Die Diskontinuität von Kabinettsbeschlüssen ergibt sich aus Artikel 75 Abs. 2 der Thüringer Verfassung, der die Amtszeit aller Minister an die Amtszeit des Ministerpräsidenten bindet. Endet das Amt des Ministerpräsidenten, enden damit auch die Ämter der Minister. Diese enge Kopplung der Amtszeit der Minister an die Amtszeit des Ministerpräsidenten hat den Sinn, einem neu gewählten Ministerpräsidenten bei der Regierungsbildung freie Hand zu geben. So im Übrigen auch die Kommentierung zur Thüringer Verfassung in Linck und andere zu Artikel 75 der Verfassung. Darin kommt ganz deutlich der unbedingte Wille der Verfassung zu strikter Diskontinuität bezüglich des Amtsverhältnisses zum Ausdruck. Was für die Ämter der Minister gilt, muss dann aber erst recht für Beschlüsse des vorhergehenden Kabinetts gelten, die nur die Wirkung einer Selbstbindung haben können. Auch durch solche Beschlüsse mit Selbstbindungswirkung soll ein nachfolgender Ministerpräsident und sein neues Kabinett dann in seiner zukünftigen Regierungsarbeit nicht gebunden werden.
Wen dieses Argument nicht überzeugt, für den habe ich noch ein weiteres Argument, meine Damen und Herren. Für die Geschäftsordnung der Thüringer Landesregierung gilt unstreitig der Grundsatz der Diskontinuität, so im Übrigen auch die einschlägige Kommentierung zu Artikel 76 der Thüringer Verfassung in Linck und andere. Da auch die Geschäftsordnung der Landesregierung durch einfachen Mehrheitsbeschluss zustande kommt, ist der Beschluss über die Geschäftsordnung der Landesregierung rechtlich nicht anders zu bewerten als ein Kabinettsbeschluss über die Selbstverpflichtung, Nebeneinnahmen der Minister in bestimmter Form transparent zu machen oder der Staatskasse zuzuführen. Eine Regelung, die in einem Gesetzgebungsverfahren unter den Augen der Öffentlichkeit gefunden wird, ist nicht nur die demokratische Lösung schlechthin, meine Damen und Herren, sie ist im Übrigen nach meiner Ansicht die einzige Lösung, die dem Gebot der Transparenz genügt. Gerade Letzteres ist entscheidend, wenn es um das Ansehen der demokratischen Organe, wie hier der Regierung, geht. Ich denke, dass dies zunächst auch die Landesregierung so gesehen hat. Anders kann ich mir nicht erklären, dass noch im April dieses Jahres die die Regierung tragende und damit regierungsnah stehende Mehrheit im Justizausschuss die Auffassung vertrat, die Landesregierung werde in nächster Zeit einen eigenen Gesetzentwurf in der Frage der Vergütung von Nebentätigkeiten einbringen. Dass sich die Landesregierung nunmehr auf einen bloßen Kabinettsbeschluss zurückzieht, dessen Bindungswirkung juristisch zumindest umstritten und seine zeitliche Wirkung begrenzt ist oder wohl richtigerweise war,
trägt nicht zur vertrauensbildenden Transparenz bei, sondern bewirkt das Gegenteil. Die von meiner Fraktion vorgeschlagene Lösung ist die bessere.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Koch, diese Behauptung, die Sie da eben aufgestellt haben, dass mit dem Ende der Wahlperiode auch die Kabinettsbeschlüsse gewissermaßen ihre Wirkung verlieren für die Zukunft, die ist - gelinde gesagt - sehr kühn. Wo Sie die hernehmen, weiß ich nicht. In Artikel 75, den Sie herangezogen haben, wird die Amtszeit des Ministerpräsidenten und der Minister geregelt, aber es wird nichts darüber gesagt, was mit den Beschlüssen, die die Landesregierung gefasst hat, geschehen soll. Das heißt, selbstverständlich gelten die Beschlüsse der Landesregierung fort. Das wäre ja auch geradezu grotesk,
wenn damit die Basis für alle weiteren Entscheidungen der Regierung und im Lande wegfiele, wenn die Wahlperiode zu Ende ist. Also Sie haben, mit Verlaub gesagt, aus einer eindeutigen Bestimmung, die etwas über die Amtszeiten regelt, eine falsche rechtliche Schlussfolgerung gezogen. Das heißt, das, was das Kabinett hier beschlossen hat am 27. Mai, gilt selbstverständlich auch für das Jahr 2004 und weiterhin fort. Ich danke Ihnen sehr.
Jetzt sehe ich aber wirklich keine Wortmeldungen mehr und ich übersehe auch keine. Dann können wir die Aussprache schließen.
Wir kommen zu den Abstimmungen, zunächst über den Gesetzentwurf der PDS-Fraktion in Drucksache 3/2619 in zweiter Beratung. Da die Beschlussempfehlung des Justizausschusses in Drucksache 3/3538 die Ablehnung des Gesetzentwurfs empfiehlt, stimmen wir unmittelbar über den Gesetzentwurf ab. Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Dann mit einer Mehrheit von Gegenstimmen abgelehnt.
Dann stimmen wir ab über den Gesetzentwurf der SPDFraktion in Drucksache 3/2646, auch hier unmittelbar über den Gesetzentwurf, da der Justizausschuss ebenfalls in seiner Empfehlung in Drucksache 3/3539 die Ablehnung des Gesetzentwurfs empfiehlt. Wer also diesem Gesetz zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Enthaltungen? Einige Enthaltungen. Dann ist auch dieser Gesetzentwurf mit einer Mehrheit von Gegenstimmen abgelehnt.
Damit komme ich jetzt zur Abstimmung über den Antrag der PDS-Fraktion in Drucksache 3/2913, auch hier unmittelbar über den Antrag, da auch hier der Justizausschuss in seiner Empfehlung in Drucksache 3/3540 die Ablehnung des Antrags empfiehlt. Wer dem Antrag zustimmt,
den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Dann mit einer Mehrheit von Gegenstimmen abgelehnt.
Damit kann ich den Tagesordnungspunkt 1 schließen und ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 2
Thüringer Gesetz zur Auflösung des Autobahnamtes und zur Änderung straßen- und straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3343 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik - Drucksache 3/3551 ZWEITE BERATUNG
Über die Beratung im Ausschuss wird uns Frau Abgeordnete Doht Bericht erstatten. Ich bitte Kollegin Doht, die Berichterstattung vorzunehmen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik hat in seiner 38. Sitzung am 28. August 2003 den Gesetzentwurf beraten. Es gab keine Änderungsanträge im Ausschuss. Der Ausschuss empfiehlt einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfs.
Damit können wir unmittelbar über den Gesetzentwurf abstimmen. Wer dem Gesetzentwurf in Drucksache 3/3343 in zweiter Beratung die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Enthaltungen? Es gibt 2 Enthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf jedenfalls mit überwältigender Mehrheit des Hauses angenommen.
Jetzt bitte ich das noch in der Schlussabstimmung zu dokumentieren. Wer in der Schlussabstimmung seine Zustimmung gibt, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Danke. Dann bitte ich diejenigen der Gegenstimmen, sich zu erheben. Keiner. Diejenigen, die sich enthalten? 2 Enthaltungen - gleiches Bild wie eben. Damit auch in der Schlussabstimmung angenommen und damit ist der Gesetzentwurf Gesetz und beschlossen. Ich kann den Tagesordnungspunkt schließen.
Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den befriedeten Raum des Thüringer Landtags Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 3/3410 dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/3536 dazu: Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3579 ZWEITE BERATUNG
Über die Beratung im Ausschuss wird uns Frau Abgeordnete Groß informieren. Bitte, Frau Kollegin Groß.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, "Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den befriedeten Raum des Thüringer Landtags" in Drucksache 3/3410: Durch den Beschluss des Landtags vom 3. Juli 2003 ist der Gesetzentwurf an den Innenausschuss überwiesen worden. Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 64. Sitzung am 28. August 2003 beraten, hat sich dort umgehend informieren lassen, auch durch einen Polizeibeamten über die Meinung, denn der Grund dieses Gesetzentwurfs sind die veränderten Bedingungen durch den Umbau hier im Außenbereich und in den Außenanlagen. Dem Gesetzentwurf wurde mehrheitlich zugestimmt. Danke.
Das war die Berichterstattung. Wir kommen zur Aussprache. Es hat sich zu Wort gemeldet Herr Dr. Hahnemann, PDS-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die PDSFraktion hat in der ersten Beratung dieses Gesetzentwurfs die historischen Aspekte der Bannmeilengesetzgebung ganz kurz beleuchtet. Wir haben versucht, einen kleinen internationalen Vergleich anzustellen und dargestellt, welche bedeutenden Parlamente in der Welt ohne Bannmeile auskommen. Wir haben die nationalen Verhältnisse kurz betrachtet und gezeigt, dass der Trend eigentlich in die gegenläufige Richtung geht. Und wir haben auch die Versammlungsaktivitäten des vergangenen Jahrzehnts vor unserem Landtag bewertet und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir eine Bannmeile eigentlich nicht brauchen.
Im Innenausschuss hat dies alles keine Rolle gespielt. Die Beratungen dort haben sich auf polizeitaktische Erwägungen beschränkt. Das war alles, was dort in Betracht gezogen wurde.
Wir können unsere Grundauffassung - das stimmt sehr wohl, Herr Fiedler - nur bekräftigen: Bannmeilen sind nach dem, was wir politisch von Parlamenten in ihrem Verhältnis zu Bürgerinnen und Bürgern erwarten, ein Relikt aus Zeiten gefährdeter Demokratie und um die handelt es sich bei uns nicht mehr. Heute sind Regelungen über Bannmeilen gesetzliche Misstrauenserklärungen gegenüber Bürgerinnen und Bürgern,
meine Damen und Herren, ausgerechnet gegenüber Bürgerinnen und Bürgern, die erstens von einem wichtigen Grundrecht Gebrauch machen, nämlich dem Recht, sich frei zu versammeln, und zweitens, die von ihrem Recht auf politische Meinungsbildung und Meinungsäußerung Gebrauch machen. Deswegen vertreten wir die Auffassung, es wäre zeitgemäß gewesen, den Verlust der Aktualität des geltenden Gesetzes hier in Thüringen zum Anlass zu nehmen, das Gesetz und damit die Bannmeile um den Thüringer Landtag endlich abzuschaffen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist schon sinnvoll, dass wir hier über den befriedeten Raum neu befinden, da sich die Bebauung geändert hat und eine Präzisierung notwendig ist. So will die CDU-Fraktion mit dem vorliegenden Antrag im Norden und Osten eine Veränderung des befriedeten Raums schaffen. Im Norden ist das unproblematisch, hier geht es um den Abriss der Garagen und hier soll die Abgrenzung neu beschrieben werden. Anders ist es im Osten des Landtagsareals. Hier geht es um eine Ausdehnung des befriedeten Raums gegenüber der bisherigen Regelung. Der Bereich der Jürgen-Fuchs-Straße soll mit aufgenommen werden.
Meine Damen und Herren, das ist ein sehr sensibler Punkt, denn hier handelt es sich um den Haupteingang zum Landtag, zum Parlament der Thüringer Bürger. Es würde bedeuten, dass die Bürger theoretisch erst hinter Bäumen und Büschen im Beethovenpark demonstrieren könnten, was natürlich praktisch nicht erfolgen kann. Man muss auch sehen, dass in der Johann-Sebastian-Bach-Straße am Hoch
haus zukünftig kein öffentlicher Eingang mehr sein wird, so dass also nur - ich sage einmal - am Nebenpförtchen die Möglichkeit der Demonstration am Landtag gegeben wäre. Das möchte die SPD-Fraktion nicht mittragen.
Im Innenausschuss haben wir ausführlich diesen Tagesordnungspunkt beraten. Es ging um den freien Zugang der Abgeordneten zum Landtag, es ging um die Zufahrt zur Tiefgarage. Die Argumente, die dort seitens der Landesregierung vorgetragen wurden, waren für uns nicht stichhaltig, weil wir auch sehen, dass diese Dinge anders geregelt werden können.
Meine Damen und Herren, beim befriedeten Raum geht es um die Beschränkung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit, also ein ganz wichtiger Punkt. Die SPDFraktion hat seit der 1. Legislaturperiode, als ich diesem Landtag noch nicht angehörte, eine einheitliche und durchgehende Linie vertreten, nämlich dass der befriedete Raum um den Landtag so klein wie möglich sein soll. Folgerichtig ist auch unser Änderungsantrag. Wir möchten, dass die Jürgen-Fuchs-Straße nicht mit einbezogen wird in den befriedeten Raum. Da es keinen Bürgersteig mehr am neuen Plenarsaal gibt, haben wir den Änderungsantrag, den wir zum Innenausschuss eingereicht haben, nochmals präzisiert. Wir möchten, dass die Grenze des befriedeten Raums die Mauer des Funktionsgebäudes im Bereich der Landtagskantine sowie in südlicher Richtung die von ihr ausgehende Fluchtrichtung ist. Mit dieser Grenzziehung hätten Demonstranten künftig das Recht, wie bisher in der Jürgen-Fuchs-Straße zu demonstrieren, am Haupteingang des Thüringer Landtags. Das sollten wir ihnen gestatten.
Bedenken Sie bitte auch, meine Damen und Herren, Jürgen Fuchs, der Name ist ein Symbol. Und haben wir denn nicht gerade mit der Namensgebung ein Zeichen gesetzt? Deshalb sollten wir auch hier das Zeichen setzen, die Willensbekundung am Haupteingang des Thüringer Landtags zuzulassen. Bitte stimmen Sie dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion zu.