Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in der Debatte zur Nichtgewährung einer Wiederholungsmöglichkeit der 10. Klasse im Realschulzweig der Regelschulen fehlt mir in der Form, wie Sie sie führen, Frau Dr. Stangner und Herr Döring, sowohl das Maß als auch das Ziel.
Ich will den Vorgang selbst nicht bagatellisieren, aber es ist eine fehlerhafte Behördenentscheidung, die Menschen in ihren gesetzlich verbrieften Rechten einschränkt. Das ist schlimm. Sie muss in ihren Ursachen ergründet werden, um Wiederholungen zu vermeiden.
Negative Folgen für die Betroffenen müssen nach Möglichkeit ausgeschlossen oder zumindest gemindert werden und
natürlich muss man die Verantwortlichkeiten prüfen, derer, die fehlerhaft gehandelt haben und warum sie so gehandelt haben.
Aber meine Damen und Herren, das erfolgt durch das zuständige Ministerium, das hat der Minister hier vorgetragen und es ist heute sicher, dass die Weimarer Handlungsweise singulär war.
Natürlich ist sie abgestellt und natürlich wird den Betroffenen, sofern sie es wünschen und es für ihre berufliche Karriere erforderlich ist, die Möglichkeit angeboten, in geeigneter Form den versäumten Schulabschluss nachzuholen. Es ist ein Fehler passiert und das wird niemand zu entschuldigen versuchen, aber das war es dann auch. Wo Menschen handeln, sind Fehler nicht auszuschließen. Ein solcher, denke ich, den können wir für die Zukunft ausschließen, aber dass wieder einmal in einer Behörde ein Fehler passiert, das werden wir nie ausschließen können. Wenn Sie aber, Frau Dr. Stangner, in einem Zeitungsinterview in diesem Zusammenhang von Verbrechen sprechen, also Vorsatz unterstellen, dann verdrehen Sie ganz einfach die Tatsachen.
Vielmehr sollten wir uns darüber unterhalten, wie es dazu kommen kann, dass Schüler das Klassenziel der Abschlussklasse nicht erreichen und wie wir dem gerade im Bereich des Haupt- und des Realschulzweigs entgegensteuern können. Die Frage nach rechtzeitiger erzieherischer Einflussnahme von Eltern und Schule, die Frage nach der Verbesserung von Kommunikation zwischen Eltern und Schule, Kindern und Eltern, Schülern und Lehrern ist aber wieder die grundsätzliche bildungspolitische Debatte. Die müssen wir führen, aber nicht in einer Aktuellen Stunde, sondern mit großer Breite und Gründlichkeit und nicht
Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, ich habe lange überlegt, ob ich heute und hier dazu spreche. Seit Tagen, eigentlich seit dem Bekanntwerden der Weimarer Versäumnisse, habe ich überlegt, hast auch du dich vielleicht schuldig gemacht. Stellen Sie sich die Situation an den Schulen Mitte der 90er Jahre vor. Man hatte das Gefühl, jedes Jahr galt ein neues Schulgesetz bzw. wurde das bekannte novelliert. Gleiches traf auf die Schulordnung zu. Die Lehrer besaßen höchstens Kopien davon, keiner konnte sich darauf verlassen, dass das eigene Exemplar das derzeitig gültige war. Gedruckte Exemplare waren mit Sicherheit bereits veraltet. Während in dem einen Jahr Realschüler, die die Prüfung vermasselt hatten, wenigstens den Hauptschulabschluss zuerkannt bekamen - ja, das gab es schon einmal bis 1994, Wiederholungsprüfungen für schriftliche Prüfungen indes gab es nicht -, war es im nächsten Jahr bereits ganz anders. Der Hauptschulabschluss konnte nicht en passant erworben werden, dafür gab es mündliche Zusatzprüfungen für Mathematik, Deutsch usw., um eventuell doch nach missglückter schriftlicher Prüfung zum Abschluss zu gelangen. Ein freiwilliger Rücktritt in Klasse 9 jedoch war nur nach dem Erteilen des Halbjahreszeugnisses der Klasse 9 auf Antrag möglich, später nicht, so dass zumindest in einem Jahr, an das ich mich noch genau erinnere, eine Nichtzulassung zur Prüfung gleichbedeutend war mit einem Abgangszeugnis ohne Qualifikation, Ziel BVJ. Das war damalige Politik, Politik von Herrn Althaus, neu installierte hochgelobte BVJ sollten gefüllt werden. Das war keine fehlerhafte Behördenentscheidung, es war Vorsatz. Die Lehrer haben sich auf das in der Dienstberatung Besprochene verlassen, verlassen müssen, denn ein Jahr später galt bereits ein anderes. Wir, auch ich, waren Spielball der neuen Gesetze und Verordnungen bzw. des
sen, was im Bezug darauf mündlich durchgestellt wurde. Ich sehe noch die Schülerin vor mir, die aufgrund der Erteilung der Vornote Fünf in Mathematik mir persönlich den Vorwurf machte, ich sei daran schuld, dass sie ohne Realschulabschluss und ohne Chance zur Wiederholung die Schule verlassen musste. Ich war allerdings nur die Fachlehrerin für Mathematik und wusste nicht, dass ich mit dieser Note die Lebenschancen erheblich verschlechterte. Den Abschluss daraufhin am BVJ zu erlangen, war bereits damals für Schülerinnen und Schüler die minderwertigere und nicht erstrebenswerte Variante.
Meine Damen und Herren, arbeiten in Schulämtern zu wenig oder zu viele Juristen? Müssten dort nicht viel mehr Pädagogen und Psychologen arbeiten? Machen wir doch Gesetze und Verordnungen, die von den betroffenen Lehrern, Eltern und Schülern auch ohne Interpretationsanweisung verstanden und mitgetragen werden.
Ein runder Tisch Bildung oder ein Ratschlag, der die gesellschaftliche Debatte parteiübergreifend aufnimmt und tabulos diskutiert und neueste pädagogische Forschungsergebnisse zur Kenntnis nimmt, ist mehr als an der Zeit. Der damalige zuständige Minister will demnächst Ministerpräsident werden. Seien Sie doch ehrlich, Herr Althaus, er drückt sich wieder. Äußern Sie sich und lassen Sie es nicht zu, dass Bauernopfer die Situation retten sollen. Der Fisch fängt am Kopf an zu stinken. Sie, Herr Althaus, waren in Verantwortung und sollten auch jetzt dazu stehen.
Weitere Redemeldungen sehe ich nicht. Ich kann damit die Aktuelle Stunde auch in ihrem zweiten Teil schließen und wir kommen zurück zur laufenden Tagesordnung.
Thüringer Gesetz zur Bildung der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/2256 dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/2473 ZWEITE BERATUNG
Die Berichterstattung hat Frau Abgeordnete Dr. Wildauer übernommen. Ich darf um die Berichterstattung bitten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf in der Drucksache 3/2256 zur Bildung der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel wurde durch den Thüringer
Landtag in seiner 59. Sitzung zur Weiterbehandlung an den Innenausschuss überwiesen. Dieser befasste sich mit der Gesetzesproblematik am 15. März und am 30. Mai. Am 15. März wurde eine mündliche Anhörung in öffentlicher Sitzung für den 30. Mai beschlossen. Eingeladen wurden dazu Vertreter der von den Neugliederungsmaßnahmen betroffenen Gebietskörperschaften. Es erhielten alle 13 Gemeinden, die von der Gesetzesänderung betroffen sind, die Möglichkeit zu einer mündlichen Stellungnahme. Die einzelnen Gemeinden sind sowohl im Gesetz als auch in der Beschlussempfehlung - Drucksache 3/2473 genannt. Darüber hinaus wurde sowohl dem Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt als auch dem VG-Vorsitzenden Uhlstädt sowie dem Bürgermeister der Stadt Rudolstadt die Möglichkeit gegeben, sich zum Gesetz zu äußern. Im Gesetzgebungsverfahren soll geregelt werden, dass sich die bisherige Verwaltungsgemeinschaft Uhlstädt auflöst und die Stadt Rudolstadt für die Gemeinde Kirchhasel nicht mehr die Aufgaben einer Verwaltungsgemeinschaft wahrnimmt. Aus den Gemeinden der bisherigen Verwaltungsgemeinschaft Uhlstädt und der Gemeinde Kirchhasel wird die Einheitsgemeinde Uhlstädt-Kirchhasel gegründet. Eine Ausnahme bilden die Gemeinden Großkochberg und Heilingen. Sie wollen, dass die neue Einheitsgemeinde für sie als erfüllende Gemeinde wirkt. Die neu zu bildende Einheitsgemeinde wurde in Bürgerversammlungen und in schriftlichen Anhörungen von der Mehrheit der Bürger gewünscht. Das kam auch in der Anhörung zum Ausdruck. Nicht einverstanden war die Stadt Rudolstadt. Der Innenausschuss beschloss in seiner abschließenden Beratung, dem Gesetz zuzustimmen. Es ist der einheitliche Wille der Gemeinden zur Schaffung dieser neuen Struktur, um alle Aufgaben des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises effektiver und bürgernaher erfüllen zu können. Die Mitglieder des Innenausschusses empfehlen einstimmig dem Landtag das Gesetz zur Annahme. Danke.
Das war die Berichterstattung. Wir kommen jetzt zur Aussprache. Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Schemmel, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, überall im Lande gibt es Nachdenken über weitere Schritte zur Gemeindegebietsreform und Kreisgebietsreform. Die Umwandlung von Verwaltungsgemeinschaften in Einheitsgemeinden, die Rückführung kreisfreier Städte in Landkreise, Änderungen der Einwohnergrenzzahlen für Einheitsgemeinden und weitere Probleme werden landauf, landab diskutiert. Entsprechende Anfragen gehen auch öfter im Innenausschuss ein. Ich habe hier gerade ein Schreiben einer Verwaltungsgemeinschaft, die den Innenausschuss anfragt, wann mit einer Gesetzesvorlage für eine neue Gebietsreform zu rechnen ist und, und, und. Die Fragen werden also aus dieser Praxis gestellt. Landauf, landab wird diese Debatte geführt, nur hier, wo Landesre
gierung und Gesetzgeber traulich zusammen in einem Hause sitzen, findet eine solche Diskussion nicht statt, und dies, obwohl wir zurzeit über eine Änderung der Thüringer Kommunalordnung beraten. Wir reden dort über Landkreise, Gemeinden, Ortschaften, Verwaltungsgemeinschaften, erfüllende Gemeinden, führen diese Diskussion aber abstrakt und an der landesweiten Debatte vorbei. An anderer Stelle reden wieder andere Partner, auch andere Minister über Landesplanung und Regionalplanung. Ich fordere deshalb an dieser Stelle zum wiederholten Male die Regierung und die Mehrheitsfraktion auf, Überlegungen zu Raumplanung und Gebietsreform zusammenzuführen und diese Debatte weit zu öffnen. So sind auch die Möglichkeiten und Grenzen der Verwaltungsübertragung zu durchleuchten, also das Institut der Verwaltungsgemeinschaft kritisch zu überprüfen, und es ist gleichzeitig über eine Stärkung des Ortschaftsrechts zu beraten. Letzteres unter dem Aspekt, dass der Wunsch nach Selbstständigkeit und Identität mit dem eigenen Ort
natürlich auch über eine intakte Ortschaft innerhalb einer intakten Ortschaftsverfassung erfüllt werden kann.
Sehr geehrter Herr Fiedler, es ist mir außerordentlich wichtig, an dieser Stelle auch diese Frage darzustellen, denn es ist, auch wenn es hier, wie Sie sagen, nur um Kirchhasel geht,
ein Versäumnis in diesem Haus und von dieser Regierung, dass diese Komponenten Landesplanung und weitere Gebietsreform nicht zusammengeführt werden. Solange wir aber diese Debatte hier in diesem Haus führen und die CDU - Herr Fiedler, auch Sie - will sie ja aus taktischen Gründen nicht führen, weil es ja zugegebenermaßen eine schwierige Debatte ist und man damit ja auch nicht unbedingt Wählerstimmen gewinnt. Solange wir also diese Debatte nicht führen, ist es ein glücklicher Zufall und ein ermutigendes Signal aus dem Land, wenn sich 13 Gemeinden auf der Basis der Freiwilligkeit einigen. Diese Freiwilligkeit zu einem Gemeinwesen ist dann natürlich, wenn Regierung und Mehrheitsfraktion nicht landesplanerische Aspekte durch Gesetz umsetzen, das Maß aller Dinge. So wird unsere Fraktion diesem Gesetzentwurf mehrheitlich zustimmen, da er auf der Grundlage eindeutiger Beschlüsse der Gemeinderäte erfolgte, auch wenn nachvollziehbare Einwände der Stadt Rudolstadt zu hören waren. Diese wurden hier in der Anhörung von Dr. Franz, dem Bürgermeister von Rudolstadt, vorgetragen und er verwies auch auf die Diskrepanz zwischen den Zielvorstellungen der Landesplanung und den Gemeindezusammenschlüssen, die auf einer anderen Ebene und nicht im Konsens beraten und besprochen werden. Wir werden auch dem Gesetzentwurf zustimmen, wenn wir sehen, dass der Status von Großkochberg und Heilingen als erfüllende Gemeinde in diesem
neuen Konstrukt unsystematisch ist. Aber solange wir nicht systematisch über neue Strukturen diskutieren und um deren Umsetzung werben, werden wir das Prinzip Freiwilligkeit immer akzeptieren müssen und akzeptieren wollen. Deshalb unsere mehrheitliche Zustimmung zum Gesetzentwurf, nicht ohne Großkochberg und Heilingen zum Eintritt in die Einheitsgemeinde zu ermutigen. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch wenn schon signalisiert wurde, dass auch die PDS mehrheitlich dem Gesetzentwurf zustimmen wird, komme ich doch nicht umhin, noch ein paar Dinge zu diesem Gesetzentwurf loszuwerden. Herr Schemmel sagte es bereits, wir wünschen uns auch eine dringende parteiübergreifende fachliche Diskussion über Erfordernisse und Ziele einer notwendigen Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform, die für unsere Kommunen in Thüringen nachhaltig sein wird. So zeigt uns der vorliegende Gesetzentwurf, dass die Gemeindegebietsreform in Thüringen keineswegs abgeschlossen ist oder als abgeschlossen gesehen werden kann.
Unsere Fraktion hält eine weitere Kreis- und Gebietsreform im Ergebnis einer konsequenten Funktional- und Verwaltungsreform unbedingt für erforderlich. Heute geht es um die neu zu bildende Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel. Wenn sich Gemeindeneugliederungsmaßnahmen auf freiwilliger Basis vollziehen, gibt es gar nichts anderes. Natürlich werden wir diese begrüßen und diesem zustimmen. Jedoch muss auch bei freiwilligen Gemeindegliederungsmaßnahmen darauf geachtet werden, dass hier die neu entstehenden Strukturen auch tatsächlich auf längere Sicht leistungsfähig sind. Die Leistungsfähigkeit begründet sich da aber nicht immer nur nach den finanziellen Mitteln, nach der Finanzsituation.
Nun noch ein konkreter Vorschlag oder konkretes Anliegen zum Gesetzentwurf: Dabei werde ich auf die Ergebnisse der öffentlichen Anhörung im Innenausschuss am 30. Mai 2002 eingehen. Da gab es einige interessante Erkenntnisse, die doch ein bezeichnendes Bild der kommunalen Praxis aufzeigten. Meine Damen und Herren, unsere Fraktion wird dem zustimmen, weil, wie ich schon sagte, es ein freiwilliger Zusammenschluss ist. Aber an dieser Einschätzung ändert auch der Protest der Stadt Rudolstadt nichts, die sich gegen diesen Gesetzentwurf ausgesprochen hat. Interessant ist dabei aber schon, dass der Landkreis Saalfeld-Rudolstadt in einer Stellungnahme erst dem Gesetzentwurf
zustimmte und sich eine Woche später plötzlich dagegen aussprach. Da bin ich doch sehr stutzig geworden und frage mich, was mag wohl in der Woche zwischendrin in dieser Verwaltung, in diesem Amt passiert sein. Im Ergebnis der beabsichtigten Neugliederung besteht die Chance, in einer Region des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt eine gemeindliche Gebietsstruktur zu schaffen, die zukunftsfähig erscheint. Aber andererseits gibt es doch einige Punkte, die uns Zweifel aufkommen lassen. Der vorliegende Gesetzentwurf macht sichtbar, dass die Gemeindeneugliederungsmaßnahmen der 90er Jahre im Bereich Uhlstädt und Kirchhasel doch nur eine Zwischenetappe darstellten. Denn trotz mehrfacher Strukturveränderungen in dieser Region ist die gegenwärtige Gemeindestruktur eben nicht nachhaltig effizient und unterstreicht die Notwendigkeit des Handelns. Dass sich Rudolstadt dagegen ausgesprochen hat und vielmehr eine perspektivische Eingemeindung von Kirchhasel und anderen Orten favorisiert, überrascht uns doch nicht. Unsere Fraktion spricht sich jedoch in Abwägung der Vor- und Nachteile im Grundsatz für die im Gesetzentwurf enthaltene Lösung aus. Warum? Die von der Stadt Rudolstadt vorgetragenen Aspekte der Landes- und Entwicklungsplanung werden aus unserer Sicht durch die neue Einheitsgemeinde nicht infrage gestellt. Über Formen der kommunalen Gemeinschaftsarbeit lassen sich hier Lösungen als Alternative zu einer Eingemeindung finden.
Meine Damen und Herren, es hätte aus unserer Sicht aber im Gesetzgebungsverfahren auch nochmals geprüft werden müssen, weshalb sich Großkochberg und Heilingen nicht für den Eintritt in die Einheitsgemeinde, sondern für das Rechtsinstitut der erfüllenden Gemeinde entschieden haben. Die Landesregierung hatte hier meines Erachtens bei der Darstellung möglicher Alternativen bereits ähnliche Ansätze, auch in der Anhörung gab es diesbezüglich mehrere Hinweise und Anregungen. Wir sehen das so, dass offenbar Konflikte vermieden werden sollten und deshalb bewusst auf Alternativlösungen verzichtet wurde.
Meine Damen und Herren, die zukünftige Einheitsgemeinde wird zwei Zweckverbänden der Wasserver- und Abwasserentsorgung angehören. Auf die Frage, ob das vertretbar und auch machbar ist in der komplexen praktischen Arbeit, bekamen wir zur Antwort, es gibt auch andere Einheitsgemeinden, wo das so ist. Hier einfach darauf zu verweisen, das ist wenig sachdienlich, denn die Transparenz der Arbeit der Zweckverbände ist ohnehin nicht durchgängig gegeben. Und wenn nun Gemeinden in einzelnen Ortsteilen einer neu gebildeten Einheitsgemeinde noch verschiedenen Verbänden angehören, ich denke, das dient eben nicht der Förderung der Transparenz der Arbeit. Aus unserer Sicht ist hier der Gesetzgeber gefordert, wenn sich nicht die Beteiligten vor Ort zu einer Lösung verständigen können. Natürlich wissen auch wir, dass im vorliegenden Fall die Sachlage durch die Probleme im Zweckverband Kahla noch verstärkt wird. Doch gerade dieser Fakt spricht eher für das Wirken des Gesetzgebers. Gerade die Probleme des Verbandes Kahla haben in Heilingen doch zu der Entscheidung geführt, der neu gebilde
ten Einheitsgemeinde vorerst nicht beizutreten, sondern sich vielmehr von dieser erfüllen zu lassen. Dass unsere Fraktion hier kritische Anmerkungen macht, aber keine gesetzgeberische Initiative startet, ist kein Widerspruch, meine Damen und Herren, sondern hat damit zu tun, dass wir gar nicht gewillt sind, hier die Arbeit der Landesregierung und ihrer Behörden zu leisten.
Meine Damen und Herren, in der ersten Lesung haben wir auf einen möglichen Konfliktpunkt aufmerksam gemacht, der sich aus der Regelung des § 4 Abs. 2 ergeben könnte. Hier ist die Zusammensetzung des so genannten Übergangsgemeinderats bis zur Neuwahl geregelt. Diesem Übergangsgemeinderat sollen nicht die gewählten Bürgermeister angehören, obwohl diese nach § 23 Abs. 1 Thüringer Kommunalordnung bisher den einzelnen Gemeinderäten angehörten. Wir sind uns nicht sicher, ob dies die betroffenen Bürgermeister überhaupt wissen und sich auch über die Konsequenzen im Klaren sind. Wir halten es im Interesse der Vermeidung von Konflikten vor Ort durchaus für geboten, dass die bisherigen Bürgermeister dem Übergangsgemeinderat angehören. Leider wurde auch dieser Aspekt in der Gesetzesberatung nicht näher behandelt.
Anschließend noch ein Punkt der öffentlichen Anhörung, der thematisiert wurde, aber nur mittelbar mit dem Gesetz im Zusammenhang steht. Obwohl offiziell Rudolstadt als erfüllende Gemeinde für Kirchhasel tätig war, hatte Kirchhasel die ganzen Jahre noch eine eigene Kernverwaltung von mindestens sechs Angestellten. Rein zufällig erfuhren wir dies vom Vertreter der Gemeinde Kirchhasel auf Nachfrage meiner Fraktionskollegin. Gegenwärtig ist hier offenbar eine Verwaltungsstruktur vorhanden, die es eigentlich in Thüringen gar nicht geben dürfte. Das Rechtsinstitut erfüllende Gemeinde wurde aber doch gerade deshalb geschaffen, weil sich erfüllende Gemeinden offensichtlich nicht in der Lage sahen, dies selbständig leisten zu können. Nun mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass Kirchhasel bisher noch eine eigene Verwaltung hatte. Der Innenminister als oberste Kommunalaufsicht muss sich fragen lassen, wieso so etwas möglich ist. Tolle Privilegien, sage ich, oder etwa ein heimliches Pilotprojekt der Regierung?