Also, Herr Kollege Schemmel, ich kann Sie daran erinnern, damit es gleich am Anfang noch gesagt ist, Sie haben immer davon gesprochen, dass die Bundesregierung hier ein Informationsfreiheitsgesetz auf den Weg bringt, und die Bundesregierung hat es eingefroren und hat es immer noch nicht gebracht. Nur damit Sie wissen, dass auch das, was Sie dazu gesagt hatten, noch nicht eingetreten ist, dass der Bund das Informationsfreiheitsgesetz...
Ich möchte jetzt noch einmal auf einige Dinge eingehen. Der Ansatz ist ja nicht von der Hand zu weisen, dass man mehr Transparenz und mehr Möglichkeiten schafft, damit sich der Bürger informieren kann. Aber der Ansatz ist
das eine und das Zweite ist, wie kann man dieses Ganze umsetzen. Ich möchte in dem Zusammenhang auf einige Stellungnahmen eingehen und noch einmal kurz einige Dinge zitieren, insbesondere den Thüringischen Landkreistag, ich zitiere: "Wir befürchten, dass ein solches Gesetz die Funktionsfähigkeit unserer Landratsämter erheblich beeinträchtigen würde, da eine Vielzahl von Anträgen auf Informationszugang zu verarbeiten wäre. Wir beziehen unsere Befürchtungen dabei nicht nur auf mögliche querulatorische Anträge, sondern auch auf Nachfragen von Bürgern mit bestimmten Interessen. In einem Landratsamt müsste in erheblichem Umfang Personal für die Bearbeitung dieser Anträge bereitgestellt werden, das an anderer Stelle wieder fehlen würde. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass Kommunalverwaltungen kaum die Möglichkeit hätten, Anträge auf Informationszugang abzulehnen." Ich fahre fort - ich sehe gerade Herrn Vetzberger hier oben sitzen - und erlaube mir, weiter aus dem Papier zu zitieren: "Wir können auch nicht der Intention des Gesetzentwurfs folgen, wonach der Staat durch seine Bürger kontrolliert werden soll. Wir vertreten hierzu den verfassungsrechtlich vorgegebenen Ansatz, dass die öffentliche Verwaltung nach dem Grundgesetz an Recht und Gesetz gebunden ist. Kontrolliert wird die öffentliche Verwaltung in Deutschland durch eine funktionierende mehrstufige Verwaltungsgerichtsbarkeit und in letzter Konsequenz durch das Bundesverfassungsgericht." Ich möchte darauf verweisen, dass der Bürger jetzt schon genügend Möglichkeiten hat, sich zu informieren. Ich verweise darauf, dass insbesondere nach § 29 Verwaltungsverfahrensgesetz Akteneinsichtsrecht möglich ist, auf das Informationsrecht des Bürgers zum Melderegister nach § 32 Thüringer Meldegesetz, auf § 3 Abs. 1 Baugesetzbuch und ich könnte noch Immissionsschutz und weitere Dinge anfügen, bei denen es schon genügend Möglichkeiten zur Information gibt. Ich möchte aber noch darauf verweisen, dass auch der Thüringer Gemeinde- und Städtebund - denn hier geht es ja hauptsächlich um die Kommunen, die dann entsprechend auch die Kosten zu tragen hätten - noch mal auf einige Dinge hingewiesen hat: "Kosten entstehen insbesondere durch die Regelung des § 4 Abs. 3 des Gesetzentwurfs, nach dem dem Bürger geeignete zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten für den Informationszugang bereitgestellt werden sollen. Dies bringt einen erheblichen Mehraufwand in personeller als auch in finanzieller Hinsicht mit sich. Anderenfalls sind kostenfreie Kopien zur Verfügung zu stellen." etc. Es geht weiter: "Die Notwendigkeit der Bereitstellung von geeigneten Lesegeräten für nur maschinenlesbare Informationsträger, auch § 4 Abs. 5 Gesetzentwurf, bringt ebenfalls erhebliche Mehrbelastungen mit sich." Ich könnte das weiter fortführen.
Meine Damen und Herren, ich denke, der Gesetzentwurf, der uns heute vorgelegt wurde, hat einen Ansatz, dem man politisch durchaus ggf. folgen kann. Wir haben uns aber daran orientiert, dass es in Thüringen genügend Möglichkeiten gibt, sich zu informieren. Man kann sich in den Gebietskörperschaften informieren, in den öffentlichen Sitzungen der verschiedenen Ausschüsse, in den öffentlichen
Sitzungen der Gemeinden, Stadträte etc. Man hat genügend Möglichkeiten, sich über die Abgeordneten der verschiedenen Stufen zu informieren. Wir haben im Freistaat Thüringen einen Petitionsausschuss, wir haben im Freistaat Thüringen zusätzlich die Stelle des Bürgerbeauftragten geschaffen. Dort kann sich jeder Bürger hinwenden und seine Nöte vortragen, auch wenn er meint, dass bestimmte Dinge nicht vernünftig abgearbeitet worden seien und dort erledigt werden können.
Aus all diesen Gründen können wir unsere Kommunen in der gegenwärtigen Situation, in der sie finanziell absolut mit dem Rücken an der Wand stehen, keine Mehrbelastung zumuten. Darum lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.
Im Grunde genommen kann man es kurz machen, meine Damen und Herren - im Grunde genommen, Herr Schemmel, weil es unangemessen wäre und auch gegenüber der Öffentlichkeit trügerisch, wenn man im Landtagsplenum einen gewaltigen parlamentarischen Aufriss veranstaltet zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der SPD, nachdem im Innenausschuss eine ernsthafte Beratung des Gesetzentwurfs eigentlich nicht stattgefunden hat. Herr Fiedler, das zweimalige Äußern der Grundauffassung der Fraktion und die Verweigerung einer öffentlichen mündlichen Anhörung, die eben etwas anderes darstellt als eine schriftliche Anhörung der von der Mehrheitsfraktion vorgeschlagenen und festgelegten Anzuhörenden, wird dem Gegenstand dieses Gesetzentwurfs der SPD-Fraktion nicht gerecht. Wo Sie eine intensive parlamentarische Beratung im Landtag in den parlamentarischen Gremien ausgemacht haben, das wird Ihr Geheimnis bleiben. Und ich kann hier auch den Kollegen der SPD-Fraktion Kritik und Unverständnis nicht ersparen, Sie haben weitestgehend zugeschaut, wie Ihr Gesetzentwurf erledigt wurde. Wer, wenn nicht Sie, wäre aufgerufen gewesen, um Gegenstand und Ansinnen des Gesetzentwurfs zu ringen. Sie aber haben sogar selbst den Verzicht auf die Mitberatung im Justizausschuss mit eingeleitet, freilich, meine Damen und Herren, entlastet werden Sie durch die verheerenden Mehrheitsverhältnisse im Thüringer Landtag.
Der Wähler hat aber nicht bestimmt, Herr Fiedler, wie diese durch Wahlen zustande gekommene Mehrheit mit dieser Mehrheit auch in parlamentarischen Beratungen verfährt und umgeht.
Zwar, meine Damen und Herren, wurde vor der ablehnenden Abstimmung von einem Vertreter der Mehrheit betont, für wie wichtig man das Ansinnen des Gesetzentwurfs halte und dass man das Anliegen und Regelungen anderenorts aufnehmen oder einfließen lassen werde. Herr Fiedler hat hierzu auch heute noch mal in seinem Beitrag Bezug genommen, aber nach meiner Beobachtung hier im Thüringer Landtag ist dies eine häufig anzutreffende Begründung für eine letztlich konsequente Ablehnung von Entwürfen oder Anträgen der Opposition. Und wie zu erwarten, es ist gerade eben in diesem Fall des Informationsfreiheitsgesetzes nicht geschehen und wo es zukünftig geschehen soll, blieb der Weisheit der schweigenden Mehrheitsfraktion parlamentarisches Geheimnis. Also, meine Damen und Herren, ein reines Lippenbekenntnis der CDUFraktion, welches ihr Fraktionsvorsitzender mit seinen Äußerungen auf der Landespressekonferenz am Dienstag auch offenbarte. Der Bürger habe bereits jetzt, so Althaus, genügend Informationsrechte gegenüber der Verwaltung und er negiert damit nicht nur Positionen des Bundes der Steuerzahler, die in ihrer gestrigen Presseerklärung mitteilten, dass Thüringen mit der zu erwartenden Ablehnung die Chance, die Verwaltung durch ein Informationsfreiheitsgesetz transparent zu machen und deren Informationsmonopol zu beenden, verspiele. Und Althaus führte weiter aus und auch Herr Fiedler ist darauf eingegangen, eine weit gehende Information der Bürger durch die Verwaltung koste Geld der Kommunen, meine Damen und Herren, Geld, mit dem Sie an anderer Stelle, ob auf kommunaler oder Landesebene, aber sehr viel weniger zaghaft umgehen, wenn es darum geht, eine obrigkeitsstaatliche Gesellschaftsstruktur mit einem immer rechtloseren Bürger und zunehmender Grundrechte verzerrender Befugnisse staatlichen Eingriffshandelns zum Ziel hat.
Und das werden wir, Herr Althaus, sicherlich in einem der nachfolgenden Tagesordnungspunkte auch noch sehr viel deutlicher machen, wenn es darum geht, gerade die polizeirechtlichen Befugnisse hier zu diskutieren. Dabei, meine Damen und Herren, gebiete es der Artikel 6 Abs. 4 der Thüringer Verfassung, mit dem daraus erwachsenden Grundsatz des Auskunfts- und Einsichtsrechts doch ein Gesetz wie eben jenes der SPD-Fraktion endlich in Thüringen auch in Angriff zu nehmen. In einer Zeit und angesichts einer gesellschaftlichen Entwicklung, bei der immer mehr Daten von Bürgerinnen und Bürgern erhoben und verarbeitet werden, verlangt eben das Recht, das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht nur mehr Kontrolle der Datenflut, sondern auch erweiterte Rechte des Einzelnen auf Auskunft und Einsicht in die Daten öffentlicher Stellen, sofern dem nicht Rechte Dritter entgegenstehen, und hier ist keineswegs der Petitionsausschuss des Thüringer Landtags oder der Bürgerbeauftragte des Freistaats ein Ersatz, ein adäquater Ersatz für die direkte Kommunikation zwischen Bürgern und Verwaltung.
Was nun einzelne Regelungen des vorgelegten Gesetzentwurfs angeht, haben wir unsere kritische Position bereits in der ersten Beratung dargelegt. Ich erinnere nur an die bedenklich weit gehenden Ausschlussgründe für Auskunftsersuchen sowohl institutioneller als auch sektoraler Art statt einzelfallbezogene Ermessensentscheidungen; ich erinnere an die ungenügend bürgerfreundlich gestaltete Fristen- und Verfahrensregelung oder auch an die Kostenregelung, die eine Gefahr prohibitiver Wirkungen gegen die Inanspruchnahme des Informationsrechts in sich bergen.
Alles in allem war aber der Versuch der Erweiterung der Informationsrechte für Bürgerinnen und Bürger ein verdienstliches Ansinnen, was wir unterstützt haben und auch unterstützen. Erfolglos, meine Damen und Herren, denn ohne große Auseinandersetzung inhaltlicher Natur wurde diese Initiative innerhalb weniger Minuten erledigt im vielfachen Sinne des Worts. Absurder Trost, meine Damen und Herren der SPD - Herr Fiedler hat es bereits angesprochen: Zum Beginn der vergangenen Woche ist in Berlin die Einbringung eines Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes am Widerstand der SPD-Ministerien gescheitert, obwohl ein solches Gesetz Bestandteil der Koalitionsvereinbarung war. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, dies ist Ihnen sicherlich hier in Thüringen nicht anzulasten, das ist richtig. Sie können sich darauf berufen, dass Ihr Gesetzentwurf Opfer der allgemeinen Ablehnungswut der CDU-Fraktion wird; das analoge Vorhaben auf Bundesebene haben ihre eigenen Minister zu Fall gebracht. Es ist wirklich manchmal schon amüsant, und damit will ich enden, wie sich hin und wieder die Bilder oder - besser - das Verhalten von Politikern zum gleichen Gegenstand gleichen oder eben auch unterscheiden, je nachdem, welche unmittelbaren Interessen sie jeweils auf den jeweiligen Ebenen vertreten. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, eines ist sicher, es wird in Thüringen ein Informationsfreiheitsgesetz geben, so wie es solch ein Gesetz bereits in den USA und Australien, in Schweden, in Griechenland, ja in der gesamten Europäischen Union gemäß Artikel 255 des EU-Vertrags insgesamt, aber auch - man höre und staune - in Ungarn und Tschechien und auch in deutschen Ländern wie Schleswig-Holstein, Berlin und Brandenburg gibt. Nicht heute wird es ein solches Gesetz geben, heute reicht die zahlenmäßige Mehrheit derer, die dem Bürger dieses noch verwehren wollen, im Thüringer Land
tag aus. Aber spätestens in der nächsten Legislaturperiode, im 2004 auszuhandelnden Koalitionsvertrag, wird die Erarbeitung und Vorlage eines Informationsfreiheitsgesetzes auf jeden Fall vereinbart werden.
Und, meine Damen und Herren, wir bereiten uns auf dieses Jahr vor und wir sammeln Punkte, die wir in den Koalitionsvertrag schreiben wollen. Mir fällt da das Personalvertretungsgesetz ein und Verschiedenes mehr.
(Zwischenruf Köckert, Innenminister: Das steht im Koalitionsvertrag der rotgrünen Bundesregierung auch.)
Aber ich bin mir sicher, dass die SPD mit am Tisch sitzen wird, und wir Thüringer Sozialdemokraten werden auf ein solches Gesetz bestehen, nicht etwa, weil wir den oben zitierten Staaten und Ländern nachfolgen wollen, sondern, weil ein solches Gesetz für uns ein Kernstück unseres politischen Selbstverständnisses ist,
des Selbstverständnisses, das wir aus unseren Grundwerten ableiten - wir haben da welche im Gegensatz vielleicht zu anderen - und das für eine weitere Entwicklung eines freiheitlichen und demokratischen Systems Bürgernähe und Bürgerbeteiligung voraussetzt. Transparenz und Teilhabe heißt unsere entsprechende Handlungsmaxime. Transparenz des Handelns der staatlichen und kommunalen Verwaltungen und Teilnahme der Bürgerinnen und Bürger an deren Handeln. Diese Leitlinie, meine Damen und Herren, können Sie nicht nur an der heutigen Gesetzesvorlage ablesen, sondern sie bestimmt unsere gesamte Arbeit. Das Gesetz zur Entwicklung direkter Demokratie, unsere entsprechenden Vorschläge in der Thüringer Kommunalordnung, unsere Vorschläge zur Änderung des Verfassungsschutzgesetzes - da wird dann Herr Günter Pohl einige Sachen dazu sagen -, unsere Änderungsanträge zur Verhinderung des mitbestimmungsfeindlichen Personalvertretungsgesetzes sind nur einige, aber ich denke doch, aussagefähige Belege für diese unsere Grundhaltung. Wir halten Transparenz und Teilhabe in einer Zeit, da Wahlmüdigkeit, Politikverdrossenheit, Parteienverdruss und daraus folgender Frust auch zum In-Frage-Stellen unserer Ordnung führen können, für die einzig zielführende Methode, diesen sich anbahnenden Bruch zwischen Bürgern einerseits und Staat und Politik andererseits aufzuhalten. Dazu braucht man den sich einmischen wollenden Bürger - da ist mir aber in Thüringen nicht bange, wenn ich an die Aktion Mehr Demokratie e.V. und an das Volksbegehren denke -, man
braucht also den sich einmischen wollenden Bürger, aber auch eine Politik, die dieses zulässt, ja, herausfordert. Am Anfang dieser ganzen Geschichte steht die Transparenz, die das Handeln des Staats durchschaubar macht. Gerade an dieser Stelle setzt unser Informationsfreiheitsgesetz ein. Dem Bürger soll ein umfassendes Akteneinsichtsrecht gewährt werden. Dieses Recht - und das gleich allen vorausgesagt, die kritisieren wollen - wird natürlich in erforderlichem und exakt definiertem Maß eingeschränkt; Stichworte sind: Datenschutz, Rechte Dritter, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Sicherheitsinteressen, Schutz bestimmter Institutionen. Dies ist alles dort exakt niedergeschrieben, Sie können es durchlesen. Dieses prinzipielle, dem Bürger zugestandene Akteneinsichtsrecht gestattet ihm, Handlungen und Handlungsweisen seiner Verwaltungen und Behörden zu durchschauen, Transparenz zu erfahren. Diese Transparenz wiederum ermöglicht dem Bürger - vernünftiges Handeln der Verwaltungen und Behörden vorausgesetzt -, das Handeln der Behörden zu akzeptieren, was zurzeit nicht gerade eine Selbstverständlichkeit ist und natürlich oft mit dem beschriebenen Verdruss und Frust einhergeht. Das Erreichen von Akzeptanz ist aber wiederum Voraussetzung für Mitarbeit, für Teilhabe und für ein Einstehen für unsere demokratische Ordnung. Bürgerschaftliches Engagement, meine Damen und Herren, viel beschworen und zitiert, beginnt mit Transparenz, mit Zugang zu Informationen. Dies stammt nicht nur von mir, sondern ich kann mich auch auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1975 beziehen. Wenn ich die Damen und Herren vom Verfassungsgericht zitieren darf: "Die parlamentarische Demokratie basiert auf dem Vertrauen des Volkes. Vertrauen ohne Transparenz, die erlaubt zu verfolgen, was politisch geschieht, ist nicht möglich."
Lassen Sie sich das, meine Damen und Herren von der Christlich Demokratischen Union - von dieser räumlichen, nicht aber tatsächlichen Mitte in diesem Haus -, ins Stammbuch schreiben. Wenn Sie dies bei der heutigen Abstimmung beherzigen würden, wären Ihnen die Nichtigkeit und die Scheinheiligkeit Ihrer Gegenargumente klar. Ich will auf einige eingehen. Da wird gesagt: Überlastung der Verwaltung. Diese Angst hätten wir Ihnen gern genommen, deshalb haben wir eine öffentliche Anhörung gefordert und waren gewillt, zur öffentlichen Anhörung diejenigen Länder der Bundesrepublik Deutschland einzuladen nämlich Berlin, Brandenburg und Schleswig-Holstein -, in denen ein solches Gesetz schon Praxis ist. Sie haben die öffentliche Anhörung abgelehnt und nur eine schriftliche Anhörung zugelassen - was heißt zugelassen, das war unser Minderheitenrecht, sonst wäre es vielleicht auch gar nicht mal zu dieser gekommen.
Sie haben dann diejenigen Anzuhörenden, die wir aufgelistet hatten, von denen man über die Praxis eines solchen Gesetzes etwas hätte erfahren können, nicht zur Anhörung zugelassen.
Wie wollen Sie denn dann dieses Argument "das ist zu viel Arbeit, da wird zu viel gemacht" halten, wenn Sie diejenigen, die in Deutschland bereits Praxis haben, nicht zur Anhörung zulassen? Wir haben natürlich als SPD-Fraktion eine solche Anhörung mit den jeweils gleichermaßen für Datenschutz und für Informationsfreiheit Zuständigen von Berlin und von Brandenburg durchgeführt. Wir haben uns überzeugen können, dass eine solche Überlastung einfach nicht angesagt ist. In Berlin hat es im Verlauf eines Jahres insgesamt 150 Begehren gegeben, von denen noch ein Teil aus berechtigten Gründen, wie es auch nach unserem Gesetz möglich wäre, abgelehnt worden ist, so dass in Berlin, alle Stadtteile und Kommunalverwaltungen eingerechnet, etwa 100 solche Begehren im ganzen Jahr stattgefunden haben und in Brandenburg war es genauso. Dies hätten Sie auch erfahren können, wenn Sie diese Anhörung im ordentlichen Maß zugelassen hätten.
Das Nächste - Einwendungen der Datenschutzbeauftragten: Es wäre ein Leichtes gewesen, die berechtigten Einwendungen der Datenschutzbeauftragten durch Änderungsanträge in unser Gesetz aufzunehmen. Wir haben ja nicht umsonst im Gesetz vorgesehen, dass Datenschutzbeauftragte und der Beauftragte für die Informationsfreiheit ein und dieselbe Person sind, damit das Abwägen dieser zwei sich allerdings nur scheinbar widersprechenden Pole dann auch in einer Hand liegen kann, dass es einen Beauftragten für beides gibt im Lande Thüringen.
Und das Dritte, es gebe bereits genug Informationsmöglichkeiten. Herr Fiedler, auch dieses Argument sticht absolut nicht. Ich habe hier eine Liste; ich könnte Ihnen vorlesen, wo es überall Informationsrechte der Bürger gibt. Aber das sind doch immer nur die Rechte, die zu seinem eigenen Verfahren, zu seiner eigenen Person, ich sage mal, eben die Einsicht erwarten. Hier geht es doch um eine gesamte Transparenz der Verwaltung aus den bekannten Gründen.
Die Kritik der PDS, dass wir nun nicht weit gegangen sind, das ist unsere Lage nun einmal hier in diesem Haus. Dem einen gehen wir zu weit, dem anderen gehen wir nicht weit genug. Wir Sozis stehen dann immer ein bisschen in der Mitte. Eigentlich müssten wir hier in der Mitte sitzen, auch wenn wir ein paar weniger sind.
(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Herr Schemmel, das können wir dann mit einem Koalitionsvertrag regeln.)
Wie Sie sehen, taugen Ihre Gegenargumente eigentlich nichts. Sie haben sich nicht ernsthaft bemüht, sondern Sie haben Ihre ablehnende Grundhaltung mit einigen Gegenar
gumenten kaschieren wollen. Da nützt es auch nichts, wenn Sie sagen, ja eigentlich finden Sie was ganz gut ist, aber wir können es nicht machen aus a), b), c). Ich meine, entweder man entscheidet sich für diesen Weg oder man entscheidet sich nicht für diesen Weg. Wenn Sie sich heute für dieses Gesetz entscheiden könnten, erhielten die Thüringer Bürgerinnen und Bürger nicht erst nach der nächsten Landtagswahl, sondern bereits heute ein Informationsfreiheitsgesetz, würden sie bereits heute in die Lage versetzt, die Voraussetzung für die erhoffte und erforderliche Teilnahme an der Gestaltung der Gesellschaft zu erlangen. Aber es ist schon so, Sie wollen es einfach nicht. Mit dieser Mehrheit ist es ja auch so bequem. Warum sollen wir dann dem Bürger noch irgendwie, ich sage mal, Informationsrechte und uns in die Karten schauen lassen? Wir machen in dieser Art und Weise so schön bequem weiter. Bloß, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, eine solche Denkweise kann zu einem bösen Erwachen führen.
Ich wollte noch sagen, es gab schon Staatssekretäre, die haben Ordnungsrufe wegen Handyklingelns gekriegt. Aber da Sie die Reichweite unserer Geschäftsordnung kennen, verzichte ich in diesem Fall.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde den Verdacht nicht los, Herr Kollege Schemmel, dass das hier mehr eine Schaufensterveranstaltung von Ihnen ist.