Protokoll der Sitzung vom 07.03.2003

Wir haben jetzt noch zwei Meldungen aus der Mitte des Hauses, dann Herr Abgeordneter Kummer, Frau Abgeordnete Doht hat sich gemeldet und Herr Minister möchte dann auch noch einmal.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Mohring, Ihre Rede war es, die mich bewogen hat, doch noch ein paar Worte an das hohe Haus zu richten. Das hat mich schon sehr verwundert, was Sie hier vorgetragen haben,

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Jawohl.)

aus dem einfachen Grund, weil Sie ja eigentlich der haushaltspolitische Sprecher Ihrer Fraktion sind. Dass der ehemalige Finanzminister, unter dessen Führung ja der Landeshaushalt noch zu Stande gekommen ist, jetzt als Innenminister nur noch auf die gegenwärtige Strukturreform hier eingeht, das wundert mich ja nicht, aber dass Sie als haushaltspolitischer Sprecher hier nichts sagen, wenn der Landeshaushalt, den wir aufgestellt haben als Gesetz, auf eine solche Art und Weise nicht umgesetzt wird, dann kann ich das nicht verstehen. Meine Damen und Herren, wir haben mit dem Landeshaushalt festgelegt, dass 94 Bedienstete aus den Katasterämtern ins Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt umgesetzt werden.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Werden Sie doch auch.)

Ich kann Ihnen dazu sagen, es gab dort auch triftige Gründe, dass das unterstützt wird, nämlich gerade im Bereich der Landwirtschaftsämter gibt es massive Personalprobleme. Die haben gesagt, wir brauchen händeringend Leute und wir haben gesagt, ist in Ordnung, ihr bekommt Unterstützung aus der Katasterverwaltung und dementsprechend könnt ihr dort ein bisschen die Probleme, die ihr habt, abbauen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ihr habt den Haushalt abgelehnt; wir haben es beschlossen.)

Wir haben aber dieses unterstützt

(Unruhe bei der CDU)

und wir haben auch die Probleme der Landwirtschaftsämter in der Haushaltsberatung angesprochen. Wenn die Fachpolitiker der CDU dort nicht anwesend waren, kann ich auch nichts dazu. Auch die Flurneuordnungsämter brauchen dringend Personal aus der Katasterverwaltung. Was

ich gehört habe, ist, dass die Umweltämter gerade zur Vermessung von FFH-Gebieten auch einen dringenden Bedarf angemeldet haben. Dieser Bedarf ist aber seit dem 01.01. gegeben. Wir haben eigentlich erwartet, dass diese Umstrukturierung auch zeitnah umgesetzt wird. Nach dem, was wir heute gehört haben, wird vor April keiner aus den Katasterämtern in den entsprechenden Behörden des Ministeriums für Landwirtschaft tätig sein. Das ist für uns nicht akzeptabel.

Eine andere Sache, die ich ansprechen möchte, Herr Innenminister, Sie haben hier von 17 Ämtern und entsprechenden Untergliederungen gesprochen auf Landkreisebene,

(Zwischenruf Trautvetter, Innenminister: Acht Ämter, neun Außenstellen.)

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Acht.)

17 Ämter und Untergliederungen habe ich gesagt, und er hat gesagt, dass wir in jedem Landkreis eins hätten. Wir haben aber nicht nur 17 Landkreise, wenn ich die kreisfreien Städte mit betrachte. Da möchte ich zumindest noch eine Ausführung haben, was mit den kreisfreien Städten wird.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Kreis- freie Städte sind aber keine Landkreise.)

Aber auch dort, Herr Mohring, da werden Sie mir sicher Recht geben, in kreisfreien Städten gibt es Bedarf zur Vermessung oder wie? Da muss ich natürlich auch dem Bürger sagen, wo er sich hinwenden soll und damit ist Ihre Argumentation, dass sie sich auf die Kreisebene begeben würden, schon ein bisschen komisch.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Der Bürger wendet sich an die ÖbVI's.)

Meine Damen und Herren, zum Interessenbekundungsverfahren auf freiwilliger Basis noch eine kurze Ausführung. Was machen denn die Mitarbeiter von Ämtern, die aufgelöst werden? Bekunden die ihr Interesse auf freiwilliger Basis oder wenn sie das nicht auf freiwilliger Basis bekunden, was wird denn dann mit ihnen? Diese Frage zu beantworten, hätte ich mir auch gewünscht.

Noch eine Sache, die ich hier bemerken möchte, zur Unruhe: Wir haben schon einige Briefe bekommen und es sind eben gerade die Probleme der Leute in den Ämtern, unter anderem in den Ämtern, die aufgelöst werden und die nicht wissen, wie soll ich mich denn jetzt verhalten. Soll ich mich irgendwohin bewerben oder werde ich in ein anderes Amt umgesetzt? Diesen Interessen der Leute, zu wissen, was sie tun sollen, denen müssen wir doch auch nachgehen und ich hätte mir gewünscht, dass hier auch eine klare Antwort aus der Landesregierung entgegensteht. Weil hier mehrfach die Frage diskutiert wurde, wie die

PDS sich eine Umstrukturierung vorstellt: Meine Damen und Herren, wir sind für eine Neugestaltung von Strukturen, wenn sich die alten Strukturen nicht bewährt haben. Diese Neustrukturierung sollte so durchgeführt werden, dass sie zielführend ist und dabei muss die fachliche Prämisse die Hauptrolle spielen und nicht nur, wie bei Ihnen, die Frage der Finanzen. Deshalb können wir mit der Regelung, wie Sie sie getroffen haben, nicht einverstanden sein. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Nun hat Frau Abgeordnete Doht, SPD-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir hier noch einmal einige Anmerkungen zur regionalen Verteilung der Katasterämter. Mein Kollege Pohl hatte es schon angeführt, der Landtag hat Ende 2001 ein neues Landesplanungsgesetz beschlossen, auf dessen Grundlage ein Landesentwicklungsplan erarbeitet werden sollte. Laut Mitteilung im Staatsanzeiger sollte der Entwurf zeitig im Jahr 2003 öffentlich gemacht werden und es ist ja auch im vergangenen halben Jahr sehr intensiv seitens der Staatskanzlei an diesem LEP gearbeitet worden. Es hat zahlreiche Diskussionsrunden in den regionalen Planungsgemeinschaften mit dem Gemeinde- und Städtebund gegeben. Der vorliegende Entwurf dieses LEP wird der Tatsache gerecht, dass die finanziellen Ressourcen knapper werden, dass man Mittel straffen, effizienter einsetzen muss. Das heißt, das fünfstufige zentrale Ortesystem wird auf ein dreistufiges reduziert und der LEP, die bislang vorliegenden Entwürfe, weisen künftig Entwicklungskerne aus. Nun sollte man doch auch davon ausgehen, dass Katasterämter in diesen Entwicklungskernen angesiedelt werden sollten, denn es werden nicht in der Hauptsache die Bürger sein, sondern hier ist auch das Thema Wirtschaftsförderung anzusprechen. Ich muss für Investoren günstige Bedingungen schaffen. Wenn ich in einem LEP schon Entwicklungskerne festlege, das sind nämlich die Leuchttürme, die heute schon über eine relativ gute wirtschaftliche Infrastruktur verfügen und ins Land ausstrahlen, dann muss ich auch, um für Investoren kurze Wege zu schaffen, um gute Bedingungen für weitere Ansiedlungen zu schaffen, mit der Katasterverwaltung in diese Entwicklungskerne gehen. Wenn man sich das anschaut, was das Innenministerium hier veröffentlicht und das Kabinett beschlossen hat, dann steht dem das völlig entgegen. Mit Ausnahme von Gotha und Saalfeld liegen alle anderen Katasterämter außerhalb dieser Entwicklungskerne.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Das übernehmen doch die ÖbVI's!)

Das ist keine Problem für die ÖbVI's, sondern die Investoren sind auch auf die Katasterverwaltung angewiesen. Wenn die nur noch die ÖbVIs brauchten, dann hätten wir die Katasterverwaltung ganz abschaffen können.

(Unruhe bei der CDU)

Auf jeden Fall ist dies völlig kontraproduktiv zu den Dingen, die in dem bislang vorliegenden Entwurf zum LEP vorgestellt wurden. Nun pfeifen es allerdings auch die Spatzen schon von den Dächern, dass Herr Gnauck bei seinen eigenen Fraktionskollegen und im Kabinett mit dem LEP gescheitert ist. Ich würde das schade finden, denn unsere Fraktion steht hinter diesem dreistufigen Aufbau

(Beifall bei der SPD)

und dem Entwicklungskern, weil wir ganz einfach wissen, dass wir Mittel bündeln und einsetzen müssen. Dies hätte auch im Fall der Katasterämter geschehen müssen. Was hier verabschiedet wurde, ist keine zukunftsweisende Struktur. Sie wird nicht der Wirtschaftsförderung dienen; sie wird als einziges den Verkehr fördern, weil nämlich die großen Ämter zugunsten der kleinen geschlossen werden und dann viele Mitarbeiter noch mehr pendeln müssen.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Das ist doch Quatsch!)

(Beifall bei der SPD)

Jetzt Herr Minister Trautvetter, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Doht, für Ihren Beitrag gibt es ein altes Sprichwort und das heißt: "Herr, schmeiß Hirn vom Himmel."

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Warum fangen Sie es denn nicht, Herr Minister!)

Ich weiß nicht, ob Sie nicht zuhören. Wir denken uns ja auch nichts Neues aus. Herr Kummer hat auch gefragt: Wo soll denn der Bürger hingehen, auf welches Amt? Ich weiß nicht, ob Sie die Strukturen noch nicht begriffen haben. Für den Bürger, für den Investor, für die Kommune ist der zuständige Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur zuständig.

(Beifall bei der CDU)

Da denken wir uns nichts Neues aus. Da fragen Sie mal ältere Bürger Thüringens, das waren früher die Landvermesser. Ich hätte gern den Begriff "Landvermesser" auch

wieder eingeführt. Aber die letzten Landvermesser haben in den 60er-Jahren ihre Existenz aufgeben müssen. Bis dahin gab es den privaten Landvermesser. Für den Bürger war immer nur der Landvermesser zuständig; für den Bürger ist nicht mehr das Amt zuständig. Seltsamerweise, Herr Mohring hat es ja auch so deutlich gesagt, mit der hoheitlichen Beleihung von solchen Aufgaben, da regt sich beim Schornsteinfeger kein Mensch drüber auf. Das ist eine hoheitliche Tätigkeit. Es gibt Amtsbereiche und ein Schornsteinfeger ist für einen bestimmten Amtsbereich zuständig. Es funktioniert doch hervorragend. Wenn wir mal die materiellen und technischen Voraussetzungen haben, dann werden auch alle Dienstleistungen für den Bürger leichter das ist natürlich ein Prozess, der dauert ein paar Jahre, ob der einen Auszug aus dem Liegenschaftskataster braucht, ob er sonst irgendwelche Auskünfte braucht, weil nämlich die ÖbVI's mit den Katasterämtern, mit der Katasterverwaltung verbunden werden und eigentlich sämtliche Auskünfte in den ÖbVI-Büros abgeholt werden können. Kein Bürger, kein Investor, keine Kommune müssen mehr ihre Informationen, die sie brauchen, zukünftig vom Katasteramt holen. Das ist die Struktur, die wir aufbauen. Da kann man natürlich über Standorte reden. Weil gerade die Ämter keine Aufgabe mehr haben in zentralen Orten, weil ja zentrale Orte auch verkehrsmäßig so erschlossen sind, dass der Bürger dorthin kommt,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Eine gute Zugverbindung nach Eisenberg.)

(Heiterkeit bei der CDU)

gerade weil wir diese notwendigen Bedingungen nicht mehr brauchen, haben wir uns für ein Konzept entschieden, dass wir die Ämter dezentral unterbringen.

Was wird mit den Mitarbeitern gemacht, wird gefragt. Das sind alles Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Ich weiß nicht, was die für Sorgen haben. Frau Wildauer, wenn Sie nach den Kosten fragen und warum Kosten entstehen - wir haben uns bewusst dafür entschieden, dass die Mitarbeiter, die nicht mehr für die Vermessung gebraucht werden, nicht abgebaut werden, sondern dass mit denen die hoheitliche Tätigkeit "Aufbau des automatischen Liegenschaftskatasters der Geo-Daten-Systeme" umgesetzt wird.

(Beifall Abg. Groß, CDU)

Wir wollen mit den eigentlich nicht mehr benötigten Mitarbeitern in der Vermessung hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Für hoheitliche Aufgaben erzielt man natürlich keine Einnahmen. Deswegen ist es ganz natürlich, dass momentan Mehrkosten entstehen in den nächsten Jahren, die mit dem natürlichen Personalabbau bis 2009 dann wieder ausgeglichen werden. Da darf man das Defizit 2001 nicht zugrunde legen. Das wissen Sie selbst gut genug, dass sich gerade an dem Haushaltsjahr 2001 der Streit zwischen öffentlicher Vermessung und den ÖbVI's entzündet hat, weil nämlich die ÖbVI's von dem warmen Regen von 8 Mio. 

aus Brüssel für die Vermessung so gut wie keinen Anteil abbekommen haben. Genau das war auch der Grund für eine erhebliche öffentliche Diskussion in Thüringen: Wer muss welche Vermessungstätigkeit dort vornehmen.

Meine Damen und Herren, es ist gesagt worden: Verluste verstaatlichen - Gewinne privatisieren. Ich wüsste überhaupt nicht, das sage ich jetzt auch mal als ehemaliger Finanzminister, wo haben wir denn Gewinne im Katasterbereich? Gewinne macht man dann, wenn ein öffentlicher Bereich Überschüsse produziert. Das ist ein Bereich, der keine Überschüsse produziert hat in den letzten Jahren - ganz im Gegenteil. Herr Gerstenberger, wir können uns gerne mal in der Nachfolge, wenn wir mal weg von der Kameralistik und bei einer betriebswirtschaftlichen Haushaltsführung sind, über eine Vollkostenrechnung in bestimmten Bereichen unterhalten. Da werden wir zu ganz anderen Ergebnissen kommen, als die Kameralistik dort ausweist.

Meine Damen und Herren, malen Sie nicht so ein Schreckgespenst an die Wand, was einen angeblichen Haushaltsverstoß bewirkt. Meines Erachtens gibt es sogar einen Haushaltsvermerk an den beiden Titeln, dass, solange die Leute nicht umgesetzt sind, dann die Kosten, die ja etatisiert sind, in der Hauptgruppe 4 entsprechend dem anderen Bereich zugeschlagen werden können. Das heißt, wir haben für die Umsetzung von 94 Stellen, die zum 01.01.2003 etatisiert sind, Zeit bis zum 31.12.2003. Erst wenn wir in diesem Haushaltsjahr 2003 die Umsetzungen nicht schaffen, können wir über solche Themen reden.

(Beifall Abg. Mohring, CDU)

Natürlich ist es notwendig, dass erst die Standorte festgelegt sind, bevor ich überhaupt ein Interessenbekundungsverfahren machen kann - wer möchte in die Flurneuordnungsämter -, weil sich natürlich die Mitarbeiter umschauen, bleibt mein Standort oder wird mein Standort in der Perspektive aufgelöst und wo ist in der Katasterverwaltung das nächste Amt, wo ich eine Tätigkeit finde. Oder finde ich vielleicht näher zu meinem Wohnort ein Flurneuordnungsamt, wo ich die gleiche Tätigkeit ausführe. Das ist doch notwendige Grundlage, damit man ein vernünftiges Interessenbekundungsverfahren überhaupt machen kann. Darum haben wir auch diese Verfahrensweise gewählt, dass wir erst die Standorte veröffentlicht haben und erst nach Veröffentlichung der Standorte das Interessenbekundungsverfahren in den Ämtern auf die Wege gebracht haben. Also, meine Damen und Herren, malen Sie nicht immer solche Schreckgespenster an die Wand. Das ist ein schwieriger Prozess, das gebe ich zu, aber wir werden diesen schwierigen Prozess zu Ende bringen - und da darf ich Ihnen versprechen, das geschieht alles unter Einbeziehung der Personalräte, alles miteinander. Dass da auch ein paar Mitarbeiter dabei sind, die sagen, der kann mir erzählen, was er will, ich habe andere Interessen, und dass die Einbeziehung der Personalräte nicht bedeutet, dass bestimmte Interessen, die die Personalräte haben, auch von

der Leitung des Ministeriums mitgetragen werden, das liegt in der Natur der Sache. Aber die große Richtung, es geschieht alles unter Einbeziehung der entsprechenden Personalvertretungen.