushöhlung der solidarisch finanzierten gesetzlichen Krankenversicherung. Um es kurz zu fassen, es wird in der Regel nur die Ausgabenseite betrachtet, aber die Einnahmenseite nach Möglichkeit ausgeblendet. Dazu haben Sie heute auch nicht gesprochen, Herr Dr. Pietzsch. Aber, ich denke, gerade die Einnahmenseite ist das Kardinalproblem im Gesundheitswesen.
Die Summe der Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ist an die Entwicklung der Grundlohnsumme gebunden. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten und damit der Hauptbeitragszahler in den gesetzlichen Krankenversicherungen, das haben Sie heute auch gesagt, ist von 1990 bis 1996 zurückgegangen, nämlich um 2,4 Millionen und in Thüringen selbst auch zu einem Großteil. Verschärft allerdings, und darüber sprechen viele nicht, wird die neue Situation in den Bundesländern durch die nach wie vor existierenden Rechtskreise Ost und West, natürlich auch durch das Tarifgefälle Ost-West, aber auch durch die hohe Arbeitslosig
Wir haben im Gesundheitswesen nicht nur ein Honorierungs- und Lohngefälle, sondern zunehmend auch ein Versorgungsgefälle Ost-West zu verzeichnen und das möchte ich mit einigen wenigen Beispielen untermauern. Wir haben im Osten eine höhere Prävalenz bei Hypertonie und Diabetes zu verzeichnen. Die Herzinfarktmortalität liegt bei Männern um 18 Prozent und bei Frauen um 53 Prozent höher als im Westen. Die Operationsrate ist um 30 Prozent niedriger. Der Verbrauch an Medikamenten ist im Osten höher. Während die Kopfpauschale Ost 461,60 DM beträgt, beträgt die Kopfpauschale West 622 DM. Wir haben in Thüringen auch einen zunehmenden Bedarf an Fachärzten zu verzeichnen. Dr. Pietzsch hat von einer Überalterung gesprochen, die auf uns zukommt. In den nächsten 10 Jahren werden im Land etwa 70 Prozent der Ärzte in der ambulanten Versorgung überaltert sein. Praxisschließungen jedoch, im ländlichen Raum vor allen Dingen, sind schon heute zu verzeichnen. Wenn dieser Entwicklung, meine Damen und Herren, kein Einhalt geboten wird, dann wird der ländliche Bereich nicht nur chronisch unterversorgt werden, sondern, ich denke, er wird veröden.
Eine Bemerkung möchte ich machen zur Out-Idem-Regelung, die ab nächstem Jahr greifen soll. Meine Fraktion und ich halten sie für fragwürdig und glauben nicht, dass sie für den Patienten von Vorteil ist. Ebenso bezweifle ich, dass die Dauer durch das Aufschreiben von Wirkstoffen auf ein Rezept Einsparungen in Größenordnungen bringen wird. Ich denke auch, dass eins der wichtigsten, das vertrauensvolle Verhältnis Arzt-Patient, dadurch zusätzlich belastet wird.
Ich würde gerne noch auf das Problem der Zukunftsperspektiven eines europaorientierten Gesundheitswesen eingehen, aber dazu ist eigentlich eine Aktuelle Stunde kaum geeignet, das alles in 5 Minuten zu packen. Auf eins möchte ich aber hinweisen: Die europäische Rechtsprechung hat dazu geführt, dass Ärzte in einem anderen EU-Staat eine Zweitpraxis eröffnen dürfen, in Thüringen jedoch wurden die Zweitpraxen vor einigen Jahren dichtgemacht, gegen den Protest der Ärzte und auch der Patienten. Ich frage, was nun? Herr Minister Pietzsch, ich denke, wir haben darüber hinaus noch andere Thüringer Probleme. Natürlich ist es sehr schön und die Forderung ist ja auch lange aufgemacht worden von der Ärzteschaft, dass endlich und gerade in Thüringen der Lehrstuhl für Allgemeinmedizin wieder eingeführt wird. Wir begrüßen das ausdrücklich. Aber ich frage Sie auch in diesem Zusammenhang, wie bewerten Sie das Netz von Schwerpunktpraxen für Diabetes in Thüringen angesichts einer Zahl von Diabetikern im Land, die sich der 200.000-Marke nähert. Wo haben wir in der Bundesrepublik einen Lehrstuhl für Diabetes? Könnte der nicht auch vielleicht noch in Thüringen ansässig werden? Mit anderen Worten, wie wird der Fachärztenachwuchs über eine fundierte medizinische Aus- und Weiterbildung gesichert und welche Be
deutung kommt der Fortbildung der Ärzte zu? Wird das auch in diesem Lehrstuhl für Allgemeinmedizin möglicherweise möglich sein? Und ich frage Sie auch, Dr. Pietzsch, welche Bedeutung messen Sie vor dem Hintergrund zunehmender chronischer Krankheiten der Gesundheitsförderung generell bei? Wenn es um die ambulante Versorgung geht in Thüringen, denke ich, dann müssen auch diese Fragen mit gesehen werden.
Eins natürlich, das möchte ich hier auch sagen, kann man dem Thüringer Gesundheitsminister nicht absprechen, nämlich, dass er sich nicht für eine Angleichung Ost an das Westniveau mit konkreten Vorschlägen eingesetzt hätte. Ich denke, der gestern ausgehandelte Kompromiss ist zwar sehr erfreulich, aber angesichts der vielen Petitionen, die in den letzten Monaten in den Thüringer Landtag eingegangen sind, noch nicht das Ende, was eigentlich notwendig ist, denn in den Petitionen werden die Probleme viel weiter gehender, aber auch von den Forderungen heraus weiter gehender als der Kompromiss aufgezeigt. Deswegen unterstützt die PDS-Fraktion alle weiteren Bemühungen im Sinne der Patientinnen und Patienten und im Sinne der Ärztinnen und Ärzte, um eine Ost-WestAngleichung von Ihnen zu unterstützen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich freue mich über das Ergebnis im Vermittlungsausschuss, aber, Herr Minister Pietzsch, Sie stimmen mir sicherlich zu, es kann noch nicht alles gewesen sein.
Die Situation der ambulanten medizinischen Versorgung weist zurzeit eine beginnend kritische Entwicklung auf. Wenn man diese analysiert, so kristallisieren sich zwei Problemkreise heraus, und zwar stellt sich einerseits die Frage, werden und wurden bisher für alle Bereiche genügend Fachärzte und auch Allgemeinärzte ausgebildet. Nach Pressemeldungen der Landesärztekammer ist dies zum Beispiel für die Letztgenannten, also die zukünftigen Hausärzte, nicht der Fall. Die zweite Frage ist die der Vergütung der ambulanten medizinischen Betreuung, die immer wieder als Ursache der Abwanderung junger Ärzte angegeben wird.
Zum ersten Problemkreis: Eine Facharztausbildung dauert nach wie vor wenigstens fünf Jahre. Somit werden sehr früh die Weichen gestellt, ob wir bei der ambulanten und bei der stationären Versorgung in Zukunft für alle Gebiete genügend Ärzte haben werden. Die Entscheidung
über die eingeschlagene Fachrichtung liegt bei den Einzelnen und ist durch die Politik oder etwa durch Gesetze nur sehr gering beeinflussbar. Ich glaube, im Gegensatz zur CDU, dass die Absolventen sich bei ihrer Wahl der weiteren Ausbildung nach ihren persönlichen Neigungen und Interessen und nicht nur nach den späteren Verdienstmöglichkeiten richten. Das Problem, dass wir in Thüringer Praxen keine Nachfolgerinnen und Nachfolger haben, hat doch mehrere Ursachen. Einerseits war, der Wende geschuldet, keine natürliche Altersstruktur bei den niedergelassenen Ärzten vorhanden, so dass junge Ärzte keine Chance hatten, hier in Praxen einzusteigen. Sie wissen, wie die Situation nach der Wende war. Viele sind aus den Polikliniken raus, sind Mitte 40, Mitte 50 gewesen, haben sich in die Niederlassung begeben, der Bedarf war damals gedeckt oder galt als gedeckt, junge Ärzte sind nicht nachgewachsen. Es ist zugegeben auch eine Frage der Vergütung, auch wir - das möchte ich ausdrücklich betonen, sind für eine angemessene und kostendeckende Vergütung der ambulanten ärztlichen Versorgung aber auch auf Grundlage von verlässlichem Zahlenmaterial und nicht mit dem Vergleichsmaßstab ausgewählter überzogener Honorare. Nach der Statistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung haben bei den Hausärzten der alten Länder über 53 Prozent das Durchschnittseinkommen nicht erreicht. Man muss bei den Zahlen also sehr genau hinsehen, ehe man Aussagen trifft und dieses Problem auch nicht nur auf Thüringen herunterbricht. Wir haben dasselbe Problem auch in anderen Ländern, dass unattraktive Praxen nicht wieder besetzt werden. Eine Hausarztpraxis auf dem Land bedeutet nun mal bei gleichem Honorar mehr Arbeit als in der Stadt, wo die Patienten überwiegend in die Praxis gehen.
Das Problem wird uns unabhängig von der Angleichung der Vergütung auch in Zukunft noch beschäftigen. Die Anbindung der ärztlichen Vergütung an die Entwicklung der Grundlohnsumme hat auch die CDU/CSU in ihrer Regierungszeit nie ernsthaft in Frage gestellt. Es steht Ihnen von der CDU-Fraktion doch frei, Ihre Kollegen der Fraktion davon zu überzeugen, dass diese Anbindung an die Grundlohnsumme aufgehoben wird und die Arzthonorare z.B. steuerfinanziert werden. Warum tun Sie es denn nicht? Weil Sie hier auf Kosten der Unsicherheit der Bevölkerung mit diesem Thema Wahlkampf machen wollen.
Ich bin davon überzeugt, dass durch die Ministerin und den von ihr initiierten Runden Tisch der Gesundheit Lösungen gefunden werden, auch durch Verhandlungen der Länderminister. Ich bin auch davon überzeugt, dass diese auf eine strukturell ausgewogene und qualitativ bessere ambulante Betreuung der Patienten zielen werden. Auch ich hoffe, dass dies bald geschieht im Interesse der Thüringer Ärzte. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit den gesundheitspolitischen Hausaufgaben der SPD-Fraktion ist es nicht gerade zum Besten bestellt, denn das, was ich heute hier gehört habe, war nicht nur in weiten Teilen falsch, sondern es hat mich überhaupt nicht überzeugt.
Wir beschäftigen uns, wie ich meine, heute mit einem sehr wichtigen Thema, was uns große Sorgen macht, denn nach den Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen entstehen derzeit immer größere Lücken in der ärztlichen Versorgung. Zur Sorge Anlass gibt vor allem die Entwicklung bei den Allgemeinmedizinern und bei den Kinderärzten. Trotz der eingeleiteten Förderung und trotz einer strukturierten fünfjährigen Weiterbildung fehlt es an jungen Ärzten, die sich niederlassen wollen. Bemerkbar macht sich dieser Mangel insbesondere auf dem flachen Land und so kommt es, dass viele Ärzte noch arbeiten, obwohl sie bereits weit im Rentenalter stehen.
Ich möchte noch einmal einen Aspekt hinzufügen, meine Damen und Herren. Ein Hausarzt, der auf dem flachen Land arbeitet, ist sehr stark belastet. Er hat seine Sprechstunden zu leisten, er hat Bereitschaftsdienste abzudecken usw., also, er wird sehr stark in Anspruch genommen. Wenn man ein höheres Lebensalter erreicht hat, dann kann das auch schon sehr beschwerlich werden. Der Grund dafür ist neben der ungenügenden Finanzierung auch die Tatsache, dass junge Ärzte in alternative Berufsfelder abwandern. Öffentlicher Gesundheitsdienst, Bundeswehr, Wirtschaft oder Ausland erweisen sich häufig als besser bezahlter oder weniger belastender Beruf.
So werden voraussichtlich bis zum Jahr 2020 über 900 Allgemeinmediziner aus Altersgründen ausscheiden, bis zum Jahr 2005 werden allein schon 150 fehlen. Für die leistungsgerechte Vergütung, insbesondere für den Ausgleich des Ost-West-Gefälles, hat die Landesregierung durch langes und zähes Verhandeln eine Aufstockung erreicht, und zwar in den nächsten drei Jahren bis zu 6 Prozent. Was uns noch fehlt im Moment, was aber vorgesehen ist und das ist auch sehr erfreulich, ist die Einrichtung eines Lehrstuhls für Allgemeinmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität.
Meine Damen und Herren, eine Besserung dieses Zustands erreicht man nur dann, wenn dafür etwas getan wird und nicht, wenn man, wie die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, auf die Ärzte in den neuen Ländern schimpft. Das ist mit Sicherheit kein Weg, wie es besser werden kann.
Ich bin sicher, dass es in Thüringen durch die Zusammenarbeit von Politik, Krankenkassen und den ärztlichen Standesvertretungen gelingt, dass junge Mediziner wie
der den Weg in die Niederlassung als Haus- oder Kinderarzt finden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ganz kurze Erwiderung noch. Frau Abgeordnete Heß, ich kann nur sagen, immer zu einem Späßchen aufgelegt. Vor vier Wochen da will sie mich bedrängen, dass ich zu weniger unbedingt sofort zustimmen muss, nachdem wir nun mehr erreicht haben, sagt sie, das reicht noch nicht aus. Also, Frau Heß, ich nehme Sie das nächste Mal als Mäuschen mit zu den Verhandlungen und da werden Sie mal sehen, wie schwierig das ist.
Nein, das war nicht persönlich gemeint, also bitte. Frau Nitzpon, Ihre Hinweise habe ich schon aufgenommen, allerdings was Zweitpraxen angeht und andere Dinge, die Sie angeregt haben, liegt ja mehr die Verantwortung bei der KV und mit denen bin ich durchaus im Gespräch, um solche Dinge auch auf einen besseren Weg noch zu bringen, als es im Augenblick ist, beispielsweise was die onkologische Versorgung angeht, auch die onkologische Versorgung an stationären Einrichtungen.
Was den Lehrstuhl für Diabetes angeht, wir können natürlich nicht für jedes einzelne Fachgebiet einen Lehrstuhl einrichten, aber ich muss Ihnen sagen, ich bin auch ausdrücklich immer gegen diese unsinnige Trennung zwischen Haus- und Fachärzten gewesen, was zu erheblichen Verwerfungen führt. Was die Gesundheitsförderung angeht, bin ich nicht gerade ein Beispiel für gesundheitsförderndes Verhalten, aber ansonsten nehme ich die Gesundheitsförderung sehr ernst. Danke sehr.