Ich bitte den soeben neu gewählten Ministerpräsidenten Dieter Althaus zu mir zum Mikrophon zu kommen.
Herr Ministerpräsident, ich lese Ihnen die in der Verfassung des Freistaats Thüringen vorgeschriebene Eidesformel vor. Sie können diese Eidesformel anschließend bekräftigen mit den Worten: "So wahr mir Gott helfe". Ich bitte Sie nun diese Formel nachzusprechen: "Ich schwöre,"
Ich möchte jetzt Herrn Ministerpräsidenten Dieter Althaus die Möglichkeit geben, kurz einige Worte an uns, an das hohe Haus zu richten. Ich bitte die Journalisten die vereinbarten Regeln wieder einzuhalten.
Sie haben so viele Bilder von mir, das füllt Archive. Und ich kann Ihnen versprechen, auch jetzt werden die Bilder nicht schöner, Sie sollten also die bisherigen nehmen.
Meine sehr verehrte liebe Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte aus ganzem Herzen Ihnen, den Mitgliedern meiner Fraktion, aber auch dem ganzen hohen Haus danken, dass Sie mir das Ver
trauen geschenkt und damit hohe Erwartungen an mich und meine Amtsführung verbunden haben. Sie haben eben, als ich den Eid gesprochen habe, gehört, was meine Aufgabe ist. Ich will mich dieser Aufgabe mit ganzer Kraft, aber ich hoffe auch mit Ihrer Unterstützung, widmen. Ich bitte Sie als frei gewählte Abgeordnete in diesem hohen Haus und damit über Sie alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes: Kommen Sie auch mit Vertrauen auf mich zu und unterstützen Sie mich bei meiner, bei unserer Arbeit für Thüringen.
Heute ist nicht die Zeit für ausführliche Erklärungen, morgen früh werde ich mein Kabinett benennen. Es wird hier im hohen Haus vereidigt und im nächsten Monat werde ich meine Regierungserklärung halten. Aber Sie gestatten mir sicher kurz eine für mich wesentliche Leitidee für meine und, ich denke, für unsere Arbeit zu benennen. Bei allen Meinungsverschiedenheiten, die sind auch heute deutlich geworden, beim Streit über die politischen Entscheidungen, ob in Detailfragen oder auch ganz grundsätzlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Verfassung unseres Freistaats Thüringen, im Besonderen der erste Teil, gibt Staatsziele, Grundrechte und Grundprinzipien unserer Ordnung vor. Ich werde, und ich bitte Sie ebenfalls, mich genau danach richten. Unsere Verfassung muss unsere Orientierung bleiben, damit Freiheit und Demokratie in diesem schönen Freistaat auch in Zukunft gesichert bleiben.
Natürlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, an einem solchen Tag geht mir im Besonderen die Zeit von 1989/90 durch den Kopf. Die Freude, dass die Mauer weg ist und dass wir in Frieden die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes gestalten dürfen, ist immer noch meine Hauptmotivation für meine Arbeit und, ich denke, das sollte für uns alle auch in Zukunft so bleiben. Es war ein Sieg der Freiheit. Es war aber auch ein Sieg der Demokratie. Freiheit und Demokratie sind nicht automatisch gesichert, sondern Feinde von Freiheit und Demokratie sind immer auch gerade in freiheitlichen Bedingungen unter uns. Ich glaube, es ist unsere Verantwortung, als frei gewählte Abgeordnete, dieser Verfassung verpflichtet, dafür zu sorgen, dass nie wieder Ideen über Menschen herrschen, sondern dass wir die Menschenwürde jedes Einzelnen so ernst nehmen, dass sie Ausgangspunkt und Zielpunkt unserer Politik sein muss.
Diese Erfahrung lehrt uns unsere Geschichte. Bei allem Streit dürfen wir, denke ich, diese Erfahrung, die die Geschichte lehrt, nicht vergessen, wir Deutsche im Besonderen. Aber wir haben auch in jüngster Geschichte erfahren, wie Freiheit des Einzelnen gefährdet ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich hat dieses Land viele Probleme. Ich habe viele Aufgaben vor
mir. Wir haben Verantwortung wahrzunehmen. Das Stichwort Arbeitslosigkeit gibt ein ganzes Spektrum an Aufgaben auf. Jeder weiß, dass der Einsatz Arbeitslosigkeit zu bekämpfen jeder Mühe wert ist, aber auch der Einsatz für die Benachteiligten in unserem Land, für Behinderte, die, die ihre Chancen nicht genauso nutzen können. Gleichermaßen, auch das will ich deutlich sagen, muss unser und mein Einsatz der Leistungskraft, dem Wachstum unserer Gesellschaft dienen. Wie sonst soll dieses Land, diese Gesellschaft, jeder Einzelne die Kraft zur Solidarität haben, wenn nicht über Leistungskraft, über Wachstum und damit über die Chance, auch helfen zu können, wo man helfen muss.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist unzweifelhaft und bei allem Streit auch deutlich und andere sehen das häufig etwas klarer als wir selbst, Thüringen ist auf einem hervorragenden Weg in den letzten 13 Jahren vorangeschritten und wir stehen ausgezeichnet da. Das minimiert nicht, dass wir viele Aufgaben haben. Aber es macht doch deutlich - und ich finde, das muss auch im Mittelpunkt der politische Debatte im Alltag sein -, dass die harte Arbeit der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat, aber auch die engagierte Arbeit unzähliger Kommunalpolitiker und auch die ertragreiche Arbeit der Landespolitiker erfolgreich waren in diesem Land und für die Menschen in diesem Land. Deshalb liegt es mir am Herzen, gleich als Allererstes denen zu danken, die besonders Verantwortung wahrgenommen haben. Da nenne ich zu allererst die Ministerpräsidenten dieses Freistaats Josef stellungen, die sich gelohnt haben.
Politiker sollen durch Weisheit, durch das, was sie tun, aber auch durch das, wie sie es tun, ausstrahlen. Politiker sollen eine Vision haben, aber sie sollen auch in der Realität bezogen die Wege gehen. All diese Erwartungshaltungen haben die Menschen zu Recht. Das setzt voraus, dass sie menschlich und politisch Erfahrungen mitbringen und dass sie diese menschlichen und politischen Erfahrungen auch in ihr Amt einbeziehen; auch das werde ich gern tun. Ich danke auch allen Kabinettsmitgliedern, sehr bewusst allen, die seit 1990 in einer besonderen Verantwortung hier im Freistaat ihre Arbeit ausgeführt haben. Ich danke auch allen Abgeordneten dieses hohen Hauses, auch aus den vorherigen Legislaturperioden und ich sage sehr bewusst denen von Oppositions- und Regierungsfraktionen, weil dadurch die Demokratie lebendig und weil dadurch die Demokratie akzeptabel und zukunftsfähig gestaltet werden kann. Thüringen ist ein schönes Land, ein traditionsreiches Land, aber auch ein sehr modernes Land. Wer unseren Freistaat von außen betrachtet, bekommt diese Prädikate auch immer wieder gesagt. Damit sind wir ein Freistaat mit guter Zukunft, wenn wir es schaffen aus unseren Potenzialen die Kraft zu schöpfen, die Entwicklung auch weiter zu gestalten. Wir sind, meine sehr verehrten Damen und Herren, weder jung noch alt.
Wir sind schlicht Thüringen, wir sind auch nicht Ost oder West. Es wäre schön, wenn wir nach 13 Jahren Wiedervereinigung unseres Vaterlandes dahin kommen würden, wo die Normalität uns eigentlich sieht, wir sind Thüringer. Es gibt Hessen, es gibt Bayern, es gibt Sachsen und wir alle zusammen sind Deutsche und Europäer.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was uns trägt, scheint nicht immer offensichtlich zu sein. Aber es ist das, was wirklich spürbar ist, was erlebbar ist in unseren Gemeinden, in unseren Städten, das ist vor allen Dingen unsere Kultur. Die Kultur, die sich im Personalen ausprägt, aber auch in unserer Lebensgeschichte, in unserer Kulturgeschichte. Diese Kultur bezieht sehr bewusst mit ein die wechselvolle, zum Teil auch dramatisch wechselvolle Geschichte. Diese Kultur zu erhalten, das Positive weiterzuentwickeln, aus der Geschichte zu lernen, das ist die Hauptaufgabe eines Landes. Deswegen haben wir den Kulturföderalismus, deswegen haben wir Länder, die den Bund gebildet haben, weil diese Aufgabe eine Aufgabe ist, die man nur vor Ort in einem Land umfassend gestalten kann. Dass die Thüringer Kultur vielfältig ist, wissen Sie alle. Jeder kann dazu etwas beitragen.
Aber Thüringen ist auch ein Land mit Verantwortung. Verantwortung, die sich sehr persönlich ausprägt und die, wenn wir sie wirklich leben und ernst meinen, auch die Kraft zur Solidarität gibt. Thüringen ist, wenn wir die Kultur und die Verantwortung in den Mittelpunkt rücken, ebenfalls dann ein Land der Werte. Allzu oft wird über Werte philosophiert, es werden Tagungen abgehalten und es wird diskutiert, welche Werte gültig sind, welche Werte möglicherweise keine Gültigkeit mehr haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Werte muss man leben und nur gelebte Werte haben wirklich Bestand und eine Zukunft. Deshalb werde ich persönlich in der Amtsführung die Werte, die für Thüringen aus der Verfassung, aber auch für mich ganz persönlich wichtig sind, leben und ich hoffe, dass sie erfahrbar werden. Nein, es ist wirklich viel zu tun, keine Frage. Die Arbeit wird nicht auf sich warten lassen. Aber ich bin auch stolz auf das Erreichte, auch stolz darauf, dass ich mit Ihnen allen helfen durfte, dass wir so weit gekommen sind. So ein Stolz verleiht nicht falsches Selbstbewusstsein, sondern dieser Stolz motiviert zum Handeln. Das Handeln von uns, von mir, soll sich ausrichten an der Zukunft. Wir müssen für Familien attraktiv bleiben und noch attraktiver werden. Wir müssen uns für Kinder einsetzen, für Jugendliche. Damit ist Zukunft gestaltbar und wir müssen darauf achten, dass soziale und wirtschaftliche Stabilität nicht durch ein Gegeneinander organisiert werden soll, sondern dass Soziales und Wirtschaftliches sich in einer sozialen Marktwirtschaft, auf die ich mich ausdrücklich beziehe und zu der ich mich ausdrücklich bekenne, bedingen. Die Zukunft in Freiheit und Solidarität wird nicht im Widerspruch zwischen Sozialem und Wirtschaftlichem gestaltbar sein, son
dern nur wenn wir es schaffen, das auch freiheitlich füreinander nutzbar zu machen. Deshalb ist Partnerschaft angesagt, das muss die Leitlinie der Politik sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke meiner Fraktion für die besondere Unterstützung, jetzt, aber auch in den vergangenen Jahren. Ich bitte die Opposition um kritische, aber auch faire Begleitung. Ich danke meiner Familie und hoffe auch in Zukunft auf liebende Nachsicht. Sie können davon ausgehen, dass ich meinen Auftrag prägnant, und so wie es die Eidesformel ausdrückt, ausführen will. Ich bitte um Ihre Unterstützung.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich unterbreche jetzt wie angekündigt die Sitzung und lade zum Empfang. Wir sehen uns hier wieder um 12:40 Uhr.
Zweites Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 3/2911 dazu: Beschlussempfehlung des Justizausschusses - Drucksache 3/3250 DRITTE BERATUNG
Die Berichterstattung entfällt, da sie bereits in der letzten Plenarsitzung erfolgte. Ich eröffne die Aussprache und rufe als ersten Redner Abgeordneten Kummer, PDS-Fraktion, auf.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben jetzt den ersten Tagesordnungspunkt nach der Neuwahl des Ministerpräsidenten und der Raum ist leider noch sehr spärlich gefüllt. Ich hoffe, das liegt nicht am mangelnden Interesse.
Frau Wackernagel, ich sehe Sie natürlich. Ich hatte aber darauf gehofft, dass der Ministerpräsident im Raum ist, weil ich ihm für seine Amtszeit wünschte, dass sie geprägt sein soll von hohem demokratischen Anspruch, von Öffentlichkeit und Transparenz der Entscheidungen der neuen Regierung.