Hochachtung gebührt den jungen Schülerinnen und Schülern, die in Weimar den Rechtsradikalen ihren friedlichen Protest auf selbst gefertigten Plakaten entgegengehalten haben. Der Mut dieser Jugendlichen, demonstriert in den Bildern dieses 20. April, hat sicher viele Menschen sehr beeindruckt.
Was ist zu tun? Zunächst, es wäre falsch zu sagen, wir bräuchten keine Gesetzesänderung, wie es eben geschehen ist, es genüge, wenn die Versammlungsbehörden und Gerichte die bestehenden Gesetze konsequent anwendeten. Nein, meine Damen und Herren, mit dem bestehenden Recht kann solchen extremistischen Versammlungen nur sehr unzulänglich begegnet werden. Was wir brauchen, sind Änderungen des Versammlungsgesetzes, die den Versammlungsbehörden eine gerichtsfeste Handhabe geben, solche rechtsextremistischen Versammlungen im größeren Umfang zu verbieten als dies bislang nur möglich war.
Ich darf Sie erinnern an die Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 17. April dieses Jahres, das demonstriert hat, dass es schwer ist, gerichtsfeste Entscheidungen zu treffen. Richtig ist allerdings auch, dass unser Grundgesetz keine substanziellen Eingriffe in das Versammlungsrecht zulässt.
Meine Damen und Herren, wir wollen daher auch keine substanziellen Eingriffe in das Versammlungsrecht, weder in seinem Randbereich noch in seinem Kernbereich. Wir wollen dieses wichtige Grundrecht nicht einschränken, sondern es vor Missbrauch schützen. Nur so kann dieses Grundrecht selbst geschützt werden und die erforderliche Akzeptanz in der Bevölkerung erfahren. Versammlungsrecht ist Bundesrecht. Die Rechte und Pflichten der Veranstalter und Teilnehmer von Demonstrationen können wir in Thüringen - und hier müssen wir leider sagen - leider, nicht allein regeln. Es ist deshalb außerordentlich zu bedauern, dass Bundesinnenminister Schily seinen seit anderthalb Jahren angekündigten Gesetzentwurf zur Verschärfung des Versammlungsrechts immer noch nicht vorgelegt hat. Aber damit nicht genug, die rotgrüne Mehrheit im Bundestag lehnte entsprechende Vorschläge der CDU/CSU-Bundestagsfraktion strikt ab. Dies führte in der ver
gangenen Woche im Bundestag zum endgültigen Scheitern der Gesetzesinitiative der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Aber, meine Damen und Herren, Sie können sicher sein, was die Landesregierung tun kann, um die notwendigen Änderungen des Versammlungsrechts auf den Weg zu bringen, das tut sie.
Thüringen bereitet eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Versammlungsgesetzes vor. Dies ist nach der Blockade der Initiative auf Bundesebene durch die rotgrüne Mehrheit notwendiger denn je.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir daher die Kernpunkte der vorgesehenen Bundesratsinitiative zur Änderung des Versammlungsrechts, so wie sie sich nach derzeitigem Stand darstellen, kurz zu erläutern.
1. Der Bund und die Länder sollten die Möglichkeit erhalten, durch Gesetz befriedete Bezirke für Örtlichkeiten zu bestimmen, an denen extremistische Versammlungen auf die Bevölkerung in besonderer Weise provokativ wirken. Wir prüfen die Möglichkeit der Einrichtung von befriedeten Bezirken, insbesondere bei Gedenkstätten und Denkmälern für die Opfer von Krieg und Verfolgung bei ehemaligen Konzentrationslagern und bei Friedhöfen.
2. Geprüft wird der Schutz besonderer Gedenktage durch das Versammlungsgesetz. Als ein weiterer Gedenktag neben dem Holocaust-Gedenktag am 27. Januar kommt etwa der 9. November in Betracht. Zugleich sollte aber auch den Versuchen zur Etablierung negativer Gedenktage durch den Missbrauch des Versammlungsrechts entgegengetreten werden. Als solche negativen Gedenktage kommen etwa die seit Jahren immer wieder angestrebten Heß-Gedenktage zum Jahrestag des Todes des Hitlerstellvertreters am 17. August oder auch rechtsextremistische Versammlungen wie am 20. April 2002 in Weimar in Betracht. Die konkrete Festlegung dieser negativen Gedenktage bliebe der versammlungsbehördlichen Praxis und der dazu ergehenden Rechtsprechung vorbehalten.
3. Man muss prüfen, ob es eine Pflicht von Veranstalter und Versammlungsleiter zur Gewährleistung der Friedlichkeit der Versammlung gegenüber dem eigenen Anhang geben muss. Bei der vor dem Verbot einer Versammlung anzustellenden Gefahrenprognose wäre in der Folge zwingend zu berücksichtigen, ob der Veranstalter im Vorfeld der Versammlung dieser Pflicht nachgekommen ist. Ist er dieser Pflicht nicht nachgekommen, könnte die Demonstration verboten werden.
4. Versammlungen, die darauf abzielen oder geeignet sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, sollten unzulässig sein. Dies trüge dem Verfassungsgebot des Artikels 26 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes Rechnung. Danach sind Handlungen verfassungswidrig, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker - wie es heißt - zu stören. Dieser Verfassungsbestimmung, die sich nicht nur an den
Staat, sondern auch an Private richtet, kann unmittelbar im Versammlungsgesetz Rechnung getragen werden. Störung im Sinne dieser Bestimmung ist jedes Propagieren eines nationalistischen, rassistischen oder religiösen Hasses. Hierzu gehört natürlich auch der Versuch, zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt aufzustacheln.
Meine Damen und Herren, die NPD hat bereits wieder eine Demonstration für den 9. November dieses Jahres in Weimar angemeldet. Auch dies zeigt, dass dringender Handlungsbedarf für den Bundesgesetzgeber besteht. Es geht darum, den Missbrauch des Versammlungsrechts durch Einzelne zu verhindern, ohne das Versammlungsrecht für alle einzuschränken. Die Landesregierung fordert daher die Unterstützung für Änderungen des Versammlungsrechts durch alle Demokraten, meine Damen und Herren. Dabei sind wir offen für inhaltliche Änderungen und Anregungen und Verbesserungsvorschläge bei den einzelnen Bestandteilen der beabsichtigten Bundesratsinitiative. Die Notwendigkeit, für die Änderung des Versammlungsgesetzes eine parlamentarische Mehrheit zu bekommen, erfordert ein hohes Maß an Kompromissbereitschaft. Allerdings - und darauf müssen wir bestehen, meine Damen und Herren -, es muss zu Änderungen des Versammlungsgesetzes kommen, die in die beschriebene Richtung gehen. Wer sich dem verweigert, trägt unseres Erachtens sicher die Mitverantwortung dafür, wenn wieder am 20. April oder - wie bereits von der NPD angekündigt am 9. November in Weimar Rechtsextremisten aufmarschieren. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Ach, Sie möchten noch einmal das Wort ergreifen. Das ist möglich. Bitte. Herr Dittes auch, ja? Gut. Also, dann Herr Schemmel und Herr Dittes. Zeit ist noch vorhanden, auch durch die längere Rede des Herrn Staatssekretärs.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, hier kann man natürlich einiges nicht stehen lassen. Zum Beispiel kann man schon den letzten Satz nicht stehen lassen, der sinngemäß heißt: Wer nicht mit uns das Versammlungsrecht ändert, stellt sich auf die Seite derjenigen, die dann am 9. November demonstrieren werden. Das ist jetzt kein Zitat, ich habe es nicht mehr so genau im Kopf, ich weiß nicht, ob es richtig dargestellt ist, aber so sinngemäß doch wohl. Ich glaube, das kann nicht sein. Das Versammlungsrecht basiert auf der Versammlungsfreiheit, das wissen wir nun alle, es ist genug betont worden. Es hat
in der Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland - ich meine jetzt den westlichen Teil - sicherlich eine lange Entwicklung, eine lange Rechtsprechung, eine lange Ausformung dieses Gesetzes, des Umgangs mit dem Gesetz gegeben. Bei allen anderen Fragen, die wir hier behandeln, wird darauf abgehoben, dass dieses Grundgesetz mit seinen Eigenschaften - wenn ich zum Beispiel an direkte Demokratie denke oder so etwas - eigentlich das Nonplusultra sei in seiner Ausformung und seiner Gestaltung. Wenn es aber dann einmal nicht so richtig in den Streifen passt und wenn vielleicht dann auch noch Wahlkampfzeiten bevorstehen, dann möchte Herr Dr. Birkmann mit einer solchen Bundesratsinitiative sicherlich auch politische Akzente setzen. Ich denke, in dieses Boot können wir uns nicht mit hinein begeben und ich denke, dass es eigentlich unkorrekt ist, diese letzte Bemerkung dann anzubringen und dass es unserem Freistaat Thüringen nicht einmal gut zu Gesicht steht, eine solche Bundesratsinitiative zu starten, weil die Ablehnung jetzt im Bundesrat sicherlich nicht aus lediglich politischen Motiven erfolgt ist, sondern sicherlich auch aus Gründen einer Prüfung der Rechtsmaterie. Ich glaube nicht, dass es in § 15 Versammlungsgesetz weitere Einschränkungen geben kann, die dort tief greifender wirken können. Deswegen weise ich erst einmal diese letzte Äußerung zurück und unterstelle der Landesregierung unglückliches politisches Agieren, in dieser Vorwahlkampfzeit eine politische Initiative zu einem solchen sensiblen Punkt an dieser Stelle einzubringen. Ich hatte in der Entgegnung zur Regierungserklärung ja schon andere sensible Punkte aufgegriffen, wo sich die Landesregierung bemüht, auf Feldern, wo man wirklich weiß, dass es ein öffentliches Problem ist und wo man die Aufmerksamkeit der gesamten Bürgerinnen und Bürger auf seiner Seite hat, noch einmal Bundesratsinitiativen zu starten. Ich denke aber, wenn man weiß, dass diese Initiative nicht laufen kann und dass sie letztlich nur eine Wahlkampfaktion startet, ist dies unredlich.
Meine Damen und Herren, Herr Wolf, Ihre Ausführungen haben mir gezeigt, dass Sie das Versammlungsrecht der Bundesrepublik Deutschland nicht verstanden haben, wenn Sie mit Verweis auf den 1. Mai dieses Jahres in Berlin der Meinung sind, eine Verschlechterung der Versammlungsfreiheit würde Gewalttaten verhindern können und damit auch der Straftatbekämpfung dienen. Gewalttaten, Herr Wolf, unterliegen nicht dem Versammlungsrecht, sie sind nicht anmeldepflichtig, sie sind und bleiben Straftaten, wo eben die Möglichkeiten im Polizeirecht gegeben sind, dagegen vorzugehen und diese Straftaten entsprechend zu ahnden. Allein eine Unterstellung, sofern sie sich nicht auf tatsächliche Belege stützen kann, rechtfertigt keinerlei
Einschränkung und keinerlei Vorverurteilung von angemeldeten, auch politischen Demonstrationen. Ich will ganz kurz auf eine Folge auch Ihrer hier wieder im Titel der Aktuellen Stunde fortgesetzten Gleichsetzung von Links und Rechts eingehen, indem Sie dort schreiben: "Aufmarsch extremer Gruppen", das sind eben nicht mehr die politisch extremistischen Gruppen, sondern Sie meinen, das Problem bereits beschreiben zu können, wenn Sie sagen, es handelt sich hierbei um extreme Gruppen, die das Problem darstellen. Das Problem, was für Sie offensichtlich steht - und das ist eben auch die Folge, die in dieser Gleichsetzung eintritt -, ist letztendlich nichts anderes als die Verharmlosung von rechtsextremistischer Ideologie, von rechten Ideologieansätzen, wenn Sie meinen, das erste Problem, welches sich für den Freistaat Thüringen aus solchen rechtsextremistischen Demonstrationen ergibt, ist eine Schädigung des Ansehens in der Öffentlichkeit auch über Thüringen hinaus, auch über die Bundesrepublik Deutschland hinaus. Sie entpolitisieren auch das Problem des vorhandenen Rechtsextremismus, wenn Sie meinen, derartige Demonstrationen an solchen Tagen und an solchen Orten stellen lediglich provokantes Handeln dieser politisch rechtsextremistischen Gruppen dar. Wenn man der Meinung ist, meine Damen und Herren der CDUFraktion, dass tatsächlich Ansehen das eigentliche Problem für den Freistaat Thüringen ist, dann ist in der Tat die Rechtslage das eigentliche gesellschaftliche Problem. Aber ich möchte Ihnen sagen, nicht die Rechtslage ist das Problem, sondern das Vorhandensein einer extremen Rechten.
Meine Damen und Herren, so unangenehm Demonstrationen rechtsextremistischer Gruppierungen in Thüringen, ganz gleich an welchem Ort und ganz gleich an welchem Datum, auch sein mögen - und da mache ich zum Beispiel natürlich an besonders sensiblen Orten auch einen Unterschied für mich, aber für mich sind sie, Herr Wolf, gleichfalls auch an anderen Orten und an anderen als diesen sensiblen Daten sehr unangenehm -, desto weniger sind sie aber auch, allein betrachtet, eine Gefahr für die Demokratie, sondern die eigentliche Gefährdung der Demokratie sind die darin vertretenen Inhalte, die auf Demonstrationen propagiert werden und die eigentliche Gefahr für die Demokratie sind die vorhandenen rechten Ideologieansätze, die eben nicht auf Demonstrationen vertreten, propagiert werden, sondern die oftmals auch in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und darüber hinaus im sozialen Nahraum eine Rolle spielen und Gegenstand gesellschaftlicher Auseinandersetzungen sind. Aber dort sind sie eben für uns nicht sichtbar und deswegen, meine Damen und Herren, können wir Ihre Forderung nach einem Verbot der öffentlich wahrnehmbaren Symptome nicht nachvollziehen, wenn dadurch die Wurzeln des eigentlichen Problems, nämlich die rechten Idiologieansätze aus dem Blickfeld der Auseinandersetzung verschwinden und damit auch aus dem Blickfeld der politischen Auseinandersetzung im Streit um Gegenkonzepte gegen rechtsextremistische Ideologie- und Politikansätze.
Herr Koeppen, abschließend möchte ich Ihnen ähnlich wie mein Kollege Schemmel von der SPD sagen: Wir werden nicht Ihrem Aufruf folgen, ohne uns aber als PDS-Fraktion von Ihnen daraufhin zurufen zu lassen, wir würden damit den Kreis der Demokraten in Thüringen verlassen. Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit schließe ich auch diesen zweiten Teil der Aktuellen Stunde.
Die Landesregierung hat die Erstattung eines Sofortberichts angekündigt. Ich gehe davon aus, dass der Einreicher nicht gesondert begründet oder möchte er begründen? Nein, er möchte nicht. Dann kann ich unmittelbar der Landesregierung, Ihnen, Herr Minister Dr. Sklenar, das Wort zum Sofortbericht erteilen. Bitte.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, durch Beschluss des Landtags vom 8. Juni 2000 war der Antrag zum Wanderfischprogramm Thüringen an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten federführend überwiesen und sodann bei diesem sowie dem Ausschuss für Naturschutz und Umwelt in insgesamt acht Sitzungen behandelt worden.
Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat in seiner 15. Sitzung am 28. September 2000 vom Instrument der öffentlichen Anhörung Gebrauch gemacht. Dabei wurden sowohl die Interessenlage der Anzuhörenden wie z.B. durch die Naturschutzverbände, Wasserkraftbetreiber, aber auch anerkannter Sachverständiger wie die Bauhaus-Universität Weimar angesprochen als auch Chancen eines gemeinsamen Vorgehens erörtert. Die dabei an die Landesregierung gerichteten Empfehlungen, ein Fließgewässerschutzkonzept zu erstellen, die in vielen Punkten unter Berücksichtigung der Anhörung vom 28. September 2000 über den ursprünglichen Antrag hinausgehen, sprechen nicht nur finanzielle Aspekte für die Herstellung der Durchgängigkeit, sondern darüber hinaus auch eine Vielzahl an fachlichen Belangen. Als Kernaussage wurde formuliert: Auf der Basis der Strukturgütekartierung soll ein ressortübergreifendes Konzept zum Fließgewässerschutz in Thüringen, in dem die Wiederherstellung der Passierbarkeit eingebettet ist, erarbeitet werden. Nachdem
im Jahr 2001 sowohl die Broschüren "Durchgängigkeit" als auch "Strukturkartierung in Thüringen" mit Karten erschienen sind, wurde ein die Inhalte des Wanderfischprogramms berücksichtigendes Konzept zum Fließgewässerschutz konzipiert. Dieses Fließgewässerschutzkonzept wird in dem Rahmen der zwischenzeitlich verabschiedeten Europäischen Wasserrahmenrichtlinie wegen seiner unmittelbaren Integration in deren Zielstellung und Umsetzung gestellt werden. Das Konzept besteht aus vier Einzelprogrammteilen: a) Gewässergüte, b) Gewässerstruktur, c) Durchgängigkeit/Wanderfisch, d) Hochwasserschutz. Jeder Programmteil ist hinsichtlich seiner Inhalte eigenständig konzipiert. Die vorgesehenen Maßnahmeumsetzungen ergänzen und bedingen sich. Als verbindendes Element zwischen den Programmteilen sind Gewässerentwicklungspläne vorgesehen, die unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Bestandsaufnahmen nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie einschließlich der Gewässergüte und Gewässerstrukturkarten Thüringens die Schwerpunkte sowie Zeit- und Reihenfolge der Maßnahmen bis zum In-Kraft-Treten des 1. Bewirtschaftungsplans gemäß Europäischer Wasserrahmenrichtlinie im Jahr 2009 festsetzt. Nachdem in den vergangenen zwölf Jahren durch eine Vielzahl von Maßnahmen der Abwasserreinigung eine erhebliche Verbesserung der Wassergüte als Teil einer sehr erfolgreichen und effizienten Umweltpolitik eingetreten ist, sollen mit der Durchgängigkeit der Gewässer der Erhalt, Ausbreitung bzw. Wiederansiedlung einer artenreichen und standortgerechten Gewässerflora und -fauna ermöglicht werden. Im Rahmen der Gewässerunterhaltung wurden in den Jahren 1991 bis 2000 51 Sohlgleiten, Sohlrampen sowie 12 Fischaufstiege im Zuge der Sanierung wasserwirtschaftlicher Anlagen errichtet. Weitere 10 Anlagen wurden im Jahr 2001 durch das Land an Gewässern erster Ordnung realisiert; 14 weitere Maßnahmen sind für das Jahr 2002 vorgesehen. Es verbleiben weitere 228 Umgestaltungen. Hierin nicht inbegriffen sind die Anlagen und Fließstrecken an den zahlreichen kleineren und mittelgroßen Gewässern zweiter Ordnung.
Kernproblem, meine sehr verehrten Damen und Herren, bleibt natürlich die Finanzierung. Der notwendige Finanzbedarf für diese Maßnahmen vor dem Hintergrund weiterer Maßnahmen in Gewässer und Erhaltung, Gewässerökologie, Fischerei, Natur- und Artenschutz, möglichst unter Einbeziehung von Kofinanzierung aus europäischen Programmen, wird für die Haushaltsplanung aufgearbeitet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Jahr 2001 wurde ein Gutachten zur Erstellung der aktuellen Fischpopulation und Schlussfolgerungen zur Wiederansiedlung heimischer Fischarten in Auftrag gegeben, welches Ende 2002 vorgelegt werden soll. Im ersten Zwischenbericht wird auf die Auswertung von 360 Elektrobefischungen und ca. 5.000 Einzeldaten bis zum Ende des Jahres 2001 verwiesen; sie wird gegenwärtig fortgesetzt. Erste und damit vorläufige Einschätzungen bis zu diesem Zeitpunkt stellen auf einige Neubefunde von Fischarten in Gewässern ab, in denen sie bis 1996 als verschollen galten. Die Verbesserung
in der Bestandsentwicklung kann auf die Verbesserung der Wasserqualität, Maßnahmen zum Bestandsaufbau sowie in bestimmten Gewässerabschnitten auf gewässerbauliche Maßnahmen zurückgeführt werden. Das trifft auch den Aal als so genannten Langdistanzwanderfisch, der in allen drei Flussgebieten an vielen Standorten wieder gefunden wurde. Die beiden anderen heimischen und typischen Langdistanzwanderfischarten Meerforelle und atlantischer Lachs wurden bisher noch nicht nachgewiesen. Bei der Schaffung der Durchgängigkeit der historisch nachweisbaren Laichgewässer werden die besonderen Ansprüche dieser Art zu berücksichtigen sein. Die anderen heimischen Fischarten, die zwischen ihren Laich- und Aufwuchsgebieten wandern, wie Bachforelle, Bachneunauge, Aland, Barbe, Döbel, Moderlieschen, Erlitze, Hasel und Nase konnten zunehmend ihre ehemals angestammten Lebensräume wieder besiedeln. Bitterlinge und Nase sind als echte Neufunde wieder nachgewiesen und gelten dementsprechend nicht mehr als verschollen. Die gesamte Datenbank für die Thüringer Fischfauna wird bis zum Ende des Jahres 2002 auf der Grundlage des Gutachtens aktualisiert und als neu überarbeitete Auflage der Broschüre "Fische in Thüringen" zu Beginn des kommenden Jahres vom Ministerium veröffentlicht. Fischereiverbände und Fischereiverwaltungen erstellen derzeit für ausgewählte Fließgewässer bzw. Fließgewässerbereiche Teilprogramme, die späterhin mit dem Fortschreiten der Gewässerdurchgängigkeit im Thüringer Wanderfischprogramm verknüpft werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch kurz etwas zu einem aktuellen Problem sagen: In den letzten Monaten hat es von Seiten der Fischereiverbände vermehrt Klagen über Kormoranschäden an Fischbeständen gegeben und es wird befürchtet, dass die im Zusammenhang mit dem Wanderfischprogramm getroffenen Maßnahmen durch den Einfluss der in Thüringen überwinterten Kormorane wirkungslos bleibt. Hierzu ist zu sagen, dass in Thüringen das Kormoranproblem nicht gelöst werden kann. Es bedarf eines europaweiten Managements der Kormoranbestände, denn wenn ich hier wirklich eingreifen will in die Bestände, dann muss ich in die Brutgebiete gehen und nur dort kann ich etwas verändern. Für unsere Bemühungen um Renaturierung der Gewässer gibt es aber keine Alternativen. So erschwert ein vielfältig strukturiertes Gewässer auch die Jagdmöglichkeiten für den Kormoran. Wegen der Kormoranproblematik sind wir im Gespräch mit den Präsidenten der Thüringer Fischereiverbände. Wenn wir auch insgesamt kein allumfassendes Konzept haben, wie wir das Kormoranproblem lösen können, so sind wir uns doch einig, dass alle Maßnahmen, die zur Vertreibung, zur Vergrämung des Kormorans führen, effektiver zu gestalten sind. Wir werden deshalb eine so genannte Positivliste von Gewässern erstellen, an denen zukünftig ohne weiteren Schadensnachweis mehrjährige Genehmigungen für Kormoranabschüsse erteilt werden können. Ich denke, dass wir auf diesem Weg schnell zu einer Regelung kommen können und somit auch hier dazu beitragen können, die Ausbreitung des Kormorans zu regulieren. Natürlich müssen alle Maßnahmen, die
im Zusammenhang mit der Kormoranbekämpfung stehen, eingebettet sein in die Artenschutzregelung der Europäischen Union. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke für die Aufmerksamkeit.
Ich frage die Fraktionen, ob jemand die Aussprache beantragt. Der Herr Botz für die SPD-Fraktion, ja? Gut, dann kommen wir zur Aussprache und ich gebe das Wort dem Abgeordneten Kummer, PDS-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist eigentlich ganz schön, dass wir uns heute mal wieder zum Thema Fische unterhalten, denn ich habe feststellen müssen, gerade nach der Kormorandebatte vor zwei Monaten in diesem Haus, dass es doch noch einige Wissenslücken zu dem Gebiet gibt. Unter anderem hat eine Thüringer Zeitung aus den Fischarten Elritze und Barbe, die in Thüringen bedroht sind, die Fischarten Felchen und Brachse gemacht. Die Felchen kommen in Thüringen gar nicht vor und die Brachse ist ein Massenfisch, der sich in jedem Gewässer herumtreibt.
Ich denke, wir müssen in dieser Hinsicht noch einiges tun an Aufklärung, auch Fischarten ein wenig bekannt machen, denn Spatz und Specht würde z.B. niemand verwechseln.
Es ist mir zumindest noch nicht untergekommen, dass jemand diese Schwierigkeit bei Vögeln hätte. Am 18. April berichtete "Die Zeit" in einem umfangreicheren Artikel zur Bedeutung von Landesparlamenten u.a. auch über die Kormorandebatte im Thüringer Landtag und stellte sie als eine Debatte hin, die sich eben mit den Kleinigkeiten und Lächerlichkeiten beschäftigt, mit denen sich Landesparlamente allgemein beschäftigen würden. Ich denke, meine Damen und Herren, fischereiliche Fragen sind reine Landespolitik und auch gesellschaftlich eher kleine Probleme können für die Betroffenen große Folgen haben. Von der Seite her sollten wir uns dem Problem wirklich mit all unserer Kraft widmen und deshalb auch hier eine ernsthafte Debatte zum Wanderfischprogramm betreiben.
Der Herr Minister hat in seinen Ausführungen vorhin schon einiges gesagt. Das Wanderfischprogramm ist im Februar 2001 in Auftrag gegeben worden und ist ein Bestandteil der Maßnahmen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Von der Warte her kann es auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang herausgerissen werden. Die Wasserrahmenrichtlinie fordert bekanntlich bis zum Jahr 2015 einen
guten ökologischen Zustand unserer Gewässer. Maßstab für das Erreichen dieses guten ökologischen Zustands ist die Bewertung der Gesamtheit der im Gewässer vorkommenden Organismen. Hier ist die Betrachtung der Wanderfische allein nicht ausreichend, hier spielt wirklich die Gesamtheit der Organismen im Gewässer die wesentliche Rolle.
Die Länderarbeitsgemeinschaft Wasser erarbeitet zurzeit eine gewässertypbezogene und reproduzierbare Bewertung dieses guten ökologischen Zustands, so dass wir dann auch eine vernünftige Grundlage für die Einschätzung unserer Gewässer haben. Wenn dann die vom Minister angekündigte neue Liste der bedrohten Fische in Thüringen herausgekommen sein sollte, werden wir die entsprechend einordnen können. Wesentlich für Fließgewässerorganismen ist eine gute Gewässerstruktur. Da ist einzuschätzen, dass wir in Deutschland zurzeit zwar eine gute Gewässergüte haben in 80 Prozent der Gewässer, bei der Struktur hapert es aber noch und da können wir nur mit 20 Prozent der Gewässer zufrieden sein.
Ein wesentliches Kennzeichen für eine gute Struktur ist die Durchgängigkeit, die das Wanderfischprogramm verlangt. Und da kommen wir zu einem weiteren Problem. Die Wasserrahmenrichtlinie sagt, dass auch für stark veränderte Gewässer die Durchgängigkeit ein wesentliches Kriterium ist. Stark veränderte Gewässer, da gibt es nur eine Ausnahmeregelung vom guten ökologischen Zustand, wenn die Nutzung nicht anders zu klären ist oder aber die Änderung der starken Veränderung negative Auswirkungen auf den Umweltschutz hätte. Wir werden hier große Probleme bekommen, z.B. im Bereich der alten Rechte, was die Fragen Wasserentnahme und Kleinwasserkraftanlagen angeht. Ich gehe davon aus, dass hier nachträgliche Auflagen oder aber auch die Stilllegung von Anlagen notwendig sein werden. Diese Fragen müssen rechtlich in Angriff genommen werden und ich denke, das sollte auch Bestandteil des Wanderfischprogramms sein.
Herr Abgeordneter Kummer, Sie sehen den Abgeordneten Sonntag, er will Ihnen vermutlich eine Frage stellen. Ist das möglich?