Protokoll der Sitzung vom 22.02.2002

Wir alle wissen, dass nach der Wiedervereinigung bei uns die Industrie aufgrund ihrer weitestgehend maroden Substanz und ihrer fehlenden Wettbewerbsfähigkeit fast vollständig zusammengebrochen ist. Ehemals vernetzte Strukturen hier in Thüringen sind bis auf wenige lebensfähige Kerne zerbrochen. Für den wirtschaftlich notwendigen Aufholprozess besonders problematisch ist dabei für uns der Umstand, dass die Forschungskapazitäten als vermeintlich purer Kostenfaktor von diesem Abbau dann in den Betrieben noch einmal besonders betroffen waren. Im Zuge dieses Zusammenbruchs der Wirtschaft reduzierte sich von 1989 bis 1995 das in der Thüringer Wirtschaft tätige Potenzial auf weniger als 20 Prozent des Ausgangsniveaus. Wir haben keine Großbetriebe mehr mit mehr als 10.000 Beschäftigten und Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten sind selten geworden bei uns.

Damit haben wir in den neuen Ländern eine völlig andere Struktur als in den alten Ländern, denn dort sind in Firmen mit mehr als 10.000 Beschäftigten über 50 Prozent des gesamten Forschungs- und Entwicklungspotenzials der alten Bundesländer beschäftigt. In Thüringen sind über 50 Prozent des Forschungs- und Entwicklungspersonals der Wirtschaft in Firmen mit weniger als 100 Beschäftigten tätig. Das heißt, nach Angaben des Stifterverbandes müssten die finanziellen Aufwendungen des Wirtschaftssektors in den neuen Ländern für Forschung und Entwicklung 2,5 mal höher sein als sie jetzt sind, um dem bundesdeutschen Pro-Kopf-Durchschnitt zu entsprechen. Um dies in

einer greifbare Zahl zu fassen: Die Thüringer Wirtschaft müsste jährlich rund 700 Mio.      Entwicklung aufwenden, als sie dies derzeit zu tun in der Lage ist.

Wir stehen also nach wie vor vor einem strukturellen Problem, das unter allen Umständen von uns gelöst werden muss. Es muss darum gehen, Thüringer Unternehmen zu stabilisieren, ihre Produktpalette zukunftsfähig zu machen und dafür den notwendigen Vorlauf in Forschung und Entwicklung zu gewährleisten. Hierzu muss in einem sehr viel höheren Maße als in den alten Ländern die öffentlich finanzierte Forschung an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen neben ihren eigentlichen Aufgaben auch Ersatzfunktion für die weggebrochene Industrieforschung übernehmen. Es muss ein hohes Maß an kooperativer Forschung und an Entwicklung gewährleistet werden. Das bedeutet, dass die Thüringer Forschungs- und Technologiepolitik bemüht sein muss, die Vernetzung von Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Unternehmen zu fördern und die Wertschöpfungskette von der Grundlagenforschung bis zum konkreten Produkt zu unterstützen, wobei man auch berücksichtigen muss, dass diese Kette immer kleinmaschiger und immer kürzer wird. Neben investiven Maßnahmen zur Verbesserung der Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur fördert das Thüringer Wissenschaftsministerium daher seit mehreren Jahren so genannte Verbundvorhaben, bei denen Thüringer Unternehmen und öffentliche Forschungseinrichtungen auf der Grundlage von Kooperationsvereinbarungen an gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten arbeiten. Dankenswerterweise hat mein Vorgänger, Kollege Schuchardt, diese Verbundforschung etabliert und hat auch mit dem Aufbau der Forschungsabteilung die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, dass wir kontinuierlich diese Politik fortsetzen konnten.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Meine Damen und Herren, bei diesen Verbundvorhaben geht es eben nicht um die Abarbeitung einer durch einen Industriepartner zeitlich und inhaltlich genau definierten Forschungs- und Entwicklungsdienstleistung, sondern es geht um Projekte, die in der Regel mehrere Jahre bearbeitet werden müssen, an denen mehrere Partner aus Wissenschaft und Industrie beteiligt sind und an deren Realisierung beide Seiten, sowohl die Wissenschaft als auch die Wirtschaft, ein besonderes Interesse haben. Verbundvorhaben sind immer Vorhaben, denen ein hohes Maß an Risiken, aber auch ein hohes Maß an Chancen eigen ist. Es sind Vorhaben, an deren Ende in aller Regel nicht das fertige Produkt, aber im Erfolgsfall die Möglichkeit völlig neuer Verfahren und Produkte eröffnet wird. Es ist also der vorwettbewerbliche Raum, das möchte ich hier noch einmal betonen, der ganz besonders wichtig ist, weil er eben so viele Chancen und Risiken hat. Es besteht immer das Risiko, dass sich das Vorhaben nicht verwirklichen lässt. Aber wir sind bemüht, gerade mit solchen Verbundvorhaben Produkte und Entwicklungslinien zu unter

suchen, die uns auf dem Markt Alleinstellungsmerkmale von Produkten oder Dienstleistungen eröffnen. Mein Ministerium hat für die Förderung der Vorbereitung und Durchführung derartiger Verbundvorhaben bisher rund 250 Mio. DM bereitgestellt. Das sind inzwischen mehr als 370 geförderte Verbundvorhaben mit rund 300 beteiligten Thüringer Unternehmen. Das Antragsvolumen lag deutlich höher. Rund 40 Prozent der ursprünglich beantragten Vorhaben konnten wegen inhaltlicher Mängel oder wegen begrenzter Fördermittel nicht gefördert werden. Insgesamt haben wir dennoch mehr als 1.000 Einzelbewilligungen an die Vorhabensteilnehmer ausgesprochen.

Lassen Sie mich ein Beispiel nennen für ein besonders erfolgreiches Vorhaben, weil es repräsentativ ist, glaube ich, für die Art der Vorhaben, die mit Verbundforschung gefördert werden. Unter Federführung des 1995 ebenfalls durch das TMWFK gegründeten Instituts für Mikroelektronikund Mechatroniksysteme wurde in den vergangenen Jahren im Rahmen mehrerer Verbundvorhaben die Entwicklung eines so genannten USB-Baukastensystems im Bereich Multimedia und Kommunikationstechnik gefördert. Wie die PC-Benutzer unter Ihnen vielleicht wissen, hat sich USB als Schnittstellenstandard für die Vernetzung von Computern und Peripheriegeräten weltweit durchgesetzt. Daran haben die Vorhaben einen ganz entscheidenden Anteil. Unter Beteiligung von acht Partnern wurde ein Baukastensystem entwickelt, das es Thüringer Unternehmen ermöglicht, Zeit sparend, kosteneffektiv und integrationsfreundlich Systemkomponenten miteinander zu verbinden, die für eine spezifische Anwendung notwendig sind. Es haben sich zwei neue Unternehmen seit 1990 auf diesem Gebiet gegründet, das ist die Thesycon GmbH und die emsys GmbH, die laufend neues Personal einstellen und sich nach wie vor in einer Wachstumsphase befinden. Inzwischen sind diese Unternehmen wieder in neue Verbundvorhaben durch uns eingebunden und die Verbundforschung sichert die langfristige Existenz dieser Firmen. An diesem Beispiel können Sie sehen, was Verbundforschung bewirkt.

1. Das Potenzial der Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen soll mit dem konkreten Bedarf der Unternehmen in Thüringen gezielt verknüpft werden. Ziel ist eine enge Verzahnung von Wirtschaft und Forschung.

2. Es sollen die kleinen und mittleren Unternehmen Thüringens nachhaltig gestärkt werden. Ihnen sollen jene für ihre Entwicklung notwendigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten ermöglicht werden, die sie aufgrund ihrer Struktur oder ihrer Kapazität derzeit nicht durchführen könnten. Bei den Verbundprojekten geht es um anspruchsvolle und innovative Forschungsprojekte mit einer hohen fachlichen und arbeitsteiligen Komplexität. Sie führen nach Abschluss der Projekt- und weiterer nachfolgender meist teurer Entwicklungsarbeiten zu einer nachhaltigen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Wichtig sind uns die langfristige Wirkung und der Wachstumsaspekt der Verbundförderung. Die Philosophie der Verbundförderung besteht nicht in kurzfristigen Effekten, das heißt in der

kurzfristigen Lösung von Problemstellungen, sondern eine nachhaltige Wirkung wird angestrebt. Deshalb richtet sich die Verbundförderung auch insbesondere an jene klein- und mittelständische Unternehmen, die mit den Projekten das Potenzial zum Wachstum und damit zur Absicherung ihrer nachhaltigen Entwicklung haben. Das bedeutet aber auch gleichzeitig, dass die Verbundförderung eine Förderung nach Wettbewerbskriterien ist. Es wird von uns nicht jedes beliebige Projekt gefördert, deshalb habe ich Ihnen vorhin auch die Ablehnungsrate gesagt, sondern nur solche, bei denen eine Umsetzung der Ergebnisse in konkrete Produkte wirklich zu erwarten ist. Die Verbundförderung ist nicht zuletzt für unsere Thüringer Hochschulen und Forschungseinrichtungen wichtig. Mit ihr wird das Augenmerk stärker auf meist interdisziplinäre Problemlösungen für praktische Anwendungen gelenkt. Fragenzuwachs und Erkenntnisgewinn wirken darüber hinaus positiv zurück in unsere Grundlagenforschung und, das ist besonders wichtig, auch in die Ausbildung der Studierenden. Um kritisch die bisherige Verbundförderung zu bewerten und vor allem die Entwicklung seit einer ersten Studie zu prüfen, hat mein Haus im vergangenen Jahr erneut eine Studie zur Bewertung in Auftrag gegeben. Eine solch kritische Erfolgsbewertung und diese durch einen neutralen Dritten ist nach meiner Meinung für Fördermaßnahmen ein unbedingtes Muss. In der aktuellen GEWI-Plan-Studie wird festgestellt, dass die Verbundförderung deutlich erfolgreicher als noch im Jahr 1998 einzuschätzen ist. In diesem Zusammenhang werden erneut die hohe Erfolgsquote der durchgeführten Projekte und der Verbund, der wirklich gute Transfer von Know-how aus Wissenschaftseinrichtungen in die Wirtschaft festgestellt. Darüber hinaus hebt die Studie den hohen Innovationsgrad der Problemlösung, die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, die Erschließung neuer Geschäftsund Tätigkeitsfelder, die positive Wirkung auf die Bekanntheit und Reputation der Partner und die hohe Effizienz dieser Forschung hervor. Zwei Effizienzkennziffern möchte ich an dieser Stelle besonders herausstellen: Zum einen die Arbeitsplatzeffizienz des Fördermitteleinsatzes bei den Unternehmen, die bei 1,08 liegt. Das bedeutet, dass pro gefördertem Forschungs- und Entwicklungsmannjahr bei den Unternehmen mehr als ein zusätzlicher Dauerarbeitsplatz entsteht. 1998 betrug diese Zahl erst 0,68. Es ist ja das erklärte Ziel der Landesregierung, in Thüringen Dauerarbeitsplätze zu schaffen.

(Beifall bei der CDU)

Und auch hier erweist sich die Verbundforschung als außerordentlich effizient. Die zweite Kennziffer bezieht sich auf die gesamtwirtschaftliche monetäre Wirksamkeit der Förderung. Sie beträgt 3,84, das bedeutet, dass der volkswirtschaftliche Nutzen durch zusätzliche staatliche Einnahmen, und das betone ich, für vermiedene Ausgaben für Arbeitslosigkeit und ABM fast viermal so hoch ist wie der Förderaufwand. Noch 1998 war der Nutzen erst doppelt so hoch wie der Aufwand. Die genannten Zahlen machen uns deutlich, die Förderung von Verbundprojekten erzeugt nicht nur fachliche Resultate, sondern sie verringert auch

staatliche Aufwendungen für ABM und andere häufig wenig produktive Maßnahmen des zweiten und dritten Arbeitsmarkts, die ja gerade jetzt auf dem Prüfstand stehen. Ich denke, meine Damen und Herren, das zeigt deutlich, dass wir mit unserer Politik hier auf dem richtigen Weg sind, und die Förderung von Verbundvorhaben muss daher weiterhin unser vornehmstes Anliegen sein und wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen, uns auf den sehr guten Ergebnissen auszuruhen.

Wo sehen wir die Ansatzpunkte für eine weitere Förderung dieser Verbundforschung? Ein Hauptaugenmerk liegt für uns darauf, die entstandenen Netzwerke nicht nur zu festigen, nein, wir müssen sie gezielt erweitern. Auch Unternehmen, die abseits liegen von den Kernregionen Jena, Erfurt oder Ilmenau, sollen in diese Verbundforschung verstärkt einbezogen werden. Das Netz muss ständig erweitert werden.

Ein weiterer Ansatzpunkt für die Entwicklung der Verbundforschung ist auch der bedarfsgesteuerte Aufbau von Kompetenzzentren und wir brauchen zusätzlich neue Institute, die bei dieser Verbundforschung eine Schlüsselrolle einnehmen können. Diese können auch virtueller Natur sein, das heißt, wir können die neuen Medien nutzen, um Kompetenzen zusammenzufassen und sie von allen klein- und mittelständischen Firmen in ganz Thüringen nutzen zu lassen. So arbeiten wir gegenwärtig an einem Konzept für ein Zentrum für mobile Anwendung, Information und Kommunikation. Das ist ein Zentrum, das auf Softwarelösung konzentriert ist und das letzten Endes in die Gründung eines neuen Instituts münden kann, das aber derzeit wirklich virtuell miteinander vernetzt ist.

Ein dritter Punkt für die Verbundforschung, für die Weiterentwicklung ist, dass wir uns strategisch wichtige Themenfelder neu eröffnen müssen. Das geschieht zuerst durch die Förderung von Forschungsschwerpunkten und wird sich dann in einem weiteren Programm auswirken können. Wir haben in diesem Zusammenhang einen Forschungsschwerpunkt Mobilkommunikation eingerichtet, der an der Technischen Universität in Ilmenau seinen Ausgangspunkt nimmt, aber schon mit vielen Firmen hier in Thüringen verbunden ist.

Meine Damen und Herren, ich möchte zusammenfassend sagen und verweise dabei auf einen Bericht, den die Bertelsmannstiftung im vergangenen Frühjahr veröffentlicht hat und wo es für Thüringen eine Empfehlung gab, auf die ich mich hier beziehen möchte: "Nur wenn sich Thüringen als Standort von Forschung, Entwicklung und Bildung etabliert, kann es gegenüber den benachbarten Großregionen bestehen." Das ist für uns der Ausgangspunkt und diese Aussage nehmen wir sehr ernst in der Landesregierung. Es gibt keine Alternative, als hier die landespolitischen Konsequenzen zu ziehen und das heißt, nicht nur das Erreichte zu stabilisieren, sondern weiterzuentwickeln.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich glaube, der Erfolg wird sich auf Dauer nur einstellen, wenn wir vergleichsweise mehr tun als die bereits etablierten Länder und wenn wir nicht nur national, sondern auch international Zeichen setzen. Dass dies angesichts knapper Kassen auch bedeuten kann, jenseits der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Technologie Posterioritäten in Kauf zu nehmen, sollten wir uns dabei nicht verschweigen. Wir müssen Schwerpunkte setzen.

Meine Damen und Herren, wir haben eine gute Basis geschaffen, denn immerhin wurden pro Kopf der Bevölkerung zwischen 1995 und 1999 die meisten Patente von Thüringer Unternehmen hier angemeldet in den neuen Ländern, wir haben das Bioinstrumentezentrum mit Neuund Ausgründung im Bereich der Biotechnologie vollständig ausgelastet innerhalb einer sehr kurzen Zeit, so dass sich jetzt ein zweiter Bauabschnitt in Vorbereitung befindet. Wir haben eine Vielzahl von jungen Unternehmen, die als Existenzgründung oder Ausgründung aus größeren Unternehmen entstanden sind, unterstützt im Rahmen dieser Verbundvorhaben und mit 24 Technologiefirmen pro 100.000 Einwohner verfügt Thüringen über den höchsten Besatz in den neuen Ländern, wir liegen noch vor Sachsen mit 21 solcher Unternehmen. Das heißt, die Thüringer Verbundforschung hat auch dazu ihren Beitrag geleistet, sie ist ein hocheffizientes Instrument des Technologietransfers und ich hoffe, dass wir in den nächsten Jahren für die Verbundforschung in gleicher Weise Mittel bereitstellen und sie intensiv intelligent weiterentwickeln.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Redemeldungen liegen mir nicht vor. Ich kann damit die Aussprache schließen.

Wir kommen zur Abstimmung. Es war schon Einmütigkeit signalisiert worden. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU in Drucksache 3/1857 seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen, denn die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat ja ebenfalls die Annahme des Antrags empfohlen. Ich bitte um Handzeichen, wer dem Antrag zustimmt. Das sieht sehr einmütig aus, trotzdem haben sich nicht alle gemeldet. Ist jemand dagegen? Das ist nicht der Fall. Enthaltungen? Auch nicht. Dann ist es einstimmig so beschlossen, wobei einige vielleicht nicht teilgenommen haben. Jedenfalls der Antrag hat dieses Haus passiert. Damit kann ich den Tagesordnungspunkt 5 schließen.

Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 10

Thematische Inhalte und Schwerpunkte der zukünftigen Technologiestiftung in Thüringen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/2191

Es wird Begründung durch den Einreicher gewünscht. Herr Abgeordneter Dr. Schuchardt wird diese für die SPDFraktion vornehmen. Bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, in den letzten Wochen und Monaten wurde hinsichtlich der Technologiestiftung über viele Fragen gesprochen, über Strukturen, künftige Strukturen, auch über Personalia wurde mehr oder weniger gesprochen. All diese Dinge beherrschten bisher das Thema "Technologiestiftung". Ich denke, es ist jetzt ganz einfach notwendig, auch unter dem Gesichtspunkt des bevorstehenden Nachtragshaushalts - ich habe es vorhin im Zusammenhang mit der Verbundforschung schon gesagt -, ebenso im Hinblick auf künftige Haushalte, nun einmal zu beleuchten, welche Projekte, welche inhaltlichen Fragen werden eigentlich angegangen von dieser Technologiestiftung. Welche Vorstellungen hat die Thüringer Landesregierung? Was sollen die inhaltlich-fachlichen Schwerpunkte sein, die - und, ich denke, angesichts des beabsichtigten Mitteleinsatzes darf man das erwarten - ganz profilbestimmend für Thüringer wissenschaftlich-technologische Entwicklungslinien sein sollen? Dabei wird auch von Interesse sein, inwieweit wirtschaftsnahe Institute einbezogen werden, deren Potenzial, deren für Thüringen wichtiges Potenzial. Dabei wird von Bedeutung sein, wie die hier dargelegten Ergebnisse Thüringer Verbundforschung eingearbeitet und ausgewertet, nachgenutzt werden können. Kurz: Welche großen Projekte - hier kann es natürlich nicht um jedes kleine Thema gehen, was dargestellt werden soll -, welche großen Entwicklungslinien werden von der Thüringer Landesregierung gesehen, welcher Kurs soll gesteuert werden?

Ich denke, das ist für das hohe Haus von Interesse, denn bei der nächsten Haushaltsberatung werden mit Sicherheit die Technologiefördermittel auch einer Kritik unterzogen werden und da wollen wir schon wissen: Wo geht es lang? Welche Effekte sind zu erwarten und demzufolge, wie viele Saatkörner werden wir in welche Furche legen?

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen und habe die sicher begründete Hoffnung und Erwartung, dass Sie die Antworten der Landesregierung zu diesem Punkt genauso interessieren wie den Einreicher, die SPD-Fraktion. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Die Landesregierung hat signalisiert, keinen Sofortbericht zu geben. Wir kommen daher zur Aussprache über den Antrag. Hier hat als Erster Herr Abgeordneter Kretschmer, CDU-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Kollege Schuchardt, nach Ihrer Begründung des Antrags ist zwar schon ein wenig Helligkeit entstanden. Nichtsdestotrotz bin ich mir nicht ganz sicher, warum die SPD-Fraktion diesen Antrag gestellt hat. Ich will es auch erklären.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Es ist in der Einbringung völlig geklärt worden.)

Die CDU-Fraktion hat in der Drucksache 3/1681 den Antrag gestellt, über die Neuordnung der Landesgesellschaften zu berichten. Dieser Antrag ist an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik überwiesen worden und dort - im Übrigen in öffentlicher Sitzung - auch beraten und weiter beraten worden, also unlängst, Herr Kollege Lippmann, ich denke, Sie haben das in Ihrer Fraktion auch bekannt gegeben, in der 25. Sitzung am 31.01.2002. Dort hat Herr Minister Schuster den aktuellen Sachstand auch zur Frage der Neuorganisation im Bereich der Stiftungen vorgestellt. Der Ausschuss hat es als Zwischenbericht entgegengenommen und sich vereinbart, wenn neue Erkenntnisse vorliegen, wird der Ausschuss zusammentreten und weiterberaten. Das heißt also, es bedurfte dieses Antrags der SPD-Fraktion gar nicht. Es hat so eher den Eindruck, als ob man sich einfach darauf setzen oder parallel dazu fahren will, zu dem, was man im Wirtschaftsausschuss im Auftrag des Parlaments auch vornimmt. Herr Kollege Lippmann, ich denke, Sie werden Ihre Fraktion ja dort auf dem Laufenden halten. Bei Ihrer Frau Kollegin Doht weiß ich das nicht so richtig, denn sie nimmt ja im Wirtschaftsausschuss insbesondere die Oppositionsrolle dahin gehend wahr, dass sie an möglichen und unmöglichen Stellen zornig auftritt und "Nein" schimpft.

Aber, meine Damen und Herren, wie gesagt, ich kann es ja mal positiv sehen. Dieser Antrag erspart uns möglicherweise das Wortprotokoll im Wirtschaftsausschuss. Dann werden wir also hier den entsprechenden Vortrag kriegen. Ich möchte nur eins sagen - und da haben Sie Recht, Herr Kollege Schuchardt -, wir werden dem Antrag natürlich zustimmen. Ich will nicht sagen, weil im Schwarz-Weiß-Denken von - wo ist er denn eigentlich? - Herrn Gerstenberger ja wahrscheinlich angenommen worden wäre, da steht nun nicht CDU-Antrag drüber, dann stimmen wir nicht zu. Natürlich stimmen wir dem Antrag zu. Dann soll der Bericht eben hier gegeben werden, obwohl ich - wie gesagt sage, es ist für mich merkwürdig, so eine Art Trittbrettfahrerei, eine Parallelarbeit zu dem, was durch das Parlament an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik überwiesen worden ist. Wir werden dem Antrag zustimmen. Für Herrn Gerstenberger sein Schwarz-WeißDenken, vielleicht liegt es daran, weil hier die SPD-Fraktion auch in der Formulierung gesagt hat: "Die Landesregierung wird gebeten." Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort Frau Dr. Kaschuba, PDSFraktion.

(Zwischenruf aus dem Hause: Und das am frühen Morgen.)

Ja, es ist wirklich früh am Morgen, Sie haben Recht. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, entweder ist es spät am Nachmittag oder früh am Morgen, das ist das Problem. Einmal muss man wach werden und zum anderen muss man Sie wach rütteln am Nachmittag. Das ist so der Spagat, in dem wir uns bewegen.

Wir werden dem Antrag sicher auch zustimmen, aber ich möchte dem etwas voranstellen. Ich denke, dass das, was Herr Kretschmer eben hier gesagt hat, auf der Linie dessen liegt, was hier bisher zu einer künftigen Technologiestiftung Thüringen gefragt worden ist. Ich kann mich durchaus an eine Mündliche Anfrage erinnern, die wir gestellt haben und die nur mit Ja, Nein oder überhaupt nicht beantwortet wurde. Ich denke auch, Ihre Ausführungen mit dem Verweis auf den Wirtschaftsausschuss lagen auf dieser Linie. Sie haben sich noch mal auf die STIFT bezogen und auf die Umstrukturierungen, die dort erfolgen. Auf den Technologieverbund Thüringen haben Sie sich - so weit ich mich jetzt heute Morgen an Ihre kurze Rede erinnern kann nicht so direkt bezogen, in den die STIFT ja integriert wird. Die Frage der Ernst-Abbe-Stiftung haben Sie auch nicht berührt. Das sind ja Fragen, die dahinter stehen. Also, wie wird eine künftige Technologiestiftung ausgerichtet und in welchem Verbund wird sie arbeiten; wird es eine Stiftung geben? Wir sind uns ja darüber im Klaren, welche Förderung die STIFT bearbeitet und welche Förderung die Ernst-Abbe-Stiftung bearbeitet, die STIFT also mehr auf technologischem Gebiet, die Ernst-Abbe-Stiftung mehr im Bereich der Forschung. Aber die Frage ist natürlich bei den sehr unterschiedlichen Stiftungssatzungen und Stiftungsansätzen: Kann es überhaupt möglich sein, dort zur Verzahnung zu kommen; ist dort Kooperation besser oder geht man in eine Stiftung? Diese Fragen müsste die Landesregierung - ja, wenn es sie überhaupt gibt - irgendwann mal beantworten.

(Unruhe bei der CDU)

Aber Sie haben das ja - ich will mal sagen - wie das Orakel von Delphi vorgetragen, relativ mystisch. Ich will dann nur noch sagen, zum Technologieverbund Thüringen...

(Zwischenruf aus dem Hause)

Sie können ja sagen, das ist nicht wahr, Sie können es ja hier richtig stellen, das ist doch Ihr Ding und nicht meines, also das ist Ihre Aufgabe und nicht meine, um das dann hier klarzustellen.

Zum Technologieverbund Thüringen: Ich finde das schon sehr positiv, dass die wirtschaftsnahen Einrichtungen dort mit integriert werden und dass es auch zu einer Bündelung von Kompetenzen kommt. Meine Frage ist aber, wenn so ein Technologieverbund in seinen Aufgaben - Sie scheinen wach zu sein, ich auch - also wenn in diesem Technologieverbund Thüringen dann die wirtschaftsnahen Institute, die STIFT und alle anderen, miteinander verbunden sind, ist es schon die Frage: Wenn es dann noch Aussagen gibt, dass diese ähnlich wie die Siemens AG agieren soll und konstruiert sein sollen, haben wir aufgrund der vorhandenen Kapazitäten in Thüringen - also wir reden ja auch immer über Freiheit der Forschung, aber Förderung fördert natürlich Forschung dann auch in eine bestimmte Richtung -, dann nicht eine Bündelung der Kapazitäten konzernartig, das ist schon eine Frage. Wie bewegen wir uns dann in diesem Rahmen? Dort stelle ich durchaus auch noch einmal die Frage nach dem Zusammenhang von Technologiestiftung und Technologiekonzeption. Wir begrüßen das sehr, dass diese Technologiekonzeption für Thüringen erarbeitet wird, dass sich die Expertengruppen konstituieren. Auffällig ist in den Expertengruppen nur, dass z.B. nur die Fachhochschule Nordhausen personell - so weit mir das bisher bekannt ist - vertreten ist, andere Fachhochschulen in den Expertengruppen nicht vertreten sind, die Fachhochschulen aber auch sehr eng mit kleinen und mittleren Unternehmen auf diesem Gebiet zusammenarbeiten. Ich denke, darüber muss man noch mal nachdenken und vielleicht auch die Fachhochschulen noch einmal ansprechen. Mir ist nur diese personelle Zusammensetzung bekannt.

Die Frage wäre natürlich: Wie wird das gemacht, Technologiekonzeption und Technologiestiftung gemeinsam? Die Technologiekonzeption wird ja die Ausrichtung der Forschung im Wesentlichen mit bestimmen. Das würde dann auch mit den Aufgaben der Stiftung unmittelbar zusammenhängen. Es wäre schon eine interessante Frage: Was macht man denn wie gemeinsam oder wie macht man es nicht gemeinsam?

Dann habe ich eine ganz grundsätzliche Frage: Gibt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Bereitschaft der Ernst-AbbeStiftung zur Mitgliedschaft im Technologieverbund? Das wäre eine Frage. Wenn Sie sie nicht beantworten können, kann es nicht beantwortet werden. Aber ich möchte diese Frage hier stellen.

Ich hatte schon gesagt: Welche Rolle wird die STIFT dann im Kern spielen? Wird sie die Wirtschaftspläne der wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen prüfen? Soll die STIFT begutachten, evaluieren, Förderbescheide bewerten? Oder, wie werden die Ziele der Grundfinanzierung formuliert? Wird die STIFT diese Einrichtungen auch kontrollieren? Die Frage ist letztlich: Welche Kompetenz bündelt sich dort? Diese Fragen hätte ich in diesem Zusammenhang sehr gern von Ihnen beantwortet.

Eine weitere Frage bezieht sich auf das Immobilienmanagement der zukünftigen Technologiestiftung: Wo wird das

Immobilienmanagement angesiedelt? Es gibt mit STIFT und LEG zwei Unternehmen, die auf diesem Gebiet tätig sind. Die Frage ist: Kann sich Thüringen das leisten, zwei Unternehmen auf diesem Gebiet tätig sein zu lassen oder soll es eine Konzentration bei der LEG oder bei der STIFT geben? Das ist schon eine Frage, die ich hier stellen möchte, wenn es um die Vorhaltung, die Vermietung und den Bau von Forschungseinrichtungen geht.