(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das ist ein Witz, was Sie hier erzählen, Herr Kummer.)
Der Verweis, dass es ja auch alles nicht so problematisch ist, wenn ein Schutzgebiet aufgehoben wird, den das Landesverwaltungsamt ja gleich mitgeschickt hat, ein Verweis auf eine Arbeitshilfe, wo ich Ihnen mal zitieren möchte, was da drinsteht, was denn ist, wenn man kein ausreichendes Schutzgebiet hat,
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das ist doch alles beantragt, ganz ein- fach.)
dann gilt nämlich eine Verpflichtung und die ergibt sich aus § 1 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz. Da steht: "Jedermann ist verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um eine Verunreinigung des Wassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften zu verhüten, um eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwendung des Wassers zu erzielen, um die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushalts zu erhalten und um eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden."
Meine Damen und Herren, das ist wie § 1 Straßenverkehrsordnung, genau. Da kann ich auch den Fußgängerüberweg vor der Schule zumachen und kann den erbosten Eltern daraufhin sagen: Wissen Sie, das ist doch alles kein Problem, es gilt immer § 1 "Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr". Da braucht man doch gar keine anderen Gesetze mehr zu machen, da können wir es uns ja einfach machen, meine Damen und Herren. Aber das führt eben nicht nur im Straßenverkehr, sondern auch bei der Wasserversorgung in die Katastrophe.
Meine Damen und Herren, das Nächste ist für mich bei der ganzen Geschichte das Hauptproblem. Das Landesverwaltungsamt hätte nämlich handeln müssen und das haben Sie, Herr Minister, uns ja in einem Schreiben auch entsprechend mitgeteilt. Es hätte die Verbände fragen müssen, welche Schutz
gebiete braucht ihr denn noch, nachdem sie 1994 oder wann auch immer festgestellt haben, dass hier die Ausweisung nicht rechtskonform erfolgt ist, und hätte sich dann schleunigst an die Neuausweisung machen müssen. Bis dahin hätten sie gar nichts aufheben brauchen, weil, was nicht rechtskonform ausgewiesen worden ist, brauche ich doch auch nicht aufzuheben. In der Zeit hätte man dann hier vorankommen können. Es ist ja extra geschrieben worden von Ihnen, dass das Landesverwaltungsamt als obere Wasserbehörde von Amts wegen die Neufestsetzung durchzuführen hat, da der Schutz der zur Trinkwassergewinnung genutzten Wasservorkommen als besondere Aufgabe des Staats angesehen wird, die nicht Einzelinteressen der Wasserversorger, sondern der Allgemeinheit dient. Statt dieser Pflicht nachzukommen, warf man lieber den unteren Behörden und Verbänden vor, sie hätten die Rechtskonformität der Beschlüsse damals nicht ausreichend geprüft. Ich frage mich, welche Veranlassung denn die Verbände gehabt hätten, wenn es doch Aufgabe des Landesverwaltungsamts ist, hier von Staats wegen darauf zu achten, dass das alles ordentlich ist. Von der Warte her muss ich auch meine Verunsicherung zu den entsprechenden Aussagen im Ausschuss für Naturschutz und Umwelt geltend machen, wo uns ja Ähnliches auch noch gesagt wurde.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das ist nach wie vor so.)
Meine Damen und Herren, wir sind nun an einer Stelle angelangt, wo das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Durch die Aufhebung müssen die unteren Behörden jetzt über Verbote eine einstweilige Sicherung ergreifen. Dabei sind sie in einer schwierigen rechtlichen Lage gegenüber den Grundstückseigentümern, denn welchem Grundstückseigentümer will ich denn erklären, dass das Wasserschutzgebiet aufgehoben worden ist, aber auf der anderen Seite ich jetzt mit einem Verbot sage, du darfst da trotzdem nicht bauen, oder aber mit einem Verbot dem Landwirt sage, du darfst da aber weiterhin keinen Dünger ausbringen. Auf welcher Rechtsgrundlage kann ich dem Landwirt dann diese Nutzungseinschränkung entschädigen? Das sind alles Fragen, auf die es bisher keine ausreichenden Antworten gegeben hat. Deshalb muss eine Neuausweisung von Schutzgebieten schnellstmöglich erfolgen. Herr Minister, Sie haben ja gesagt, was da an Arbeit auf uns zukommt, 200 Schutzgebiete. Ich sage es hier noch mal deutlich, dafür fehlt dem Landesverwaltungsamt einfach das Personal. Nach meinen Informationen sind dort wohl zwei Kollegen mit der Schutzgebietsausweisung beschäftigt und die haben bis 2006 allein damit zu tun, das Schutzgebiet für die Talsperre Leibis auszuweisen.
Unser Zweckverband hat im Rahmen des Autobahnbaus durch die DEGES im Jahr 1998 beantragt, dass ein Wasserschutzgebiet, durch das die Autobahn jetzt durchgeht, ein Stück verlegt werden soll, damit wir in Zukunft aus einem Gebiet, das nicht durch irgendwelche Verkehrsunfälle auf der Autobahn gefährdet werden kann, die Bevölkerung in Eisfeld mit Trinkwasser versorgen können. Der Verband hat dafür freiwillig ein hydrogeologisches Gutachten im Werte von mehreren 10.000 geht. Unser Werkleiter hat vor wenigen Wochen vom Landesverwaltungsamt erfahren, dass vor dem Jahr 2006 die Bearbeitung des Antrags nicht beginnen kann. Bis dahin müssen wir damit leben, dass ein Unfall auf dieser Autobahn zu einer Verseuchung des Trinkwasserschutzgebiets und zu einer Verseuchung des Trinkwassers für die Stadt Eisfeld führen kann. Genauso müssen wir dann wahrscheinlich auch damit leben, dass wir neue Wasserschutzgebiete für das Gebiet zum Beispiel in Hildburghausen, das ein Drittel der Stadt versorgt, in 20, 30 Jahren ausgewiesen haben. Da, Herr Minister, kann ich Ihnen wirklich nicht folgen, wenn Sie sagen, Sie sind froh, dass Sie nicht mehr Personal haben. Hier muss dringend etwas getan werden und da gebe ich Ihnen auch gleich einen Tipp: Die Leute, die im Moment mit der Aufhebung von Schutzgebieten beschäftigt sind, die hätten sich vielleicht mal mit der Neuausweisung mit beschäftigen können.
Allerdings ist es natürlich schon so, dass wir einige Gebiete aufzuheben haben, das haben Sie mit Recht gesagt.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Wollen wir wirklich welche aufheben?)
Also könnte man natürlich auch den Grundstückseigentümern ihre Grundstücke wieder zur normalen Nutzung überlassen.
Die Aufhebung ist aber Aufgabe des Landesverwaltungsamts. Die Verbände haben beantragt, Herr Minister.
Der Kreis Saalfeld-Rudolstadt zum Beispiel, da sind vor zwei Jahren rund 100 Anträge auf Aufhebung von Schutzgebieten gestellt worden. Davon ist noch nicht eins aufgehoben worden. Auch da fehlt es an
Personal. Also, meine Damen und Herren, Sie sehen, hier muss sich dringend etwas tun. Wir brauchen schnelle Maßnahmen, deshalb bitte ich auch um die Unterstützung unseres Antrags. Wenn Sie unseren Antrag schon nicht unterstützen können, dann leiten Sie wenigstens trotzdem die entsprechenden erforderlichen Maßnahmen in die Wege.
Ein bisschen hat es ja in Bad Salzungen schon geklappt, wo man dann doch erst das Gespräch gesucht hat, bevor man aufgehoben hat. Ich möchte mein Wasser zu Hause endlich wieder mit Genuss trinken können. Danke schön.
Danke. Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, die Frage an die Fraktionen, ob Einverständnis vorausgesetzt werden kann, dass die Fragestunde nach Beendigung dieses Tagesordnungspunkts aufgerufen wird. Das ist der Fall. Dann hat jetzt Abgeordneter Krauße, CDU-Fraktion, das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin Frau Becker dankbar, dass sie hier mehr oder weniger die Katze aus dem Sack gelassen hat.
Herr Kummer hat ja das eigentliche Anliegen seines Antrags verbal sehr geschickt umschifft. Fakt ist eins: Ich gebe dem Minister unumwunden Recht, die Trinkwasserversorgung in Thüringen ist nicht gefährdet und sie wird auch in Zukunft nicht gefährdet sein.
Davon können wir hundertprozentig ausgehen. Wenn Sie sich die Karte der Trinkwasserschutzgebiete in Thüringen zurzeit einmal anschauen, werden Sie feststellen, dass Thüringen das Bundesland ist mit den meisten Flächen, die als Trinkwasserschutzgebiete ausgewiesen sind. Der Schutz der Wassergewinnungsanlagen ist eine Selbstverständlichkeit. Was Sie hier als § 1 der Straßen
verkehrsordnung aus der Arbeitsanleitung sozusagen implementieren, ist immer eine Frage des Verständnisses und ist natürlich auch eine Frage, wie gut- oder böswillig gehe ich mit dieser Aussage um. Denn wenn darin steht, dass die Wassergewinnungsanlagen und das Grundwasser nicht gefährdet werden dürfen, dann können Sie sicher davon ausgehen, wenn dieser zweite Investor kommt, der dann neben die erste Tankstelle mit vollem Schutz eine zweite Tankstelle hinbauen will, dass der im Genehmigungsverfahren mit Sicherheit eine entsprechende Auflage in seiner Baugenehmigung haben würde. Denn durch die Aufhebung des Trinkwasserschutzgebietes ist die Gewinnungsanlage nicht vogelfrei und kann nicht x-beliebig mit Düngemitteln, mit Chemikalien oder sonst was belastet werden. Das geht schon nach dem Wassergesetz nicht. Die Frage, wie lange dauert es jetzt, bis ein neues Schutzgebiet ausgewiesen wird, ist natürlich berechtigt. Die Arbeitsbelastung ist bekannt, Herr Kummer, da gebe ich Ihnen auch vollkommen Recht. Nur, es gibt ja auch die Möglichkeit, dort ein Vorranggebiet auszuweisen. Dieses Verfahren geht relativ schnell. Ich habe zumindest drei Jahre Zeit gewonnen, um ein ordentliches Ausweisungsverfahren und eine entsprechende Unterschutzstellung durchzubringen. Ordentliches Ausweisungsverfahren heißt nämlich auch gerichtsfestes Ausweisungsverfahren. Wir dürfen nicht vergessen, es sind bei diesen Trinkwasserschutzgebieten immer Rechte Dritter berührt, ob es nun Landwirte, ob es Gewerbetreibende oder Häuslebauer sind, die nur schlicht und ergreifend eine Ölheizung bauen wollen und dann entsprechende Auflagen bekommen. Diese Sache muss schlicht und ergreifend gerichtsfest sein.
Die Notwendigkeit, dass die Verwaltung, wenn sie denn mit Anträgen befasst ist, auch prüft, inwieweit die Ausweisung von Trinkwasserschutzzonen rechtmäßig war, die ist im Verwaltungshandeln eine Verpflichtung und nicht nach Beliebigkeit abzuhandeln. Sie haben - ich komme jetzt darauf - gesagt, Tiefbrunnen Hildburghausen Karolinenburg, und dann geht es um die Quellen Finkenwiese in Masserberg, die waren beantragt und die anderen wurden dann gleich mit behandelt. Ja, das ist richtig. Hier waren Baumaßnahmen vorgesehen und die Aufhebung der Trinkwasserschutzgebiete war beantragt. Was hat das Landesverwaltungsamt daraufhin pflichtgemäß getan? Es hat alle in der Liste enthaltenen Gebiete auf Rechtmäßigkeit geprüft und hat festgestellt, die sind nicht ordnungsgemäß ausgewiesen worden. Dazu kommt, dass in den Handlungsanleitungen gleichzeitig die Möglichkeit aufgezeigt wurde, wie ich mit diesen Gebieten weiter umgehen kann und vor allem, wie kann ich mei
nen Trinkwasserbrunnen schützen, damit auch Herr Kummer in Zukunft sein Wässerchen in Ruhe trinken kann. Es ist übrigens auch eine Frage des eventuellen Schadenersatzes, das müssen wir auch sehen. Denn wenn ich mit Auflagen versehen werde, die mich eine beträchtliche Menge Geld kosten, und dann feststelle, dass es Rechtsfehler bei der Ausweisung gibt oder dass das Gebiet überhaupt nicht rechtmäßig besteht, dann kann es in der Tat durchaus zu Schadenersatzforderungen kommen. Deshalb muss hier sehr genau verfahren werden.
Dass, was Frau Becker angesprochen hat, warum man denn bisher nichts getan habe, Herr Kummer, bei Ihnen klang das auch ein bisschen an - ich kann Ihnen ja die Freude machen und einmal die bisherigen veränderten Schutzgebiete, und zwar seit 09.01.1995 bis jetzt, vorlesen. Das ist diese kleine Liste hier. Es sind insgesamt 667 Trinkwasserschutzgebiete. Damit ist doch klar und eindeutig gezeigt, dass die Verwaltung sehr wohl über die Jahre gehandelt hat. Und wer guten Willens ist und sich im Vorfeld auch ordentlich informieren kann und jeder von Ihnen hat ein Computer und kann ins Internet -, der hätte sich diese Liste anschauen können, dann wäre diese Frage mit Sicherheit gar nicht erst aufgekommen.
Des Pudels Kern steckt nach meiner Meinung in der Aussage von Herrn Kummer, und zwar in der TA vom 5. Januar dieses Jahres, dass die Schutzgebietsaufhebung wohl nur deshalb geschehen sei, damit der Verband oder der Wasserversorger in Südthüringen dazu gezwungen wird, Trinkwasser aus der Fernwasserversorgung zu beziehen. Nun müssten aber ein ausgewiesener Experte und eine ausgewiesene Expertin wie Frau Becker durchaus wissen, dass die Trinkwasserversorgung, was das Fernwasser anlangt, von Südthüringen aus der Trinkwassertalsperre Schönbrunn erfolgt und dass diese Trinkwassertalsperre ausgelastet ist. Das habe ich aber in Ihrer Pressemitteilung so nicht gelesen. Dann wissen Sie auch, dass eine problemlose Überleitung zurzeit von Nordthüringen nach Südthüringen nicht möglich ist.
Ja, genau so ist das, Herr Kummer. Dann frage ich mich letztendlich, wenn ich diese Kleine Anfrage vom 08.05.2000 sehe, Anfrage des Abgeordneten Kummer, PDS, und die Antwort des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt "Änderung der Festlegung von Wasserschutzgebieten", das war schon mal Punkt 1.
Zum Zweiten haben wir uns im Fachausschuss mit dieser Angelegenheit schon befasst und die Befassung ist - das wissen Sie auch - nicht abgeschlossen. Es ist damit eine weitere Begleitung dieser ganzen Maßnahmen
und eine Berichterstattung der Landesregierung, wie es auf diesem Gebiet weitergeht, wie dort weiter verfahren werden soll und verfahren werden wird, festgelegt. Für mich ist es deshalb etwas zweifelhaft, was Sie mit diesem Antrag hier erreichen wollen. Aber vor dem Hintergrund Ihres massiven Kampfes - sowohl von Ihnen als auch von Ihnen - gegen die damalige Erstellung der Thüringer Fernwasserversorgung, gegen die Fusion und die ganzen Fragen
der so genannten Entschuldung kann ich mir sehr gut vorstellen, dass das hier eigentlich nichts weiter sein soll, als noch mal nachklappen, noch mal nachkarten in der Angelegenheit und vielleicht können wir die Leute in Südthüringen noch ein bisschen aufbringen und ihnen einreden, die Landesregierung will euch nur ans Fernwasser zwingen, weil das mit ihrer Fernwasserversorgung ohnehin nicht funktioniert. Das ist offensichtlich der Hintergrund. Ob Ihnen das gelingt, das darf bezweifelt werden. Ich gehe davon aus, es wird Ihnen nicht gelingen, genauso wenig wie damals die Fusion verhindert werden konnte und genauso bin ich überzeugt, dass die Thüringer Fernwasserversorgung insgesamt auf einem guten Weg ist, und die Aufhebung von Wasserschutzgebieten wird weitergehen, aber die Ausweisung von neuen Trinkwasserschutzgebieten, die wird genauso weitergehen. Wir werden sehen, dass wir am Ende die Trinkwasserversorgung in Thüringen - und der größte Teil kommt nämlich aus den örtlichen Dargeboten und nicht etwa aus der Fernwasserversorgung - in Zukunft sicherstellen. Namens meiner Fraktion bitte ich, die Punkte 2 und 3 Ihres Antrags abzulehnen. Vielen Dank.
Danke schön. Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen nicht vor. Auch die Landesregierung wünscht nicht mehr zu reden. Dann stelle ich fest, dass das Berichtsersuchen zu Punkt 1 des Antrags erfüllt ist. Wird dem widersprochen? Das ist nicht der Fall. Damit kämen wir zur Abstimmung über die Punkte 2 und 3 des Antrags. Ausschussüber
weisung ist nicht beantragt worden. Damit stimmen wir direkt ab über die Ziffern 2 und 3. Bitte schön, Herr Abgeordneter Stauch.