Protokoll der Sitzung vom 22.02.2002

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Vertreter auf den Regierungsbänken, verehrte Gäste und Vertreter der Medien auf der Pressetribüne, ich darf Sie herzlich zur heutigen 58. Plenarsitzung des Thüringer Landtags am 22. Februar 2002 begrüßen. Ich bitte doch, wenigsten am Anfang die Gespräche einzustellen. Wir haben einen wunderschönen parlamentarischen Abend hinter uns, da haben wir uns viel unterhalten können. Jetzt wollen wir wieder dem Geschehen hier im Plenarsaal lauschen. Begrüßt habe ich Sie. Ich will noch sagen, dass neben mir Frau Abgeordnete Wackernagel und der Abgeordnete Huster Platz genommen haben. Herr Abgeordneter Huster wird die Rednerliste führen.

(Beifall Abg. Gentzel, SPD)

Ist jemand frech?

(Zuruf Abg. Wackernagel, CDU: Der Herr Gentzel hat mir applaudiert.)

Jeder kriegt Beifall auf seine Weise.

(Heiterkeit im Hause)

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt, die Abgeordnete Arenhövel, Herr Abgeordneter Emde, Herr Abgeordneter Dr. Koch, Herr Abgeordneter Ramelow, Herr Abgeordneter Scheringer, Frau Abgeordnete Dr. Wildauer.

Die Tagesordnung hatten wir bereits gestern festgestellt. Wir kommen unmittelbar zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 5 der gestrigen und heutigen Tagesordnung.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5

Konsequente Weiterentwicklung der Förderung der Verbundforschung im Freistaat Thüringen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/1857 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst - Drucksache 3/2184

Als Berichterstatter wurde der Abgeordnete Carius bestimmt. Ich bitte zunächst, den Bericht abzugeben. Bitte, Herr Abgeordneter Carius.

Verehrte Präsidentin, meine Damen und Herren, der Antrag der CDU-Fraktion in Drucksache 3/1857 wurde durch das Plenum des Landtags in seiner 49. Sitzung vom 11. Oktober 2001 zur Fortberatung an den Haushalts- und Finanzausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik und federführend an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst überwiesen. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat den Antrag in seiner 18. Sitzung am 2. November 2001, der Haushaltsund Finanzausschuss in seiner 30. Sitzung am 23. November 2001 und der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik in seiner 25. Sitzung am 31. Januar beraten. In den Beratungen wurde vor allem hervorgehoben, dass die Verbundforschung ein besonders effizientes Instrumentarium der Forschungs- und Entwicklungsförderung sei, das geeignet sei, auch eine entsprechende Forschungsinfrastruktur im Freistaat weiterzuentwickeln, wie aus der Evolution der Verbundforschung des TMWFK durch die Gesellschaft für Wirtschafts- und Marktplanung hervorgeht. Als besonderes Merkmal sei hier nur die hohe Arbeitsplatzeffizienz mit einem Faktor von 1,08 genannt, was so viel heißt, dass pro geförderten Projektmitarbeiter im Jahr ein zusätzlicher Dauerarbeitsplatz bei den Unternehmen entsteht.

Weiter wurde betont, dass der volkswirtschaftliche Nutzen aufgrund größerer staatlicher Einnahmen und geringerer Ausgaben etwa für den Arbeitsmarkt und andere staatliche Leistungen der gesellschaftlichen Nutzung annähernd viermal so groß sei, wie der Förderaufwand. Das heißt, die Verbundforschung stellt ein außerordentlich effizientes Förderinstrumentarium dar, das jedoch weiterhin der Ergänzung durch einzelbetriebliche Forschungsförderung bedarf. Die einstimmig abgegebene Beschlussempfehlung lautet daher auf Annahme des Antrags.

(Beifall bei der CDU)

Damit komme ich zur Aussprache. Als Erster hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Schuchardt, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben heute ein Thema auf der Tagesordnung, das sich mit der Weiterentwicklung der Verbundforschung beschäftigt. Ich freue mich, dass dieses Thema das Haus heute auch mal beschäftigt. Es ist ja so, dass den Start dieses Projekts - ich darf noch mal erinnern, der Start dieses Landesprogramms "Förderung Verbundforschung" war im Jahre 1995 -, viele Unkenrufe begleiteten. Die ersten Unkenrufe lauteten so etwa: "Na ja, dort wird in ein Landesprogramm aus null heraus eingestiegen in der Größenordnung 40 bis 50 Mio. Das Geld wird überhaupt nicht

ausgegeben werden können. Am Ende des Jahres wird es überhaupt keinen Mittelabfluss geben können." Als sich abzeichnete, dass in hohem Tempo die Forschungsabteilung gegründet war und in hohem Tempo die Förderaktivitäten begannen, waren die nächsten Unkenrufe: "Es wird wohl nun das Geld verschleudert werden, um einen Mittelabfluss zu erzeugen." Beide Unkenrufe, die ja ziemlich 180 Grad entgegengesetzt waren, sind sehr schnell verstummt, und sehr schnell hat diese Förderlinie des Landes weithin einen guten Ruf erworben.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass es hier von Anfang an eine sehr kooperative Gemeinschaftsanstrengung zwischen den beiden zuständigen Ministerien gab, also zwischen dem Thüringer Wirtschaftsministerium und dem Wissenschaftsministerium, dass nach dem Ausstreiten von Anfangsproblemen - das ist normal, das muss sein - hier eine vernünftige Aufgabenteilung und ein vernünftiges Zusammenwirken möglich war.

1998 wurde die erste Bewertung dieser Förderanstrengung des Landes vorgenommen, weil natürlich, wenn man dreistellige Millionenbeträge jährlich in ein solches Unternehmen investiert, man irgendeinen konkreten Maßstab braucht, eine externe Beurteilung, wie kommen diese Fördermittel an, welche Effekte werden damit erzeugt. Es gab damals den Auftrag an das in Deutschland und darüber hinaus weit profilierte und hoch anerkannte Institut GEWIPlan, hier eine Bewertung der Anstrengung, zumindest des Teils, der vom Wissenschaftsministerium verantwortet wurde, durchzuführen. Diese GEWI-Plan-Studie 1998 wurde nun in dieser Legislaturperiode im Jahr 2001 wiederholt, also eine umfassende Bewertung des gegenwärtigen Standes der Verbundforschungsforderung in Thüringen durchgeführt. Diese Ergebnisse von GEWI-Plan hat die CDU-Fraktion nun zum Anlass genommen, einen Antrag einzureichen, der im Wesentlichen besagt, es mögen die Förderinstrumente zur Verbundforschung weiterentwickelt werden.

Ehe ich einen speziellen Aspekt dieses Antrags noch einmal etwas genauer beleuchten möchte, gestatten Sie mir ein paar Worte zur vorliegenden GEWI-Plan-Studie. Die meisten Detailergebnisse im Jahr 2001 sind positiver als das der Stand 1998 ausweisen konnte und ich sage dazu, ich freue mich darüber, das ist auch gut und in Ordnung so. Das muss so sein, es muss natürlich Jahr für Jahr eine Verbesserung, eine entsprechende Optimierung der Instrumente erfolgen. Es hat hier seitens GEWI-Plan eine Befragung der an diesem Förderprozess Beteiligten stattgefunden, es wurden also Noten von 1 bis 5 oder 1 bis 6, ich weiß jetzt gar nicht, verteilt. Also 1 ist besonders gut und 5 oder 6 ist besonders schlecht, ich weiß es deshalb nicht so genau, weil die Noten gar nicht vorkommen. Dann ist also das Bild erfreulich. Ich sage nur einmal einige wenige Stichworte, so wurde z.B. die Qualität der Antragsberatung 1998 schon mit 1,9 - also einer sehr gute Note - eingeschätzt und jetzt

auch wieder; fachliche Zugangsvoraussetzungen für die Förderinstrumente 1998 Note 2,3 und jetzt 1,9; Förderkonditionen von 2,5 auf 1,9 verbessert; formale Zugangsvoraussetzungen von 2,6 auf 2,1; Zuschnitt auf Bedürfnisse der Forschungseinrichtung von 2,7 auf 2,3; Transparenz der Antragsberatung von 2,7 auf 2,4; Dauer der Antragsbearbeitung verkürzt 2,9 auf 2,6; Gesamtbewertung summa summarum von 2,7 auf 2,2 - also von gut zu noch besser.

Meine Damen und Herren, ich freue mich außerordentlich über dieses Ergebnis und möchte insbesondere allen Mitarbeitern der Forschungsabteilung, die das operative Geschäft dieser Thüringer Verbundforschung zu besorgen haben, meinen herzlichen Glückwunsch und Dank aussprechen, dass in den vergangenen Jahren diese Förderlinie des Landes, die außerordentlich wichtig ist, so qualifiziert weiter umgesetzt wurde.

Ich möchte allerdings auch zwei Punkte nennen, die hier vorkommen, wo diese fast ausschließliche Verbesserung nicht zutage tritt. Die außeruniversitären Einrichtungen schätzten ihre technische Ausstattung, sicher in Relationen zu anderen vergleichbaren Einrichtungen bundesweit, vielleicht auch europaweit - das geht aus der Statistik jetzt nicht hervor - im Jahr 1998 noch mit 1,7 ein, jetzt "nur noch" mit 2,3 und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen schätzten ihre zukünftigen Entwicklungsaussichten 1998 mit 1,8, jetzt mit 2,4. Also diese beiden Punkte möchte ich zumindest noch einmal genannt haben. Aber summa summarum ist das ein sehr erfreuliches Bild.

Im Gutachten von GEWI-Plan heißt es, seit 1998 wesentlich gestiegen sind für die Unternehmen die Bedeutung der Hochschulen des Freistaats Thüringen als Kooperationspartner, weiterhin die Qualität der Zusammenarbeit und weiterhin die Bedeutung der Verbundforschung als verbindendes Element zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Diese Ergebnisse sind gewichtige Erfolgsnachweise der Förderpolitik. Meine Damen und Herren, genau das war ja Sinn der Sache, genau das war der gedankliche Ansatz, warum gerade Verbundforschungsprojekte - und die Betonung liegt hier auf Verbund - in dieser besonderen Weise mit Mitteln des Freistaats Thüringen unterstützt wurden.

Die wirtschaftliche Seite: Wenn man Geld ausgibt, muss man ja immer fragen, was kommt denn nun am Schluss heraus, was kommt hinten heraus. Ich möchte hier nicht mit furchtbar vielen Zahlen vielleicht den einen oder anderen langweilen, aber einige ganz wenige gestatten Sie mir noch. Umsatzeffizenz der Fördermittel bei Unternehmen 21,8, das bedeutet, dass für 1 Mark ausgereichter Fördermittel an Unternehmen, der Umsatz in diesen Unternehmen um 21,8 DM - Sie gestatten noch die DM, sie ist zwar schon, nein, es ist ja gerade noch zulässig, es ist noch nicht 1. März -, dass also 1 Mark 21,8 Mark Umsatz bewegt. Beschäftigungseffizenz des Fördermitteleinsatzes 4,9, das heißt, mit der Förderung von einem Forschungs- und Entwicklungsmannjahr erreicht man eine Beschäftigung von

4,9 Mannjahren.

Der volkswirtschaftliche Nutzen durch zusätzliche Beschäftigung, zusätzliche staatliche Einnahmen und vermiedene Ausgaben für Arbeitslosigkeit oder ABM ist viermal so hoch wie der Förderaufwand. Diese allerletzte Zahl sollten wir uns noch einmal auf der Zunge zergehen lassen, das heißt, der gesamte summa summarum volkswirtschaftliche Effekt für 1 Mark in dieses Projekt hineingesteckt, erzeugt unter Beachtung aller finanziellen Wirkungen einen Effekt von 4 Mark.

Meine Damen und Herren, diese Zahlen, die ich hier genannt habe, die mögen wir alle immer im Hinterkopf haben, wenn wir in den nächsten Wochen und Monaten und auch in den nächsten Jahren über knappe Haushalte zu beraten haben. Ob das jetzt der bevorstehende Nachtragshaushalt ist, ob das künftige - ich weiß nicht, ob ein Doppelhaushalt kommt oder ob noch zwei einzelne Haushalte in dieser Legislaturperiode kommen...

(Zwischenruf Gnauck, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Ein Doppelhaushalt.)

Ein Doppelhaushalt, Sie wollen es noch einmal wagen? Na gut, ein Doppelhaushalt plus ein Nachtragshaushalt, das sind auch zwei. Aber man kann das ja so machen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn diese Haushalte dann beraten werden, sollten wir uns an diese Zahlen noch einmal erinnern. Deshalb lese ich Ihnen, es ist das letzte Zitat aus diesem Papier, noch einen Satz vor: "Dieses Instrument" - gemeint ist damit die Verbundforschung - "sollte gestärkt werden. Dazu muss ein bedarfsgerechter Mittelumfang bereitgestellt werden, welcher der anzustrebenden Erweiterung der Netzwerke in Wissenschaft und Wirtschaft gerecht wird." Meine Damen und Herren, das ist das Schlüsselwort: "Netzwerke in Wirtschaft und Wissenschaft". Dieser Satz, dass hier bedarfsgerechte Mittel bereitzustellen sind, um das weiterzuentwickeln, das ist jetzt der Punkt, den ich am vorliegenden CDU-Antrag zu bemängeln habe. Wir werden ihm trotzdem zustimmen, aber ich möchte darauf hinweisen, dass ich mir den Antrag noch etwas anders gewünscht hätte. Im Antrag steht nämlich, dass die Landesregierung ersucht - gut, über das Wort "ersucht" kann man sich auch unterhalten, ich hätte auch lieber, wenn dort "aufgefordert" stehen würde -, unter Einbeziehung der Ergebnisse von GEWI-Plan sowie unter Einbeziehung von EU und Bund die Instrumentarien weiterzuentwickeln. Meine Damen und Herren, sicher, das ist richtig, die müssen weiterentwickelt werden. Wir haben gesehen, wir sind auf einem guten Weg, aber die Instrumentarien allein genügen natürlich nicht. Es muss auch der Stoff da sein, auf den die Instrumente angewendet werden sollen, also Förderinstrumentarien ohne Fördermittel, das bringt natürlich nichts. Es müssen auch die entsprechenden Mittel bereitstehen,

siehe die Expertise von GEWI-Plan, um hier weiter erfolgreich diese Verbundforschung voranzubringen. Deswegen hätte ich mir gewünscht, wenn hier stände, das gesamte Projekt "Verbundforschung" weiterzuentwickeln. Das wären Instrumentarien und Mittel, aber gut, es stehen die "Instrumentarien". Ich setze einmal voraus - es möge hier widersprechen, wer das von der einreichenden Fraktion anders sieht -, dass der Geist dieses Antrags natürlich das aus- oder einatmet, dass damit das gesamte Projekt "Verbundforschung" gemeint ist und nicht nur einzelne Instrumente der operativen Arbeit verbessert werden sollen, sondern dass man sich zum Projekt "Verbundforschung" bekennt und diesen doch recht erfolgreichen Weg weitergehen möchte.

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion wird diesem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Es hat jetzt Frau Abgeordnete Dr. Kaschuba, PDS-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, wir werden dem Antrag der CDU-Fraktion zustimmen, wie wir das bereits auch in der Aussprache im Ausschuss getan haben, weil wir um die Effektivität und Effizienz der Verbundforschung wissen. Dr. Schuchardt hat ja heute noch einmal sehr ausführlich die Effekte beschrieben, die wir in der Plenarsitzung am 11. Oktober bereits diskutiert hatten. Ich habe an sich nur noch zwei Fragen an die Landesregierung. Eine Frage ergibt sich aus dem Mitteleinsatz - Dr. Schuchardt hatte bereits darauf hingewiesen, dass der Mitteleinsatz garantiert sein muss, um Verbundforschung effektiv fördern zu können -, und zwar bezieht sich meine Frage auf eine Unterrichtung des Thüringer Finanzministeriums über den Jahresabschluss 2001, der vorläufigen Charakter hat, aber immerhin den Stand vom 30.01.2002 ausweist. Aus diesem Bericht geht hervor, vom geplanten Mitteleinsatz von 55,5 Mio. DM wurden nur 44.391.266, 46 DM ausgegeben, also kamen beachtliche 11.108.733,54 DM nicht zum Einsatz. Dieser Haushaltsrest wurde nach der Unterrichtung der Landesregierung zu über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2001 umgeleitet, und zwar in Höhe von 3.187.900 DM zur Finanzierung der Max-Planck-Gesellschaft in Jena. Das begrüßen wir, das finden wir auch in Ordnung, aber wenn man diese veränderte Disposition akzeptiert, bleibt eine Summe von fast 8 Mio. DM, genau sind es 7.920.833,54 DM, die nicht eingesetzt wurden, das sind immerhin rund 14 Prozent der für diesen Zweck geplanten Gesamtmittel. Ich frage einfach die Landesregierung: Was ist mit diesen Mitteln geschehen? Welche Gründe gab es für den Nichteinsatz dieser Mittel für die Verbundforschung? Das wäre meine erste Frage.

Meine zweite Frage begrenzt sich auf die Forschungskapazitäten des Freistaats Thüringen und auch die Begrenztheit letztlich ihrer Wachstumspotenziale, die wir immer in Netzwerken und Clustern besonders befürworten. Ich denke, bei der Ausstattung von Netzwerken und Clustern ist die finanzielle Seite nicht zu vernachlässigen. Gleichzeitig bleibt aber eine Frage, dass Verbundforschung als Kooperation von Forschungsinstitutionen und Unternehmen auch die Grenzen der einzelnen Bundesländer überschreitet. Bekanntlich kooperieren Thüringer Unternehmen z.B. mit der Technischen Universität Dresden oder der Universität in Chemnitz und es treten, soweit wir darüber informiert sind, von den einzelnen Akteuren dabei beachtliche Schwierigkeiten bei der Finanzierung auf. Wir fragen die Landesregierung in dieser Aussprache heute noch einmal: Wird diese Verbundforschung, die länderübergreifend ist zwischen den neuen Bundesländern, innerhalb Thüringens bezuschusst, welche Besonderheiten und welche Sonderregelungen gibt es? Gibt es bereits Verhandlungen auf der Ebene der Landesregierung, um angemessen fördern zu können? Es macht aus unserer Sicht keinen Sinn, wenn Biotechnologie als Cluster in Thüringen ausgestattet und fortentwickelt wird und gleichzeitig in Sachsen auch eine Biotechnologieregion sich entwickelt, Berlin, Brandenburg will ich gar nicht sagen. Ich frage hier einfach noch mal nach der Unterstützung der Landesregierung bei dieser Kooperation. Ansonsten plädieren wir sehr dafür, auch im Nachtragshaushalt weiterhin darauf zu achten, dass Verbundforschung in Thüringen der notwendigen finanziellen Unterstützung bedarf. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Schwäblein, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat diesen Antrag in den parlamentarischen Gang gebracht, weil es notwendig ist, auch über scheinbar selbstverständliche und gut laufende Programme in Thüringen zu sprechen. Sonst werden sie als zu selbstverständlich angesehen und möglicherweise zu schnell bei den ersten Schwierigkeiten zur Disposition gestellt. Nachdem Herr Dr. Schuchardt insbesondere die Vergangenheit zu Recht betrachtet hat, lege ich in meinem kurzen Beitrag den Schwerpunkt auf die Zukunft und schließe mich den Appellen meiner beiden Vorredner an, bei den nächsten Haushaltsverhandlungen dieses Instrument nicht zu klein werden zu lassen. Wir werden vermutlich ob der Sparzwänge, die uns durch die Weltwirtschaft und insbesondere durch diese Bundesregierung auferlegt werden, auch hier zu Kürzungen kommen müssen. Ich würde es sehr bedauern, aber ich kann es nicht ganz ausschließen. Ich werde aber alle, die heute für den Erhalt der Verbundforschung plädieren, dann bitten, auch die harten Konse

quenzen, die damit verbunden sind, wenn wir diesen sehr, sehr wichtigen Titel nicht verändern, dann zu ziehen. Wenn dann die Frage steht, geben wir Landesgeld aus, um sofort via ABM den Arbeitsmarkt zu befrieden, oder investieren wir weiterhin in die Zukunft, wohl wissend, dass die Gelder, die bei der Verbundforschung eingesetzt werden, nicht im gleichen Jahr den Arbeitsmarkteffekt bringen, sondern im zweiten, im dritten, im vierten Jahr, dann aber sehr stark, wie die Studien erwiesen haben. Es ist ja nicht nur in Thüringen so, sondern andere Länder haben dieses Instrumentarium mittlerweile auch im Programm. Die Studien aus den anderen Ländern, dort, wo sie gemacht wurden, belegen die gleiche Wirkung für den Arbeitsmarkt, und zwar eine langfristige Wirkung für den Arbeitsmarkt. Das ist kein Strohfeuer, sondern es hilft auf Dauer die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft sowohl national als auch darüber hinausgehend international zu sichern.

Herr Dr. Schuchardt, Sie haben bemängelt, dass wir diese finanziellen Konsequenzen nicht gleich in den Antrag geschrieben haben. Bei uns ist es gute Sitte, Haushaltsberatungen nicht punktweise vorwegzunehmen und schon mal Vorfestlegungen zu treffen, sondern dann, wenn der Haushalt ansteht, die Notwendigkeiten nebeneinander zu stellen und dann die Prioritäten zu setzen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Schuchardt, SPD)

Ja, das ist wohl im Hinterkopf gewesen. Der Antrag ist auch deshalb in den parlamentarischen Gang gebracht worden mit der Überweisung an die begleitenden Ausschüsse Finanzen und Wirtschaft, um in einem breiteren Bereich des Parlaments Einsicht in die Notwendigkeit für diese Art der Förderung zu erzielen. Da die Finanzpolitiker aller Fraktionen dann in der Hektik der Haushaltsberatungen möglicherweise hier nicht tief genug einsteigen können, haben wir jetzt ausreichend Gelegenheit gegeben, sich speziell mit der GEWI-Plan-Studie zu befassen. Ich weiß, dass die Haushaltspolitiker dick zu tun haben überall, aber jetzt war mal eine Phase, bevor der Nachtragshaushalt kommt, dann auch einmal eine GEWI-PlanStudie zu lesen. Ich nehme an, auch die Finanzpolitiker haben daraus Nutzen gezogen. Das war der eigentliche Hintergedanke, der Öffentlichkeit zu zeigen, da läuft etwas gut, unseren Kollegen über den Wissenschaftsbereich hinaus die Chance zu geben, sich verstärkt damit zu befassen und deutlich werden zu lassen, dass wir das für die Zukunft brauchen. Die Bedenken, die geäußert wurden, die aus der Befragung herrühren, dass die gute materielle Ausstattung nun nach ein paar Jahren nicht mehr so gut ist, teilen wir. Man hat nach der Anfangsinvestition tatsächlich ein paar Jahre von der Substanz leben können. Das hört aber wie in allen anderen Bereichen auch in diesem Segment irgendwann auf. Das betrifft mittlerweile tatsächlich die außeruniversitären Forschungsinstitute, das betrifft auch das eine oder andere wirtschaftsnahe Institut, wo nach dem Anfangsschub jetzt wieder verstärkt investiert werden muss, um am Ball zu bleiben.

Meine Damen und Herren, ein Letztes. Herr Dr. Schuchardt hat sich an dem Wort "ersuchen" festmachen wollen. Herr Dr. Schuchardt, ich erbitte Ihre Aufmerksamkeit, weil Sie dann eventuell nicht nachfragen brauchen. Ich kann mich erinnern, dass wir früher auch schon mal geschrieben haben, die Landesregierung wird "aufgefordert", aber in Zeiten der großen Koalition gab es einige Minister, die sich an dem Wort gestört haben. Insoweit haben wir es dann etwas höflicher formuliert, die Wirkung ist die gleiche. Ich hoffe, die Regierung wird auch dieses Wort "ersuchen" so kraftvoll umsetzen, wie wir das gemeint haben. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt hat das Wort für die Landesregierung Frau Ministerin Prof. Schipanski.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte mit einigen wenigen Daten noch einmal die Situation der neuen Länder und damit auch Thüringens im Bereich Forschung und Technologie vorstellen, um dann auf die Wichtigkeit der Verbundforschung einzugehen.

Wir alle wissen, dass nach der Wiedervereinigung bei uns die Industrie aufgrund ihrer weitestgehend maroden Substanz und ihrer fehlenden Wettbewerbsfähigkeit fast vollständig zusammengebrochen ist. Ehemals vernetzte Strukturen hier in Thüringen sind bis auf wenige lebensfähige Kerne zerbrochen. Für den wirtschaftlich notwendigen Aufholprozess besonders problematisch ist dabei für uns der Umstand, dass die Forschungskapazitäten als vermeintlich purer Kostenfaktor von diesem Abbau dann in den Betrieben noch einmal besonders betroffen waren. Im Zuge dieses Zusammenbruchs der Wirtschaft reduzierte sich von 1989 bis 1995 das in der Thüringer Wirtschaft tätige Potenzial auf weniger als 20 Prozent des Ausgangsniveaus. Wir haben keine Großbetriebe mehr mit mehr als 10.000 Beschäftigten und Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten sind selten geworden bei uns.